REVISION (STRAFRECHT) UNTERSCHRIFT ABSOLUTE REVISIONSGRÜNDE Hinzufügen
Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Revision in Strafsachen: Fehlende richterliche Unterzeichnung eines Verhinderungsvermerks im Urteil
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 24. Juli 2020 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 29 Fällen, davon in vier Fällen jeweils in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in Tatmehrheit mit einem Fall des Besitzes von kinderpornographischen Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und vier Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen.
Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg. Zu Recht rügt der Beschwerdeführer den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 StPO, weil der unter dem Urteil angebrachte Verhinderungsvermerk nicht unterzeichnet worden und damit die gesetzliche Frist, in der das vollständige Urteil zu den Akten gebracht werden musste, nicht eingehalten worden ist (§ 275 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 StPO).
I.
Der Rüge liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
An der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten vor der 14. [X.] des [X.]s Augsburg nahmen als berufsrichterliche Mitglieder die Vorsitzende Richterin am [X.] H. sowie die Richterin am [X.] K. als beisitzende Richterin und Berichterstatterin teil. Das nach 14 Hauptverhandlungstagen am 24. Juli 2020 verkündete Urteil ist zwar am 25. September 2020 und damit vor der am Ende dieses Tages ablaufenden neunwöchigen Urteilsabsetzungsfrist (§ 275 Abs. 1 Satz 2, § 43 Abs. 1 StPO) bei der Geschäftsstelle eingegangen. Es war jedoch nicht vollständig, weil es nur von der beisitzenden Richterin an der für ihre Unterschrift vorgesehenen Stelle unterzeichnet worden ist. Anstelle der Unterschrift der mit Wirkung vom 1. August 2020 zur Richterin am [X.] ernannten Vorsitzenden Richterin ist der folgende Vermerk angebracht: „H. Vorsitzende Richterin am [X.] (an der Unterschriftsleistung wegen Wechsel zum [X.] verhindert)“. Eine (zweite) Unterschrift der Beisitzerin befindet sich weder über noch unter diesem Vermerk.
II.
Danach ist das Urteil nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist vollständig im Sinne von § 275 Abs. 1 Satz 1 StPO zu den Akten gelangt. Vollständig zu den Akten gelangt ist ein Urteil nur dann, wenn es entweder von [X.] an der Entscheidung mitwirkenden Richtern unterzeichnet ist (vgl. § 275 Abs. 2 Satz 1 StPO) oder eine etwaige Verhinderung (z.B. die Versetzung an ein anderes Gericht, die im Einzelfall der Unterzeichnung des Urteils entgegenstehen kann, vgl. [X.], Beschlüsse vom 26. September 2013 - 2 StR 271/13 Rn. 7 und vom 27. Oktober 2010 - 2 StR 331/10 Rn. 7 mwN) unter dem Urteil ordnungsgemäß vermerkt (§ 275 Abs. 2 Satz 2 StPO) und innerhalb der Urteilsabsetzungsfrist unterschrieben worden ist. Da die Unterschrift der beisitzenden Richterin ohne irgendeinen Bezug zu dem Verhinderungsvermerk (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 14. September 1989 - 4 StR 386/89 Rn. 3) an die Stelle gesetzt worden ist, an der sie auch bei einer Unterzeichnung durch die - für deren tatsächliche Verhinderung keine Anhaltspunkte bestehen - Vorsitzende unterschrieben hätte, fehlt es an der notwendigen zweiten Unterschrift. Da diese Verfahrensrüge in der Sache Erfolg hat, braucht der [X.] nicht zu entscheiden, ob die Beanstandung, dass die [X.] das Befangenheitsgesuch als unzulässig behandelt hat, ebenfalls begründet gewesen wäre.
Raum |
|
Jäger |
|
[X.] |
|
Bär |
|
Hohoff |
|
Meta
27.01.2021
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Beschluss
Sachgebiet: StR
vorgehend LG Augsburg, 24. Juli 2020, Az: 302 Js 137364/18 (2) - 14 KLs
§ 275 Abs 1 S 1 StPO, § 275 Abs 2 S 2 StPO, § 338 Nr 7 StPO
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.01.2021, Az. 1 StR 495/20 (REWIS RS 2021, 9138)
Papierfundstellen: REWIS RS 2021, 9138
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
2 StR 241/20 (Bundesgerichtshof)
Ausschließung von der Ausübung des Richteramtes nach Zeugenvernehmung in derselben Sache: Fehlerhaftigkeit der nach Eintritt …
2 StR 418/19 (Bundesgerichtshof)
Absoluter Revisionsgrund: Ausschluss aller Richter einer Strafkammer von der Unterzeichnung des Strafurteils bzw. eines Verhinderungsvermerks
2 StR 271/13 (Bundesgerichtshof)
Persönliche Unterzeichnung des Strafurteils durch die mitwirkenden Richter: Anforderungen an die Verhinderung eines Richters wegen …
5 OLG 15 Ss 89/18 (Oberlandesgericht München)
4 StR 232/23 (Bundesgerichtshof)