Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 26.08.2016, Az. 2 BvQ 46/16

2. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2016, 6216

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung: Antrag mangels hinreichender Substantiierung unzulässig - Zur Chancengleichheit politischer Parteien im Wahlkampf (Art 21 Abs 1 S 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG) hinsichtlich der Überlassung öffentlicher Einrichtungen für Wahlkampfveranstaltungen


Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe

1

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Überlassung einer Gymnastikhalle zur Durchführung einer politischen Informationsveranstaltung im Wahlkampf betreffend die Wahl zum [X.] und mehrerer Bezirksvertretungen am 18. September 2016.

2

1. Die vom Antragsteller beantragte Überlassung eines Raums zur Durchführung einer politischen Informationsveranstaltung am 27. August 2016 lehnte das [X.] am 17. August 2016 mit der Begründung ab, der von ihm eingereichte Bestuhlungsplan sei nicht nachvollziehbar, so dass eine Prüfung durch den Brandschutzbeauftragten nicht vorgenommen werden könne. Somit erfülle der Antragsteller die Auflage, einen durch den bezirklichen Brandschutzbeauftragten genehmigten Bestuhlungsplan vorzulegen, nicht. Außerdem bestehe für das zur Durchführung der Informationsveranstaltung beauftragte Unternehmen kein aktueller Versicherungsschutz. Den daraufhin im Verfahren der einstweiligen Anordnung gestellten Antrag, das [X.] zur Überlassung der Gymnastikhalle zu verpflichten, lehnte das [X.] mit Beschluss vom 24. August 2016 ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das [X.] mit Beschluss vom 25. August 2016 zurück.

3

2. Mit dem vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung möchte der Antragsteller die Verpflichtung des [X.] zur Überlassung der Gymnastikhalle erreichen, um die beabsichtigte politische Informationsveranstaltung durchführen zu können. Er sieht sich in seinen Grundrechten aus Art. 3 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG (Chancengleichheit der politischen [X.]en), Art. 3 Abs. 1 GG (Willkürverbot), Art. 8 Abs. 1 GG (Versammlungsfreiheit) und Art. 19 Abs. 4 GG (Recht auf effektiven Rechtsschutz) verletzt. Die Auflage zur Vorlage eines durch den Brandschutzbeauftragten genehmigten Bestuhlungsplans sei in schikanöser Weise erlassen worden, um seinen verfassungsrechtlich garantierten [X.] vereiteln zu können. Außerdem sei ein den Erfordernissen des Brandschutzes genügender Bestuhlungsplan vorgelegt worden.

4

Der Antrag ist bereits unzulässig.

5

1. Nach § 32 Abs. 1 [X.] kann das [X.] im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Eine einstweilige Anordnung darf jedenfalls dann nicht ergehen, wenn sich das in der Hauptsache verfolgte Begehren von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet erweist (vgl. [X.] 103, 41 <42>; 111, 147 <152 f.>; stRspr). Dies setzt einen hinreichend substantiierten und schlüssigen Vortrag des die Rechtsverletzung enthaltenden Vorgangs voraus, damit das [X.] die genannten erforderlichen Prüfungen selbständig vornehmen kann (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 31. August 2004 - 1 BvQ 36/04 -, juris, Rn. 5; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 14. Oktober 2010 - 2 BvR 1744/10 -, juris, Rn. 1). Dabei kann dahinstehen, ob oder in welchem Umfang der Antragsteller eine den § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] genügende Begründung vorzulegen hat, es muss aber - wie bei der Begründung einer Verfassungsbeschwerde selbst - deutlich werden, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme die bezeichneten Grundrechte verletzt sein sollen (vgl. [X.] 78, 320 <329>; 99, 84 <87>; 115, 166 <179 f.>). Der verfassungsrechtliche Bezug ist unter Rückgriff auf die vom [X.] entwickelten Maßstäbe herzustellen (vgl. [X.] 77, 170 <214 ff.>; 99, 84 <87>; 101, 331 <345 f.>; 123, 186 <234>).

6

2. Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen wird der vorliegende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht gerecht.

7

a) Das Grundgesetz gewährleistet durch Art. 3 GG in Verbindung mit Art. 21 und Art. 38 GG die Chancengleichheit der [X.]en und sichert damit den freien Wettbewerb der [X.]en und die Teilnahme an der politischen Willensbildung. § 5 Abs. 1 PartG setzt diese verfassungsrechtlichen Vorgaben um, indem er bestimmt, dass bei der Gestattung der Nutzung öffentlicher Einrichtungen alle politischen [X.]en gleich behandelt werden sollen. Das Recht auf Chancengleichheit der [X.]en ist verletzt, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt die Nutzung einer öffentlichen Einrichtung einer [X.] verweigert, obwohl er sie anderen [X.]en einräumt oder eingeräumt hat ([X.]K 10, 363 <364>).

8

b) Dabei ist es nicht Aufgabe des [X.]s, Entscheidungen der Gerichte in jeder Hinsicht auf die Richtigkeit der getroffenen tatsächlichen Feststellungen, der Interpretation der Gesetze und der Anwendung des Rechts auf den konkreten Fall zu kontrollieren. Vielmehr ist im [X.] und nicht zuletzt auch im Verfahren betreffend den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 [X.] nur zu prüfen, ob das Gericht Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte des Beschwerdeführers oder Antragstellers verletzt hat (vgl. [X.] 11, 343 <349>; 79, 372 <376>). Ein Verfassungsverstoß, der zur Beanstandung von Entscheidungen führt, liegt vor, wenn übersehen worden ist, dass bei Auslegung und Anwendung der jeweils in Rede stehenden Vorschriften überhaupt Grundrechte zu beachten waren, wenn der Schutzbereich der zu beachtenden Grundrechte unrichtig oder unvollkommen bestimmt oder wenn ihr Gewicht unrichtig eingeschätzt worden ist (vgl. [X.] 106, 28 <45>). Dabei ist es nicht Aufgabe des [X.]s, die Würdigung der Beweisaufnahme und die tatsächlichen Feststellungen zu überprüfen, soweit hierbei keine Willkür erkennbar ist (vgl. [X.] 4, 294 <297>; 34, 384 <397>; [X.]K 10, 363 <364>).

9

c) Der Antragsteller setzt sich mit den dargelegten Maßstäben nicht auseinander. Der verfassungsrechtliche Bezug unter Rückgriff auf die vom [X.] entwickelten Maßstäbe wird nicht hergestellt. Stattdessen behauptet er lediglich die Verletzung seiner verfassungsrechtlich garantierten Rechte. Insbesondere erschließt sich nicht, worin vorliegend eine den Grundsatz der Chancengleichheit der [X.]en gemäß Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG verletzende Ungleichbehandlung des Antragstellers im Vergleich zu anderen [X.]en liegen soll. Die bloße Behauptung, anderen [X.]en würden keine Bestuhlungsplanauflagen erteilt, genügt insoweit nicht, zumal das Oberverwaltungsgericht sich in dem angegriffenen Beschluss mit dieser Frage ausdrücklich befasst hat. Ebenso wenig erschließt sich aus dem Vortrag des Antragstellers, dass die angegriffenen Beschlüsse hinsichtlich der Zulässigkeit der Auflage und deren Nichterfüllung auf willkürlichen, sachlich schlechterdings nicht mehr nachvollziehbaren Erwägungen beruhen. Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung konnte daher kein Erfolg beschieden sein.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvQ 46/16

26.08.2016

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 3. Kammer

Ablehnung einstweilige Anordnung

Sachgebiet: BvQ

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 25. August 2016, Az: XX, Beschluss

Art 3 Abs 1 GG, Art 21 Abs 1 S 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 32 Abs 1 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 5 Abs 1 PartG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 26.08.2016, Az. 2 BvQ 46/16 (REWIS RS 2016, 6216)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 6216

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

2 L 353/23

2 BvQ 28/19

Zitiert

2 BvR 1744/10

Zitieren mit Quelle:
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