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Ausländerrecht: Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde gegen die vorläufige behördliche Ingewahrsamnahme
Wendet sich der Betroffene gegen die vorläufige Ingewahrsamnahme durch die Behörde nach § 428 FamFG i.V.m. § 62 Abs. 4 AufenthG, ist die Rechtsbeschwerde nicht statthaft (§ 70 Abs. 4 FamFG) .
Dem Betroffenen wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Ihm wird Rechtsanwalt [X.] beigeordnet.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] vom 29. April 2010 wird als unzulässig verworfen.
Die außergerichtlichen Kosten des [X.] trägt der Betroffene; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 1.500 €.
I.
Der Betroffene, ein kosovarischer Staatsangehöriger, war bereits mehrfach unerlaubt in die [X.] eingereist. Nach der letzten Einreise hielt er sich in [X.], dem Zuständigkeitsbereich der Beteiligten zu 2, auf. Danach tauchte er unter. Nachdem er sich am 16. Dezember 2009 anlässlich einer im Bezirk der Beteiligten zu 3 durchgeführten Personenkontrolle mit gefälschten [X.] Papieren ausgewiesen hatte, wurde er gegen 15.30 Uhr nach § 127 Abs. 2 StPO in Polizeigewahrsam genommen. Hiervon informierte die Polizei am nächsten Morgen zunächst die Beteiligte zu 3, die um 7.40 Uhr Kontakt mit der Beteiligten zu 2 aufnahm. Die um 8.25 Uhr von der Festnahme in Kenntnis gesetzte Staatsanwaltschaft teilte der Polizei umgehend mit, dass sie keinen Antrag auf Erlass eines Untersuchungshaftbefehls stellen werde. Danach ersuchte die Beteiligte zu 2 die Beteiligte zu 3, im Wege der Amtshilfe die Abschiebungshaft zu beantragen. Auf deren Antrag ordnete das Amtsgericht gegen 15 Uhr nach Anhörung des Betroffenen die Haft zur Sicherung der Abschiebung an.
Soweit hier von Interesse hat der Betroffene bei dem Amtsgericht erfolglos beantragt, die Rechtswidrigkeit der Ingewahrsamnahme in der [X.] vom 16. Dezember 2009, 18 Uhr bis zur Anordnung der Abschiebungshaft am 17. Dezember 2009 festzustellen. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde hat das [X.] ausgesprochen, dass die Ingewahrsamnahme des Betroffenen bis zum 17. Dezember 2009, 7.40 Uhr, rechtswidrig gewesen ist; das weitergehende Rechtsmittel hat es zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betroffene seinen Feststellungsantrag weiter, soweit dieser erfolglos geblieben ist.
II.
Soweit das Beschwerdegericht die Beschwerde zurückgewiesen hat, steht es auf dem Standpunkt, die vom 17. Dezember 2009 ab 7.40 Uhr vollzogene Haft sei nach § 62 Abs. 4 [X.] gerechtfertigt gewesen. Von diesem [X.]punkt an habe die Aufrechterhaltung der Haft zur Vorbereitung der Abschiebungshaft gedient. Eine schuldhafte Verzögerung der Abläufe sei nicht ersichtlich, weil die Beteiligte zu 3 notwendige Informationen erst noch habe beschaffen müssen.
III.
Das Rechtsmittel ist nicht statthaft.
1. § 428 Abs. 2 FamFG ordnet an, dass über die Anfechtung behördlich angeordneter Freiheitsentziehungen im Sinne von § 428 Abs. 1 Satz 1 FamFG "auch nach den Vorschriften dieses Buches" zu entscheiden ist, und macht damit deutlich, dass der gerichtliche Rechtsschutz gegen solche Maßnahmen den Regelungen folgen soll, die für die Anfechtung gerichtlich angeordneter Freiheitsentziehungen gelten. Zu diesen Normen gehört u.a. die Vorschrift des § 427 FamFG, die in untrennbarem Zusammenhang mit der Vorschrift des § 70 Abs. 4 FamFG zu sehen ist, wonach die Rechtsbeschwerde ausgeschlossen ist in Verfahren, in denen über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung befunden worden ist (vgl. auch BT-Drucks. 16/6308, [X.]). Dass hierzu - verfassungsrechtlich unbedenklich - auch Entscheidungen über vorläufige Haftanordnungen gehören, die von einem [X.] nach § 427 FamFG i.V.m. § 62 Abs. 1 bis 3 [X.] angeordnet worden sind, hat der [X.] bereits entschieden (Beschluss vom 3. Februar 2011 - [X.], juris Rn. 6; vgl. auch Beschluss vom 11. November 2010 - [X.] 123/10, juris Rn. 3 f.). Jedenfalls für die der richterlichen Beschlussfassung vorgelagerte Möglichkeit der Behörde, einen Ausländer unter strengen Voraussetzungen für einen kurzen [X.]raum vorläufig in Gewahrsam zu nehmen, um diesen unverzüglich dem [X.] vorzuführen (§ 428 FamFG i.V.m. § 62 Abs. 4 [X.]), gilt nichts anderes (aA Bahrenfuss/Grotkopp, FamFG, § 428 Rn. 6: Rechtsbeschwerde statthaft bei Zulassung durch das Beschwerdegericht; zur Beschränkung der [X.] auf zwei Instanzen nach § 310 Abs. 2 StPO, wenn ein nach § 127 Abs. 2 StPO vorläufig Festgenommener ohne Vorführung vor den [X.] wieder freigelassen wird, vgl. [X.], NStZ-RR 2010, 22). Dass es den Ländern nach Art. 99 GG freisteht, bei in ihren Kompetenzbereich fallenden (vorläufigen) freiheitsentziehenden Maßnahmen ein Rechtsmittel zum [X.] zu eröffnen, steht dem nicht entgegen. Der von einer vorläufigen Anordnung nach der bundesrechtlichen Regelung des § 62 Abs. 4 [X.] Betroffene kann die Maßnahme in zwei Instanzen zur richterlichen Überprüfung stellen. Den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an einen wirkungsvollen Rechtsschutz zu stellen sind, ist damit genügt.
2. Die Erledigung der Haftanordnung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Möglichkeit, die durch die Behörde nach § 428 Abs. 2 FamFG angeordnete vorläufige Freiheitsentziehung mit einem Antrag nach § 62 FamFG zur gerichtlichen Überprüfung zu stellen, eröffnet nicht ein gesetzlich nicht vorgesehenes Rechtsmittel, sondern besteht nur innerhalb des für die jeweilige Verfahrensart vorgesehenen Instanzenzuges. Dieser ist mit der Beschwerdeentscheidung erschöpft (vgl. [X.], Beschluss vom 11. November 2010 - [X.] 123/10, juris Rn. 4).
IV.
Der [X.] hat die Nichterhebung der Gerichtskosten nach § 16 [X.] (dazu [X.], FamFG, 16. Aufl., § 81 Rn. 20) angeordnet, weil die Einlegung des nicht statthaften Rechtsmittels durch die unrichtige Rechtsmittelbelehrung
des Beschwerdegerichts veranlasst worden ist. Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 84 FamFG.
Krüger [X.]
Brückner Weinland
Meta
12.05.2011
Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat
Beschluss
Sachgebiet: ZB
vorgehend LG Lüneburg, 29. April 2010, Az: 2 T 17/10, Beschluss
§ 70 Abs 4 FamFG, § 428 Abs 2 FamFG, § 62 Abs 4 AufenthG
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.05.2011, Az. V ZB 135/10 (REWIS RS 2011, 6747)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 6747
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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