Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.02.2015, Az. V R 38/13

5. Senat | REWIS RS 2015, 15543

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Gegenstand

(Änderungsmöglichkeit nach § 174 Abs. 4 AO und Entgeltvereinnahmung nach Abtretung)


Leitsatz

1. Der Begriff "bestimmter Sachverhalt" erfasst nicht nur einzelne steuererhebliche Tatsachen, sondern auch den einheitlichen, für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex, sofern die ihn bildenden Sachverhaltselemente einen inneren Zusammenhang aufweisen.

2. Der leistende Unternehmer vereinnahmt ein Entgelt auch dann, wenn der Leistungsempfänger nach Abtretung des Vergütungsanspruchs an den Abtretungsempfänger zahlt.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.], [X.], vom 15. Februar 2012  14 K 1973/11 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) nach § 174 Abs. 4 der Abgabenordnung ([X.]) zur Änderung der Umsatzsteuerbescheide 1999 bis 2001 (Streitjahre) berechtigt war.

2

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war in den Streitjahren als Musikproduzent unternehmerisch tätig. Am 22. Oktober 1997 vereinbarte er mit der H-GmbH, dass er von dieser auf Darlehensbasis eine voll gegen sämtliche [X.] Zahlung in Höhe von 2.000.000 DM erhält, zahlbar in Höhe von 1.000.000 DM nach Unterzeichnung der Vereinbarung sowie weitere 1.000.000 DM im Januar 1998. Dafür erwarb die H-GmbH die zukünftigen Forderungen des [X.] gegen die [X.] in Höhe der zu erwartenden Autorenvergütung bis zum Betrage von 2.000.000 DM einschließlich der jeweils geltenden gesetzlichen Umsatzsteuer (§ 2 Nr. 1 der Vereinbarung). Zur Sicherung trat der Kläger am 22. Oktober 1997 seine Ansprüche gegen die [X.] auf Ausschüttung der ihm zustehenden Erträge aus der Verwertung von Urheberrechten an die H-GmbH ab. Bis zur Höhe dieser Forderungen sollten Zahlungen der [X.] künftig auf ein Konto der H-GmbH zu überweisen sein.

3

Während der Kläger die [X.]-Autorenvergütungen in seinen Steuererklärungen als dem ermäßigten Steuersatz unterliegende steuerpflichtige Umsätze berücksichtigte, kam das [X.] nach einer die Jahre 1996 bis 1998 betreffenden Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass die Zahlungen der H-GmbH bei Zufluss in den Jahren 1997 und 1998 als umsatzsteuerpflichtiger Umsatz (7 %) mit 934.579,43 DM (Nettobetrag) zu erfassen seien. Die Vereinbarungen des [X.] mit der H-GmbH stellten keinen Darlehensvertrag, sondern einen Kaufvertrag dar. Bei den Zahlungen handele es sich um Vorauszahlungen der H-GmbH für die ihr übertragenen Autorenanteile. Die Zahlungen aus den laufenden [X.] mit der [X.] seien dagegen umsatzsteuerrechtlich irrelevant.

4

Gegen die aufgrund der Betriebsprüfung geänderten Umsatzsteuerbescheide 1997 und 1998 vom 20. Juli 2004 legte der Kläger erfolglos Einspruch ein.

5

Während des [X.] führte das [X.] beim Kläger eine die Streitjahre betreffende Außenprüfung durch. Dabei schloss sich die Betriebsprüfung dem Ergebnis der vorausgegangenen Betriebsprüfung an, sodass die in den Streitjahren bereits erklärten Umsätze zu mindern seien. Daraufhin erließ das [X.] am 12. Mai 2010 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

6

In dem die Umsatzsteuer 1997 und 1998 betreffenden Klageverfahren erklärte sich das [X.] bereit, das strittige Vertragsverhältnis als Darlehensvereinbarung anzuerkennen und dadurch dem Klagebegehren abzuhelfen. Dies geschah durch die [X.] vom 11. Oktober 2010. Der Rechtsstreit wurde daraufhin mit Beschluss des Finanzgerichts ([X.]) vom 23. November 2010  14 K 544/07 für erledigt erklärt.

7

Hierauf änderte das [X.] am 18. Oktober 2010 die streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide auf der Grundlage des § 174 Abs. 4 [X.] und erfasste nunmehr beim Kläger die Umsätze aus den jährlichen [X.] der [X.].

8

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Das [X.] entschied, dass die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 [X.] nicht vorlägen, weil das [X.] nicht die steuerlichen Folgen aus einem "bestimmten Sachverhalt" gezogen habe. Gegenstand des Rechtsstreits wegen Umsatzsteuer 1997 und 1998 sei die umsatzsteuerliche Behandlung der Vereinbarung des [X.] mit der H-GmbH vom 22. Oktober 1997 und damit die umsatzsteuerliche Erfassung der von der H-GmbH an den Kläger in den Jahren 1997 und 1998 gezahlten 2.000.000 DM gewesen. Maßgeblicher Lebensvorgang sei daher die Vereinbarung des [X.] mit der H-GmbH vom 22. Oktober 1997 zum Erhalt einer Zahlung von 2.000.000 DM "auf Darlehensbasis". Im Unterschied dazu gehe es in den Streitjahren (1999 bis 2001) um die umsatzsteuerrechtliche Erfassung der jährlichen Auszahlungen der [X.]. Dafür komme es auf die Leistungsbeziehungen des [X.] mit der [X.] an. Beide Ereignisse stellten keinen einheitlichen Lebensvorgang und damit keinen bestimmten Sachverhalt i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] dar. Der bloß tatsächliche Zusammenhang infolge der Abtretung der [X.]-Ansprüche des [X.] an die H-GmbH reiche hierfür nicht aus. [X.] lägen zwei unterschiedliche Leistungsbeziehungen vor. Diese stellten jeweils einen eigenständigen "bestimmten" Sachverhalt dar, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpfe.

9

Mit seiner Revision rügt das [X.] die Verletzung des § 174 Abs. 4 [X.] und trägt dazu vor:

Ein bestimmter Sachverhalt i.S. von § 174 Abs. 4 [X.] liege nicht nur bei einzelnen steuererheblichen Tatsachen und einzelnen steuerrechtlich bedeutsamen Merkmalen vor, sondern auch bei einem einheitlichen, für diese Besteuerung maßgeblichen [X.]. Im Streitfall umfasse dieser [X.] nicht nur die zwischen der H-GmbH und dem Kläger getroffene Darlehensvereinbarung vom 22. Oktober 1997, sondern auch die damit in Verbindung stehenden Regelungen im Zusammenhang mit den Forderungen des [X.] gegenüber der [X.], wonach der Kläger seine Ansprüche gegen die [X.] auf Ausschüttung der ihm zustehenden Erträgnisse aus der Verwertung von Urheberrechten an die H-GmbH abgetreten habe. Das [X.] habe verkannt, dass das [X.] nicht einen weiteren Sachverhalt (Vereinbarung des [X.] mit der H-GmbH) in die Beurteilung der Vertragsbeziehungen mit der [X.] einbezogen habe, da die Vertragsbeziehungen mit der [X.] Bestandteil des vorliegenden [X.]es seien. Dieser bestehe aus dem [X.] vom 22. Oktober 1997, dem Darlehensvertrag vom 22. Oktober 1997 und der Abtretung der Ansprüche des [X.] gegen die [X.] an die H-GmbH mit Vertrag vom 22. Oktober 1997.

Das [X.] beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Anfechtungsklage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist begründet.

Das Urteil des [X.] ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgeri[X.]htsordnung --[X.]O--). Das [X.] ist re[X.]htsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Änderung der bestandskräftigen Umsatzsteuerbes[X.]heide 1999 bis 2001 na[X.]h § 174 Abs. 4 [X.] ni[X.]ht vorgelegen hätten. Die Umsatzsteuerbes[X.]heide 1997 und 1998, in denen das [X.] die Zahlungen der H-GmbH an den Kläger als steuerpfli[X.]htige Umsätze behandelt und der Umsatzsteuer unterworfen hatte, beruhten auf einer re[X.]htli[X.]h irrigen Beurteilung eines bestimmten Sa[X.]hverhalts. Na[X.]hdem diese Bes[X.]heide aufgrund eines Re[X.]htsbehelfs des [X.] aufgehoben wurden, war das [X.] bere[X.]htigt, dur[X.]h den Erlass der streitgegenständli[X.]hen Umsatzsteuerbes[X.]heide die zutreffenden steuerli[X.]hen Folgen zu ziehen.

1. Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sa[X.]hverhalts ein Steuerbes[X.]heid ergangen, der aufgrund eines Re[X.]htsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpfli[X.]htigen dur[X.]h die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können na[X.]h § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] aus dem Sa[X.]hverhalt na[X.]hträgli[X.]h dur[X.]h Erlass oder Änderung eines Steuerbes[X.]heids die ri[X.]htigen steuerli[X.]hen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt gemäß § 174 Abs. 4 Satz 2 [X.] au[X.]h dann, wenn der Steuerbes[X.]heid dur[X.]h das Geri[X.]ht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbea[X.]htli[X.]h, wenn die steuerli[X.]hen Folgerungen innerhalb eines Jahres na[X.]h Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbes[X.]heids gezogen werden (§ 174 Abs. 4 Satz 3 [X.]). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor:

a) Entgegen der Ansi[X.]ht des [X.] handelt es si[X.]h bei den Vereinbarungen vom 22. Oktober 1997 zwis[X.]hen dem Kläger und der H-GmbH und den darauf beruhenden Zahlungen sowie den Vertragsbeziehungen des [X.] mit der [X.] und deren Zahlungen an die H-GmbH um einen "bestimmten Sa[X.]hverhalt" i.S. von § 174 Abs. 4 [X.].

aa) Bei dem Tatbestandsmerkmal des "bestimmten Sa[X.]hverhalts" handelt es si[X.]h um einen unbestimmten Re[X.]htsbegriff, der anhand des [X.] zu konkretisieren ist. Dana[X.]h soll der Steuerpfli[X.]htige im Fall seines Obsiegens an seinem Re[X.]htsstandpunkt festgehalten werden, soweit derselbe Sa[X.]hverhalt zu beurteilen ist. Der Steuerpfli[X.]htige, der erfolgrei[X.]h für seine Re[X.]htsansi[X.]ht gestritten hat, muss au[X.]h die damit verbundenen Na[X.]hteile hinnehmen (Urteil des [X.] --BFH-- vom 14. November 2012 I R 53/11, [X.], 690, [X.] vom 21. Mai 2004 V B 30/03, [X.], 1497). Na[X.]h ständiger Re[X.]htspre[X.]hung ist unter einem bestimmten Sa[X.]hverhalt der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das Gesetz steuerli[X.]he Folgen knüpft. Der Begriff erfasst ni[X.]ht nur einzelne steuererhebli[X.]he Tatsa[X.]hen, sondern den einheitli[X.]hen, für die Besteuerung maßgebli[X.]hen [X.] (BFH-Urteile vom 19. Dezember 2013 V R 7/12, [X.], 80; vom 24. April 2013 II R 53/10, [X.], 63, [X.], 755, und vom 16. April 2013 IX R 22/11, [X.], 136). Dabei müssen der ursprüngli[X.]h beurteilte und der tatsä[X.]hli[X.]h verwirkli[X.]hte Lebenssa[X.]hverhalt und Besteuerungssa[X.]hverhalt ni[X.]ht vollständig übereinstimmen (BFH-Urteil vom 14. Januar 2010 IV R 33/07, [X.], 122, [X.], 586, m.w.[X.]).

bb) Im Streitfall umfasst der [X.] sowohl die in 1997 und 1998 erfolgten und auf einem Darlehensvertrag beruhenden Zahlungen der H-GmbH von 2.000.000 DM gegen Abtretung der [X.] des [X.] bei der [X.] als au[X.]h die Vertragsbeziehungen des [X.] zur [X.] und die darauf beruhenden jährli[X.]hen Lizenzzahlungen.

(1) Mehrere Sa[X.]hverhaltselemente bilden dann einen einheitli[X.]hen Lebensvorgang und [X.], wenn die betreffenden Sa[X.]hverhaltselemente einen inneren Zusammenhang aufweisen (vgl. [X.] vom 19. November 2003 I R 41/02, [X.], 604, Rz 15; [X.] Düsseldorf, Urteil vom 25. Oktober 2012  14 K 1400/11 E, Ents[X.]heidungen der Finanzgeri[X.]hte 2014, 709, Rz 32; [X.] in [X.], Kommentar zur [X.], § 174 Rz 12).

(2) Dieser innere Sa[X.]hzusammenhang liegt im Streitfall vor: Das dem Kläger gewährte Darlehen sollte dur[X.]h die ihm zustehenden Autorenanteile bei der [X.] getilgt werden. Darüber hinaus trat der Kläger zur Si[X.]herheit seine zukünftigen Forderungen gegen die [X.] in Höhe der zu erwartenden Autorenvergütung bis zum Betrag von 2.000.000 DM eins[X.]hließli[X.]h der jeweils geltenden gesetzli[X.]hen Umsatzsteuer ab. Der innere Sa[X.]hzusammenhang ergibt si[X.]h aus dem wirts[X.]haftli[X.]hen Hintergrund der Zahlungen. Diese beruhen alle auf einer einheitli[X.]hen Quelle, der Verwertung von [X.] dur[X.]h die [X.]. Während si[X.]h das Sa[X.]hverhaltselement "[X.]" auf die Umsätze des [X.] in den Streitjahren (1999: 154.973 DM, 2000: 107.258 DM, 2001: 86.988 DM) bes[X.]hränkt, geht es im Sa[X.]hverhaltselement "H-GmbH" um die in diesen Jahren und den Folgejahren bis zu einer Summe von 2.000.000 DM addierten Lizenzeinnahmen des [X.]. Damit ist das Sa[X.]hverhaltselement "[X.]" Bestandteil des [X.] "H-GmbH". Dies ist ausrei[X.]hend, da der Sa[X.]hverhalt ni[X.]ht in vollem Umfang inhaltsglei[X.]h sein muss, vielmehr kann es --wie im [X.] na[X.]h den Erfordernissen des jeweiligen steuerli[X.]hen Tatbestandes genügen, dass er zumindest zu einem Teil in den widerstreitenden Steuerfestsetzungen de[X.]kungsglei[X.]h ist (BFH-Urteil vom 19. November 2003 I R 41/02, [X.], 604, Rz 15 a.E.; [X.] vom 6. Dezember 1979 IV B 56/79, [X.], 1, [X.] 1980, 314, Rz 22; von [X.] in [X.]/[X.]/ [X.], § 174 [X.] Rz 57 und 82; [X.] in [X.], [X.], § 174 Rz 29; [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgeri[X.]htsordnung, § 174 [X.] Rz 5; v. [X.] in [X.], § 174 [X.] Rz 18).

b) Eine "irrige Beurteilung" i.S. von § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] liegt vor, wenn si[X.]h die Beurteilung des bestimmten Sa[X.]hverhalts na[X.]hträgli[X.]h als unri[X.]htig erweist (BFH-Urteil vom 21. August 2007 I R 74/06, [X.], 487, [X.] 2008, 277).

aa) Das [X.] ging im [X.] an eine Außenprüfung zunä[X.]hst davon aus, dass die Zahlungen der H-GmbH in Höhe von 2.000.000 DM in den Jahren des Zuflusses (1997 und 1998) zu erfassen seien, da es si[X.]h um Vorauszahlungen der H-GmbH für die Übertragung der künftigen Autorenvergütung des [X.] gegenüber der [X.] handele.

bb) Diese Beurteilung erwies si[X.]h als unri[X.]htig. Bei zutreffender Beurteilung des Sa[X.]hverhalts stellen die Zahlungen der H-GmbH ledigli[X.]h eine Darlehensgewährung ohne umsatzsteuerre[X.]htli[X.]he Konsequenzen dar, während es si[X.]h bei den Lizenzgebühren des [X.] aus Auss[X.]hüttungen der [X.] um die Gegenleistung für steuerbare und steuerpfli[X.]htige Duldungsleistungen i.S. des § 3 Abs. 9 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) handelt, die dem ermäßigten Steuersatz na[X.]h § 12 Abs. 2 Nr. 7 Bu[X.]hst. [X.] UStG unterliegen.

(1) Die [X.] ist eine Verwertungsgesells[X.]haft in der Re[X.]htsform eines wirts[X.]haftli[X.]hen Vereins, der die Urheberre[X.]hte der Komponisten, Textdi[X.]hter und Musikverlage an Werken der Musik wahrnimmt. Das Wahrnehmungsre[X.]ht s[X.]hließt das Re[X.]ht ein, die Nutzung der Werke in allen Ländern zu gestatten, die Wiedergabe zu überwa[X.]hen und die Tantiemen einzuziehen. Zur Erfüllung dieser Aufgaben wird ihr das Re[X.]ht zur Aufführung, Rundfunksendung und Vervielfältigung übertragen. Die Übertragung dient dem Zwe[X.]k, die den Urhebern zustehenden Re[X.]hte wirts[X.]haftli[X.]h zu verwerten. Dies ges[X.]hieht dadur[X.]h, dass die Werke [X.] gegen Entgelt zur Wiedergabe zur Verfügung gestellt werden. Wesentli[X.]her Inhalt der Leistung der jeweiligen Urheber ist daher das Dulden der Wiedergabe ihrer Werke (BFH-Urteil vom 10. März 1966 V 7/63, [X.], 257, [X.]I 1966, 302; [X.] in Rau/Dürrwä[X.]hter, Umsatzsteuergesetz, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Bu[X.]hst. [X.] Rz 65). Die den Urhebern zufließenden Anteile am Reinertrag der Verwertungsgesells[X.]haft sind als Entgelt für die Einräumung von Nutzungsre[X.]hten na[X.]h § 12 Abs. 2 Nr. 7 Bu[X.]hst. [X.] UStG begünstigt([X.] in Rau/ Dürrwä[X.]hter, a.a.[X.], § 12 Abs. 2 Nr. 7 Bu[X.]hst. [X.] Rz 192).

(2) Der Umsatzsteuerpfli[X.]ht steht ni[X.]ht entgegen, dass die Lizenzeinnahmen dazu dienen sollten, das Darlehen des [X.] zurü[X.]kzuzahlen und der Kläger seine [X.] si[X.]herungshalber an die H-GmbH abgetreten hatte.

Der Unternehmer, der eine Leistung erbringt, hat diese au[X.]h dann zu versteuern, wenn er seinen Anspru[X.]h auf die Gegenleistung abgetreten hat. Auf den Re[X.]htsgrund der Abtretung kommt es dabei ni[X.]ht an. Da si[X.]h die Höhe und der Umfang des Entgelts na[X.]h dem zwis[X.]hen den Parteien des Leistungsaustaus[X.]hes bestehenden Re[X.]htsverhältnis --im Streitfall zwis[X.]hen dem Kläger und der [X.]-- bestimmen, ist eine Abtretung des dem Leistenden zustehenden Entgeltanspru[X.]hs an einen Forderungserwerber für die Bestimmung des Entgelts ohne Bedeutung. Denn dur[X.]h eine Vereinbarung, an der der Leistungsempfänger ni[X.]ht beteiligt ist, kann das zwis[X.]hen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehende Re[X.]htsverhältnis ni[X.]ht geändert werden (BFH-Urteil vom 6. Mai 2010 V R 15/09, [X.], 252, [X.] 2011, 142; [X.] vom 29. Oktober 2010 V B 123/09, [X.], 663). Ist die Abtretung des Vergütungsanspru[X.]hs für die Besteuerung des Leistenden ohne Bedeutung, "erhält" dieser den an einen [X.] ausgezahlten Betrag für die von ihm erbra[X.]hte Leistung (vgl. Stadie in Rau/ Dürrwä[X.]hter, a.a.[X.], § 17 Rz 189).

[X.]) Die Umsatzsteuerbes[X.]heide 1997 und 1998 wurden au[X.]h aufgrund eines Re[X.]htsbehelfs des Steuerpfli[X.]htigen dur[X.]h die Finanzbehörde zu seinen Gunsten geändert, da diese Änderung im Rahmen des vom Kläger betriebenen Klageverfahrens erfolgte. Dass die Bes[X.]heide ni[X.]ht dur[X.]h ein Geri[X.]htsurteil geändert wurden, sondern das [X.] dem Klagebegehren bereits aufgrund eines Erörterungstermins des Beri[X.]hterstatters abgeholfen hat, steht dem ni[X.]ht entgegen. Denn es rei[X.]ht insoweit aus, dass der Kläger spezifis[X.]h die Änderung der angefo[X.]htenen Bes[X.]heide veranlasst hat (vgl. BFH-Urteil vom 11. Mai 2010 IX R 25/09, [X.], 203, [X.], 953, Rz 13).

d) Die Jahresfrist des § 174 Abs. 4 Satz 3 [X.] ist gewahrt.

aa) Bei Erlass der geänderten Umsatzsteuerbes[X.]heide 1999 bis 2001 am 18. Oktober 2010 war deren Festsetzungsfrist bereits abgelaufen. Aufgrund der die Streitjahre betreffenden Außenprüfung wurden am 12. Mai 2010 geänderte Umsatzsteuerbes[X.]heide 1999 bis 2001 erlassen und zuglei[X.]h der Vorbehalt der Na[X.]hprüfung aufgehoben. Mit der Bekanntgabe dieser Bes[X.]heide sind diese unanfe[X.]htbar und somit ni[X.]ht mehr änderbar geworden.

bb) Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist aber unbea[X.]htli[X.]h, da die steuerli[X.]hen Folgen innerhalb eines Jahres na[X.]h Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbes[X.]heids gezogen wurden: Im Streitfall sind die fehlerhaften Umsatzsteuerbes[X.]heide 1997 und 1998 am 11. Oktober 2010 geändert worden. Die hier streitigen Umsatzsteuerbes[X.]heide 1999 bis 2001 sind bereits am 18. Oktober 2010 und damit binnen Jahresfrist erlassen worden.

e) Die Änderungsbefugnis ist im Streitfall au[X.]h ni[X.]ht dur[X.]h § 174 Abs. 4 Satz 4 [X.] einges[X.]hränkt. Dana[X.]h ist eine Änderung nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 [X.] zulässig, wenn die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war, als der später geänderte Steuerbes[X.]heid erlassen wurde. Die später geänderten Umsatzsteuerbes[X.]heide 1997 und 1998 wurden im [X.] an eine Außenprüfung am 20. Juli 2004 erlassen. Zu diesem Zeitpunkt war wegen der Ablaufhemmung der Außenprüfung (§ 171 Abs. 4 [X.]) no[X.]h keine Festsetzungsverjährung eingetreten.

2. Liegen damit die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 [X.] vor, durfte das [X.] die ri[X.]htigen steuerli[X.]hen Folgerungen aus dem "bestimmten Sa[X.]hverhalt" ziehen. Da der Begriff des "bestimmten Sa[X.]hverhalts" ni[X.]ht periodenbezogen eins[X.]hränkend auszulegen ist, sind die ri[X.]htigen steuerli[X.]hen Folgerungen ohne Rü[X.]ksi[X.]ht auf den Besteuerungszeitraum zu ziehen (BFH-Urteil in [X.], 690). Demna[X.]h umfasst die Änderung sämtli[X.]he [X.], die vom "bestimmten Sa[X.]hverhalt" betroffen sind. Vorliegend sind das 1999 bis 2001.

3. Das [X.] ist von anderen Re[X.]htsgrundsätzen ausgegangen, sodass seine Ents[X.]heidung aufzuheben war. Na[X.]h ständiger Re[X.]htspre[X.]hung des erkennenden Senats ist zwar Voraussetzung für das Vorliegen einer einheitli[X.]hen Leistung anstelle mehrerer selbständiger Leistungen, dass es si[X.]h um Tätigkeiten desselben Unternehmers handelt (BFH-Urteile vom 19. März 2009 V R 50/07, [X.], 224, [X.], 78, sowie vom 29. Oktober 2008 XI R 74/07, [X.], 498, [X.] 2009, 256; [X.] vom 18. April 2007 V B 157/05, [X.] 2007, 1544, m.w.[X.]). Entgegen dem Urteil des [X.] kommt es jedo[X.]h für die Auslegung des § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] ("bestimmter Sa[X.]hverhalt") ni[X.]ht auf die umsatzsteuerre[X.]htli[X.]hen Grundsätze zur einheitli[X.]hen Leistung an, sondern auf das Vorhandensein eines inneren Sa[X.]hzusammenhangs zwis[X.]hen den jeweiligen Sa[X.]hverhaltselementen.

4. Die Sa[X.]he ist spru[X.]hreif und die Klage abzuweisen. Das [X.] hat zwar keine Ermessensents[X.]heidung über die Änderung getroffen, dies war aber au[X.]h ni[X.]ht erforderli[X.]h. Na[X.]h dem BFH-Urteil vom 14. März 2012 XI R 2/10, [X.], 391, [X.] 2012, 653), dem si[X.]h der Senat ans[X.]hließt, stellt die Ents[X.]heidung des [X.] darüber, ob im Falle einer irrigen Beurteilung eines bestimmten Sa[X.]hverhalts ein Steuerbes[X.]heid na[X.]h § 174 Abs. 4 [X.] na[X.]hträgli[X.]h geändert wird, keine Ermessensents[X.]heidung dar, sondern eine gebundene Ents[X.]heidung.

5. Die Kostenents[X.]heidung beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

V R 38/13

12.02.2015

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 15. Februar 2012, Az: 14 K 1973/11, Urteil

§ 174 Abs 4 AO, § 3 Abs 9 S 2 UStG 1999, § 10 UStG 1999, § 12 Abs 2 Nr 7 Buchst c UStG 1999

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.02.2015, Az. V R 38/13 (REWIS RS 2015, 15543)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15543

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