Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2001, Az. 3 StR 502/99

3. Strafsenat | REWIS RS 2001, 2739

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[X.]/99vom27. April 2001in der [X.] u.a.- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] des [X.] am 27. April 2001 beschlossen:Es wird festgestellt, daß der Angeklagte seine Revision gegendas Urteil des [X.] vom 24. Februar 1999wirksam zurückgenommen hat.Der [X.]uß des Senats vom 2. August 2000 ist gegenstandslos.Gründe:[X.] Das [X.] verurteilte den Angeklagten [X.] Februar 1999 wegen Vergewaltigung und wegen Fahrens ohne Fahrer-laubnis in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren undsechs Monaten, ordnete seine Unterbringung in einem psychiatrischen Kran-kenhaus an und untersagte der Verwaltungsbehörde, ihm vor Ablauf von fünfJahren eine Fahrerlaubnis zu erteilen. In der Hauptverhandlung war der Ange-klagte von Rechtsanwalt [X.]verteidigt worden. Dieser hatte mit [X.] 9. Februar 1999 sein Mandat als Wahlverteidiger niedergelegt und sichgleichzeitig bereit erklärt, den Angeklagten als Pflichtverteidiger zu vertreten.Eine Bestellung zum Pflichtverteidiger ist der Akte nicht zu entnehmen.Rechtsanwalt [X.] legte am 26. Februar 1999 Revision gegen das landge-richtliche Urteil ein, die er am 3. Juni 1999 begründete. Gleichzeitig stellte ereinen Antrag auf Wiedereinsetzung in vorigen Stand gegen die Versäumungder [X.].Bereits am 26. März 1999 hatte Rechtsanwalt [X.] beim [X.] die Festsetzung von [X.] beantragt. Auf entspre-- 3 -chende Anfrage der Rechtspflegerin teilte er mit, er sei im [X.] vom 24. Februar 1999 zum Pflichtverteidiger bestellt worden, undbeantragte entsprechende Berichtigung des Sitzungsprotokolls. Diesen Antragwies der Vorsitzende der [X.] mit [X.]uß vom 23. Juni 1999 zurück.Mit Schriftsatz an das [X.] vom 23. September 1999nahm Rechtsanwalt [X.] seinen Antrag auf Festsetzung von Pflichtvertei-digergebühren im Hinblick auf die Ablehnung der Protokollberichtigung zurück.Gleichzeitig brachte er seine Auffassung zum Ausdruck, daß der [X.] in der Hauptverhandlung weder von einem Wahl- noch von einemPflichtverteidiger vertreten worden sei. Die von ihm - Rechtsanwalt [X.] -eingelegte Revision sei somit ebenfalls weder von einem Wahl- noch von ei-nem Pflichtverteidiger eingelegt worden. Sodann heißt es: "Letztlich dürfte [X.] Bedeutung sein, da Herr [X.]die Durchführung des [X.] nicht wünscht. Als Anlage überreiche ich Original des [X.] [X.] vom 18.06.1999". Bei der Anlage handelt es sich um ein anRechtsanwalt [X.]gerichtetes, handschriftliches und mit dem Namen [X.] unterzeichnetes Schreiben vom 18. Juni 1999, in welchem " [X.]" mitteilt, daß er die Revision zurücknehmen möchte, und dies näher [X.].Der Schriftsatz vom 23. September 1999 wurde nicht zu den zwischen-zeitlich an die Staatsanwaltschaft weitergeleiteten Sachakten nachgereicht,sondern in das Kostensonderheft eingelegt.Nachdem die Akten dem [X.] vorgelegt worden waren,regte dieser beim [X.] an, dem Angeklagten einen Pflichtverteidigerbeizuordnen. Der Vorsitzende der [X.] bestellte dem Angeklagten- 4 -daraufhin mit [X.]uß vom 9. Dezember 1999 Rechtsanwalt [X.]als"Pflichtverteidiger für das Revisionsverfahren ab dem 14.05.1999". Dieser legtemit Schriftsatz vom 27. Dezember 1999 erneut Revision für den Angeklagtenein, beantragte gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen [X.] der Revisionseinlegungsfrist und begründete in der Folge [X.].Der Senat hat mit [X.]uß vom 2. August 2000 auf die durch Rechts-anwalt [X.] eingelegte Revision des Angeklagten das Urteil des [X.]s im gesamten Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und das Rechtsmittelim übrigen verworfen. Er hat dort darauf hingewiesen, daß bereits Rechtsan-walt [X.]die Revision wirksam eingelegt und begründet hatte und [X.] auch rechtzeitig war, da die Begründungsfrist erst mitder Zustellung des angefochtenen Urteils an den Angeklagten am 21. Mai 1999zu laufen begann.Das [X.] hat dem Senat die Akten im Hinblick auf den nunmehraufgefundenen Schriftsatz des Rechtsanwalts [X.] vom 23. September1999 erneut vorgelegt. Der [X.] beantragt festzustellen, daßder [X.]uß des Senats vom 2. August 2000 gegenstandslos und das Verfah-ren durch [X.] erledigt ist. Der Angeklagte läßt vortragen, daßer sich an die Abfassung des Schreibens an Rechtsanwalt [X.] vom18. Juni 1999 nicht erinnere und im übrigen diesem Schreiben aufgrund seinespsychischen Zustandes jedenfalls keine Rechtswirkung zukomme.I[X.] Wird im Strafverfahren die Frage streitig, ob ein Rechtsmittel wirksamzurückgenommen wurde, ist in der Regel eine feststellende Klärung durchförmliche Entscheidung des Rechtsmittelgerichts angezeigt ([X.] -104; [X.]R StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 8). Dies führt hierzu der deklaratorischen Feststellung des Senats, daß die Revision des Ange-klagten gegen das landgerichtliche Urteil wirksam zurückgenommen wurde [X.] [X.]uß des Senats vom 2. August 2000 daher gegenstandslos ist.1. Der Schriftsatz vom 23. September 1999 beinhaltet die Rücknahmeder von Rechtsanwalt [X.] für den Angeklagten eingelegten und begrün-deten Revision. Er bringt in Verbindung mit dem als Anlage beigefügtenSchreiben vom 18. Juni 1999 deutlich zum Ausdruck, daß unabhängig davon,ob Rechtsanwalt [X.] den Angeklagten in der Hauptverhandlung [X.] als Wahl- oder Pflichtverteidiger vertreten und für diesen die [X.] eingelegt sowie begründet hat, das Rechtsmittel nicht weitergeführtwerden soll. Dies ist für eine [X.] ausreichend.2. [X.] ist wirksam.a) Dem steht zunächst nicht entgegen, daß sie aus Sicht von Rechtsan-walt [X.] unter der Bedingung abgegeben wurde, daß entgegen seinerRechtsmeinung doch eine wirksame Revision eingelegt worden war. Zwar istdie [X.] als Prozeßhandlung grundsätzlich bedingungs-feindlich. Jedoch kann sie, ebenso wie andere Prozeßhandlungen, von einerreinen Rechtsbedingung abhängig gemacht werden (vgl. [X.]/[X.], [X.]. [X.]. [X.]. 118 und vor § 296 [X.]. 5 jew. m.w.[X.] kann daher an die Bedingung geknüpft werden, daß das Rechtsmittelüberhaupt wirksam eingelegt wurde. Diese Bedingung war hier gegeben. [X.] nimmt insoweit auf seine Ausführungen im [X.]uß vom 2. August 2000Bezug.- 6 -b) Rechtsanwalt [X.] war zur Abgabe der [X.] das Schreiben des Angeklagten vom 18. Juni 1999 ausdrücklich er-mächtigt im Sinne des § 302 Abs. 2 StPO.Soweit der Angeklagte über seinen jetzigen Verteidiger vortragen läßt,er könne sich nicht erinnern, das Schreiben vom 18. Juni 1999 unterzeichnetzu haben, begründet dies keine Zweifel des Senats daran, daß der Angeklagteder Absender dieses Schriftstückes ist. Die Unterschrift stimmt mit denen aufanderen zur Akte gelangten Schreiben des Angeklagten und derjenigen [X.] polizeilichen Beschuldigtenvernehmung überein. Zwar unterscheidetsich die Handschrift, in der das Schreiben vom 18. Juni 1999 abgefaßt ist, vonden Handschriften der anderen mit seinem Namen unterzeichneten Briefen.Dies findet seine Erklärung jedoch in der Lese- und Schreibschwäche des [X.], die der vom [X.] zur Prüfung der Schuldfähigkeit des Ange-klagten beigezogene Sachverständige festgestellt hat. Der Angeklagte [X.] Schreiben ersichtlich von Dritten abfassen und unterzeichnet sie dannlediglich.Der Angeklagte bringt in dem Brief vom 18. Juni 1999 sein Begehren,Rechtsanwalt [X.], den er als seinen Verteidiger erachtet, solle die einge-legte Revision zurücknehmen, unmißverständlich zum Ausdruck. Diese Erklä-rung ist rechtswirksam. Die Wirksamkeit der Ermächtigung nach § 302 Abs. 2StPO setzt allerdings voraus, daß der Angeklagte bei Abgabe der [X.] Erklärung verhandlungsfähig ist (Ruß in [X.]. § 302 [X.].22m.w.Nachw.). Ob dies der Fall ist, hat das Rechtsmittelgericht im [X.] zu klären (vgl. [X.], 258; 1999, 526, 527). Die entspre-chende Prüfung hat hier jedoch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß der- 7 -Angeklagte aufgrund seines geistigen Zustandes keine hinreichende Einsichtin den Inhalt seines Schreibens vom 18. Juni 1999 und dessen rechtlichenReichweite gehabt hätte. Es liegt schon allgemein fern, daß eine psychischeBeeinträchtigung des Angeklagten, die lediglich zur Annahme verminderterSteuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB führt, Auswirkungen auf [X.] anderen Maßstäben zu beurteilende Fähigkeit haben könnte, sich [X.] zu verteidigen und Verfahrenserklärungen in ihrer Bedeutung und Wir-kung zu erfassen. Insbesondere liefert vorliegend die Intelligenzminderung [X.], die nach Ansicht des Sachverständigen und des [X.]slediglich im Zusammenwirken mit persönlichkeitsspezifischen Faktoren auf-grund einer familiären Belastungssituation und alkoholbedingter [X.] einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit des [X.] Tatbegehung führte, hierfür keinen Beleg.Weder die Urteilsgründe noch das [X.] ergebeneinen Hinweis darauf, daß Bedenken gegen die Verhandlungsfähigkeit [X.] bestanden hätten. Er hat aktiv an der Verhandlung mitgewirkt undsich, wie den Urteilsgründen entnommen werden kann, umfangreich zu [X.] und zu den Tatvorwürfen eingelassen und Reue über das Sexualdeliktgeäußert. Während der Hauptverhandlung hat weder das Gericht noch [X.] noch der anwesende Sachverständige irgendwelche Zweifel an [X.] des Angeklagten geäußert. In einem derartigen Fallkann die Verhandlungsfähigkeit grundsätzlich auch vom Revisionsgericht ohneweitere Ermittlungen bejaht werden (vgl. [X.], 258, 259; 1999, 526,527; [X.], [X.]. vom 19. September 2000 - 4 StR 337/00). Es gibt auch kei-nen Anhaltspunkt dafür, daß sich nach der Hauptverhandlung vom [X.] im weiteren Vollzug der Untersuchungshaft bis zum 18. Juni 1999 [X.] 8 -rungen im psychischen Zustand des Angeklagten ergeben hätten, die eine ab-weichende Beurteilung rechtfertigen [X.] 9 -c) Das Verfahren wurde somit durch Rücknahme der Revision des [X.] bereits im September 1999 abgeschlossen. Der [X.]uß des Se-nats vom 2. August 2000 kann daher keine Rechtswirkungen mehr entfalten.[X.] [X.] Becker

Meta

3 StR 502/99

27.04.2001

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2001, Az. 3 StR 502/99 (REWIS RS 2001, 2739)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 2739

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