Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2007, Az. II ZR 262/06

II. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 1080

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[X.] ZR 262/06 vom 5. November 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GmbHG § 64 Abs. 2; ZPO § 138 a) Der Insolvenzverwalter genügt seiner Darlegungslast zum Merkmal der Überschuldung, wenn er eine Handelsbilanz mit dem Ausweis eines nicht durch Eigenkapital gedeckten [X.] vorlegt und erläutert, ob und gegebenenfalls welche Abweichungen nach Insolvenzrecht bestehen und dass danach eine Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne gegeben ist. Dabei hat er auf den [X.] des beklagten Geschäftsführers ein-zugehen. b) Zahlungen des Geschäftsführers nach Insolvenzreife sind dann mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar i.S. des § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG, wenn durch sie größere Nachteile für die Insolvenzmasse abgewendet werden sollen (vgl. [X.] 146, 264, 274 f. m. Nachw.). [X.], Beschluss vom 5. November 2007 - [X.]/06 - [X.] LG Hamburg - 2 - [X.] [X.] hat am 5. November 2007 durch [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Beschwerde der Beklagten wird das [X.]eil des 11. Zivilse-nats des [X.] vom 6. Oktober 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an den 6. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 48.321,06 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Beschwerde ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO un-ter Aufhebung des angefochtenen [X.]eils zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Zivilsenat des Berufungsgerichts. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt. 1 Zwar hat es zutreffend angenommen, dass der - insoweit darlegungs- und beweispflichtige ([X.] 126, 181, 200) - Kläger die Voraussetzungen einer Überschuldung in der [X.] ab dem 16. Februar 2001 schlüssig dargelegt habe 2 - 3 - (vgl. [X.].[X.]. v. 7. März 2005 - [X.], [X.], 807). Er hat sich näm-lich entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht darauf beschränkt, lediglich die vorläufige Handelsbilanz zum 31. Dezember 2000 vorzutragen, sondern hat auch die insolvenzrechtlich bedeutsamen Abweichungen mitgeteilt, nämlich den [X.] der beiden Grundstücke i.[X.]v. zusammen nur 3.581 [X.] - im Gegensatz zu 6.637 [X.] in der Handelsbilanz. Das Berufungsgericht hat aber den Vortrag der Beklagten zu den [X.] nicht beachtet und damit in entscheidungserheblicher Weise gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör verstoßen. Nach diesem Vortrag, der für das drittinstanzliche Verfahren als wahr zu unterstellen ist, liegen die Voraussetzungen einer Überschuldung nicht vor. Es bestanden danach nämlich bezüglich der Grundstücke in [X.]

und [X.]
stille Reserven i.[X.]v. zu-sammen 3.000 [X.]. Diese Grundstücke sind nach dem Vortrag der Beklagten in einem Überschuldungsstatus daher mit dem Buchwert von 6.637 [X.] zu-züglich der stillen Reserven, zusammen also mit 9.637 [X.] zu bewerten. Mit den übrigen Aktiva ergibt sich damit ein Aktivvermögen nach [X.]en i.[X.]v. 16.089 [X.]. Weiter ist zu berücksichtigen, dass nach dem Vortrag der Beklagten [X.] erklärt worden sind für die Verbindlichkeiten gegen Gesellschafter i.[X.]v. 658 [X.], für Bankverbindlichkeiten i.[X.]v. 800 [X.] und für Ansprüche aus Urlaubsgeld i.[X.]v. 160 [X.]. Die nach dem Vortrag des [X.] mit 16.014 [X.] zu veranschlagenden Gesamtverbindlichkeiten verringern sich danach um insgesamt 1.618 [X.] auf 14.396 [X.]. Damit übersteigt das [X.] die Verbindlichkeiten. 3 I[X.]1. In dem neu eröffneten Berufungsverfahren wird - unter Berücksichti-gung des Vortrags der Beklagten - aufzuklären sein, ob in dem [X.]raum ab dem 16. Februar 2001 eine Überschuldung vorgelegen hat. Die rückwärts ge-richtete Sicht des [X.] auf eine Insolvenzsituation im Jahre 1997 4 - 4 - und die daraus gezogenen Folgerungen für die Darlegungs- und Beweislast sind rechtsfehlerhaft (vgl. [X.] 164, 50, 58). Weiter wird - gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien - der Frage nachzugehen sein, ob die Schuldnerin in diesem [X.]raum zahlungsunfähig war (vgl. dazu die Revisions-entscheidung in dem Parallelverfahren: [X.], [X.]. v. 21. Juni 2007 - [X.], [X.], 1469). 2. Sollte danach eine Insolvenzreife bestanden haben, wird das [X.] dem Vortrag der Beklagten nachzugehen haben, die "[X.] an unbekannte Empfänger" hätten nur dazu gedient, Geld vom [X.] in die Barkasse zu transferieren. Sollte sich dieser Vortrag als richtig [X.], sind das keine Zahlungen i.S. des § 64 Abs. 2 GmbHG. 5 3. a) Weiter wird zu prüfen sein, ob die etwaigen Zahlungen mit der Sorg-falt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar waren i.S. des § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG. Dazu ist festzustellen, ob durch die Zahlungen größere Nachteile für die Insolvenzmasse abgewendet werden sollten ([X.] 146, 264, 274 f.). Das kommt hier insbesondere bei den Zahlungen auf die Wasser-, Strom- und Heizrechnungen in Betracht. Ohne diese Zahlungen hätte der [X.] im Zweifel sofort eingestellt werden müssen, was jede Chance auf Sanie-rung oder Fortführung im Insolvenzverfahren zunichte gemacht hätte. 6 b) Der Einwand der Beschwerde, die Beklagten träfe jedenfalls kein [X.], weil ein Kollegialgericht, nämlich das [X.] in dem [X.], angenommen habe, dass keine Insolvenzreife vorgelegen habe, bleibt dagegen ohne Erfolg. 7 Allerdings geht der [X.] im Rahmen der Amtshaftung da-von aus, dass einen Beamten in der Regel kein Verschulden trifft, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Gericht die Amtstätigkeit als objektiv 8 - 5 - rechtmäßig angesehen hat ([X.] 97, 97, 107; 150, 172, 184; [X.]. v. 19. Dezember 1991 - [X.], [X.], 947, 948 f.; v. 16. Oktober 1997 - [X.], [X.], 187, 188; v. 3. März 2005 - [X.], [X.], 1328, 1329). Diese sog. Kollegialgerichtsrichtlinie ist aber bisher nur auf [X.], nicht dagegen auf sonstige zivilrechtliche Ersatzansprüche angewandt worden ([X.], [X.]. v. 31. Oktober 1985 - [X.], [X.], 199, 202 f.; offen gelassen in [X.]. v. 21. Oktober 2003 - [X.], [X.], 2242, 2246). Ob sie über die Amtshaftung hinaus gilt, kann auch hier offen bleiben. Denn sie greift jedenfalls dann nicht ein, wenn sich das Gericht seine Überzeugung von der Rechtsmäßigkeit des Handelns aufgrund eines [X.] festgestellten Sachverhalts gebildet hat ([X.] 117, 240, 250; [X.]. v. 5. Juli 1990 - [X.], [X.], 1549, 1551; v. 21. Oktober 2003 - [X.], [X.], 2242, 2246). So liegt es hier. Das [X.] hat den maßgeblichen Sachverhalt nur unzureichend aufgeklärt. Das ergibt sich aus der das [X.]eil des [X.] Stuttgart aufhebenden Entscheidung des [X.]s vom 21. Juni 2007 ([X.], [X.], 1469). Danach hat das [X.] nicht geprüft, ob die Schuldnerin mit der [X.] durch die Bank im Juni 1997 zahlungsun-fähig geworden ist, ob sie danach ihre Zahlungen allgemein wieder aufgenom-men hat und ob im Hinblick auf die fälligen Zinszahlungen für November und Dezember 2000, die die Schuldnerin nicht erbringen konnte, erneut [X.] eingetreten ist. 4. Schließlich wird das Berufungsgericht den Beklagten ggf. vorzubehal-ten haben, nach Erstattung an die Masse Gegenansprüche, die sich nach Rang 9 - 6 - und Höhe mit den Beträgen decken, die die begünstigten Gesellschaftsgläubi-ger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, gegen den Kläger geltend zu ma-chen ([X.] 146, 264, 278 f.). [X.][X.] Strohn

[X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 05.10.2005 - 401 O 76/05 - [X.], Entscheidung vom 06.10.2006 - 11 U 256/05 -

Meta

II ZR 262/06

05.11.2007

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2007, Az. II ZR 262/06 (REWIS RS 2007, 1080)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 1080

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