Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 01.04.2014, Az. 2 BvE 14/12

2. Senat | REWIS RS 2014, 6669

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Verwerfung (A-limine-Abweisung) von Anträgen im Organstreitverfahren: mangelnde Antragsbefugnis bzw unzureichende Substantiierung


Gründe

A.

1

Die Antragstellerin ist eine politische Partei. Sie wendet sich gegen den [X.]n Stabilitätsmechanismus und den [X.] und beantragt zuletzt:

1. durch Erlass einer einstweiligen Anordnung, dem Bundespräsidenten zu untersagen, die Gesetze zu unterzeichnen,

2. die Gesetze für rechts- und verfassungswidrig zu erklären, damit für nichtig zu erklären, Anträge [X.] e.V. www.STOP-[X.].org: "DER [X.] MUSS WEG!" Alle zukünftigen Geschäfte, Handlungen und Verträge der unkontrollierbaren [X.]-Mega-Bank sind ohne vorherige [X.]-Volksabstimmung grundsätzlich Null und Nichtig! Diese offensichtliche Nichtigkeit kann durch [X.]-Genehmigung seitens Parlament, Verfassungsgericht und Bundespräsident nicht beseitigt werden.

3. Anträge Volksabstimmung (Alternativen gemäß Eingaben vom 30.06.2012, … 08.08.2012), 8 Punkte aus dem Grundsatzprogramm Volksabstimmung, über die bundesweit die Wählerinnen und Wähler abstimmen sollen (Volksabstimmung gemäß Art. 20(2) GG):

a) Gebt uns unsere D-Mark zurück! Rückkehr zur nationalen Währung in den 17 Euroländern und Einbindung in ein europäisches Wechselkursbündnis (Professor Dr. [X.] u.a.),

b) Geld für 0 %, zinsloses Geld, für alle öffentlichen Haushalte (Bund, Länder, Kommunen) durch eine [X.] (14(2), 15 und 73 Nr. 4 GG: Währungshoheit), Art. 123 [X.] ändern, damit [X.] Kredite direkt an Regierungen ihrer Mitgliedsländer vergeben kann (Ellen Brown),

c) keine staatlichen Zinszahlungen aus Steuergeldern an Privatbanken, Bankensubventionen (60 Mrd. Euro/Jahr) beenden,

d) keine Staatsverschuldung bei privaten Banken (siehe Punkt b),

e) Einstellung sämtlicher Zins- und Tilgungsleistungen an Privatbanken (Luft- und Buchgeld),

f) Stornierung aller Staatsschulden bei Privatbanken,

g) Stornierung aller Banken-Rettungsschirme ([X.], [X.], …),

h) sofortige strengste Gewaltentrennung zwischen Staat und Privatbanken durch Einstellung sämtlicher Zins- und Tilgungsleistungen an die Privatbanken (ungerechtfertigte Bereicherung), keine Staatsverschuldung bei privaten Banken.

2

Zudem beantragt die Antragstellerin:

Der Beschwerdegegner/Beklagte zu 2. soll bitte unverzüglich (§ 121 [X.]) eine Sondersitzung einberufen und die am 29.06.2012, 23:56 Uhr, abgegebenen Willenserklärungen wegen Irrtum und Täuschung zurücknehmen lassen (§§ 116 ff. [X.], im Besonderen §§ 119, 121, 123 [X.]), hilfsweise wird beantragt, dass das [X.] die Willenserklärungen für nichtig erklärt.

3

Zur Begründung trägt die Antragstellerin im Wesentlichen vor, die angegriffenen Gesetze seien das Gegenteil von sozialer Marktwirtschaft und der [X.]. Es handele sich um "[X.]". Die Abgeordneten des [X.] Bundestages hätten sich bei dem Gesetzesbeschluss im Irrtum befunden und seien getäuscht worden. Letztlich handele es sich um "Hochverrat". Der [X.] über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der [X.] sei eine gegen Art. 79 Abs. 3 GG verstoßende, unzulässige Übertragung von Hoheitsrechten. Der [X.] Stabilitätsmechanismus umgehe das "[X.]" (vgl. Art. 125AEUV) und verlasse so die Grundlagen der [X.]. Die umfassende Immunität des [X.]n Stabilitätsmechanismus und der für ihn handelnden Personen sei rechtsstaatlich nicht hinnehmbar. Die Handelnden seien auch nicht hinreichend demokratisch legitimiert. Durch die Zustimmung zu dem [X.] zur Einrichtung des [X.]n Stabilitätsmechanismus habe der [X.] unzulässig seine Budgethoheit aufgegeben, da der [X.] Stabilitätsmechanismus dauerhaft bestehe und es keine Vetoposition der [X.] gebe.

4

Die Antragstellerin sieht sich in Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 1 bis Abs. 4, Art. 21 Abs. 1, Art. 23 Abs. 1 Satz 1 und Art. 79 Abs. 3 GG sowie verschiedenen Rechten der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der [X.] verletzt. Zu Art. 21 GG führt sie aus, das "Grund- und Menschenrecht aller [X.] auf Mitgestaltung am Staat, Volkshoheit und Demokratie" sei verletzt, "indem die [X.] Kontrolle des [X.]n Stabilitätsmechanismus durch das Volk ausgeschaltet" sei. Zudem werde sie durch die Unterwerfung unter die Willkür eines fremden, nicht von ihr legitimierten, rechts- und kontrollfrei agierenden Organs in ihrer verfassungsmäßigen Ausübung ihres Rechts auf Willensbildungsmitwirkung durch Volksabstimmung verletzt.

B.

5

Der Antrag ist unzulässig. Bei verständiger Würdigung der Anträge und des Antragsvorbringens (vgl. [X.] 24, 300 <330>) beantragt die Antragstellerin die Feststellung, dass sie durch das Gesetz zu dem [X.] zur Einrichtung des [X.]n Stabilitätsmechanismus vom 13. September 2012, das Gesetz zu dem [X.] über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der [X.] vom 13. September 2012 und das Unterlassen einer Volksabstimmung zu den aufgeführten Punkten in ihren Rechten verletzt wird. Für diesen Antrag ist sie jedoch nicht antragsbefugt (§ 64 [X.]), soweit sie eine Verletzung in anderen Rechten als Art. 21 Abs. 1 GG geltend macht. Soweit sie Art. 21 Abs. 1 GG als verletzt rügt, genügt die Antragsschrift nicht den Anforderungen an die Begründung einer Antragsschrift im Organstreitverfahren (§ 23Abs. 1 Satz 2 [X.]).

6

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 24 Satz 2 [X.] abgesehen. Die Antragstellerin ist durch den Berichterstatter mit Schreiben vom 20. Februar 2014 auf die Bedenken gegen die Zulässigkeit ihres Antrags hingewiesen worden. Von einer Stellungnahme hierzu hat sie abgesehen.

C.

7

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat sich durch die Verkündung der angegriffenen Gesetze und das Inkrafttreten der beanstandeten völkerrechtlichen Verträge erledigt (vgl. [X.] 126, 158 <167>).

Meta

2 BvE 14/12

01.04.2014

Bundesverfassungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BvE

Art 21 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 24 BVerfGG, § 64 BVerfGG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 01.04.2014, Az. 2 BvE 14/12 (REWIS RS 2014, 6669)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6669

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