Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.07.2011, Az. III ZB 70/10

3. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 4746

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Gegenstand

Schiedsabrede: Auslegung einer irrtümlich die Zuständigkeit eines nicht existierenden Schiedsgericht festlegenden Schiedsvereinbarung


Leitsatz

Vereinbaren die Parteien irrtümlich die Zuständigkeit eines nicht existierenden institutionellen Schiedsgerichts, ist die Schiedsabrede nicht ohne weiteres "undurchführbar" (§ 1032 Abs. 1 a.E.); vielmehr ist zunächst im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu prüfen, ob ein bestimmtes anderes Schiedsgericht zur Entscheidung berufen ist .

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des 19. Zivilsenats des [X.] vom 23. September 2010 - 19 [X.] 15/10 - wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO).

Beschwerdewert: bis 40.000 €

Gründe

1

Die mit der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob ein Schiedsverfahren "undurchführbar" im Sinne des § 1032 Abs. 1 ZPO ist, wenn die Parteien ein in Wirklichkeit gar nicht existierendes institutionelles Schiedsgericht für zuständig erklärt haben (hier: "[X.]", das nach Maßgabe der Regeln der [X.] zu bilden ist), hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist insoweit eine Entscheidung zur Rechtsfortbildung geboten. Die von den Antragstellern in diesem Zusammenhang angesprochene Senatsentscheidung (Urteil vom 20. Januar 1994 - [X.], [X.], 7 = [X.], 520) ist nicht einschlägig. Diese erging noch zu § 1033 Nr. 1 ZPO a.F., wonach ein Schiedsvertrag, sofern nicht für den betreffenden Fall durch eine Vereinbarung der Parteien Vorsorge getroffen ist, außer [X.] tritt, wenn eine bestimmte Person im Vertrag zum Schiedsrichter ernannt ist und nachträglich wegfällt. Hiervon ausgehend hat der Senat, der zunächst § 1033 Nr. 1 ZPO a.F. auf den nachträglichen Wegfall eines sogenannten institutionellen Schiedsgerichts entsprechend angewandt hat, die Möglichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung durch Bestimmung eines Ersatzschiedsgerichts mit der Begründung verneint, hierfür sei schon deshalb kein Raum, weil dieser Punkt nicht regelungsbedürftig sei (aaO S. 17 f). Den Gesetzesmaterialien sei zu entnehmen, dass der Gesetzgeber für den Fall, dass der Vertrag insoweit eine (ausdrückliche) Bestimmung nicht enthalte, in § 1033 ZPO selbst die notwendige Anordnung - Außerkrafttreten der [X.] - treffen wollte. Da § 1033 ZPO somit eine klare Rechtsfolge anordne, fehle es an der für eine ergänzende Vertragsauslegung erforderlichen regelungsbedürftigen Lücke. § 1033 ZPO a.F. ist jedoch im Zuge des [X.] zum 1. Januar 1998 ausdrücklich gestrichen worden, um die Möglichkeit der Aufrechterhaltung einer [X.] in solchen Fällen zu erhalten (BT-Drucks. 13/5274 [X.]). Die Rechtslage hat sich insoweit entscheidend geändert. Stehen aber gesetzliche Bestimmungen nicht entgegen, ist, wenn die Parteien irrtümlich ein nicht existentes Schiedsgericht bestimmen oder ein Schiedsgericht nachträglich in Wegfall gerät, zunächst zu prüfen, ob die Schiedsklausel im Sinne der Zuständigkeit eines anderen Schiedsgerichts ergänzend ausgelegt werden kann (§§ 133, 157 BGB). Dies liegt im Übrigen durchaus auf der Linie der Senatsrechtsprechung, denn in dem angeführten Urteil vom 20. Januar 1994 hat sich der Senat (hilfsweise) mit der Möglichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung näher beschäftigt (aaO [X.], 520, 524 f, insoweit in [X.], 7 nicht vollständig abgedruckt).

2

Dementsprechend geht die obergerichtliche Rechtsprechung zum neuen Recht davon aus, dass es im Falle der Nichtexistenz der im [X.] zunächst geboten ist, eine Lösung dieses Problems im Wege einer (ergänzenden) Vertragsauslegung zu suchen (vgl. hierzu nur [X.], [X.]R 2001, 49, 50 f; [X.], [X.] 2007, 217, 218; [X.], [X.], 990, 992; siehe auch [X.], OLGR 2004, 9, 11; zum nachträglichen Wegfall einer Schiedsorganisation vgl. auch [X.]/[X.], 3. Aufl., § 1032 Rn. 8; [X.]/[X.], Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., [X.]. 8, Rn. 13; [X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl., § 1029, Rn. 101, § 1039 Rn. 1).

3

Soweit das [X.] auf diesem Weg mit eingehender Begründung die [X.] nach wie vor für wirksam erachtet und zusätzlich auf Ansprüche aus dem Vertrag über freie Mitarbeit erstreckt hat, sind auch die hierzu erhobenen [X.] der Antragsteller nicht geeignet, die Rechtsbeschwerde zulässig zu machen (§ 574 Abs. 2 ZPO); von einer näheren Begründung sieht der Senat ab (§ 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).

Schlick                                             [X.]

                        Seiters                                                  [X.]

Meta

III ZB 70/10

14.07.2011

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Köln, 23. September 2010, Az: 19 SchH 15/10, Beschluss

§ 1029 Abs 1 ZPO, § 1032 Abs 1 ZPO, § 157 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.07.2011, Az. III ZB 70/10 (REWIS RS 2011, 4746)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4746

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Referenzen
Wird zitiert von

VII ZR 221/15

VII ZR 221/15

III ZB 89/13

III ZB 70/10

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