Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.05.2013, Az. 1 StR 68/13

1. Strafsenat | REWIS RS 2013, 5706

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Gegenstand

Strafurteil wegen Steuerhinterziehung: Notwendige Feststellungen zur der Höhe einer Steuerverkürzung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 26. September 2012 wird

a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall [X.], Tat 6, der Urteilsgründe wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der St[X.]tskasse zur Last;

b) das vorbezeichnete Urteil mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben:

[X.]) in den Fällen [X.], Taten 115a, 115b, 116a, 116b, 117a, 117b, 117c, 118a, 118b, 118c, 119a, 119b, 119c, 120a, 120b, der Urteilsgründe insgesamt,

bb) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 15 Fällen, versuchter Steuerhinterziehung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung in elf Fällen unter Einbeziehung einer anderweitig rechtskräftig gewordenen Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Anrechnung gemäß § 56f Abs. 3 Satz 2, § 58 Abs. 2 Satz 2 StGB vorgenommen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Die dem Angeklagten zur Last liegende Steuerhinterziehung wegen unterlassener Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung für das [X.] (Fall [X.], Tat 6, der Urteilsgründe) ist - wie der [X.] in seiner Antragsschrift vom 18. Februar 2013 zutreffend dargelegt hat - verjährt. Das Verfahren war daher insoweit gemäß § 206a StPO einzustellen.

3

2. Die Verurteilung des Angeklagten in den (sechs) Fällen [X.], Taten 115a, 115b, 116a, 116b, 117a, 117b, 117c, 118a, 118b, 118c, 119a, 119b, 119c, 120a, 120b, der Urteilsgründe wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

4

a) Nach den Feststellungen des [X.]s verschaffte sich der Angeklagte ab etwa 1995 ein laufendes Einkommen „mit Firmenbestattungen, dem Handel mit Firmenmänteln und der Erstellung von Schein- und Abdeckrechnungen“ ([X.]; s. auch [X.]). Unter seinen Firmen [X.], [X.], A.        GmbH und Maschinenbau Bo.   GmbH erteilte der Angeklagte dem „Gesellschafter-Geschäftsführer [X.]     der Firmen [X.] und           I.      GmbH Scheinrechnungen über angeblich erbrachte Ingenieurleistungen, aus denen [X.]      zu Unrecht … Betriebsausgaben- und, soweit Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen war, den Vorsteuerabzug vornahm“ ([X.]). Daneben führten [X.]und [X.]      aber auch „echte gemeinsame Handelsgeschäfte“ durch ([X.]).

5

In den für die Jahre 2002, 2003, 2004, 2005, 2006 und 2007 abgegebenen Körperschaft- und Gewerbesteuererklärungen bezifferte [X.]      für die Firmen [X.] bzw.     [X.] jeweils einen „unzutreffenden Gewinn, weil er Zahlungen … auf Scheinrechnungen zu Unrecht gewinnwirksam verbucht hatte“ ([X.] f.). Dieses förderte der Angeklagte „durch die Überlassung der zugrunde liegenden Scheinrechnungen mit zumindest bedingtem Vorsatz bezüglich deren steuerschädlicher Verwendung“ ([X.]; s. auch UA S. 73).

6

b) Den weiteren Feststellungen des [X.]s ist allerdings nicht ausreichend zu entnehmen, ob bzw. in welcher Höhe es zu Steuerverkürzungen gekommen ist. Insbesondere aus den - aus sich heraus schon nicht ohne weiteres verständlichen - tabellarischen Aufstellungen lassen sich die Berechnungen nicht nachvollziehen. So stellt das [X.] beispielsweise für das [X.] ausgehend von einem Scheinrechnungsvolumen von 15.400 € einen [X.] von 14.850 € fest. Die aufgeführten [X.] bei Körperschaft- und Gewerbesteuer lassen sich nicht allein mit den in den Urteilsgründen mitgeteilten Rechnungsbeträgen aus den vom Angeklagten zur Verfügung gestellten Scheinrechnungen erklären, zumal der Angeklagte und [X.]     auch „echte gemeinsame Handelsgeschäfte“ ([X.]) durchgeführt haben. Insoweit kann der [X.] letztlich nicht abschließend prüfen, ob es überhaupt zu einer Steuerverkürzung durch den Haupttäter gekommen ist, zu der der Angeklagte Beihilfe geleistet hat.

7

Es liegt zudem nicht fern, dass Teilbeträge der vom Haupttäter (möglicherweise) verkürzten Steuern nicht auf der Verwendung der vom Angeklagten erstellten Scheinrechnungen, sondern auf anderen (unrichtigen) Angaben des [X.] beruhen. Auch solche Steuerverkürzungen könnten dem Angeklagten nicht ohne weiteres zugerechnet werden (vgl. auch [X.], Beschluss vom 24. Juni 2009 - 1 [X.], [X.], 311, 312; zur Darstellung im Urteil s. auch [X.] in: [X.], Abgabenordnung, 11. Aufl., § 370 Rn. 461 mwN).

8

Die gebotene Aufhebung zieht die Aufhebung der in den vorbezeichneten Fällen tateinheitlich verwirklichten Fälle [X.], Taten 117a, 118a, 119a, der Urteilsgründe (Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer), die für sich keinen rechtlichen Bedenken begegnen, und die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.

9

Ob eine teilweise Einstellung des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO bzw. eine Verfahrensbeschränkung nach § 154a Abs. 1, Abs. 2 StPO in Betracht gezogen werden kann, wird der Tatrichter zu entscheiden haben.

3. Die weitere Nachprüfung des Urteils aufgrund der [X.] hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt.

Wahl                          Graf                        [X.]

               [X.]

Meta

1 StR 68/13

16.05.2013

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bochum, 26. September 2012, Az: 13 KLs 35 Js 428/08 - 18/10

§ 370 AO, §§ 370ff AO, § 261 StPO, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.05.2013, Az. 1 StR 68/13 (REWIS RS 2013, 5706)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5706

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