Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.10.2012, Az. III ZB 51/12

III. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1778

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 51/12
vom

31. Oktober 2012

in dem Rechtsstreit

-

2

-

Der III. Zivilsenat des [X.] hat am 31.
Oktober 2012
durch den Vizepräsidenten [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und Seiters

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde
der Beklagten zu 2 und 3 wird der [X.] des 3. Zivilsenats
des [X.]s [X.] vom 12.
Juni 2012 aufgehoben.

Den
Beklagten
zu 2 und 3
wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen
das Urteil der
7. Zivilkammer
des Landgerichts Tübingen vom 7.
Dezember 2011 [X.] in den vorigen Stand gewährt.

Die Sache wird zur Entscheidung über die Begründetheit der [X.] sowie über die Kosten des [X.] an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Wert des [X.]: 9.817,50

Gründe:

1.
Die nach §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 i.V.m. §
522 Abs.
1 Satz
4, §
238 Abs.
2 Satz
1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde der Beklagten ist zulässig, weil die Voraussetzungen des §
574 Abs.
2 ZPO erfüllt sind. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des [X.]
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schwerdegerichts, weil das Berufungsgericht die Anforderungen an die Glaub-haftmachung der Tatsachen für die beantragte Wiedereinsetzung in die Beru-fungsbegründungsfrist überspannt und damit die Grenzen tatrichterlicher Wür-digung überschritten hat. Dies verletzt den Anspruch der Beklagten auf wir-kungsvollen Rechtsschutz (Art.
2 Abs.
1 i.V.m. Art.
20 Abs.
3 GG).

2.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Berufung ist zu Unrecht vom Berufungsgericht als unzulässig verworfen worden. Den Beklagten zu 2 und 3 ist Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist
zu gewäh-ren.

Die Umstände für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind glaubhaft gemacht, wenn die vorgelegte eidesstattliche Versicherung (§
234 ZPO) eine ausreichende Wahrscheinlichkeit
für den in ihr dargestellten Sach-verhalt ergibt (vgl. Senatsbeschluss vom 20.
Dezember 2007
-
III
ZB 73/07, BeckRS 2008, 01358 Rn.
2).

a) Die Beklagten zu
2 und 3 haben zur Begründung ihres [X.]santrags ausgeführt, die mit der -
zur Fristwahrung erforderlichen -
Über-mittlung der [X.] per Telefax betraute Angestellte ihrer Prozessbevollmächtigten habe eine zusätzlich beim Gericht einzureichende Streitverkündungsschrift versehentlich zweimal gesendet, während die [X.] der Berufungsbegründung unterblieben sei; dies sei
bei der Prüfung der beiden Sendeberichte nicht aufgefallen.

b) Das Berufungsgericht hat die Zurückweisung des Wiedereinsetzungs-gesuchs damit begründet,
aus dem Vorbringen der Beklagten
ergebe
sich nicht, dass in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten durch allgemeine Kanzlei-2
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4

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anweisung vorgeschrieben
sei, bei der Übermittlung einer Rechtsmittel-
oder Rechtsmittelbegründungsschrift per Telefax die Versendung an den richtigen
Empfänger oder die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen. Ferner fehle es an einer allgemeinen Kanzleianweisung, bei der gleichzeitigen Versendung von mehreren Schriftsätzen an die gleiche Faxnummer anhand der Seitenzahl und des Ausdrucks der ersten Seite auf dem Faxprotokoll sicherzustellen, dass alle Schriftsätze auch tatsächlich versendet worden sind. Zwar trage der Prozess-bevollmächtigte der Beklagten zu
2 und 3 im Wiedereinsetzungsantrag vor, wie sich die Bearbeitung von Notfristen in seiner Kanzlei darstelle. Darin werde auch aufgeführt, dass die Anzahl der [X.] laut dem [X.]sprotokoll
des Telefaxgeräts mit der Seitenzahl im Schriftsatz überein-stimme. Erst danach werde die Frist im [X.] gestrichen. Hierbei handele es sich jedoch um die Darstellung der allgemeinen Übung in der [X.] des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2 und 3. Nicht vorgetragen sei damit, dass er eine allgemeine Anweisung oder im vorliegenden Fall eine [X.] dergestalt getroffen habe, bei der gleichzeitigen Versendung von mehreren Schriftsätzen an den gleichen Empfänger die Versendung des jeweiligen Schriftsatzes durch Vergleich der Seitenzahl und des Deckblatts des jeweiligen Schriftsatzes mit dem Ausdruck des [X.] zu prüfen. Auch werde nicht vorgetragen, wie eine entsprechende allgemeine beziehungsweise
[X.] effektiv kontrolliert werde. Insoweit liege ein den [X.] der Beklagten zurechenbares Organisationsverschulden vor.

c) Nach der Rechtsprechung des [X.] genügt ein Rechts-anwalt seiner
Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schrift-sätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des [X.] zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Dabei ist ein Vergleich 6
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5

-

der Anzahl der zu übermittelnden mit den laut Sendeprotokoll versandten
Sei-ten anzuordnen ([X.], Beschlüsse
vom 14.
Mai 2008 -
XII
ZB 34/07, [X.], 2508 Rn.
14
und
vom 13.
Juni 1996 -
VII
ZB 13/96, [X.], 2513). Die entsprechende Prüfung braucht ein Rechtsanwalt dabei nicht selbst vorzu-nehmen; er kann sie seinem zuverlässigen Personal übertragen (vgl. [X.], [X.] vom 18.
Oktober 1995 -
XII
ZB 123/95, [X.], 778).

d) Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu
2 und 3 hat dargelegt, wie in seinem Büro die Überwachung des [X.]s und die [X.] der [X.] bei dem Versand fristgebundener Schriftsätze zu erfol-gen hat. Die dargestellte Verfahrensweise hält den rechtlichen Anforderungen stand. Die Angestellten der Prozessbevollmächtigten der
Beklagten zu
2 und 3 sind
gehalten, das Übertragungsprotokoll auch im Hinblick auf die übertragenen Seiten mit dem Ausgangsschriftsatz zu vergleichen, um die Vollständigkeit der Sendung zu überprüfen. Sind dabei -
wie hier Berufungsbegründung und Streit-verkündung -
in einer
Sache gleich zwei Schriftsätze zu übermitteln, so sind zwei getrennte [X.] zu veranlassen, bei denen diese [X.] jeweils gesondert vorzunehmen ist.
Einer zusätzlichen Anweisung, beson-ders darauf zu achten, dass tatsächlich beide Schriftsätze -
und nicht etwa einer doppelt -
versendet werden, bedarf es, wie die Beschwerdebegründung zutref-fend anführt, nicht, weil sich dies von selbst versteht. Damit hat der Prozessbe-vollmächtigte der Beklagten jedoch hinreichend dargelegt, dass er sein Büro durch Anweisung im Sinne der Anforderungen
an eine
ordnungsgemäße
Aus-gangskontrolle organisiert hat. Ein
eigenes
Verschulden der [X.] der Beklagten zu
2 und 3 durch das Versehen der Angestellten ist damit nicht gegeben, da die Übertragung der Aufgaben an die Kanzleimitarbei-terin nicht zu beanstanden ist und die organisatorischen Voraussetzungen pflichtgemäß getroffen wurden. Die gegenteilige Auffassung des [X.]
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richts überspannt die Anforderung an die Darlegung und Glaubhaftmachung dieser organisatorischen Voraussetzungen unbeschadet der Frage, ob das [X.] unter dem Blickwinkel seiner Rechtsauffassung gehalten gewesen
war, den Beklagten zu 2 und 3 Gelegenheit zu geben, ihre
Erklärun-gen in dieser Hinsicht zu ergänzen.

[X.]
[X.]

[X.]

[X.]
Seiters
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.12.2011 -
7 [X.]/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 12.06.2012 -
3 U 5/12 -

Meta

III ZB 51/12

31.10.2012

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.10.2012, Az. III ZB 51/12 (REWIS RS 2012, 1778)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1778

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