Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.12.2015, Az. 4 B 36/15

4. Senat | REWIS RS 2015, 998

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Gegenstand

Voraussetzungen der Sperrwirkung eines Flächennutzungsplans nach § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB


Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 19. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Der Kläger begehrt im Wege der Verpflichtungsklage eine [X.]augenehmigung für die Überdachung einer bereits vorhandenen Dungplatte, die sich auf dem Gelände eines Resthofes im Außenbereich befindet. Die Klage hatte beim Oberverwaltungsgericht Erfolg. Der Kläger habe, so die Vorinstanz, auch dann einen Anspruch auf die begehrte Genehmigung, wenn sein Vorhaben ein sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 [X.] sein sollte. Es beeinträchtige keine öffentlichen [X.]elange, insbesondere stehe ihm weder § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.] noch § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 [X.] entgegen.

II

2

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gestützte [X.]eschwerde bleibt ohne Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.

3

1. Anders als der [X.]eschwerdegegner annimmt, ist die [X.]eschwerde zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 133 Abs. 2 Satz 1 VwGO eingelegt worden. Sie ist am 17. Juli 2015 und damit vor Fristablauf bei dem Oberverwaltungsgericht per Telefax eingegangen.

4

2. Die [X.]eschwerde ist aber unbegründet. Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlich, dass die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] oder des [X.]verfassungsgerichts aufgestellten, ebensolchen die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschluss vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).

5

a) Mit ihrer Kritik an den Ausführungen des [X.] zu § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.] legt die [X.]eschwerde keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dar.

6

aa) Dem zu einer [X.]ebauungsgenehmigung für ein Einfamilienhaus ergangenen Senatsurteil vom 17. Februar 1984 - 4 C 56.79 - ([X.] 406.11 § 35 [X.] Nr. 211) entnimmt die [X.]eschwerde den Rechtssatz, dass sich gegenüber nicht privilegierten Vorhaben im Außenbereich in der Regel ein Flächennutzungsplan mit der Darstellung des zu bebauenden Grundstücks als Fläche für die Landwirtschaft durchsetzt. Hierzu setzt sich das angegriffene Urteil nicht in Widerspruch.

7

Der Senat hat den [X.] aufgegeben, die konkrete Aussagekraft des Flächennutzungsplans auch mit [X.]lick auf nichtprivilegierte Vorhaben nach § 35 Abs. 2 [X.] zu ermitteln ([X.], Urteile vom 29. Oktober 1982 - 4 C 31.78 - [X.] 1983, 31 <32> und vom 18. Februar 1983 - 4 C 10.82 - [X.]E 67, 33 <40>; [X.]eschluss vom 8. Februar 1991 - 4 [X.] 10.91 - NVwZ-RR 1991, 456 <457>; vgl. auch bereits [X.], Urteil vom 15. März 1967 - 4 C 205.65 - [X.]E 26, 287 <292>; [X.]racher, in: [X.]/[X.], [X.]auplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 2338; [X.], in: [X.], [X.], 8. Aufl. 2015, § 35 [X.] Nr. 97). Diese Rechtsprechung ist auch durch den von der [X.]eschwerde angeführten Senatsbeschluss vom 31. Oktober 1997 - 4 [X.] 185.97 - ([X.] - [X.] 1983, 31 <32> und vom 18. Februar 1983 - 4 C 10.82 - [X.]E 67, 33 <40>; [X.]eschluss vom 8. Februar 1991 - 4 [X.] 10.91 - NVwZ-RR 1991, 456 <457>; vgl. auch bereits [X.], Urteil vom 15. März 1967 - 4 C 205.65 - [X.]E 26, 287 <292>; [X.]racher, in: [X.]/[X.], [X.]auplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 2338; [X.], in: [X.], [X.], 8. Aufl. 2015, § 35 [X.] Nr. 97). Diese Rechtsprechung ist auch durch den von der [X.]eschwerde angeführten Senatsbeschluss vom 31. Oktober 1997 - 4 [X.] 185.97 - ([X.] - [X.] 1983, 31 <32> und vom 18. Februar 1983 - 4 C 10.82 - [X.]E 67, 33 <40>; [X.]eschluss vom 8. Februar 1991 - 4 [X.] 10.91 - NVwZ-RR 1991, 456 <457>; vgl. auch bereits [X.], Urteil vom 15. März 1967 - 4 C 205.65 - [X.]E 26, 287 <292>; [X.]racher, in: [X.]/[X.], [X.]auplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 2338; [X.], in: [X.], [X.], 8. Aufl. 2015, § 35 [X.] Nr. 97). Diese Rechtsprechung ist auch durch den von der [X.]eschwerde angeführten Senatsbeschluss vom 31. Oktober 1997 - 4 [X.] 185.97 - ([X.] 406.11 § 35 [X.] Nr. 333) nicht überholt, der sich nach der dort aufgeworfenen Grundsatzfrage nur zum Entfall der Sperrwirkung eines Flächennutzungsplans äußert, aber nicht zu deren Voraussetzungen. Das Oberverwaltungsgericht hat den hier in Rede stehenden Flächennutzungsplan dahin gewürdigt, dass weder die Nutzung der vorhandenen Dungplatte noch die geplante Überdachung dessen Darstellungen widerspreche. Diese Auslegung wäre in einem Revisionsverfahren nach § 137 Abs. 2 VwGO bindend ([X.], Urteil vom 29. Oktober 1982 a.a.[X.]). Fehlt es aber an einem Widerspruch zum Flächennutzungsplan, wird die im Senatsurteil vom 17. Februar 1984 - 4 C 56.79 - ([X.] 406.11 § 35 [X.] Nr. 211) beantwortete Frage der Durchsetzungskraft des Flächennutzungsplans gegenüber einem nicht privilegierten Vorhaben nicht aufgeworfen.

8

bb) Die von der [X.]eschwerde angeführte Formulierung des Urteils vom 14. April 2000 - 4 C 5.99 - ([X.] 406.11 § 35 [X.] Nr. 342 S. 13) äußert sich zu den Voraussetzungen, unter denen die Darstellungen eines Flächennutzungsplans funktionslos werden, so dass sie einem sonstigen Vorhaben nicht entgegengehalten werden können. Eine entscheidungserhebliche Divergenz des angegriffenen Urteils zu diesen Aussagen scheidet aus, weil das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass die Darstellungen des Flächennutzungsplans grundsätzlich ohne Einschränkung zu berücksichtigen sind ([X.]). Gleiches gilt, soweit die [X.]eschwerde eine Divergenz zu den Leitsätzen des [X.] vom 15. März 1967 - 4 C 205.65 - ([X.]E 26, 287) sowie zu den Aussagen des [X.]eschlusses vom 1. April 1997 - 4 [X.] 11.97 - ([X.]  § 35 [X.] Nr. 328 S. 88 f.) annimmt.

9

Das in diesem Zusammenhang von der [X.]eschwerde weiter angeführte Senatsurteil vom 22. Februar 1974 - 4 C 6.73 - ([X.]E 45, 25) betrifft die Fortgeltung eines Flächennutzungsplans nach einer kommunalen Neugliederung und ist daher nicht einschlägig. Schließlich legt die [X.]eschwerde nicht dar, von welchem Rechtssatz aus dem Urteil des 1. Senats vom 29. April 1964 - 1 C 30.62 - ([X.]E 18, 247), das für die Aussagen eines Flächennutzungsplans ausdrücklich eine für die gerichtliche Feststellung hinreichende Konkretisierung fordert (Urteil vom 29. April 1964 a.a.[X.] S. 254), das Oberverwaltungsgericht abgewichen sein könnte.

cc) Auf eine Divergenz führt schließlich nicht der Hinweis der [X.]eschwerde, sie könne den genannten Entscheidungen des [X.] keinen Rechtssatz entnehmen, wie ihn das Oberverwaltungsgericht als Voraussetzung für eine dem Vorhaben entgegenstehende Wirkung der Darstellungen des Flächennutzungsplans formuliert habe. Damit benennt die [X.]eschwerde keinen abstrakten Rechtssatz aus der Rechtsprechung des [X.], dem das Oberverwaltungsgericht die Gefolgschaft verweigert hat. Auch die [X.]ezugnahme auf das Senatsurteil vom 18. Februar 1983 - 4 C 19.81 - ([X.]E 67, 33) legt nicht dar, auf welche Passage der Entscheidung die [X.]eschwerde den von ihr gezogenen Schluss stützen möchte.

b) Die [X.]eschwerde führt auch nicht zur Zulassung der Revision, soweit sie mit [X.]lick auf die Ausführungen des [X.] zu § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 [X.] eine Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geltend macht.

Der [X.]eklagte entnimmt dem Senatsurteil vom 28. Oktober 1983 - 4 C 70.78 - ([X.] 406.11 § 35 [X.][X.]auG Nr. 206) den Rechtssatz, dass die Erweiterung einer Splittersiedlung vorliege, wenn deren räumliche Ausdehnung z.[X.]. im Zusammenhang mit einer Nutzungsänderung zunehme. Dies zeigt keine Divergenz auf, weil der Senat in seinem Urteil vom 28. Oktober 1983 (a.a.[X.] S. 88) "maßgeblich" auf die mit der Erweiterung eines Gebäudes bezweckte Nutzungsänderung abgestellt hat, an der es hier fehlt.

Auch eine Divergenz zu dem Senatsurteil vom 12. März 1998 - 4 C 10.97 - ([X.]E 106, 228) legt die [X.]eschwerde nicht dar. Die Entscheidung enthält nicht die Aussage, sonstige Vorhaben seien, selbst wenn sie der vorhandenen Hauptanlage auf dem Grundstück im Außenbereich dienlich sind, nur in engen Grenzen zulassungsfähig. Eine solche Aussage wäre im Übrigen kein Rechtssatz, weil sie nicht den Inhalt der Norm durch abstrakte richterrechtliche Obersätze konkretisiert ([X.], [X.]eschluss vom 15. April 2013 - 1 [X.] 22.12 - [X.] 451.901 Assoziationsrecht Nr. 66 Rn. 23).

Die [X.]eschwerde wirft dem Oberverwaltungsgericht schließlich eine Divergenz zum Senatsbeschluss vom 2. September 1999 - 4 [X.] 27.99 - ([X.] 406.11 § 35 [X.] Nr. 340) vor. Diesem [X.]eschluss entnimmt sie den Rechtssatz, für eine Vorbildwirkung genüge es, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßten, wenn das beantragte Vorhaben nicht wegen der Verfestigung einer Splittersiedlung versagt werde, mit der Genehmigung also ein sog. [X.]erufungsfall geschaffen werde (a.a.[X.] S. 3). Dieser Vorwurf verfehlt den Inhalt des angegriffenen Urteils. Dieses ist tragend darauf gestützt ("vielmehr"), dass die Überdachung der Dungplatte in Unterordnung zum vorhandenen [X.]aubestand trete und diesen lediglich funktional ergänze ([X.]). Es knüpft damit an die Rechtsprechung des Senats an, nach der von einem von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 [X.] unerwünschten Vorgang der Zersiedlung insbesondere dann auszugehen ist, wenn es dem jeweiligen Vorhaben an einer deutlichen Unterordnung unter den vorhandenen [X.]estand fehlt ([X.], Urteile vom 3. Juni 1977 - 4 C 37.75 - [X.]E 54, 73 <78 f.>, vom 18. Mai 2001 - 4 C 13.00 - [X.] 406.11 § 35 [X.] Nr. 347 S. 32 und vom 19. April 2012 - 4 C 10.11 - [X.] 406.11 § 35 [X.] Nr. 386 Rn. 22). Ein Widerspruch zu der angeführten Aussage des Senatsbeschlusses vom 2. September 1999 (a.a.[X.]) liegt hierin nicht, weil dieser keinen Fall der Unterordnung unter einen vorhandenen [X.]estand betraf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 B 36/15

09.12.2015

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, 19. Februar 2015, Az: 1 LB 8/13, Urteil

§ 35 Abs 2 BauGB, § 35 Abs 3 S 1 Nr 1 BauGB, § 35 Abs 3 S 1 Nr 7 BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.12.2015, Az. 4 B 36/15 (REWIS RS 2015, 998)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 998

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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