Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.07.2009, Az. III ZR 303/08

III. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 2708

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 303/08 Verkündet am: 2. Juli 2009 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2009 durch [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des [X.] ([X.]) vom 26. November 2008 auf-gehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] ([X.]) vom 23. April 2008 wird zurückgewiesen. Die Kosten der Rechtsmittelzüge hat die Klägerin zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand Die Parteien streiten um die teilweise Rückzahlung eines von der Kläge-rin an die Beklagte gezahlten Honorars für [X.]. 1 Aufgrund von Anzeigen in überregionalen Tageszeitungen wandte sich die Klägerin an die Beklagte, um sich [X.] machen zu lassen. Die Parteien unterzeichneten am 16. August 2007 eine von der Beklagten [X.] - 3 - lierte und mit handschriftlichen Ergänzungen versehene Vereinbarung, die im hier maßgeblichen Teil folgenden Wortlaut hatte: "Ich beauftrage hiermit die Firma, [X.] 5 qualifizierte [X.] zu erarbeiten. ... Hierfür zahle ich der Firma eine Vergü-tung in der Höhe von ... gesamt 5.000 •. Nach Eingang der Vergütung erfolgt durch die Firma sofort die Vermittlung mit den erarbeiteten Vorschlagspartnern. Gleichzeitig werde ich den Vorschlagspartnern in entsprechender Weise vor-gestellt. Weitere PV [[X.]] bei Bedarf kostenfrei ..." Die Anzahl der [X.], die zu zahlende Gesamtsumme und der Passus mit den weiteren kostenfreien [X.]n waren hand-schriftlich ergänzt worden. Nach umgehender Bezahlung der gesamten Hono-rarsumme wurden der Klägerin fünf [X.] übergeben. [X.] später kündigte sie mit Schreiben vom 27. August 2007 den [X.]. Sie forderte im weiteren Verlauf die Rückzahlung eines Teilbetra-ges von 4.000 • und machte geltend, vier der fünf Vorschläge seien nicht taug-lich gewesen, da die betreffenden Personen wegen ihres Alters oder Wohnortes nicht als Partner in Betracht gekommen seien. 3 Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat in Höhe von 3.000 • nebst Zinsen sowie [X.] Rechtsanwaltsgebühren Erfolg gehabt. 4 Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die [X.] den [X.] weiter. 5 - 4 - Entscheidungsgründe 6 Die Revision hat Erfolg.
[X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass der [X.] nicht wegen arglistiger Täuschung angefochten werden könne und deshalb wirksam sei, die Klägerin auch keine Kündigung nach § 626 BGB habe erklären können, ihr aber ein Rückforderungsanspruch nach § 812 i.V.m. §§ 627, 628 Abs. 1 Satz 3 2. Alt. BGB zustehe. Zum Zeitpunkt der nach § 627 BGB wirksa-men Kündigung habe sich der Vergütungsanspruch der Beklagten auf den Teil der Vergütung beschränkt, der den bisher bereits erbrachten Leistungen [X.] habe. Dabei sei davon auszugehen, dass über die fünf zu benennen-den qualifizierten [X.] hinaus weitere geschuldet seien. Das Honorar von 5.000 • beziehe sich trotz des scheinbar klaren Wortlauts nicht allein auf diese [X.], sondern auch auf weitere zu erbringende, auch wenn im Vertrag die weiteren [X.] kostenfrei zu erfolgen hätten. Die den bisher erbrachten [X.]n entsprechende Vergü-tung hat das Berufungsgericht mit 2/5 der vereinbarten Honorarsumme bewer-tet. 7 I[X.] Das Urteil des [X.] hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Klägerin steht der geltend gemachte Rückforderungsanspruch in 8 - 5 - Höhe von 3.000 • nicht zu. Die Zahlung in Höhe von 5.000 • hat ihren Rechts-grund in dem [X.], den die Parteien geschlossen haben. 9 1. Dieser [X.] konnte nach den Feststellungen des [X.] weder wegen arglistiger Täuschung angefochten noch aus wichtigem Grund nach § 626 BGB gekündigt werden. Auch rechtfertigt nach Auffassung des [X.] die geltend gemachte mangelnde Eignung der übersandten [X.] nicht die Annahme, diese stellten keine Er-füllung der seitens der Beklagten geschuldeten Leistung dar. Dies nimmt die Beklagte als ihr günstig hin. 2. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der [X.] nach § 627 Abs. 1 BGB kündbar war und die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung zur Folge hatte, dass sie nach § 628 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 812 ff BGB den voraus entrichteten Teil der Vergütung insoweit zurückverlangen konnte, als die dafür geschuldete Leistung der [X.] noch nicht erbracht worden war. 10 3. Den Angriffen der Revision nicht stand hält jedoch die Auffassung des [X.], die bereits erbrachten [X.] entsprächen 2/5 der gezahlten 5.000 •, so dass die Klägerin 3.000 • zurückfordern könne. Nicht frei von [X.] ist dabei die Auslegung des [X.], die [X.] der Vergütung von 5.000 • beziehe sich nach dem Vertrag nicht nur auf die ersten, zum Zeitpunkt der Kündigung bereits gemachten fünf Partner-vorschläge, sondern auch auf alle weiteren "kostenfrei" zu erbringenden. [X.] ergibt die Auslegung des Vertrages, dass die vereinbarte Summe von 5.000 • bereits mit der Übermittlung der ersten fünf qualifizierten [X.] verdient war. 11 - 6 - 12 a) Das Berufungsgericht geht bei der Auslegung der zwischen den [X.] zustande gekommenen Vereinbarung davon aus, dass es sich bei der handschriftlich vorgenommenen Ergänzung um eine Individualvereinbarung und nicht um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (vgl. insoweit Senatsurteil vom 19. Mai 2005 - [X.]/04 - NJW 2005, 2543, 2544) handelt. Das wird von der Revision nicht angegriffen und lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Zwar ist die Auslegung einer Individualvereinbarung im Revisionsverfahren nur be-schränkt überprüfbar. Rechtsfrage ist jedoch, ob der Tatrichter gesetzliche Aus-legungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze und Erfah-rungssätze beachtet hat (st. Rspr. [X.], Urteile vom 13. März 2003 - [X.]/00 - NJW 2003, 2235, 2236 m.w.N. und vom 14. Juli 2004 - [X.], 2751, 2753). Soweit ein Rechtsfehler bei der Auslegung vorliegt, ist das Revisionsge-richt nicht an diese Auslegung gebunden und kann diese selbst vornehmen, soweit eine weitere Aufklärung nicht erforderlich ist (st. Rspr. vgl. [X.], Urteile vom 28. April 2009 - [X.]/08 - Umdruck S. 11 Rn. 20 m.w.N.; vom 7. März 2005 - [X.]/03 - NJW 2005, 2618, 2619; vom 7. Juli 1999 - [X.] - NJW 1999, 3037, 3038). 13 b) Im vorliegenden Verfahren hat das Berufungsgericht wesentlichen Auslegungsstoff nicht berücksichtigt, wenn es davon ausgeht, dass die [X.] atypisch sei, die Klägerin kein Interesse an einer Aufspaltung der Leistungen in einen vergütungspflichtigen und einen vergütungsfreien Teil habe und auch bei der Beklagten ein solches Interesse nicht erkennbar sei. 14 - 7 - Das Berufungsgericht hat bei seiner Annahme, es entspreche nicht übli-chen Verkehrsgepflogenheiten, eine dauerhaft zu erbringende Dienstleistung in einen kostenpflichtigen und einen unentgeltlichen Teil aufzusplitten, nicht die Besonderheiten der Partnervermittlung berücksichtigt. Dies gilt insbesondere für die Anwendung des § 656 BGB auf den vorliegenden Vertrag. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist § 656 BGB auch auf [X.] anzuwenden (vgl. Senatsurteil vom 17. Januar 2008 - [X.] - NJW 2008, 982, 984 Rn. 21 m.w.N.). Da der Dienstleister einer Partnervermittlung nach § 656 Abs. 1 Satz 1 BGB seinen Lohn nicht [X.] kann, hat er ein elementares Interesse daran, diesen möglichst bald und auch schon vor Leistungserbringung zu erlangen. Hinzu tritt, dass es sich bei dem [X.] um einen Dienstvertrag handelt, der, da "[X.] höherer Art" zu leisten sind, ohne dass der zur Dienstleistung Verpflichtete in einem Dienstverhältnis mit festen Bezügen steht, jederzeit nach § 627 Abs. 1 BGB gekündigt werden kann (vgl. Senatsurteile vom 19. Mai 2005 - [X.]/04 - NJW 2005, 2543; [X.]Z 106, 341, 345 ff). Deshalb besteht für den Dienstleister eines [X.]es das Risiko, dass er jederzeit mit der Kündigung des Vertragspartners rechnen muss, mit der Folge, dass er seine Vergütung für den noch nicht erbrachten Teil der Leistung nach § 628 Abs. 1 Satz 3 BGB wieder herausgeben muss. Daraus folgt, dass der Betreiber einer Partnervermittlung ein auf der Hand liegendes Interesse hat, seine Leis-tung nach Zahlung der Vergütung insgesamt zu erbringen, um die Gegenleis-tung auch vollständig zu verdienen und nicht der Gefahr ausgesetzt zu sein, diese wieder herausgeben zu müssen. 15 - 8 - Nicht zu folgen ist dem Berufungsgericht darüber hinaus, als es darauf abstellt, dass es nach seiner Auffassung aus Sicht eines wirtschaftlich tätigen Dienstleistungsbetriebs nicht ersichtlich sei, warum dieser sich zur Erbringung von kostenlosen Dienstleistungen in unbegrenzter Anzahl habe verpflichten wollen, und dies nur den Schluss zulasse, dass die zu erbringende Zahlung von 5.000 • auch die weiter als unentgeltlich bezeichneten Leistungen umfasse. Der Ausgangspunkt des [X.] ist schon deshalb unrichtig, da die Ver-pflichtung der Beklagten nicht unbegrenzt ist, sondern sich nach [X.] und Glauben nur auf die Vorstellung solcher weiterer Partner beschränkt, die sich im Bestand der Beklagten befinden beziehungsweise noch später hinzu gewonnen werden und die dem Anforderungsprofil des Auftraggebers entsprechen. Es hat im Übrigen nicht hinreichend im Blick gehabt, dass der Beklagten als Dienst-verpflichteter grundsätzlich ebenfalls die Kündigung nach § 627 BGB möglich war und sie deshalb den Einfluss auf den Umfang ihrer Verpflichtung aufgrund ihres Kündigungsrechts nicht vollständig aus der Hand gegeben hat. 16 Unberücksichtigt gelassen hat das Berufungsgericht auch, dass die Klä-gerin nach dem eigenen Vortrag in der Berufungsinstanz davon ausgegangen ist, dass die 5.000 • für die ersten fünf [X.] zu zahlen und nicht Gegenleistung für die weiteren als unentgeltlich bezeichneten Partnervorschlä-ge waren. Sie hat nämlich geltend gemacht, dass sie nur 4.000 • zurückverlan-ge von den gezahlten 5.000 •, da nur vier der fünf [X.] nicht [X.] gewesen seien. 17 - 9 - c) Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat die Auslegung selbst vornehmen. 18 19 Ein übereinstimmender Wille jenseits des Wortlauts des Vertragstextes und diesem damit vorgehend ist nicht feststellbar und von den Parteien auch nicht vorgetragen. Deshalb hat die Vertragsauslegung in erster Linie auf den von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarung und den daraus zu ent-nehmenden objektiv erklärten Parteiwillen abzustellen (vgl. [X.], Urteil vom 11. September 2000 - [X.] - NJW 2001, 144; [X.]Z 121, 13, 16). Im Rahmen einer möglichen Auslegung ist dabei weiter derjenigen Vorzug zu ge-ben, bei welcher einer Vertragsnorm eine tatsächliche Bedeutung zukommt, wenn sich diese Regelung ansonsten als ganz oder teilweise sinnlos erweisen würde (vgl. [X.], Urteil vom 7. März 2005 - [X.]/03 - NJW 2005, 2618, 2619). Nach diesen Grundsätzen ist davon auszugehen, dass die Vereinbarung von 5.000 • für die ersten fünf [X.] auch so gemeint ist, dass die Beklagte mit der Erbringung der ersten fünf [X.] ihren vereinbar-ten Lohn verdient hat. Der Wortlaut der Vereinbarung ist insoweit eindeutig und eine andere Auslegung wie die des [X.] würde dazu führen, dass die Vereinbarung hinsichtlich der Unentgeltlichkeit der weiteren [X.] und die Trennung von den ersten fünf [X.]n mit den [X.] zu zahlenden 5.000 • bedeutungslos wäre. 20 - 10 - Dementsprechend konnte die Klägerin aufgrund ihrer Kündigung nach § 627 BGB nicht die Rückforderung der bereits geleisteten Zahlungen gemäß § 628 Abs. 1 Satz 3 BGB verlangen. Die Klage erweist sich demnach als unbe-gründet. 21 [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: AG [X.] ([X.]), Entscheidung vom 23.04.2008 - 5 C 31/08 - [X.], Entscheidung vom 26.11.2008 - 5 S 837/08 -

Meta

III ZR 303/08

02.07.2009

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.07.2009, Az. III ZR 303/08 (REWIS RS 2009, 2708)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2708

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