Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22.05.2019, Az. XI R 20/17

11. Senat | REWIS RS 2019, 6985

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Gegenstand

Zur vorzeitigen Auflösung eines langfristigen Mietvertrags gegen Abfindungszahlung des Mieters


Leitsatz

NV: Die Voraussetzungen für einen entgeltlichen Leistungsaustausch liegen vor, wenn ein Vermieter bei vorzeitiger Auflösung eines langfristigen Mietvertrags im Interesse des Mieters auf seine ihm zustehende vertragliche Rechtsposition gegen Zahlung einer Abfindung verzichtet .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 27. April 2017 - 6 K 1986/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, deren Unternehmenszweck die Entwicklung des ehemaligen "[[[[[[X.].].].].].]" (Liegenschaft) an der [[[[[[X.].].].].].] in W ist.

2

Ihre Tochtergesellschaften [[[[[[X.].].].].].] (vormals …; --A--), [[[[[[X.].].].].].]-GmbH (vormals …; [[[[[[X.].].].].].]) und C-GmbH (vormals …; --C--) waren  [[[[[[X.].].].].].] (Streitjahr) als Organgesellschaften in das Unternehmen der Klägerin als Organträgerin i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch eingegliedert.

3

A, [[[[[[X.].].].].].] und C erwarben die Grundstücke der Liegenschaft durch notariellen Vertrag vom 14. Oktober 2005 von verschiedenen Gesellschaften der [[[[[[X.].].].].].] vom selben Tag vermieteten A und [[[[[[X.].].].].].] (Vermieterinnen) Teile der Liegenschaft unter Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 i.V.m. § 4 Nr. 12 Satz 1 [[[[[[X.].].].].].]uchst. a UStG gegen Zahlung eines jährlichen Gesamtmietzinses in Höhe von … € [[[[[[X.].].].].].] Umsatzsteuer an [[[[[X.].].].].] zurück. Der Mietvertrag war bis zum 31. Dezember 2015 befristet. Die Vermieterinnen hatten die Option, einseitig die Laufzeit des Mietvertrags bis zum 31. Dezember 2017 zu verlängern, sofern für die gesamte Liegenschaft bis zum 31. Dezember 2010 kein neuer verbindlicher [[[[[[X.].].].].].]ebauungsplan bestimmten Inhalts zustande gekommen sein sollte. Eine vorzeitige Kündigung war nur aus wichtigem Grund möglich, wozu betriebliche Veränderungen im Konzern der [[[[[X.].].].].] ausdrücklich nicht zählten.

4

Aufgrund betrieblicher [[[[[[X.].].].].].]elange der [[[[[X.].].].].] wurde mit Vertrag vom 16. Oktober 2008 (Änderungsvertrag) die Laufzeit des Mietvertrags auf den 31. Dezember 2010 verkürzt. Die [[[[[X.].].].].] zahlte den dafür vereinbarten Abfindungsbetrag in Höhe von … € [[[[[[X.].].].].].] Umsatzsteuer, insgesamt … €, noch am 16. Oktober 2008.

5

Die Klägerin behandelte die Abfindungszahlung der [[[[[X.].].].].] in ihrer Umsatzsteueranmeldung als nicht steuerbar.

6

Nach einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung gelangte der [[[[[[X.].].].].].]eklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) hinsichtlich der Abfindung dagegen zu der Auffassung, dass diese in Höhe des [X.] von … € den Umsätzen zum Regelsteuersatz zuzuordnen sei. Der entgeltliche Verzicht der Vermieterinnen habe einen umsatzsteuerbaren und steuerpflichtigen Leistungsaustausch begründet.

7

Das [X.] setzte die Umsatzsteuer für das Streitjahr mit [X.] vom 29. März 2016 dementsprechend fest. Der Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 29. September 2016).

8

Das [X.] ([X.]) wies die Klage, mit der die Klägerin ihr [[[[[[X.].].].].].]egehren, die Abfindung als nicht steuerbar zu behandeln, weiter verfolgte, mit Urteil vom 27. April 2017 - 6 K 1986/16 als unbegründet ab. Das Urteil des [X.] ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte 2017, 1296.

9

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Sie macht im [[[[[[X.].].].].].] geltend, bei der streitgegenständlichen Abfindung handele es sich um eine nicht steuerbare, vertraglich begründete Schadensersatzzahlung. Die Vorentscheidung stehe nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]), des [[[[[[X.].].].].].]undesfinanzhofs ([[[[[[X.].].].].].]FH) und des [[[[[[X.].].].].].]undesgerichtshofs ([[[[[[X.].].].].].]GH). Außerdem habe das [X.] ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 29. September 2016 sowie den [X.] für 2008 vom 29. März 2016 aufzuheben.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung ([[X.].]O). Der [[X.].] hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die [[X.].]eteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

[[X.].]ei der streitigen [[X.].]bfindung handelt es sich nicht um (echten) Schadensersatz, sondern --wie das [[X.].] zu Recht erkannt [[X.].] um Entgelt gemäß § 10 [[X.].]bs. 1 Satz 2 UStG in der für das Streitjahr geltenden Neufassung des UStG durch [[X.].]ekanntmachung vom 21. Februar 2005 ([[X.].], 386) für einen i.S. von § 1 [[X.].]bs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 3 [[X.].]bs. 9 Satz 1 UStG steuerbaren und nach § 9 [[X.].]bs. 1 und [[X.].]bs. 2 i.V.m. § 4 Nr. 12 Satz 1 [[X.].]uchst. a UStG steuerpflichtigen Verzicht von [[X.].] und [[X.].].

1. Nach § 1 [[X.].]bs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

a) Für das Erfordernis einer entgeltlichen Leistung muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte bestimmbare Dienstleistung bildet (vgl. z.[[X.].]. [[X.].] vom 18. Juli 2007 - [[X.].]/05, [[X.].]:[[X.].], [[X.].] 2007, [[X.].]eilage 4, 424, Rz 19; [[X.].]ir France-KLM u.a. vom 23. Dezember 2015 - [[X.].]/14 und [[X.].]/14, [[X.].]:C:2015:841, [[X.].] --[[X.].]-- 2016, 93, Rz 22; [[X.].] rozhlas vom 22. Juni 2016 - [[X.].]/15, [[X.].]:C:2016:470, [[X.].], 632, Rz 21; S[[X.].]WP vom 18. Januar 2017 - [[X.].]/16, [[X.].]:[[X.].], [[X.].] 2017, 230, Rz 25; [[X.].] - [[X.].] vom 22. November 2018 - [[X.].]/17, [[X.].]:C:2018:942, [[X.].] --[[X.].]-- 2019, 58, Rz 39; [[X.].]-Urteile vom 30. Juni 2010 - [X.]I R 22/08, [[X.].], 248, [[X.].], 1084, Rz 12; vom 20. März 2013 - [X.]I R 6/11, [[X.].], 191, [[X.].], 206, Rz 24; vom 21. Dezember 2016 - [X.]I R 27/14, [[X.].], 154, Rz 16; jeweils m.w.N.; vom 13. Februar 2019 - [X.]I R 1/17, [[X.].], 560, Rz 16).

aa) Dies ist dann der Fall, wenn zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (vgl. z.[[X.].]. [[X.].]-Urteile [[X.].]ir France-KLM u.a., [[X.].]:C:2015:841, [[X.].], 93, Rz 23; [[X.].] - [[X.].], [[X.].]:C:2018:942, [[X.].] 2019, 58, Rz 39; [[X.].]-Urteile vom 16. Januar 2014 - V R 22/13, [[X.].], 736, Rz 20; in [[X.].], 560, Rz 16; jeweils m.w.N.). Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein. Er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch i.S. des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt (vgl. z.[[X.].]. [[X.].]-Urteile vom 7. Juli 2005 - V R 34/03, [[X.].], 59, [[X.].], 66, unter [[X.].], Rz 14, m.w.N. zur Rechtsprechung des [[X.].]; in [[X.].], 736, Rz 20).

bb) Es bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, ob eine Leistung des Unternehmers vorliegt, die derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet (vgl. z.[[X.].]. [[X.].]-Urteil [[X.].] vom 21. März 2002 - [[X.].]/00, [[X.].]:[[X.].], [[X.].] 2002, [[X.].]eilage 3, 95, Rz 39, m.w.N.; [[X.].]-Urteile vom 18. Dezember 2008 - V R 38/06, [[X.].], 155, [[X.].]St[[X.].]l II 2009, 749, unter [[X.].], Rz 33; in [[X.].], 248, [[X.].], 1084, Rz 13; in [[X.].], 191, [[X.].], 206, Rz 25; in [[X.].], 736, Rz 21; in [[X.].], 154, Rz 17; in [[X.].], 560, Rz 17). [[X.].]ei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrags, durch den sich eine Vertragspartei zu [[X.].], Dulden oder Unterlassen und die andere sich hierfür zur Zahlung einer Gegenleistung verpflichtet, sind die Voraussetzungen des § 1 [[X.].]bs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG regelmäßig erfüllt, falls der leistende Vertragspartner Unternehmer ist (vgl. [[X.].]-Urteile in [[X.].], 155, [[X.].]St[[X.].]l II 2009, 749, unter [[X.].], Rz 34; in [[X.].], 736, Rz 21; vom 13. Dezember 2017 - [X.]I R 3/16, [[X.].], 84, [[X.].], 727, Rz 35; jeweils m.w.N.).

cc) Ob die Voraussetzungen für einen Leistungsaustausch vorliegen, ist dabei nicht nach zivilrechtlichen, sondern ausschließlich nach den vom Unionsrecht geprägten umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben zu beurteilen (vgl. [[X.].]-Urteile vom 17. Dezember 2009 - V R 1/09, [[X.].] 2010, 1869, Rz 17; in [[X.].], 736, Rz 22; [[X.].] vom 18. Mai 2011 - VIII ZR 260/10, [[X.].] 2011, 813, Rz 11; jeweils m.w.N.). Es stellt eine unionsrechtliche --unabhängig von der [[X.].]eurteilung nach nationalem Recht zu entscheidende-- Frage dar, ob die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen erfolgt (vgl. [[X.].]-Urteil [[X.].] - [[X.].], [[X.].]:C:2018:942, [[X.].] 2019, 59, Rz 68; [[X.].]-Urteile in [[X.].], 154, Rz 29; jeweils m.w.N.; in [[X.].], 560, Rz 18).

b) Dagegen sind Entschädigungen oder Schadensersatzzahlungen grundsätzlich kein Entgelt i.S. des Umsatzsteuerrechts, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder [[X.].] und seine Folgen einzustehen hat (vgl. z.[[X.].]. [[X.].]-Urteile vom 10. Dezember 1998 - V R 58/97, [[X.].] 1999, 987, unter [[X.].], Rz 18; in [[X.].], 248, [[X.].], 1084, Rz 14; in [[X.].], 191, [[X.].], 206, Rz 26; in [[X.].], 736, Rz 20; in [[X.].], 154, Rz 19; in [[X.].], 560, Rz 20). In diesen Fällen besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung und der Leistung (vgl. z.[[X.].]. [[X.].]-Urteile vom 11. Februar 2010 - V R 2/09, [[X.].], 467, [[X.].], 765, Rz 20, m.w.N.; in [[X.].], 736, Rz 20).

c) Die Voraussetzungen für einen entgeltlichen Leistungsaustausch liegen insbesondere dann vor, wenn ein Steuerpflichtiger auf eine ihm --auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage-- zustehende Rechtsposition gegen Entgelt verzichtet (vgl. [[X.].]-Urteile in [[X.].], 59, [[X.].], 66, unter [[X.].], Rz 15; in [[X.].], 736, Rz 23; in [[X.].], 84, [[X.].], 727, Rz 35).

aa) Ein steuerbarer Verzicht liegt insbesondere vor, wenn der Vermieter der [[X.].]uflösung des Mietvertrags gegen [[X.].]bfindungszahlung zustimmt und damit auf die weitere Durchführung des Mietvertrags verzichtet (vgl. [[X.].]-Urteil vom 27. Februar 1969 - V 102/65, [[X.].]E 95, 306, [[X.].]St[[X.].]l II 1969, 386, Leitsatz; [[X.].]-[[X.].]eschlüsse vom 26. März 1998 - [X.]I [[X.].] 73/97, [[X.].] 1998, 1381, unter 2., Rz 13; vom 29. Juli 2009 - V [[X.].] 156/08, [[X.].] 2010, 238, Rz 16 ff.; vom 19. Oktober 2010 - V [[X.].] 103/09, [[X.].] 2011, 327, Rz 5) oder --was den umgekehrten Fall betrifft-- die Pächter eine [[X.].]bfindung vom Verpächter erhalten dafür, dass sie der vorzeitigen [[X.].]uflösung des Pachtvertrags zustimmen (vgl. [[X.].]-Urteil in [[X.].], 84, [[X.].], 727, Rz 34 ff.).

bb) Dem entspricht auch die Verwaltungsauffassung. Entschädigungen an den Mieter oder Vermieter für die vorzeitige Räumung der Mieträume und die [[X.].]ufgabe des noch laufenden Mietvertrags sind nach [[X.].]bschn. 1.3 [[X.].]bs. 13 Satz 1 des Umsatzsteuer-[[X.].]nwendungserlasses (USt[[X.].]E) nicht Schadensersatz, sondern Leistungsentgelt.

2. Nach den vorgenannten Grundsätzen, von denen das [[X.].] ausgegangen ist, ist die Vorentscheidung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

[[X.].] und [[X.].], deren Umsätze der Klägerin als Organträgerin i.S. von § 2 [[X.].]bs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG zuzurechnen sind, haben mit der Zustimmung, die Vertragslaufzeit des Mietvertrags auf den 31. Dezember 2010 zu verkürzen und damit auf die weitere Durchführung des Mietvertrags zu verzichten, eine sonstige Leistung i.S. von § 1 [[X.].]bs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 3 [[X.].]bs. 9 Satz 1 UStG bereits mit dem [[X.].]bschluss des [[X.].] am 16. Oktober 2008 erbracht. [[X.].]ereits zu diesem Zeitpunkt haben sie ihre vertragliche Rechtsposition als Vermieterinnen mit [[X.].]blauf des 31. Dezember 2010 für einen künftigen Zeitraum gegen ein Entgelt in Höhe der vertraglich vereinbarten [[X.].]bfindung aufgegeben.

3. Die vorliegende sonstige Leistung i.S. von § 1 [[X.].]bs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 3 [[X.].]bs. 9 Satz 1 UStG ist nicht nach § 4 Nr. 12 Satz 1 [[X.].]uchst. a UStG steuerfrei.

a) Der Vermietung eines Grundstücks ist der Verzicht auf Rechte aus dem Mietvertrag gleichzusetzen (vgl. [[X.].]-Urteil [[X.].] vom 15. Dezember 1993 - [[X.].]/92, [[X.].]:C:1993:929, [[X.].]St[[X.].]l II 1995, 480, Rz 10; ebenso [[X.].]bschn. 4.12.1 [[X.].]bs. 1 Satz 7 USt[[X.].]E). Liegt eine steuerbare Verzichtsleistung vor, ist diese zwar von der Umsatzsteuer befreit, soweit sich der Verzicht auf eine nach § 4 Nr. 12 Satz 1 [[X.].]uchst. a UStG steuerfreie Vermietung bezieht. Denn die [[X.].]bfindung, die eine der Vertragsparteien der anderen wegen des vertraglichen Verzichts auf die Rechte aus einem Mietvertrag gezahlt hat, ist nicht zu besteuern, wenn die in Erfüllung des Mietvertrags geleisteten [[X.].] von der Mehrwertsteuer befreit waren (vgl. [[X.].]-Urteil [[X.].], [[X.].]:C:1993:929, [[X.].]St[[X.].]l II 1995, 480, Rz 13). Dies ist hier aber nicht der Fall.

b) Die sonstige Leistung ist dagegen steuerpflichtig, wenn --wie das [[X.].] für den Streitfall unwidersprochen festgestellt [[X.].] eine wirksame Option zur Steuerpflicht nach § 9 [[X.].]bs. 1 und [[X.].]bs. 2 UStG vorliegt. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze erfasst sowohl die [[X.].] als auch die [[X.].]bfindung für die [[X.].]ufgabe von Rechten aus dem Mietvertrag (vgl. [[X.].]-[[X.].]eschlüsse in [[X.].] 1998, 1381, unter 2., Rz 13; in [[X.].] 2010, 238, Rz 22, m.w.N.).

4. Die Einwendungen der Revision bleiben ohne Erfolg.

a) Die von Teilen der Literatur gegen die Rechtsprechung des [[X.].] zur Steuerbarkeit des entgeltlichen Verzichts des Vermieters auf die weitere Durchführung eines Mietvertrags (zu den Rechtsprechungsnachweisen s. vorstehend unter [[X.].]c aa) angeführten [[X.].]edenken, die sich die Klägerin mit ihrer Revision zu eigen macht, teilt der [[X.].] nicht.

aa) In der Literatur wird teilweise die [[X.].]nsicht vertreten, dass die [[X.].]bstandszahlung, die der [[X.].] vom Mieter für seinen Verzicht auf die Mietvertragserfüllung erhält, nicht steuerbarer Schadensersatz sei, da der Mieter lediglich von einer Geldzahlungsverpflichtung befreit und ihm kein darüber hinaus gehender verbrauchsfähiger Vorteil zugewendet werde (vgl. z.[[X.].]. Nieskens in [[X.].], [[X.].], § 1 Rz 877; Stadie, [[X.].], 3. [[X.].]ufl., § 1 Rz 53; [[X.].] in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. [[X.].]ufl., § 17 Rz 134; Friedrich-Vache in [[X.].]/[[X.].]/[[X.].], UStG § 1 Rz 90.2; Lippross, Umsatzsteuer, 24. [[X.].]ufl., S. 139).

bb) Dem ist nicht zu folgen. Der [[X.].] hält an seiner Rechtsprechung fest, dass die Voraussetzungen für einen entgeltlichen Leistungsaustausch insbesondere dann vorliegen, wenn ein Steuerpflichtiger auf eine ihm nach Gesetz oder Vertrag zustehende Rechtsposition gegen Entgelt verzichtet (vgl. [[X.].]surteil in [[X.].], 84, [[X.].], 727, Rz 35, m.w.N.). [[X.].]bstandszahlungen des Mieters bzw. Pächters oder des Vermieters bzw. Verpächters an seinen jeweiligen Vertragspartner im Hinblick darauf, dass dieser auf seine Rechte aus einem bestehenden Miet- oder Pachtvertrag verzichtet und der vorzeitigen Vertragsaufhebung zustimmt, erfolgen danach im Rahmen eines Leistungsaustausches (ebenso [[X.].] in [[X.].]/Söhn/[[X.].], § 1 UStG Rz 142; Oelmaier in [[X.].]/ Ringleb, Umsatzsteuer, § 1 Rz 103, 105 Stichwort "Verzicht").

(1) Es trifft nicht zu, dass der Mieter, der eine [[X.].]bfindung an den Vermieter für dessen [[X.].]ereitschaft leistet, den Mietvertrag vorzeitig aufzulösen, lediglich von einer Geldzahlungsverpflichtung befreit und ihm darüber hinaus kein verbrauchsfähiger Vorteil zugewendet würde. Vielmehr wird der Mieter ohne Streitigkeiten aus dem Mietvertrag entlassen und entledigt sich mit Duldung des Vermieters seiner vertraglichen Pflichten in vollem Umfang. Infolge des vom Vermieter erbrachten Verzichts erlangt der eine [[X.].]bfindung leistende Mieter seine ursprüngliche Rechtsposition vorzeitig wieder zurück. Dies geht über eine [[X.].]efreiung von einer Geldzahlungsverpflichtung hinaus und reicht für die Zuwendung eines Vorteils aus, der zu einem Verbrauch i.S. des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts und zur [[X.].]nnahme einer sonstigen Leistung i.S. von § 3 [[X.].]bs. 9 Satz 1 UStG führt.

(2) Der [[X.].] verkennt nicht, dass bei einer vorzeitigen Vertragsauflösung, die im Interesse des Mieters liegt, eine von diesem zu leistende Entschädigung vorrangig dazu vereinbart wird, die entfallenden Mieteinnahmen beim Vermieter auszugleichen. Zwar würde für den Fall, dass der Vermieter nicht gegen Zahlung darin einwilligt, den Mietvertrag vorzeitig aufzulösen und damit einen Eingriff in seinen Rechtskreis zu dulden, möglicherweise ein Schadensersatzanspruch ausgelöst. Dazu kommt es aber nicht, wenn der Vermieter aufgrund der getroffenen Vereinbarung eine Duldungsleistung zugunsten des Mieters erbringt, für die er eine [[X.].]bfindung als Entgelt erhält. Daher ist der Streitfall nicht mit den Fällen zu vergleichen, in denen die vorzeitige [[X.].]eendigung des Miet- oder Pachtverhältnisses auf einer (fristlosen) Kündigung des Vermieters bzw. Verpächters aufgrund eines vertragswidrigen Gebrauchs durch den Mieter bzw. Pächter beruht und der zu leistende Ersatz des [[X.].] als (echter) Schadensersatz zu behandeln ist (vgl. dazu auch [[X.].] in [[X.].]/Söhn/[[X.].], § 1 UStG Rz 140 ff.).

b) [[X.].]us der von der Revision in [[X.].]ezug genommenen Rechtsprechung des [[X.].] ergibt sich nichts anderes.

aa) Soweit die Klägerin meint, das [[X.].]-Urteil [[X.].] ([[X.].]:C:1993:929, [[X.].]St[[X.].]l II 1995, 480) bringe klar zum [[X.].]usdruck, dass im Verzicht auf vertragliche Rechte keine sonstige umsatzsteuerbare Leistung zu sehen sei, trifft dies nicht zu. [[X.].]uch wenn der Fall, dass ein Mieter, der auf seine Rechte aus dem Mietvertrag (gegen Entgelt) verzichtet, dem [[X.].]egriff der "Vermietung von Grundstücken" zuzuordnen ist, der in [[X.].]rt. 13 Teil [[X.].] [[X.].]uchst. b der [[X.].]/[[X.].] des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/[[X.].]; nunmehr [[X.].]rt. 135 [[X.].]bs. 1 [[X.].]uchst. l der Richtlinie 2006/112/[[X.].] vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--) zur [[X.].]eschreibung eines steuerfreien Umsatzes verwendet wird (vgl. [[X.].]-Urteil [[X.].], [[X.].]:C:1993:929, [[X.].]St[[X.].]l II 1995, 480, Rz 10), und die Vermietung eines Grundstücks insoweit dem Verzicht auf Rechte aus dem Mietvertrag gleichzusetzen ist, lässt dies den von der Klägerin gezogenen Schluss nicht zu. Die Steuerbefreiung eines Umsatzes nach [[X.].]rt. 13 Teil [[X.].] [[X.].]uchst. b der Richtlinie 77/388/[[X.].] (nunmehr [[X.].]rt. 135 [[X.].]bs. 1 [[X.].]uchst. l MwStSystRL) setzt einen i.S. von [[X.].]rt. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/[[X.].] (nunmehr [[X.].]rt. 2 [[X.].]bs. 1 [[X.].]uchst. a und [[X.].]) steuerbaren Umsatz voraus. Damit folgt entgegen der von der Klägerin vertretenen [[X.].]nsicht aus dem [[X.].]-Urteil [[X.].] ([[X.].]:C:1993:929, [[X.].]St[[X.].]l II 1995, 480) vielmehr, dass der entgeltliche Verzicht auf Rechte aus dem Mietvertrag als steuerbare sonstige Leistung zu behandeln ist.

bb) [[X.].] als die Klägerin meint-- nicht mit dem Sachverhalt vergleichbar, der dem [[X.].]-Urteil [[X.].] thermale d'Eugénie-les-[[X.].]ains ([[X.].]:[[X.].], [[X.].] 2007, [[X.].]eilage 4, 424) zugrunde liegt. Darin hat der [[X.].] entschieden, dass das [[X.].]ngeld bei Reservierung einer [[X.].]eherbergungsleistung keine Gegenleistung für eine eigenständige, bestimmbare Leistung, sondern eine Entschädigung zum [[X.].]usgleich des infolge des Vertragsrücktritts des Gastes entstandenen Schadens darstellt. [[X.].]n einer eigenständigen bestimmbaren Gegenleistung fehlt es, weil der Hotelier nur seinen Pflichten aus dem [[X.].]eherbergungsvertrag nachkommt und keine weitere Dienstleistung erbringt, mit der das [[X.].]ngeld in unmittelbarem Zusammenhang stehen könnte (vgl. [[X.].]-Urteil [[X.].] thermale d'Eugénie-les-[[X.].]ains, [[X.].]:[[X.].], [[X.].] 2007, [[X.].]eilage 4, 424, Rz 36; [[X.].]-Urteil in [[X.].], 736, Rz 24). Der Streitfall liegt anders. Vorliegend haben die Vermieterinnen mit dem Änderungsvertrag auf ihre Rechte aus dem Mietvertrag verzichtet und dadurch eine weitere sonstige Leistung erbracht, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der erhaltenen [[X.].]bfindung steht.

c) Dies gilt gleichermaßen für das von der Klägerin in [[X.].]ezug genommene Urteil des [[X.].]s in [[X.].], 248, [[X.].], 1084, das [[X.].]ereitstellungsentgelte der [[X.].] betrifft, die als pauschalierte Entschädigungen mangels eines Leistungsaustausches nicht umsatzsteuerbar sind (Leitsatz). Der [[X.].] hat darin entschieden, dass eine im Voraus vertraglich vereinbarte pauschale Kündigungsentschädigung umsatzsteuerrechtlich nicht anders qualifiziert werden kann als die in § 415 [[X.].]bs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Handelsgesetzbuchs ausdrücklich geregelte. Deshalb gilt für beide Fälle, dass es sich jedenfalls nicht um ein Leistungsentgelt handelt und die pauschale Entschädigung daher nicht der Umsatzsteuer unterliegt (vgl. [[X.].]surteil in [[X.].], 248, [[X.].], 1084, Rz 22). Dies ist mit dem Streitfall schon deshalb nicht vergleichbar, weil die [X.] die Mietverträge nicht gekündigt hat, sondern [[X.].] und [[X.].] als Vermieterinnen auf ihre Rechte aus dem Mietvertrag gegen Entgelt verzichtet haben. Der [[X.].] muss deshalb nicht entscheiden, ob an diesem Urteil im Lichte des [[X.].]-Urteils [[X.].] - [[X.].] ([[X.].]:C:2018:942, [[X.].] 2019, 58) uneingeschränkt festzuhalten ist.

d) [[X.].]uch soweit sich die Klägerin auf die Rechtsprechung des [[X.].]GH zur Umsatzsteuerpflicht für Schadensersatzleistungen des Leasingnehmers nach einer außerordentlichen Kündigung des Leasingvertrags ([[X.].] vom 14. März 2007 - VIII ZR 68/06, [[X.].] 2007, 416) und zum [[X.].]nfall von Umsatzsteuer für den auf die nicht erbrachten Leistungen entfallenden Vergütungsanteil nach Kündigung eines Werkvertrags ([[X.].] vom 22. November 2007 - VII ZR 83/05, [[X.].]GHZ 174, 267) bezieht, gilt, dass dort --anders als im [X.] mangels steuerbarer sonstiger Leistung gegen Entgelt kein Leistungsaustausch gegeben ist.

e) Danach kann dahinstehen, ob das [[X.].] mit seiner i.S. von § 118 [[X.].]bs. 2 [[X.].]O den [[X.].] grundsätzlich bindenden Sachverhaltswürdigung, dass der im Änderungsvertrag enthaltene Verzicht der Vermieterinnen sich auch auf die [[X.].]ufgabe weiterer relevanter Rechtspositionen bezieht, einen Sachverhalt rechtsfehlerhaft unterstellt, der --wie die Klägerin meint-- weder von den [[X.].]eteiligten vorgetragen worden sei noch den tatsächlichen Verhältnissen entspreche. [[X.].]llein der entgeltliche Verzicht der Vermieterinnen auf ihre Rechte aus dem Mietvertrag führt zu einer steuerbaren sonstigen Leistung.

5. Der [[X.].] erachtet das die Verfahrensrüge betreffende Vorbringen der Klägerin im Übrigen nicht für durchgreifend. Er sieht von einer [[X.].]egründung nach § 126 [[X.].]bs. 6 Satz 1 [[X.].]O ab, was auch bei einer Rüge der Verletzung des [[X.].]nspruchs auf rechtliches Gehör zulässig ist, wenn sie --wie im [X.] nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens betrifft (vgl. dazu [[X.].]-Urteile vom 29. [[X.].]pril 2008 - VIII R 28/07, [[X.].]E 220, 332, [[X.].]St[[X.].]l II 2009, 842, unter [X.] cc, Rz 27, m.w.N.; vom 15. Januar 2015 - I R 69/12, [[X.].]E 249, 99, Rz 44).

6. Die [[X.].]ussetzung des Revisionsverfahrens und die Vorlage der von der Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 23. [[X.].]pril 2019 näher bezeichneten Frage zur Vorabentscheidung durch den [[X.].] gemäß [[X.].]rt. 267 [[X.].]bs. 3 des Vertrags über die [[X.].]rbeitsweise der [X.] sind nicht geboten.

Die [[X.].]bgrenzung zwischen einer umsatzsteuerbaren sonstigen Leistung einerseits und nicht umsatzsteuerbarem Schadensersatz andererseits ist unionsrechtlich durch die Rechtsprechung des [[X.].], der sich der [[X.].] angeschlossen hat, hinreichend geklärt (vgl. [[X.].]-Urteile in [[X.].], 191, [[X.].], 206, Rz 23; in [[X.].], 560, Rz 16). Dieser Rechtsprechung folgt der [[X.].] auch im vorliegenden Streitfall. Für einen vernünftigen Zweifel im Hinblick auf das materielle Unionsrecht verbleibt danach kein Raum. [[X.].]llein der Umstand, dass der [[X.].] einen Fall wie den vorliegenden noch nicht entschieden hat, rechtfertigt jedenfalls keine [[X.].]-Vorlage (vgl. dazu [[X.].]-Urteile vom 31. Mai 2017 - [X.]I R 40/14, [[X.].]E 258, 495, [[X.].] 2017, 718, Rz 59; vom 13. Juni 2018 - [X.]I R 20/14, [[X.].]E 262, 174, [[X.].], 800, Rz 79; jeweils m.w.N.).

Meta

XI R 20/17

22.05.2019

Bundesfinanzhof 11. Senat

Beschluss

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 27. April 2017, Az: 6 K 1986/16, Urteil

§ 1 Abs 1 Nr 1 S 1 UStG 2005, § 2 Abs 2 Nr 2 S 1 UStG 2005, § 3 Abs 9 S 1 UStG 2005, § 4 Nr 12 S 1 Buchst a UStG 2005, § 9 Abs 1 UStG 2005, § 9 Abs 2 UStG 2005, § 10 Abs 1 S 2 UStG 2005, Art 2 Abs 1 Buchst a EGRL 112/2006, Art 2 Abs 1 Buchst c EGRL 112/2006, Art 135 Abs 1 Buchst 1 EGRL 112/2006, Art 13 Teil B Buchst b EWGRL 388/77, Art 267 AEUV, UStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22.05.2019, Az. XI R 20/17 (REWIS RS 2019, 6985)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6985

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VIII ZR 260/10

VIII ZR 68/06

VII ZR 83/05

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