Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2010, Az. II ZR 269/07

II. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 4953

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS [X.]/07 vom 12. Juli 2010 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] 577/85 Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 5 Abs. 2, Art. 7; HGB § 171 a) Die Richtlinie 85/577/[X.] des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den [X.] im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ist auf den Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds anwend-bar, wenn der Zweck des Beitritts nicht vorrangig darin besteht, Mitglied dieser Gesellschaft zu werden, sondern Kapital anzulegen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Fonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer OHG bzw. KG errichtet ist (acte claire). b) Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, die entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts einen vernünftigen Ausgleich und eine gerechte Risi-koverteilung zwischen den einzelnen Beteiligten sichern soll, ist mit der Richtlinie 85/577/[X.] vereinbar und bleibt anwendbar. Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie schließt damit auch nicht aus, den [X.] auf seine [X.] nach § 171 Abs. 1 HGB in Anspruch zu nehmen. [X.], Beschluss vom 12. Juli 2010 - [X.]/07 - KG [X.] - 2 - [X.] [X.] hat am 12. Juli 2010 durch [X.] und [X.] Strohn, [X.], [X.] und [X.] einstimmig beschlossen: Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beab-sichtigt, die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des [X.] vom 8. November 2007 durch Beschluss nach § 552 a ZPO zurückzuweisen. Der Streitwert wird auf 14.725 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Rechtsfrage, deretwegen das Berufungsgericht die Revision [X.] hat und zu der sich die Revisionsbegründung verhält, ist durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 15. April 2010 ([X.]/08, [X.], 772 ff.) geklärt und hat damit keine grundsätzliche Bedeu-tung i.S. des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO mehr. 1 1. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte in einer von § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG (jetzt: § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB) vorausgesetzten Situation [X.] ist. Selbst wenn sie ihre Gesellschaftsbeteiligung widerrufen konnte, rich-ten sich die Rechtsfolgen nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesell-schaft und wird die Beteiligung nur ex nunc rückabgewickelt. 2 - 3 - a) Der [X.] hat auf die Vorla-gefragen des erkennenden Senats ausgeführt, dass die Richtlinie 85/577/[X.] des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den [X.] im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen zwar auf den Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds in der Form einer Personen-gesellschaft anwendbar ist, wenn der Zweck des Beitritts nicht vorrangig darin besteht, Mitglied dieser Gesellschaft zu werden, sondern Kapital anzulegen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Fonds in der Form einer Gesellschaft bür-gerlichen Rechts oder einer OHG bzw. KG errichtet ist (acte claire). Der [X.] stellt auf die Erklärung des Beitritts zum Zweck der Kapitalanlage ab; nach seiner Auffassung kommt es für die Frage der Anwendbarkeit der Richtli-nie in erster Linie auf die Umstände des Vertragsschlusses und nicht auf die Rechtsform der [X.] an. 3 Die Richtlinie schließt es nach Ansicht des Gerichtshofs in diesen Fällen aber keineswegs aus, dass der Verbraucher gegebenenfalls gewisse Folgen tragen muss, die sich aus der Ausübung seines Widerrufsrechts ergeben ([X.], 772 [X.]. 45). Wie der Gerichtshof ausdrücklich festgestellt hat, darf das nationale Recht bei der Regelung der Rechtsfolgen des Widerrufs einen vernünftigen Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den [X.] Beteiligten herstellen (aaO [X.]. 48). Es ist insbesondere zulässig, dem [X.] und nicht den Drittgläubigern die finanziellen Folgen des Widerrufs des Beitritts aufzuerlegen, zumal diese an dem Vertrag, der widerrufen wird, nicht beteiligt waren (aaO [X.]. 49). 4 b) Die Ausführungen des Gerichtshofs zur Vereinbarkeit der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft mit Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie gelten wegen der identischen Interessenlage bei einer Personenhandelsgesellschaft ebenso wie bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Entgegen der Auffassung der [X.] - 4 - sion schließt Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie damit auch nicht aus, die [X.] auf ihre [X.] gem. § 171 Abs. 1 HGB in Anspruch zu [X.]. 6 Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft trägt der Besonderheit des Gesellschaftsrechts Rechnung, dass - nachdem die Organisationseinheit erst einmal, wenn auch auf fehlerhafter Grundlage in Vollzug gesetzt worden ist - die Ergebnisse dieses Vorgangs, der regelmäßig mit dem Entstehen von [X.] verbunden ist, nicht ohne weiteres rückgängig gemacht werden können. Diese Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, der der fehlerhafte Ge-sellschaftsbeitritt gleichsteht ([X.] 26, 330, 334 ff.; [X.] 153, 214, 221; [X.], Urteil vom 14. Oktober 1991 - II ZR 212/90, [X.], 490, 491; vom 2. Juli 2001 - [X.], [X.], 1364, 1366), gehört zum "gesicherten Be-standteil des Gesellschaftsrechts" ([X.] 55, 5, 8). Die gegenläufigen Interes-sen des [X.], der Mitgesellschafter und der Gläubiger der Gesellschaft werden gleichmäßig berücksichtigt. Darin liegt die Eigenheit der gesellschafts-rechtlichen Konstellation. [X.] der Aussagen der Lehre von der [X.] bzw. von dem fehlerhaften Betritt besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, der die Literatur einmütig folgt, darin, dass der [X.] - bis zum Austritt infolge der geltend gemachten Fehlerhaftigkeit durch Widerruf/Kündigung - Gesellschafter mit allen Rechten und Pflichten ist, und zwar sowohl im Innen- (siehe bereits [X.] 26, 330, 334) als auch im Au-ßenverhältnis (so zu §§ 128 ff. HGB: [X.] 44, 235, 236; [X.], Urteil vom 12. Oktober 1983 - [X.], [X.], 512, 513; [X.] 177, 108 [X.]. 22; siehe zur Literatur [X.]/[X.], HGB 5. Aufl., § 130 Rn. 7 mwN). Ist der fehlerhaft Beigetretene bis zum Zeitpunkt seines Ausscheidens [X.] mit allen Rechten und Pflichten, ist er das auch in Bezug auf seine [X.] nach § 171 HGB. - 5 - 7 2. Sonstige Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen nicht. 8 I[X.] Die Revision hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. 9 1. Dass die [X.] zur Befriedigung der Gläubiger der insolventen Fondsgesellschaft benötigt wird, steht nach den nicht angegriffenen [X.] fest. 2. Die Revision meint zu Unrecht, der Anspruch aus § 171 HGB müsse im Rahmen der Auseinandersetzungsrechnung berücksichtigt werden und kön-ne deshalb nicht isoliert geltend gemacht werden (sog. [X.]). Sie verkennt, dass § 171 Abs. 1 HGB allein das Außenverhältnis zwischen dem Kommanditisten und den [X.] betrifft und in diesem [X.] eine unmittelbare Haftung des Kommanditisten begründet. Nur wegen der Insolvenz des Fonds liegt die Forderungszuständigkeit gem. § 171 Abs. 2 HGB bei der klagenden Insolvenzverwalterin, die aber der Sache nach einen Anspruch der Gesellschaftsgläubiger durchsetzt. Rechnungsposten bei der Auseinandersetzung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft sind aber nur gegenseitige Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis. 10 - 6 - 3. Das Berufungsgericht hat ebenso zu Recht angenommen, dass die Erklärung der Aufrechnung mit einem etwaigen Schadensersatzanspruch der Beklagten wegen einer [X.] unzulässig ist (§§ 529, 533 Nr. 2 ZPO). 11 [X.]Strohn

[X.] Reichart Löffler Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch [X.] erledigt [X.]. Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 05.01.2007 - 28 O 209/06 - KG, Entscheidung vom 08.11.2007 - 23 U 19/07 -

Meta

II ZR 269/07

12.07.2010

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2010, Az. II ZR 269/07 (REWIS RS 2010, 4953)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4953

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