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PDF anzeigen[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:12. April 2000Küpferle,[X.] Geschäftsstellein der [X.]:ja[X.]Z: neinBGB § 1603 Abs. 1Bei unfreiwilligem Arbeitsplatzverlust kann sich der Unterhaltsschuldner auf die ei-gene Leistungsunfähigkeit nicht berufen, wenn er seine Leistungsunfähigkeit durchunterhaltsbezogene Mutwilligkeit herbeigeführt hat. Dies setzt voraus, daß er dieMöglichkeit des Eintritts der Leistungsunfähigkeit als Folge seines Verhaltens er-kennt und im Bewußtsein dieser Möglichkeit, wenn auch im Vertrauen auf [X.] jener Folge handelt.[X.], Urteil vom 12. April 2000 - [X.] - OLG KarlsruheAG Mannheim- 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch den Vorsitzenden Richter Dr. [X.] und [X.], [X.], [X.] und Prof. Dr. [X.]für Recht erkannt:Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 16. Zivilsenats- [X.] - des [X.] 20. Februar 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben,als zum Nachteil des [X.]n erkannt worden ist.Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision,an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Parteien streiten über die Höhe des Kindesunterhalts.Der Kläger zu 1, geboren am 9. Februar 1984, und der Kläger zu 2, [X.] am 15. November 1986, sind die Kinder des [X.]n aus dessen [X.] Ehe. Am 12. Oktober 1987 hatte sich der [X.] in [X.] Urkunde des [X.] zu einem monatlichen Kindesunterhalt von je202,50 [X.] verpflichtet; in einem gerichtlichen Vergleich vom 29. März 1988- 3 -hatte er sich verpflichtet, an jeden der Kläger - über den in der [X.]ur-kunde titulierten Unterhalt hinaus - weitere 20 [X.] monatlich zu zahlen.Der - seit 1994 wieder verheiratete - [X.] ist gelernter Sanitätsin-stallateur und zu 60 % schwerbehindert. Er war seit 1977 bei den [X.], zuletzt im Werkschutz, beschäftigt. Die Stadtwerke kündigten [X.] wegen des Diebstahls von Betriebseigentum zum 31. [X.] Aufgrund dieser Tat wurde der [X.] zu einer Freiheitsstrafe verur-teilt, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der [X.] bezogseit dem 24. November 1995 Arbeitslosengeld, dessen Höhe [X.] und seit dem 24. April 1996 540 [X.] wöchentlich betrug. [X.] bis zum 15. Februar 1998 befristeten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmeerzielte er ein Arbeitseinkommen, und zwar für die [X.] vom 1. April bis 30. Juni1997 in Höhe von rund 2.603 [X.], anschließend in Höhe von rund 2.260 [X.].Die Kläger haben beantragt, den [X.]n - in Abänderung der von ih-nen erlangten Unterhaltstitel - zur Zahlung von weitergehendem Kindesunter-halt, und zwar in Höhe des [X.] der [X.] Tabelle, zu [X.]. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen.Auf die Berufung der Kläger hat das [X.] in [X.] amtsgerichtlichen Entscheidung die [X.]urkunde in der [X.] Vergleichs vom 29. März 1988 dahin abgeändert, daß der [X.]-an den Kläger zu 1 für die [X.] vom 1. Februar bis 31. Dezember 1996monatlich 402 [X.] und für die [X.] ab 1. Januar 1997 [X.] [X.] und- 4 --hinsichtlich des [X.] zu 2 an das [X.] für die [X.]vom 1. April bis 31. Dezember 1996 monatlich 324 [X.] und für die[X.] vom 1. Januar 1997 bis 28. Februar 1998 monatlich 314 [X.] so-wie an den Kläger zu 2 für die [X.] ab 1. März 1998 monatlich 314 [X.]zu zahlen hat. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen.Mit der zugelassenen Revision erstrebt der [X.] die [X.] des amtsgerichtlichen Urteils.Entscheidungsgründe:Die Revision führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Beru-fungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].[X.] seiner Entscheidung ist das [X.] von dem [X.] ausgegangen, das der [X.] aus seiner Beschäftigung bei [X.] zuletzt bezogen hat und aus dem das [X.] ein be-reinigtes Nettoeinkommen von monatlich 4.781 [X.] (für 1995) ermittelt hat.Auch ohne Anpassung dieses Betrags an zwischenzeitliche Einkommensstei-gerungen sei der [X.] - unter Berücksichtigung laufender Verbindlichkeitenin Höhe von 358 [X.], des seiner jetzigen Ehefrau geschuldeten Unterhalts so-- 5 -wie eines Selbstbehalts von 1.400 [X.] - zur Zahlung des ausgeurteilten Unter-halts für die Kläger leistungsfähig.Der [X.] könne sich gegenüber den Klägern nicht auf den [X.] früheren Arbeitsplatzes und die damit einhergehende [X.] berufen; denn er habe diesen Verlust verantwortungslos und leichtfertigverursacht. Der Diebstahl gegenüber seinem Arbeitgeber, der zu seiner [X.] geführt habe, sei, wie die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe mitdreijähriger Bewährungsfrist zeige, schwerwiegend gewesen. Angesichts [X.] behinderungsbedingten schlechten Arbeitsmarktchance und der allgemeinschlechten Arbeitsmarktsituation im [X.]habe sich dem [X.]nbei der Begehung seiner Straftat aufdrängen müssen, daß er im Falle [X.], der sich üblicherweise anschließenden Kündigung und der dannfolgenden Arbeitslosigkeit den Unterhalt für die Kläger und seine zweite Ehe-frau kaum noch werde aufbringen können.[X.] diese Ausführungen wendet sich die Revision mit Erfolg.1. Nicht zu beanstanden ist der rechtliche Ausgangspunkt des Oberlan-desgerichts, der die Rechtsprechung des Senats zutreffend wiedergibt: [X.] ein unfreiwilliger, jedoch selbstverschuldeter Arbeitsplatzverlust unter-haltsrechtlich nicht den Fällen freiwilliger Aufgabe einer Erwerbstätigkeitgleichgestellt werden. Die Berufung des Unterhaltspflichtigen auf seine Lei-stungsunfähigkeit verstößt vielmehr nur dann gegen [X.] und Glauben, [X.] für den Verlust des Arbeitsplatzes ursächliche Verhalten des [X.] sich seinerseits als eine Verletzung seiner Unterhaltspflicht [X.] 6 -(Senatsurteil vom 9. Juni 1982 - [X.] - FamRZ 1982, 913, 914). Fürden erforderlichen unterhaltsrechtlichen Bezug insbesondere einer Straftatreicht es deshalb nicht aus, daß sie für den Arbeitsplatzverlust kausal gewor-den ist. Auch genügt nicht, daß sich der Arbeitsplatzverlust auf den [X.] nicht nur des [X.], sondern auch seiner unterhaltsberechtigten An-gehörigen auswirkt; denn derartige Folgen treffen die Angehörigen auch in in-takten Familien und werden in der Regel als durch die Wechselfälle des Le-bens bedingt hingenommen. Es bedarf vielmehr einer auf den Einzelfall [X.] Wertung dahin, ob die der Tat zugrundeliegenden Vorstellungen [X.] des [X.] sich gerade auch auf die Verminderung seiner unterhalts-rechtlichen Leistungsfähigkeit als Folge seines strafbaren Verhaltens erstreckthaben (Senat aaO; Urteile vom 12. Mai 1993 - [X.] - [X.], 1056 f.; vom 10. November 1993 - [X.] - FamRZ 1994, 240,241).2. Das [X.] bejaht diese Voraussetzungen, weil es die ge-gen den Arbeitgeber gerichtete Straftat des [X.]n als so schwerwiegenderachtet, daß sich dem [X.]n - für den Fall der Entdeckung seiner Tat - dieMöglichkeit einer Kündigung seines Arbeitsverhältnisses aufdrängen mußte.Dem vermag der Senat nicht zu folgen:a) Zunächst werden, worauf die Revision mit Recht hinweist, die rechtli-chen Erwägungen des [X.]s von seinen tatsächlichen Feststel-lungen nicht getragen. So folgert das Berufungsgericht das besondere Gewichtder vom [X.]n begangenen Straftat allein aus dem Umstand, daß die ge-gen den [X.]n verhängte Strafe auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetztwurde. Die dreijährige Dauer der Bewährungsfrist läßt jedoch keinen verläßli-chen Rückschluß auf die Schwere der Tat und das für sie gefundene [X.] 7 -zu. Der Tathergang sowie Art und Wert der vom [X.]n gestohlenen Sa-chen sind dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen. Das Berufungsgericht hat,wie die Revision zu Recht rügt, weder die Strafakten beigezogen noch hat essich mit dem Einwand des [X.]n auseinandergesetzt, sein damaliger Ar-beitgeber habe die Entlassung von 450 Arbeitnehmern geplant und vor diesemHintergrund das Vergehen "hochgespielt". Es hat, worauf die Revision eben-falls zutreffend hinweist, auch nicht festgestellt, ob die vom Arbeitgeber [X.] der Straftat ausgesprochene Kündigung die Erfordernisse der §§ 21, 15SchwerbG beobachtet hat und, würde man den Beurteilungsmaßstäben des[X.]s folgen, auch insoweit für den [X.]n als Folge seinesFehlverhaltens vorhersehbar war.b) Vor allem begegnet die angefochtene Entscheidung durchgreifendenrechtlichen Bedenken, weil die bloße Vorhersehbarkeit des Arbeitsplatzverlu-stes, auf die das [X.] maßgeblich abstellt, für sich [X.] geeignetes Kriterium bietet, um den unterhaltsrechtlichen Bezug einer [X.] begangenen Straftat zu begründen. Die nachteiligen Fol-gen, die eine Straftat für den beruflichen Werdegang des Straftäters mit sichbringen kann, werden nämlich bei vernünftiger Betrachtung stets auf der Handliegen; sie dürften sich zudem auch nicht ohne weiteres auf besondersschwerwiegende Straftaten beschränken lassen. Die Gefahren, die eine Straf-tat für die künftige Stellung des [X.] im Arbeitsleben mit sich bringt, hängenzudem von sehr unterschiedlichen Faktoren ab. So verweist etwa das [X.] auf die erschwerte Vermittelbarkeit des schwerbehinderten [X.] auf einem örtlich ohnehin besonders angespannten Arbeitsmarkt. [X.] Aspekte mögen sich bei vernünftiger Betrachtung aufdrängen; ihre Vorher-sehbarkeit begründet jedoch keine im Vergleich zu anderen Unterhaltsschuld-nern gesteigerte unterhaltsrechtliche Verantwortlichkeit des [X.]n bei un-- 8 -freiwilligem Verlust seines Arbeitsplatzes. Anderenfalls ließen sich auch einebesonders geschickte Tatausführung, welche die Wahrscheinlichkeit [X.] und damit eines Arbeitsplatzverlusts des Unterhaltsschuldnersvorhersehbar vermindert, die schwere Ersetzbarkeit des Unterhaltsschuldnersals Arbeitskraft oder auch die bisherige Nachsicht seines Arbeitgebers, die [X.] seiner Kündigung als Folge der Straftat verringern, unterhaltsrechtlichzu Gunsten des Unterhaltsschuldners in Ansatz bringen, wenn diese Erwartun-gen fehlschlagen. Das kann nicht richtig sein und verdeutlicht, daß die bloßeVorhersehbarkeit der aus der Straftat erwachsenden Folgen, auch wenn sieevident sind, als Anknüpfungspunkt für den unterhaltsrechtlichen Bezug [X.] nicht ausreicht.Dem Unterhaltsschuldner ist die Berufung auf die eigene Leistungsunfä-higkeit vielmehr nur dann versagt, wenn er seine Leistungsunfähigkeit durchunterhaltsbezogene Mutwilligkeit herbeigeführt hat, die nicht nur vorsätzlichesoder absichtliches, sondern auch leichtfertiges Handeln umfaßt. Dies hat [X.] für den von § 1579 Nr. 3 BGB erfaßten Fall einer vom Unterhaltsgläubi-ger selbst verursachten Bedürftigkeit wiederholt entschieden (vgl. [X.] 8. Juli 1981 - [X.] - FamRZ 1981, 1042, 1044 f. und vom14. Dezember 1983 - [X.] - FamRZ 1984, 364, 367 f.). Für den ge-setzlich nicht besonders geregelten Fall der vom Unterhaltsschuldner [X.] können - schon im Hinblick auf den nur von§ 242 BGB eingeschränkten Grundsatz des § 1603 Abs. 1 BGB - keine [X.] Anforderungen gelten. Bei Leichtfertigkeit, die gewöhnlich [X.] sein wird, ergibt sich damit das Erfordernis, daß der [X.] die Möglichkeit des Eintritts der Leistungsunfähigkeit als Folge sei-nes Verhaltens erkennt und im Bewußtsein dieser Möglichkeit, wenn auch [X.] auf den [X.] jener Folge handelt, wobei er sich unter grober- 9 -Mißachtung dessen, was jedem einleuchten muß, oder in [X.] und Rücksichtslosigkeit gegen den [X.] über die erkannteMöglichkeit nachteiliger Folgen für seine Leistungsfähigkeit hinwegsetzt (vgl.Senat aaO).3. Danach kann das Berufungsurteil im Umfange seiner Anfechtung nichtbestehenbleiben. Eine abschließende Entscheidung in der Sache ist dem [X.] nicht möglich; das [X.] hat, von seinem Standpunkt aus fol-gerichtig, keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob der [X.] [X.] seines Arbeitsplatzes und seine damit einhergehende Leistungsunfä-higkeit durch eine in diesem Sinne unterhaltsbezogene Mutwilligkeit herbeige-führt hat. Die Sache war daher an das [X.] zurückzuverweisen.Bei der erneuten Verhandlung wird das [X.] erforderlichenfallszu prüfen haben, ob § 91 Abs. 2 Satz 1 [X.] im Rahmen des [X.] nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG analog anzuwenden ist und es [X.], dem [X.]n fiktive Einkünfte auch insoweit zuzurechnen, als mitder Klage verlangt wird, die auf den Unterhaltsanspruch des [X.] zu 2 zuleistenden Beträge infolge des [X.] an das Land zu leisten(vgl. Senatsurteil vom 22. September 1999 - [X.] - [X.], 221,223).[X.] Krohn [X.][X.] [X.]
Meta
12.04.2000
Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2000, Az. XII ZR 79/98 (REWIS RS 2000, 2523)
Papierfundstellen: REWIS RS 2000, 2523
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