Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 07.05.2013, Az. 1 B 2/13

1. Senat | REWIS RS 2013, 6041

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Gegenstand

Humanitäre Aufenthaltserlaubnis; Regelerteilungsvoraussetzung geklärter Identität und Staatsangehörigkeit; Mitwirkungspflicht


Gründe

1

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und des Vorliegen eines [X.] (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die erstrebte Revisionsentscheidung entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus und verlangt außerdem die Angabe, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr; vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind u.a. dann nicht erfüllt, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann. So liegt es hier.

3

Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, wie sich die Ermessensrahmenverschiebung in § 25 Abs. 5 Satz 2 [X.] auf die Ermessensentscheidung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 [X.] auswirkt. Dazu sei zu klären, welchem Zweck das Ermessen in § 5 Abs. 3 Satz 2 [X.] zu dienen bestimmt sei, wenn von einem dauerhaften Aufenthalt des Ausländers in [X.] auszugehen sei. In diesen Fällen sei kein legitimer Zweck mehr erkennbar, die begehrte humanitäre Aufenthaltserlaubnis zu versagen. Die in § 25 Abs. 5 Satz 2 [X.] getroffene gesetzgeberische Entscheidung müsse auch in § 5 Abs. 3 Satz 2 [X.] berücksichtigt werden. Dieses Vorbringen rechtfertigt aus dem genannten Grunde nicht die Zulassung der Revision.

4

Die Regelerteilungsvoraussetzung geklärter Identität und Staatsangehörigkeit in § 5 Abs. 1 Nr. 1a [X.], mit der die Aufklärungspflicht der Ausländerbehörde (§ 49 Abs. 3 [X.]) und eine entsprechende Mitwirkungspflicht des Ausländers (§ 49 Abs. 2 [X.]) korrespondieren, ist Ausdruck des gewichtigen öffentlichen Interesses an der Individualisierung der Person, die einen Aufenthaltstitel begehrt. Im Gesetzgebungsverfahren kommt das sicherheitsrechtlich motivierte Anliegen der notwendigen Identifizierung des Ausländers vor der Legalisierung seines Aufenthalts deutlich zum Ausdruck. Denn zur Begründung des § 5 Abs. 1 Nr. 1a [X.] wurde im Innenausschuss des [X.] darauf abgestellt, dass es nicht zuletzt vor dem Hintergrund der [X.] und des weltweit agierenden Terrorismus nicht angehen könne, dass Personen, die an der Klärung ihrer Identität nicht mitwirken, der Zugang zu einem Aufenthaltstitel geebnet wird (BTDrucks 15/955 S. 7). Der Zweck der Vorschrift und ihre systematische Stellung als vor [X.] gezogene Regelerteilungsvoraussetzung belegen, dass das öffentliche Interesse an der Identifizierung des Ausländers und Klärung seiner Rückkehrberechtigung in das Herkunftsland nicht davon abhängt, ob die Möglichkeit einer Aufenthaltsbeendigung besteht oder nicht (Hailbronner, Ausländerrecht, § 5 [X.] Rn. 23; [X.], in: GK-[X.], II-§ 5 Rn. 41). Vielmehr ist es ein legitimes Anliegen, die Verfestigung eines Aufenthalts in der Bundesrepublik [X.] durch Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 [X.] jedenfalls in den Fällen zu verhindern, in denen der Ausländer an der Klärung seiner Identität nicht ausreichend mitwirkt. Wenn die Ausländerbehörde nach Ausschöpfung aller von Amts wegen in Betracht kommenden [X.] die Ausübung des ihr in § 5 Abs. 3 Satz 2 [X.] eröffneten Ermessens daran ausrichtet, ist das grundsätzlich nicht zu beanstanden.

5

2. [X.] (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO) entspricht nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Das Berufungsgericht hat es in der angefochtenen Entscheidung dahinstehen lassen, ob die Ausreise der Klägerin zu 1 aus gesundheitlichen Gründen unmöglich ist ([X.] Rn. 38). Es hat - wie die Beklagte - diese Erteilungsvoraussetzung des § 25 Abs. 5 Satz 1 [X.] aber zugunsten der Kläger unterstellt. Aus welchen Gründen diese Vorgehensweise den Anspruch der Klägerin zu 1 auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzen kann, wird von der Beschwerde nicht dargelegt und ist im Übrigen auch nicht ersichtlich.

Meta

1 B 2/13

07.05.2013

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, 6. Dezember 2012, Az: 4 LB 10/11, Urteil

§ 5 Abs 1 Nr 1a AufenthG 2004, § 49 Abs 2 AufenthG 2004, § 49 Abs 3 AufenthG 2004, § 25 Abs 5 AufenthG 2004

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 07.05.2013, Az. 1 B 2/13 (REWIS RS 2013, 6041)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6041

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Wird zitiert von

19 ZB 21.738

AN 11 K 21.01402

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