Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.04.2017, Az. VII ZR 194/13

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 12291

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:200417UVIIZR194.13.0

[X.]UN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VII ZR 194/13
Verkündet am:

20. April 2017

[X.]oppel,

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 642
Es ist vorbehaltlich
abweichender Vereinbarungen keine dem Auftraggeber obliegende erforderliche Mitwirkungshandlung im Sinne des §
642 [X.], während der Dauer des Herstellungsprozesses außergewöhnlich ungünstige Witterungseinflüsse auf das [X.] in Form von [X.], Eis
und Schnee, mit denen nicht gerechnet werden musste, abzuwehren.
[X.], Urteil vom 20. April 2017 -
VII ZR 194/13 -
OLG [X.]randenburg

[X.]
-
2
-

Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16.
März
2017
durch den Vorsitzenden
Richter Dr.
Eick, [X.] und die Richterinnen
Graßnack und Sacher
für Recht erkannt:
Die
Revision der Klägerin gegen das Urteil des 11.
Zivilsenats des [X.]randenburgischen
Oberlandesgerichts vom 26.
Juni
2013
wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Klägerin aufer-legt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die
Klägerin
begehrt von der
[X.]eklagten Zahlung
in Höhe von 95.438,67

brutto wegen witterungsbedingter Unterbrechung der [X.]auausführung bei
der Errichtung einer Autobahnbrücke.
Die [X.]eklagte beauftragte die Klägerin mit Zuschlagsschreiben vom 1.
Sep-tember 2009 mit der Errichtung
einer Autobahnbrücke für die Autobahn A
13 zwischen [X.] und [X.] einschließlich der Rampen. Als vorläufige Auf-tragssumme vereinbarten die Parteien einen [X.]etrag von 984.978,60

e-zogen unter anderem die [X.]esonderen Vertragsbedingungen der [X.]eklagten und die VO[X.]/[X.] (2006) in den Vertrag ein. Gemäß
Ziffer 2.3 der [X.]esonderen Ver-1
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tragsbedingungen sollte die [X.]auausführung spätestens am 15.
Mai
2010 voll-endet sein.
Im Januar und Februar 2010 gab es eine außergewöhnlich lange Periode mit [X.], Eis und Schnee, die deutlich über den Durchschnittswerten der [X.] 30 Jahre lag.
Mit Schreiben vom 4.
Januar
2010 zeigte die Klägerin der [X.]eklagten die witterungsbedingte Einstellung
der [X.]auarbeiten an. Zur [X.]egründung führte sie aus:
"Die unmittelbar betroffene Leistung ist das Einschalen des [X.] 20. Die Arbeiten werden durch eine ca. 30
cm starke Schneedecke mit darunterliegende[r] Vereisung der Oberflächen verhindert. Die Temperaturen liegen dauerhaft unter -5°
C. Eine Weiterführung der Arbeiten ist auch aus Gründen der [X.] nicht möglich."
Die [X.]eklagte verlängerte die Ausführungsfrist um den Zeitraum des
witte-rungsbedingten Stillstandes
zuzüglich der Anlaufphase für die Wiederaufnahme der [X.]auarbeiten.
Am 8. März 2010 nahm die Klägerin die [X.]auarbeiten wieder auf.
Ein Nachtragsangebot der Klägerin, mit dem sie Kosten für [X.]auhilfsmittel, [X.]austelleneinrichtung, [X.]austellengemeinkosten, Verkehrssicherung, Personal sowie wegen Unterdeckung der Allgemeinen Geschäftskosten in Höhe von (zu-letzt) 95.438,67

aufgrund der witterungsbedingten Verzögerung der [X.]auausführung geltend machte, lehnte die [X.]eklagte ab.
Mit der Klage hat die Klägerin Zahlung dieses [X.]etrages verlangt.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die [X.]erufung der Klägerin ist ohne [X.] geblieben. Mit der vom Senat
zugelassenen Revision verfolgt
die Klägerin
ihren Zahlungsanspruch weiter.
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4
-

Entscheidungsgründe:
Die Revision
der Klägerin hat keinen Erfolg.

I.
Das [X.]erufungsgericht hat ausgeführt, dass der geltend gemachte [X.] unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben sei.
Eine vertragliche Regelung zur Vergütung des Auftragnehmers bei Einstel-lung der Arbeiten in Fällen unvorhergesehener, besonders ungünstiger Witte-rungsbedingungen liege nicht vor. Ziffer 10.12 der [X.]esonderen Vertragsbedin-gungen, wonach Maßnahmen für den [X.]au bei ungünstigen [X.] nicht gesondert vergütet werden, betreffe einen anderen Sachverhalt.
Ansprüche aus
§
2 Nr.
4, 5, 6, 7 oder 8 VO[X.]/[X.] (2006, im Folgenden nur VO[X.]/[X.]) kämen ebenfalls nicht in [X.]etracht.
Ein Anspruch aus §
642 [X.] scheide aus.
Allerdings sei §
642 [X.] über die Verweisung in §
6 Nr.
6 Satz
2 VO[X.]/[X.] anwendbar. Nach der letztgenannten [X.]estimmung bleibe im Fall einer [X.]ehinderung der Anspruch des [X.] auf angemessene Entschädigung gemäß §
642 [X.] unberührt, sofern nach §
6 Nr.
1 VO[X.]/[X.] eine [X.]ehinderungsanzeige erfolgt oder Offenkundigkeit der [X.]ehinderung gegeben sei. Eine
[X.]ehinderungsanzeige der Klägerin liege unstreitig vor. In §
642 [X.] sei ein Sonderfall einer
vom Auftraggeber zu vertre-tenden [X.]ehinderung
im Sinne des §
6 Nr.
6 VO[X.]/[X.] geregelt, nämlich der des Unterlassens einer zur Herstellung des Werks erforderlichen Mitwirkungshand-lung, mit der er in Annahmeverzug geraten könne.
Verschulden sei hierfür nicht erforderlich.
Die Voraussetzungen des §
642 [X.] seien indes zu verneinen.

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5
-

§
642 [X.] knüpfe an die Obliegenheit des Auftraggebers an, bei der Her-stellung des Werks mitzuwirken. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne aus der Verschuldensunabhängigkeit des Anspruchs nicht abgeleitet werden, dass die erforderliche Mitwirkung des
Auftraggebers darin bestehe,
das [X.] stets in bebaubarem Zustand zur Verfügung zu stellen,
und er für sämtliche
Umstände, auch unvorhergesehene Witterungsverhältnisse,
einzu-stehen habe, die zu
einer vorübergehenden Einstellung der [X.]auarbeiten führen. Dies ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des [X.] vom 21. Oktober 1999 ([X.]/98,
[X.]Z 143, 32). Jener Entscheidung habe ein Sachverhalt zugrunde gelegen, bei dem es um die verzögerte Durchführung von Vorgewerken gegangen sei und damit um einen Umstand, auf den der [X.] grundsätzlich Einfluss nehmen könne. Eine Mitwirkung könne dem Auftraggeber auch bei ungünstigen Witterungsverhältnissen obliegen, etwa wenn -
vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen
-
eine vollgelaufene [X.]au-grube ausgepumpt werden müsse. Anders liege der Fall hier. Ein Annahmever-zug der [X.]eklagten scheide bereits wegen eines fehlenden Leistungsangebots der Klägerin aus. Sei der Auftragnehmer infolge anderer Umstände als der feh-lenden Mitwirkung des Auftraggebers nicht bereit und imstande, die Leistung zu erbringen, komme
Annahmeverzug nicht in [X.]etracht.
Das sei zu bejahen, weil sich die Klägerin angesichts der unvorhergesehenen, außergewöhnlich ungüns-tigen Witterungsverhältnisse und nicht wegen Verletzung einer der [X.]eklagten obliegenden Mitwirkung
zur Erbringung der Leistung nicht in der Lage gesehen habe.
Unvorhergesehene Witterungsverhältnisse könnten, wie §
6 Nr.
2 Abs.
2
VO[X.]/[X.] zeige, in den Risikobereich des Auftraggebers fallen und zu einer Verlängerung der [X.]auzeit führen. Allein deshalb bestehe indes
keine Obliegen-heit des Auftraggebers, dem Auftragnehmer für die [X.]auausführung auskömmli-ches Wetter zur Verfügung zu stellen.
Während des schlechten Wetters komme der Auftraggeber nicht in Annahmeverzug, weil der Auftragnehmer vorüberge-hend nicht leistungsfähig sei. Der Auffassung, dass die [X.]
-
6
-

lung eines baureifen Grundstücks die [X.]ehinderung auslöse und demgegenüber die vorübergehende Leistungsunfähigkeit des Auftragnehmers als Zweitursache unerheblich sei, könne nicht gefolgt werden.

II.
Das hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
1. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen im [X.]erufungsurteil gab es während der [X.]auausführung in den Monaten Januar und Februar 2010 eine außergewöhnlich lange Periode mit [X.], Eis und Schnee, die deutlich über den Durchschnittswerten der vorausgegangenen 30 Jahre lag. Das [X.]erufungs-gericht
hat seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass es sich dabei hinsichtlich Dauer und Intensität um außergewöhnlich
ungünstige Witterungseinflüsse
han-delte, die als [X.]ehinderung des Auftragnehmers einzuordnen sind, weil mit ihnen
bei Abgabe des Angebots nicht gerechnet werden musste
(vgl. §
6 Nr.
2 Abs.
2 VO[X.]/[X.]). Dies ist daher im Revisionsverfahren zugrunde zu legen.
2. Das [X.]erufungsgericht hat zutreffend einen vertraglich
geregelten Mehr-vergütungsanspruch der Klägerin aufgrund der witterungsbedingten Verlänge-rung der [X.]auausführung verneint.
Die Parteien haben für den Fall, dass wegen außergewöhnlich ungünsti-ger Witterungseinflüsse eine [X.]ehinderung des Auftragnehmers vorliegt und eine Verlängerung der Ausführungsfristen gemäß §
6 Nr.
2 Abs.
1 c), Nr.
1
VO[X.]/[X.]
erfolgt, keine Anpassung des Vergütungsanspruchs vereinbart.
Ein Mehrvergütungsanspruch ergibt sich mangels Anordnung der [X.] auch nicht aus §
2 Nr.
5 oder 6 VO[X.]/[X.]. Allein der Umstand, dass eine Stö-rung des Vertrags wegen einer witterungsbedingten [X.]ehinderung vorliegt, kann 12
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nicht als Anordnung gewertet werden und daher nicht zu Ansprüchen nach §
2 Nr.
5 oder 6 VO[X.]/[X.] führen
(vgl. [X.]/[X.]/von [X.], [X.]auvertragsrecht, 2.
Aufl., §
631 Rn. 941; [X.]/[X.], Privates [X.]aurecht, 2. Aufl., §
2 VO[X.]/[X.] Rn.
17; [X.],
[X.]
2004, 214, 225).
3. Das [X.]erufungsgericht hat auf der Grundlage seiner
Feststellungen im Ergebnis zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf angemessene Entschädi-gung gemäß §
6 Nr.
6 Satz
2 VO[X.]/[X.]
in Verbindung mit §
642 [X.] verneint. Es ist vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen keine dem Auftraggeber oblie-gende erforderliche Mitwirkungshandlung im Sinne des §
642 [X.], während
der Dauer des Herstellungsprozesses außergewöhnlich ungünstige
Witterungs-einflüsse auf das [X.]augrundstück in Form von [X.], Eis und Schnee, mit denen nicht gerechnet werden musste, abzuwehren.
a) §
642 [X.] regelt einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsan-spruch des
Auftragnehmers bei Annahmeverzug des Auftraggebers. Der [X.] kann nach dieser Vorschrift eine angemessene Entschädigung ver-langen, wenn
der
Auftraggeber eine ihm obliegende Mitwirkungshandlung un-terlässt, die bei der Herstellung des Werks erforderlich ist, und hierdurch in [X.] der Annahme gerät. Voraussetzung ist
eine erforderliche
Mitwirkungshand-lung
des Auftraggebers bei der Herstellung des Werks. Mitwirkungshandlungen des Auftraggebers sind dabei in einem weiten Sinn zu verstehen und können sowohl in [X.] als auch in einem Unterlassen bestehen. Maßgebend ist, dass ohne die Mitwirkung des Auftraggebers die Herstellung des Werks nicht erfolgen kann. Ob dem Auftraggeber eine erforderliche Mitwirkungshandlung in diesem Sinne obliegt, kann nur anhand des [X.] ermittelt [X.]. Art und Umfang der dem
Auftraggeber obliegenden erforderlichen Mitwir-kungshandlung
sind danach
durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien gemäß §§
133, 157 [X.] unter [X.]erücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Art und [X.]eschaffenheit
des vom Auftragneh-17
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8
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mer herzustellenden Werks
und der vom Auftragnehmer übernommenen Leis-tungspflichten, zu bestimmen; daneben kann auch die Verkehrssitte von [X.]edeu-tung sein
(vgl. [X.]/[X.], 2014, [X.], §
642 Rn.
7, 8, 11; [X.]eckOK
[X.]/[X.], Stand: 1.
Februar 2015, §
642 Rn.
2; MünchKomm-[X.]/[X.], 6.
Aufl., §
642 Rn.
6, 8).
Nach diesen Maßstäben hat die
[X.]eklagte keine ihr obliegende Mitwir-kungshandlung unterlassen.
Allerdings ergibt sich aus dem Umstand, dass die Parteien als herzustellendes
Werk
die
Errichtung einer Autobahnbrücke
verein-bart haben,
im Wege der Auslegung gem. §§
133, 157 [X.], dass die [X.]eklagte als erforderliche Mitwirkungshandlung der Klägerin das betreffende
[X.]augrund-stück während des Herstellungsprozesses für die Erbringung der vereinbarten Leistungen
zur Verfügung zu stellen hatte.
Hieraus ergibt sich ferner, dass die [X.]eklagte
grundsätzlich auch gehalten war, das [X.]augrundstück in einer Weise zur Verfügung zu
stellen, dass die Klägerin
die von ihr
geschuldeten Leistungen erbringen konnte, mithin etwa erforderliche Vorarbeiten, die nicht von der Kläge-rin
zu leisten waren, rechtzeitig durchgeführt wurden. Indes
kann dem Vertrag nicht
entnommen werden, dass es der
[X.]eklagten
oblag, für die Dauer des Her-stellungsprozesses die nach den Feststellungen des [X.]erufungsgerichts [X.] zu legenden äußeren
Einwirkungen in Form von [X.], Eis und Schnee auf das zur Verfügung gestellte [X.]augrundstück abzuwehren.
Dies gilt ungeachtet
des Umstandes, dass die
Verhinderung dieser Einwirkungen für eine Fortfüh-rung der [X.]auausführung erforderlich gewesen wäre. Eine ausdrückliche Rege-lung zu einer derartigen Mitwirkungshandlung haben die Parteien nicht getrof-fen. Sie kann dem Vertrag unter [X.]erücksichtigung des Verständnisses einer redlichen Partei auch nicht konkludent entnommen werden. [X.]ei [X.], Eis und Schnee handelt es sich um
Umstände, die
von keiner Partei beeinflusst werden
können.
Darüber hinaus ist es
auch
tatsächlich oder zumindest mit wirtschaftlich vernünftigen Mitteln nicht möglich, diese
Einwirkungen
auf das
[X.]augrundstück 19
-
9
-

durch Schutzmaßnahmen in einer Weise auszuschließen, dass die Erbringung der anstehenden Leistungen der Klägerin möglich gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund verbietet sich die Annahme, eine hierauf gerichtete Mitwirkungs-handlung
der [X.]eklagten
ergebe sich im Wege der Auslegung auch ohne aus-drückliche
Regelung konkludent aus dem Vertrag.
Eine darüber hinausgehende allgemeine Risikozuweisung zu Lasten des
Auftraggebers betreffend außergewöhnlich ungünstige Witterungseinflüsse auf das zur Verfügung zu stellende [X.]augrundstück, mit denen nicht gerechnet [X.] musste
(vgl. dazu [X.], [X.], 721; Diehr, [X.] 2011, 627),
ergibt sich weder aus dem Vertrag noch aus dem Gesetz
(im Ergebnis ebenso [X.]/[X.],
2014, [X.], §
642 Rn.
35
f.; [X.]/[X.]/[X.]erger,
3.
Aufl., §
6 Abs.
6
Rn.
121; Kapellmann/Messer-schmidt/Markus,
VO[X.] Teile A und [X.], 5.
Aufl., §
6
VO[X.]/[X.]
Rn.
24, 28; [X.]/
[X.]/[X.], Handbuch [X.]auzeit, 3.
Aufl. Rn.
764, 828
f.; [X.]/
Pause/[X.],
[X.]auvertragsrecht,
2.
Aufl., §
642 Rn.
19).
b) Die Entscheidung
des Senats vom 21. Oktober 1999 ([X.]/98, [X.]Z 143, 32) steht dem entgegen der Auffassung der Revision nicht entge-gen. Ihr lag ein grundlegend anderer Sachverhalt zugrunde. Der Senat hat sei-nerzeit ausgeführt, dass ein Anspruch des Auftragnehmers auf angemessene Entschädigung gemäß §
642 [X.] auch dann in [X.]etracht kommen könne, wenn ein
für die Leistungen des Auftragnehmers
erforderliches Vorgewerk
noch nicht hergestellt worden sei, weil der Auftraggeber die ihm obliegende Mitwirkungs-handlung, das [X.]augrundstück als für die Leistungen
des Auftragnehmers auf-nahmebereit zur Verfügung zu stellen, nicht rechtzeitig erbracht habe. In jener Entscheidung ergab sich aus dem Umstand, dass das nach dem [X.] geschuldete Werk die rechtzeitige Herstellung von Vorgewerken erforderte, eine entsprechende, dem Auftraggeber obliegende Mitwirkungs-handlung. Die Unterbrechung der [X.]auausführung
beruhte nicht auf unbe-20
21
-
10
-

herrschbaren Witterungseinflüssen, mit denen nicht gerechnet werden musste, sondern auf dem Unterlassen der betreffenden Mitwirkungshandlung. Wegen der Verschuldensunabhängigkeit des Anspruchs kam es nicht darauf an, ob der Auftraggeber dieses
wegen verzögerter Planung oder unzureichender Koordi-nation zu vertreten hatte.
Auch die Entscheidung des Senats vom 20. Oktober 2005 ([X.], [X.], 371 = NZ[X.]au 2006, 108) führt, anders als
die Revision meint, zu keiner anderen [X.]eurteilung. Jene
Entscheidung befasste sich mit einem [X.] auf angemessene Entschädigung gemäß §
642 [X.] wegen
Unterbre-chung der [X.]auausführung aufgrund eines unzureichenden Hochwasser-schutzes ("Schürmann-[X.]au"). Es gab keine Feststellungen, dass mit dem ein-getretenen Hochwasser
nicht gerechnet werden musste
und dagegen keine geeigneten Vorkehrungen getroffen werden konnten. Vielmehr war der von der [X.]auherrin errichtete
Hochwasserschutz aufgrund unzureichender Planung und Ausführung lückenhaft.
Die auf dieser Grundlage beruhende
Annahme des Se-nats, die Überflutung der [X.]austelle habe dazu geführt, dass der Auftraggeber die ihm obliegende Mitwirkungshandlung, das [X.]augrundstück dem [X.] aufnahmebereit zur Verfügung zu halten, nicht habe vornehmen können, steht daher nicht in Widerspruch zu der Entscheidung im Streitfall.
Soweit beiden Entscheidungen für außergewöhnlich ungünstige
Witte-rungseinflüsse, mit denen nicht gerechnet werden musste,
etwas anderes
ent-nommen werden könnte, hielte der Senat daran nicht fest.
4. [X.] ergibt sich auch nicht im Wege der [X.] Vertragsauslegung, da der Vertrag keine planwidrige Regelungslücke aufweist.
a) Eine solche Regelungslücke liegt vor,
wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder wenn sie ihn bewusst offen gelassen haben, weil sie ihn im 22
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24
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-
11
-

Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und wenn sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend herausstellt. Dabei kann von einer planwidrigen Regelungslücke nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine [X.]estimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zu-grunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre
(vgl. [X.], Urteile
vom 4. Dezember 2014 -
VII
ZR
4/13, [X.], 527 Rn.
27 = NZ[X.]au 2015, 84 und vom 15.
November 2012
-
VII
ZR 99/10, [X.], 236 Rn.
15 m.w.N.). Auch Allgemeine Geschäftsbe-dingungen
können eine planwidrige Regelungslücke enthalten und einer
[X.]
Vertragsauslegung zugänglich sein
(vgl. z.[X.]. [X.], Urteile vom 18.
Juli
2007 -
VIII
ZR
227/06, NJW-RR 2007, 1697 Rn.
34 und vom 8.
Februar
1988 -
II
ZR
210/87, [X.]Z 103, 228, 234, juris
Rn.
19).
Ob eine planwidrige Regelungslücke gegeben ist, bestimmt sich
durch Auslegung des Vertrags.
Diese
Auslegung kann der Senat vorliegend selbst vornehmen, da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind.
b) Danach ist im Streitfall eine planwidrige Regelungslücke zu verneinen.
Dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag kann unter [X.]erücksichti-gung der einbezogenen Regelungen der [X.]esonderen Vertragsbedingungen und
der VO[X.]/[X.]
sowie
der beiderseitigen Interessenlage und der Umstände nicht entnommen werden, dass zur Verwirklichung des ihm
zugrunde liegenden [X.] eine ergänzende Vertragsbestimmung zur Vergütungsanpassung bei einer
[X.]ehinderung durch eine außergewöhnlich lange Periode mit [X.], Eis und Schnee
erforderlich
gewesen wäre, die Parteien mithin eine dahingehende
Vereinbarung getroffen hätten, wenn sie diesen Fall
bedacht hätten.
Aus dem Vertrag ergibt sich, dass die Parteien die Problematik ungünsti-ger Witterungseinflüsse
nicht übersehen, sondern hierzu eine Vielzahl von
Re-gelungen in den einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffen
26
27
-
12
-

haben, die die Risikoverteilung betreffen. So sind nach Ziffer
10.12 der [X.]eson-deren Vertragsbedingungen der [X.]eklagten Maßnahmen für den [X.]au bei [X.] Witterungsverhältnissen nicht gesondert zu vergüten. Gemäß §
6 Nr.
2 Abs.
2 der einbezogenen VO[X.]/[X.] gelten
Witterungseinflüsse, mit denen bei Abgabe des Angebots normalerweise gerechnet werden musste, nicht als [X.]e-hinderung des Auftragnehmers. Im Vertrag der Parteien ist
des Weiteren be-rücksichtigt, dass es Witterungseinflüsse
geben kann, mit denen
nicht gerech-net werden muss. Diese werden als objektiv unabwendbare Umstände von der Klausel des §
6 Nr.
2 Abs.
1
c) VO[X.]/[X.] erfasst. Sie
gelten
als
[X.]ehinderung des Auftragnehmers
und führen
unter den Voraussetzungen des §
6 Nr.
1 VO[X.]/[X.] zu einer Verlängerung der Ausführungsfrist. Das zeitliche Risiko, dass die verein-barte Ausführungsfrist nicht eingehalten werden kann, wird in diesem Fall mithin dem Auftraggeber zugewiesen. Wird die Ausführung durch derartige Witte-rungseinflüsse für voraussichtlich längere Dauer unterbrochen, kann der [X.] gemäß §
6 Nr.
5 VO[X.]/[X.] die ausgeführten Leistungen und bestimm-te Kosten abrechnen. Dauert die hierdurch verursachte Unterbrechung länger
als drei Monate, ist für beide Seiten in §
6 Nr.
7 VO[X.]/[X.] ein Kündigungsrecht nebst näher geregelter Abrechnungsmöglichkeit vorgesehen. Kommt es auf-grund
derartiger
Witterungseinflüsse
vor Abnahme zu einer [X.]eschädigung oder Zerstörung des ganz oder teilweise hergestellten Werks, ist
in §
7 Nr.
1 VO[X.]/[X.] ebenfalls eine Abrechnung nach §
6 Nr.
5 VO[X.]/[X.] für die ausgeführten Teile der Leistung vorgesehen.
Monetäre Ansprüche des Auftragnehmers
im Hinblick auf diesem entstehende Mehrkosten bei
Verlängerung der Ausführungszeit auf-grund witterungsbedingter [X.]ehinderung gemäß
§
6 Nr.
2 Abs.
1 c), Nr.
1
VO[X.]/[X.] sind im Vertrag
dagegen nicht geregelt. Solche Ansprüche sind
nur für
andere
Fälle einer zur Verlängerung der Ausführungszeit führenden [X.]ehinderung
vor-gesehen. So hat der Auftragnehmer einen Anspruch auf Schadensersatz
ge-mäß §
6 Nr.
6
Satz
1 VO[X.]/[X.], wenn die hindernden Umstände vom Auftraggeber zu vertreten sind. Darüber hinaus steht
ihm gemäß §
6 Nr.
6 Satz
2 VO[X.]/[X.] -
13
-

auch ohne Verschulden des Auftraggebers der gesetzliche Entschädigungsan-spruch gemäß
§
642 [X.] zu, sofern ein Annahmeverzug des Auftraggebers infolge des Unterlassens einer erforderlichen Mitwirkungshandlung zu bejahen ist. Die
Parteien haben damit eine komplexe Regelung zur Risikoverteilung bei Witterungseinflüssen vorgenommen und dieses Risiko zum Teil dem [X.] und zum Teil dem Auftragnehmer auferlegt.
Sonstige Anhaltspunkte im Vertragswerk
oder besondere Umstände, die zu der Annahme führen
könnten, der Vertrag bedürfe zur Verwirklichung des ihm zugrunde liegenden Regelungsplans einer ergänzenden Auslegung zur Vergütungsanpassung,
sind nicht erkennbar.
5. Daneben kann ein Anspruch der Klägerin auch nicht auf die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß §
313 [X.] gestützt werden
(a.[X.],
[X.]
2014, 1213).
Die Parteien haben im Vertrag das aus einer
Verlängerung der Ausführungszeit gemäß §
6 Nr.
2 Abs.
1 c), Nr.
1 VO[X.]/[X.] re-sultierende finanzielle Risiko im Hinblick auf etwa entstehende Mehrkosten
der [X.]auausführung, wie ausgeführt, grundsätzlich dem Auftragnehmer zugewiesen. [X.]esondere Umstände, die neben den mit der Verlängerung der Ausführungszeit üblicherweise verbundenen finanziellen Nachteilen für den Auftragnehmer dazu
führen, dass das nach dem Vertrag zugewiesene Risiko überschritten und ein Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist, sind weder festgestellt
noch erkennbar.

28
29
-
14
-

III.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1
ZPO.

Eick
[X.]
Jurgeleit

Graßnack

Sacher

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.12.2011 -
6 O 68/11 -

OLG [X.]randenburg, Entscheidung vom 26.06.2013 -
11 U 36/12 -

30

Meta

VII ZR 194/13

20.04.2017

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.04.2017, Az. VII ZR 194/13 (REWIS RS 2017, 12291)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 12291

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 194/13

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