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PDF anzeigen [X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 46/03
Verkündet am: 6. Mai 2004 [X.] als Urkundsbeamtin der Ges[X.]häftsstelle in dem Re[X.]htsstreit
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündli[X.]he Verhandlung vom 12. Februar 2004 dur[X.]h [X.] Kreft und [X.] Ganter, [X.], [X.] und [X.]
für Re[X.]ht erkannt:
Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 27. Zivilsenats des [X.] vom 16. Januar 2003 aufgehoben.
Die Sa[X.]he wird zur neuen Verhandlung und Ents[X.]heidung, au[X.]h über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-ri[X.]ht zurü[X.]kverwiesen. Von Re[X.]hts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt den [X.]n als Verwalter in dem Insolvenzverfah-ren über das Vermögen der [X.] (fortan: S[X.]huldnerin) wegen der Ni[X.]ht-erfüllung von Masseverbindli[X.]hkeiten persönli[X.]h auf S[X.]hadensersatz in [X.]. Der [X.] bemühte si[X.]h darum, das s[X.]huldneris[X.]he Unternehmen zu sanieren. No[X.]h als vorläufiger Insolvenzverwalter teilte der [X.] den Lieferanten mit einem Forms[X.]hreiben vom 12. Oktober 1999 mit, er könne "verbindli[X.]h erklären: 1. Alle Lieferungen und Leistungen, die Sie ab sofort erbringen, werden im Rahmen der Zahlungsziele, spätestens aber bis Ende November 1999 bezahlt. –" Na[X.]h Eröffnung des Insolvenzverfahrens am - 3 - 2. Dezember 1999 zeigte der [X.] dies der Klägerin mit einem an die [X.] geri[X.]hteten Forms[X.]hreiben an und erklärte weiter, "wie s[X.]hon während der [X.], ist die Zahlung aller ab dem 2. Dezember 1999 bestellten Lieferungen und Leistungen gesi[X.]hert." Am 10. Juli, 18. August, 4. September und 10. Oktober 2000 bestellte der [X.] bei der Klägerin Waren, wel[X.]he die Klägerin lieferte und in Re[X.]hnung stellte; die Forderungen waren jeweils 30 Tage na[X.]h Re[X.]hnungsdatum fällig. Im einzelnen handelte es si[X.]h um folgende Re[X.]hnungen:
- Vom 11. September 2000 über 10.129,86 •; hierauf bezahlte der [X.] •.
- Vom 25. September 2000 über 672,34 •, 20.362,18 • und 2.721,36 •.
- Vom 27. September 2000 über 13.388,87 • und 10.168,28 •.
- Vom 2. Oktober 2000 über 23.755,87 •.
- Vom 4. Oktober 2000 über 6.275,14 • und 3.430,58 •.
- Vom 9. Oktober 2000 über 6.787,39 • und 30.868,78 •.
- Vom 11. Oktober 2000 über 3.430,58 •, 3.430,58 • und 20.583,50 •.
- Vom 13. Oktober 2000 über 20.583,50 •.
- Vom 18. Oktober 2000 über [X.] •.
- Vom 18. Oktober 2000 über 5.274,98 •.
- Vom 23. Oktober 2000 über 3.430,58 •, 6.861,17 • und 10.273,31 •.
Der [X.] zahlte den aufgrund dieser Re[X.]hnungen no[X.]h offenen Be-trag in Höhe von insgesamt 233.649,51 • eins[X.]hließli[X.]h Umsatzsteuer ni[X.]ht. Im Juli 2000 verkaufte der [X.] einerseits die Warenbestände und anderer-- 4 - seits die Mas[X.]hinen, mas[X.]hinellen Anlagen, Betriebs- und Ges[X.]häftsausstat-tung und immateriellen Wirts[X.]haftsgüter (im folgenden: Anlagevermögen) zum 1. November 2000 an zwei vers[X.]hiedene Abnehmer. Der Kaufpreis für die Wa-renbestände sollte na[X.]h einer Inventur zum Übernahmesti[X.]htag festgelegt wer-den und war in zwei hälftigen Raten im November 2000 und zum 1. Mai 2001 fällig. Der Kaufpreis für das Anlagevermögen betrug 12 Mio. DM zuzügli[X.]h Um-satzsteuer und war in Raten ab Februar 2001 fällig. Am 24. November 2000 ging die erste Kaufpreisrate für das Umlaufvermögen in Höhe von 9.185.905,43 DM ein. No[X.]h am selben Tage leitete der [X.] von dieser Summe 8.060.400 DM an einen Gläubiger- und Lieferantenpool weiter. Weitere Zahlungen der Käufer erfolgten ni[X.]ht. Mit S[X.]hreiben vom 7. März 2001 zeigte der [X.] dem Insolvenzgeri[X.]ht Masseunzulängli[X.]hkeit an.
Das [X.] hat der Klage - bis auf die Umsatzsteuer - Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprü[X.]he gegen die Insolvenzmasse stattgegeben. Die dagegen geri[X.]htete Berufung des [X.]n hatte keinen Erfolg. Mit der - vom Berufungsgeri[X.]ht zugelassenen - Revision verfolgt der [X.] seinen [X.] weiter.
Ents[X.]heidungsgründe:
Die Revision des [X.]n führt zur Aufhebung und Zurü[X.]kverweisung.
[X.] - 5 - Das Berufungsgeri[X.]ht hat gemeint, der [X.] hafte der Klägerin na[X.]h § 61 Satz 1 [X.] auf S[X.]hadensersatz. Die Ersatzpfli[X.]ht trete bereits ein, wenn der Insolvenzverwalter ni[X.]ht in der Lage sei, die Masses[X.]hulden bei Fälligkeit zu erfüllen. Eine spätere Erfüllbarkeit sei unerhebli[X.]h. Der [X.] könne si[X.]h ni[X.]ht na[X.]h § 61 Satz 2 [X.] entlasten. Dabei könne offenbleiben, ob bereits die Begründung der Verbindli[X.]hkeiten pfli[X.]htwidrig gewesen sei. Die Entlastungs-mögli[X.]hkeit na[X.]h § 61 Satz 2 [X.] sei dem [X.]n jedenfalls deshalb zu versagen, weil er die Masseunzulängli[X.]hkeit und damit die Ni[X.]hterfüllung der Ansprü[X.]he pfli[X.]htwidrig selbst herbeigeführt habe. § 61 Satz 1 [X.] erfasse alle Fälle, bei denen die Masse zur Erfüllung von Masseverbindli[X.]hkeiten ni[X.]ht ausrei[X.]he. Der [X.] habe si[X.]h vergewissern müssen, daß keine Forderun-gen von Massegläubigern offenstehen, bevor er 8.060.400 DM an den Gläubi-gerpool auskehrte. Auf spätere, na[X.]h der Fälligkeit liegende Zahlungseingänge habe er ni[X.]ht vertrauen dürfen. Die fehlende Kenntnis der Ansprü[X.]he der Klä-gerin entlaste den [X.]n ni[X.]ht, weil dies dur[X.]h eine ordnungsgemäße Bu[X.]hhaltung hätte vermieden werden können. Zudem sei der [X.] ver-pfli[X.]htet gewesen, si[X.]h vor Auszahlung eines Betrages dieser Größenordnung besonders zu vergewissern, ob alle Re[X.]hnungen bezahlt worden seien.
I[X.]
Dies hält re[X.]htli[X.]her Überprüfung ni[X.]ht stand.
1. Ein Anspru[X.]h aus § 61 [X.] besteht na[X.]h dem revisionsre[X.]htli[X.]h zu-grundezulegenden Sa[X.]hverhalt ni[X.]ht. § 61 [X.] erfaßt nur sol[X.]he S[X.]häden, die auf einer Pfli[X.]htverletzung beruhen, die dem Insolvenzverwalter bei [X.] 6 [X.] der Masseverbindli[X.]hkeit unterlaufen ist. Dazu hat das Berufungsgeri[X.]ht Feststellungen ni[X.]ht getroffen.
a) Das Berufungsgeri[X.]ht hat allerdings zutreffend angenommen, daß eine S[X.]hadensersatzpfli[X.]ht na[X.]h § 61 Satz 1 [X.] ni[X.]ht deshalb ausges[X.]hlos-sen ist, weil no[X.]h Masseansprü[X.]he in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe offenstehen. Die dagegen erhobenen [X.] der Revision greifen im Er-gebnis ni[X.]ht dur[X.]h ([X.], Urt. v. 6. Mai 2004 - [X.] ZR 48/03, z.[X.]. in [X.]Z).
b) Jedo[X.]h regelt § 61 [X.] - wie die Revision zutreffend geltend ma[X.]ht - auss[X.]hließli[X.]h die Haftung des Insolvenzverwalters für die pfli[X.]htwidrige [X.] ([X.], Urt. v. 6. Mai 2004 - [X.] ZR 48/03). § 61 [X.] legt keine insolvenzspezifis[X.]hen Pfli[X.]hten für die Zeit na[X.]h [X.] einer Verbindli[X.]hkeit fest. Die Vors[X.]hrift ist keine Anspru[X.]hsgrundlage für einen S[X.]haden, der aus erst na[X.]h Vertragss[X.]hluß eingetretenen Gründen ent-standen ist.
2. Au[X.]h die Voraussetzungen für einen Anspru[X.]h na[X.]h § 60 [X.] hat das Berufungsgeri[X.]ht ni[X.]ht hinrei[X.]hend festgestellt.
a) Die Klägerin ist - entgegen der Ansi[X.]ht der Revision - für einen [X.] aus § 60 [X.] prozeßführungsbefugt. § 92 [X.] erfaßt den vorliegen-den Fall weder unmittelbar no[X.]h entspre[X.]hend (vgl. [X.], Urt. v. 6. Mai 2004 - [X.] ZR 48/03).
b) Ein Anspru[X.]h aus § 60 [X.] setzt voraus, daß der Insolvenzverwalter mit Auszahlung der 8.060.400 DM an den Pool eine ihm gegenüber der [X.] als Massegläubigerin obliegende Pfli[X.]ht verletzt hat. Hierzu fehlen - wie die Revision zutreffend rügt - Feststellungen des Berufungsgeri[X.]hts. Der [X.] könnte eine insolvenzspezifis[X.]he Pfli[X.]ht verletzt haben, wenn die Forderungen der Klägerin gegenüber den Forderungen des [X.] vor- oder glei[X.]h-rangig waren. Dies wäre der Fall, wenn der Gläubigerpool ungesi[X.]herte Insol-venzforderungen (dann Na[X.]hrang des [X.], § 53 [X.]) oder ungesi-[X.]herte Masseforderungen (dann [X.] des [X.]) vereinigte. Die subjektive Eins[X.]hätzung des [X.]n, er hätte die Forderungen der Klä-gerin, wenn er gewußt hätte, daß sie no[X.]h bestanden, vom Auszahlungsbetrag begli[X.]hen, ist hingegen für die Frage der Pfli[X.]htverletzung belanglos. Umge-kehrt hätte der [X.] pfli[X.]htgemäß gehandelt, wenn die Forderungen des [X.] gegenüber den Forderungen der Klägerin vorrangig waren. Dies träfe zu, wenn und soweit es si[X.]h bei den Mitgliedern des [X.] um Aus- oder Absonderungsbere[X.]htigte gehandelt haben sollte.
II[X.]
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
1. Eine auf § 61 [X.] gestützte Klage ist s[X.]hlüssig, wenn eine fällige und einredefreie Masseforderung ni[X.]ht erfüllt ist und der Kläger seinen S[X.]haden (negatives Interesse, siehe unten zu [X.]) darlegt. Soweit die Klägerin Ansprü[X.]he aus § 61 [X.] geltend ma[X.]ht, wird das Berufungsgeri[X.]ht mithin aufzuklären haben, ob si[X.]h der [X.] gemäß § 61 Satz 2 [X.] entlasten kann. Vermag - 8 - er dies ni[X.]ht, wird es - na[X.]h weiterem Vortrag der Klägerin - die Höhe des S[X.]hadens festzustellen haben.
a) Der Verwalter kann si[X.]h auf zweierlei Art entlasten. Er hat entweder zu beweisen, daß objektiv von einer zur Erfüllung der Verbindli[X.]hkeit ausrei-[X.]henden Masse auszugehen war, oder daß für ihn ni[X.]ht erkennbar war, daß dies ni[X.]ht zutraf.
Der Verwalter kann den Beweis - wie der Senat im Urteil vom 6. Mai 2004 in der Parallelsa[X.]he [X.] ZR 48/03 ausgeführt hat - im allgemeinen nur füh-ren, wenn er eine plausible Liquiditätsre[X.]hnung erstellt und diese bis zum Zeit-punkt der Begründung der Verbindli[X.]hkeit ständig überprüft und aktualisiert. Grundlage ist eine Prognose aufgrund der gegenwärtigen Liquiditätslage der Masse, der realistis[X.]hen Eins[X.]hätzung no[X.]h ausstehender offener Forderun-gen und der künftigen Ges[X.]häftsentwi[X.]klung für die Dauer der Fortführung.
b) Der Insolvenzverwalter hat si[X.]h für den Zeitpunkt der Begründung der Ansprü[X.]he zu entlasten. Maßgebend ist grundsätzli[X.]h, wann der Re[X.]htsgrund gelegt ist; der anspru[X.]hsbegründende Tatbestand muß materiell-re[X.]htli[X.]h ab-ges[X.]hlossen sein. In der Regel wird dies der Zeitpunkt des Vertragss[X.]hlusses sein. Hingegen sind sowohl der Zeitpunkt der Re[X.]hnungstellung als au[X.]h der der Fälligkeit der Forderungen belanglos.
[X.]) Zu Unre[X.]ht ist das Berufungsgeri[X.]ht davon ausgegangen, daß § 61 [X.] einen Anspru[X.]h auf Ersatz des positiven Interesses gewährt. Au[X.]h inso-weit wird auf das Senatsurteil vom 6. Mai 2004 - [X.] ZR 48/03 - verwiesen. - 9 - 2. Soweit die Klägerin einen Anspru[X.]h aus § 60 [X.] wegen pfli[X.]htwidri-ger Auszahlung der vorhandenen Masse geltend ma[X.]ht, wird das Berufungsge-ri[X.]ht aufzuklären haben, wel[X.]he Ansprü[X.]he des [X.] der [X.] zugrunde lagen.
3. Das Berufungsgeri[X.]ht wird ferner zu prüfen haben, ob die S[X.]hreiben vom 12. Oktober und 2. Dezember 1999 eine persönli[X.]he Haftungsübernahme des [X.]n wegen Garantie oder Inanspru[X.]hnahme besonderen persönli-[X.]hen Vertrauens darstellen.
4. Die Klägerin wird die Ansprü[X.]he aus § 60 und § 61 [X.] in ein Rang-verhältnis zu bringen haben, weil es si[X.]h um alternative Klagebegehren mit unters[X.]hiedli[X.]hem Streitgegenstand handelt, die ni[X.]ht auf dasselbe Re[X.]hts-s[X.]hutzziel geri[X.]htet und deshalb ohne Klärung ihres Verhältnisses als Haupt- und Hilfsantrag unzulässig sind. Im gegenwärtigen Zeitpunkt kommt eine Ab-weisung der Klage als unzulässig ni[X.]ht in Betra[X.]ht, weil das Berufungsgeri[X.]ht die notwendige Klärung unterlassen hat und der Klägerin Gelegenheit zu ge-ben ist, si[X.]h anhand des Revisionsurteils über ihre Antragstellung s[X.]hlüssig zu werden.
[X.] am Bundesgeri[X.]htshof [X.] ist wegen urlaubsbe-
dingter Ortsabwesenheit ver-
hindert, seine Unters[X.]hrift beizu-
fügen Kreft
Kreft [X.]
[X.]
[X.]
Meta
06.05.2004
Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.05.2004, Az. IX ZR 46/03 (REWIS RS 2004, 3311)
Papierfundstellen: REWIS RS 2004, 3311
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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