Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.10.2019, Az. 4 B 27/19

4. Senat | REWIS RS 2019, 2679

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

Zulässigkeit eines Lebensmittelmarktes in einem faktischen Mischgebiet


Leitsatz

Ein Lebensmittelmarkt gehört nicht allein deshalb und gleichsam automatisch zu der für die Art der baulichen Nutzung maßgeblichen näheren Umgebung eines anderen Lebensmittelmarktes im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BauGB, weil sich betriebswirtschaftlich die für die Nahversorgung maßgeblichen Kundenkreise überschneiden.

Gründe

1

Die Klägerin möchte die Verkaufsfläche ihres im unbeplanten Innenbereich gelegenen Lebensmittelmarktes um etwa 137 m² auf 881,35 m² erweitern. Die Vorinstanzen haben die auf Neubescheidung des [X.]augenehmigungsantrags gerichtete Klage abgewiesen. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs entspricht die nähere Umgebung des Vorhabens einem Mischgebiet, in dem der geplante großflächige Einzelhandel planungsrechtlich unzulässig sei ([X.], Urteil vom 3. April 2019 - 3 S 201/17 - [X.], 669 = [X.] 2019, 705 ).

2

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Sie ist unbegründet.

3

I. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung, die ihr die [X.]eschwerde beimisst.

4

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer [X.]edeutung über den der [X.]eschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der [X.]eschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91>).

5

1. Die [X.]eschwerde möchte der Sache nach [X.] klären lassen,

ob die Versorgung eines Nahversorgungsbereichs eines Lebensmittelmarktes durch einen konkurrierenden Markt bei der [X.]estimmung der näheren Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 2 [X.]auG[X.] zu berücksichtigen ist.

6

Nach ihrer Auffassung gehört zur näheren Umgebung eines Lebensmittelmarktes im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.]auG[X.] ein anderer Lebensmittelmarkt stets dann, wenn er sich im gleichen Nahversorgungsbereich befindet. Die aufgeworfene Frage führt nicht zur Zulassung der Revision. Soweit sie nicht bereits geklärt ist, lässt sie sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 24. August 1999 - 4 [X.] 72.99 - [X.]VerwGE 109, 268 <270> und vom 12. August 2019 - 4 [X.] 1.19 - juris Rn. 5). Die Auffassung der [X.]eschwerde trifft nicht zu.

7

Den Maßstab für die planungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens bildet nach § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 [X.]auG[X.] die nähere Umgebung. Diese nähere Umgebung ist für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 [X.]auG[X.] bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 13. Mai 2014 - 4 [X.] 38.13 - [X.]uchholz 406.11 § 34 [X.]auG[X.] Nr. 217 Rn. 7). [X.] ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den [X.] Charakter des [X.]augrundstücks prägt oder doch beeinflusst ([X.]VerwG, Urteile vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - [X.]VerwGE 55, 369 <380> und vom 6. Juni 2019 - 4 C 10.18 - NVwZ 2019, 1456 Rn. 11). Das [X.] ist Teil der näheren Umgebung ([X.]VerwG, Urteil vom 14. Dezember 2017 - 4 C 9.16 - [X.]uchholz 406.12 § 12 [X.]auNVO Nr. 7 Rn. 7). [X.]ei der Anwendung des § 34 Abs. 2 [X.]auG[X.] ist die nähere Umgebung dabei der Umgriff, der hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 [X.]auG[X.] maßgeblich ist. Denn für die [X.]eurteilung eines [X.]ereichs als eines faktischen [X.]augebiets im Sinne von § 34 Abs. 2 [X.]auG[X.] ist gleichfalls die nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 [X.]auG[X.] maßgebend ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 11. Februar 2000 - 4 [X.] 1.00 - [X.]uchholz 406.11 § 34 [X.]auG[X.] Nr. 197 S. 14 f.).

8

Die für die Abgrenzung der "näheren Umgebung" maßgebliche wechselseitige Prägung ergibt sich dabei nicht aus städtebaulichen Fernwirkungen der in § 11 Abs. 3 Satz 2 [X.]auNVO beschriebenen Art, sondern aus den in § 34 Abs. 1 [X.]auG[X.] genannten städtebaulichen Merkmalen: Art und Maß der baulichen Nutzung, [X.]auweise und überbaubare Grundstücksfläche. Diese Merkmale prägen - vom Vorhaben aus gesehen - im Sinne einer Vorbildwirkung nur einen begrenzten [X.]ereich. Umgekehrt wird das Grundstück, auf dem das Vorhaben verwirklicht werden soll, in diesen Merkmalen nur von anderen Nutzungen in einem begrenzten räumlichen Umfeld geprägt ([X.]VerwG, Urteil vom 3. Februar 1984 - 4 C 25.82 - [X.]VerwGE 68, 360 <368>). Dabei lassen sich die Grenzen der näheren Umgebung nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die [X.]ebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 16. Juni 2009 - 4 [X.] 50.08 - [X.]auR 2009, 1564 Rn. 5). Aus der Maßgeblichkeit der städtebaulichen Merkmale im jeweiligen Einzelfall folgt, dass ein Lebensmittelmarkt nicht allein deshalb und gleichsam automatisch zu der für die Art der baulichen Nutzung maßgeblichen näheren Umgebung eines anderen Lebensmittelmarktes gehört, weil sich betriebswirtschaftlich die für die Nahversorgung maßgeblichen Kundenkreise überschneiden. Hiermit übereinstimmend hat die Vorinstanz die nähere Umgebung nach städtebaulichen Kriterien abgegrenzt ([X.] 19).

9

2. Die [X.]eschwerde sieht der Sache nach grundsätzlichen Klärungsbedarf,

ob die Eigenart der näheren Umgebung einem Mischgebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 [X.]auG[X.] i.V.m. § 6 [X.]auNVO entsprechen kann, wenn sich dort ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb befindet, der sich nach Art, Lage und Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 [X.]auNVO nur unwesentlich auswirken kann.

Auch die [X.]eantwortung dieser Frage bedarf keines Revisionsverfahrens. Sie ist zu bejahen.

§ 34 Abs. 2 [X.]auG[X.] setzt voraus, dass die Eigenart der näheren Umgebung einem der [X.]augebiete nach der [X.]auNVO entspricht. Im Mischgebiet sind nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 [X.]auNVO Einzelhandelsbetriebe allgemein zulässig. Dies umfasst schon nach dem Wortlaut auch großflächige Einzelhandelsbetriebe, also solche, deren Verkaufsfläche 800 m² oder mehr beträgt (vgl. [X.], Urteil vom 2. Dezember 2013 - 2 A 1510/12 - NVwZ-RR 2014, 453 <455 ff.>; Söfker, in: [X.]/[X.]/[X.]ielenberg/[X.], [X.]auG[X.], Stand Mai 2019, § 6 [X.]auNVO Rn. 24; [X.], in[X.]/[X.]/Stock, [X.]auNVO, 4. Aufl. 2019, § 6 Rn. 10; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], [X.]eckOK [X.]auNVO, Stand September 2019, § 6 Rn. 41; zum [X.]egriff der Großflächigkeit s. [X.]VerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 4 C 10.04 - [X.]VerwGE 124, 364 <367>). [X.]efindet sich ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb in der näheren Umgebung, kann deren Eigenart einem Mischgebiet im Sinne von § 6 [X.]auNVO entsprechen, wenn dieser [X.]etrieb nicht nach § 11 Abs. 3 Satz 1 [X.]auNVO nur in einem [X.]gebiet oder einem festgesetzten Sondergebiet zulässig wäre (vgl. [X.], Urteil vom 29. September 2016 - 10 A 1574/14 - juris Rn. 85 ff.). Denn in diesem Fall ist der [X.]etrieb in einem Mischgebiet (allgemein) zulässig im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 3 [X.]auNVO. Aus den von der [X.]eschwerde angeführten Entscheidungen des Senats zu § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 [X.]auG[X.] folgt nichts Anderes. Sie äußern sich nicht dazu, welche Vorhaben in einem Mischgebiet nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 [X.]auNVO zulässig sind.

3. Die [X.]eschwerde möchte weiterhin grundsätzlich klären,

ob ein Einzelhandelsbetrieb, der in betrieblicher Hinsicht im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 1 Alt. 2 [X.]auNVO atypisch ist, stets in einem Mischgebiet nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 [X.]auNVO zulässig ist, weil er nicht dem Sonderregime des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]auNVO unterfällt.

Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil ihre Entscheidungserheblichkeit nicht feststeht. Die [X.]eschwerde meint, eine Prüfung des Einzelfalls hätte ergeben, dass das vom Verwaltungsgerichtshof als mischgebietsverträglich angesehene Autohaus aus Gründen des Immissionsschutzes und des An- und [X.] nur in einem [X.]- oder Sondergebiet zulässig sei. Insoweit fehlen aber tatrichterliche Feststellungen. Diese müssten vorliegen, damit sich die mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochene Frage in einem Revisionsverfahren stellen könnte. Es besteht mithin nur die Möglichkeit, dass die aufgeworfene Frage erheblich werden könnte. In einem solchen Fall kann die Revision nicht wegen grundsätzlicher [X.]edeutung zugelassen werden ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 17. März 2000 - 8 [X.] 287.99 - [X.]VerwGE 111, 61 <62> und vom 21. Dezember 2018 - 7 [X.] 3.18 - NVwZ-RR 2019, 384 Rn. 8). Der Einwand fehlender tatrichterlicher Feststellungen kann einer [X.]eschwerde zwar dann nicht entgegengehalten werden, wenn eine in der Vorinstanz ordnungsgemäß beantragte Sachverhaltsaufklärung nur deswegen unterblieben ist, weil das [X.] eine als [X.] bedeutsam bezeichnete Frage anders als der [X.]eschwerdeführer beantwortet und deswegen die [X.]eweisaufnahme als nicht entscheidungserheblich abgelehnt hat ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 17. März 2000 ebd. und vom 21. Januar 2016 - 4 [X.] 36.15 - [X.]RS 84 Nr. 17 Rn. 13). Die Klägerin hat indes Anträge zur Sachverhaltsaufklärung in der Tatsacheninstanz nicht gestellt.

4. Die [X.]eschwerde möchte schließlich der Sache nach [X.] klären lassen,

ob ein Lebensmittelmarkt nur dann ein Nachbarschaftsladen oder Nahversorger und deshalb gemäß § 11 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 1 Alt. 2 [X.]auNVO atypisch sein kann, wenn und soweit er dazu beiträgt, bisher in dem Nahbereich vorhandene Versorgungslücken zu decken.

Dies führt nicht zur Zulassung der Revision, weil die Frage revisionsgerichtlicher Klärung entzogen ist. Nach § 11 Abs. 3 Satz 3 [X.]auNVO sind (schädliche) Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 und des Satzes 1 Nr. 2 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche des großflächigen Einzelhandelsbetriebs 1 200 m² überschreitet. Diese Regel gilt nach § 11 Abs. 3 Satz 4 Alt. 2 [X.]auNVO u.a. nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bei mehr als 1 200 m² Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der [X.]evölkerung und das Warenangebot des [X.]etriebs zu berücksichtigen. Der Verwaltungsgerichtshof hat seiner Prüfung einer solchen Ausnahme die in der Senatsrechtsprechung entwickelten Grundsätze zugrunde gelegt ([X.] 23 f.; vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 4 C 10.04 - [X.]VerwGE 124, 364 <373>). Insoweit macht die [X.]eschwerde grundsätzlichen Klärungsbedarf nicht geltend.

Unter [X.]erücksichtigung des "Leitfadens zum Umgang mit § 11 Abs. 3 [X.]auNVO in [X.]ezug auf [X.]etriebe des Lebensmitteleinzelhandels" der Fachkommission Städtebau vom 28. September 2017 hat die Vorinstanz eine städtebauliche Atypik des streitgegenständlichen Vorhabens verneint, weil sein Standort nicht städtebaulich integriert sei ([X.] 28 ff.; vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 3. Februar 1984 - 4 C 54.80 - [X.]VerwGE 68, 342 <346>). Der Vorhabenstandort befinde sich nicht innerhalb eines zentralen Versorgungsbereichs ([X.] 28 f.) und sei auch nicht aus anderen Gründen städtebaulich integriert, insbesondere sei die Nahversorgungsfunktion nur von untergeordneter [X.]edeutung ([X.] 31). Die Vorinstanz hat für diese Würdigung die im Nahbereich vorhandene Kaufkraft und das [X.]estehen weiterer Einzelhandelsbetriebe in den [X.]lick genommen. Ungeachtet ihrer [X.]ezugnahme auf § 11 Abs. 3 Satz 4 Alt. 2 [X.]auNVO wendet sich die [X.]eschwerde gegen diese tatrichterliche Würdigung. Ob indes das Vorgehen der Vorinstanz nach dem Leitfaden der Fachkommission Städtebau "zulässig" ist (so [X.]eschwerdebegründung S. 20), ist keine Frage des revisiblen Rechts, sondern eine solche der tatrichterlichen Würdigung.

II. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines [X.] zuzulassen.

1. Die [X.]eschwerde meint, die Vorinstanz habe unter Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO nicht ermittelt, welche Immissionen die in der näheren Umgebung gelegenen Autowerkstätten, das Autohaus sowie ein Maschinenbauunternehmen verursachen oder verursachen dürfen. Eine solche Ermittlung hätte diese Vorhaben als nicht mischgebietsverträglich erwiesen. Die Rüge bleibt erfolglos.

Eine Aufklärungsrüge setzt voraus, dass substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in [X.]etracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem [X.]eschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Hat der [X.]eschwerdeführer - wie hier - nicht bereits im Verfahren vor dem [X.], insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung hingewirkt, deren Unterbleiben nunmehr beanstandet wird, muss dargelegt werden, dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.]uchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 f.).

Eine weitere Sachverhaltsermittlung musste sich dem Verwaltungsgerichtshof nicht aufdrängen. Die Klägerin hatte sich zunächst auf den Standpunkt gestellt, es sprächen gewichtige Gründe dafür, dass die Eigenart der näheren Umgebung einem Mischgebiet entspreche ([X.] 3). Diese Position hat sie im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb aufgegeben ([X.] 7). Sie macht aber nicht geltend, in dem mit umfangreichen Schriftwechseln geführten Prozess die Mischgebietsverträglichkeit weiterer Vorhaben in der Umgebung beanstandet zu haben. Die [X.]eschwerde legt auch nicht dar, aufgrund welcher Tatsachen die Autowerkstätten nach ihrer konkreten Gestalt (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 7. Februar 1986 - 4 C 49.82 - NVwZ 1986, 642; [X.], [X.]eschluss vom 15. April 2014 - 8 S 2239/13 - NVwZ-RR 2014, 632 <633>) in einem Mischgebiet unzulässig sein könnten. Gleiches gilt für die Rüge, der Verwaltungsgerichtshof habe die von dem Autohaus und der dortigen Werkstatt bewirkten Immissionen ermitteln müssen. Schließlich fehlt es zu dem Maschinenbauunternehmen an hinreichend substantiiertem Vortrag. Denn die [X.]eschwerde knüpft im [X.] an den Unternehmensnamen an, lässt aber Größe und Umfang des [X.]etriebs im Dunkeln.

2. Die [X.]eschwerde legt nicht dar, dass sich dem Verwaltungsgerichtshof die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Einzugsbereich des Lebensmittelmarktes der Klägerin hätte aufdrängen müssen.

Dem Verwaltungsgerichtshof lagen zu dieser Frage bereits ein Gutachten der [X.][X.]E-Handelsberatung GmbH und eine hierzu von der [X.]eklagten eingeholte Stellungnahme vor, die in der mündlichen Verhandlung erläutert worden ist. Unterlässt es ein [X.] in einer solchen Situation, ein Obergutachten einzuholen, liegt darin nur dann ein Verfahrensmangel, wenn sich ihm die Notwendigkeit einer weiteren [X.]eweiserhebung hätte aufdrängen müssen, weil die bereits vorliegenden Gutachten nicht den ihnen obliegenden Zweck zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die [X.]ildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. In diesem Sinne kann ein Sachverständigengutachten für die Überzeugungsbildung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (stRspr, [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 28. März 2013 - 4 [X.] 15.12 - [X.]RS 81 Nr. 122 Rn. 20 m.w.N.). Diese Voraussetzung legt die [X.]eschwerde nicht dar. Sie beschränkt sich darauf, ohne weitere Erläuterung methodische Unterschiede zwischen den Gutachten zu behaupten. Dies genügt nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 B 27/19

14.10.2019

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 3. April 2019, Az: 3 S 201/17, Urteil

§ 34 Abs 1 BauGB, § 34 Abs 2 BauGB, § 6 Abs 2 Nr 3 BauNVO, § 11 Abs 3 BauNVO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.10.2019, Az. 4 B 27/19 (REWIS RS 2019, 2679)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2679

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