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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLU[X.]
2 [X.] 30/14
2 AR 340/13
vom
1. April 2014
in dem Vorermittlungsverfahren
gegen
wegen Mordes in zehn Fällen
Az.: 208 AR-Z 29/13 Zentrale Stelle der [X.]
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Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] am 1. April 2014 beschlossen:
Die Untersuchung und Entscheidung der Sache wird gemäß §13a
[X.] dem
Landgericht [X.] II
übertragen.
Gründe:
I.
Die Zentrale Stelle der [X.] führt gegen den [X.]troffenen, einen [X.] Staatsangehörigen [X.], ein Vorermittlungsverfahren wegen der [X.]teiligung an Massenexekutio-nen im [X.] in den Jahren 1943/1944. Nach dem mit-getei-einer dem Kommandeur der [X.] unterstellten [X.] Hilfspolizeieinheit, im Rahmen von Partisanenbekämpfungs-
und
n-dieser durchgehend von [X.]-Angehörigen befehligten und von [X.] Seite besoldeten und ausgerüsteten Einheit.
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II.
Die Voraussetzungen
für eine Gerichtsstandbestimmung durch den [X.] gemäß § 13a [X.] liegen vor, da es im Geltungsbereich der [X.] an einem zuständigen Gericht fehlt und [X.] Strafrecht nicht offen-kundig unanwendbar ist (vgl. Scheuten in KK-[X.], 7. Aufl., § 13a Rn. 5 mwN).
1. Ein zuständiges Gericht in der [X.] ist nach gegenwärtiger Aktenlage nicht ermittelt. Im Hinblick auf den Aufenthalt des [X.]--[X.] vor seiner [X.] in die
USA käme allenfalls der Gerichtsstand des letzten Wohnsitzes (§ 8 Abs. 2 Alt. 2 [X.]) in [X.]tracht. Ob sich der [X.]troffene dort im Sinne von § 7 Abs. 1 BGB niedergelassen hat, lässt sich indes nicht mit hinreichender Sicher-heit feststellen (vgl. [X.], [X.]schluss vom 9. Dezember 2008 -
2 [X.] 536/08, [X.], 84).
2. Nach dem mitgeteilten Sachverhalt liegt nicht fern, dass auf die Taten nach damaligen Recht [X.] Strafrecht gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 [X.]
Anwendung gefunden hätte (nachfolgend a). Zudem wäre nach heutigem Recht [X.] Strafrecht gemäß § 5 Nr. 13 StGB anwendbar (nachfolgend b), so dass § 2 Abs. 3 StGB -
bei durchgängiger Geltung des [X.] Strafrechts -
die heutige Anwendung des Tatzeitrechts nicht ausschließt.
a) Nach der durch die Verordnung über den Geltungsbereich des [X.] vom 6. Mai 1940 ([X.]) eingeführten Vorschrift des § 4 Abs. 3 Nr. 1 [X.] galt das [X.] Strafrecht auch für Straftaten, die ein Ausländer
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aa) Dieser Vorschrift unterfällt der [X.]troffene schon nach ihrem Wortsinn. Nach der damaligen [X.]griffsbestimmung waren Amtsträger auch Personen, die, ohne [X.]amte zu sein, dazu bestellt waren, obrigkeitliche Aufgaben wahrzu-nehmen ([X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.] Strafrecht, 1.
Band, [X.], vgl. auch [X.], 231, 233 mwN).
Dies liegt nach dem zu Unterstellung, [X.]fehlsstruktur und Ausrüstung des -
[X.]i den sich -
nach damaliger Auffassung -
um Aufgaben sicherheitspolizeilicher und damit aus der [X.] Staatsgewalt abgeleiteter Natur, die den (weltan-schaulichen) Zwecken des [X.] dienten.
Im Übrigen soll es nach dem mitgeteilten Sachverhalt auch eine Vereinbarung zwischen den [X.] Stel-len und der [X.] der Einheit gegeben haben, deren Inhalt insoweit von [X.]deutung sein könnte.
Der [X.]troffene war als Mitglied einer Einheit des Sicherheitsdienstes ([X.]) der [X.] auch nicht Soldat (vgl. § 18 Abs. 4,
§ 21 Abs. 2 Wehrgesetz vom 21.
Mai 1935, [X.]. [X.] 609) oder Mitglied des [X.] (vgl. §
155 des Militärstrafgesetzbuches vom 10. Oktober 1940,
[X.]. [X.] 1347). Zwar lassen sich einzelne Taten möglicherweise auch dem militärischen Tätig-keitsbereich zuordnen (etwa der Partisanenbekämpfung, vgl. hierzu und zu möglichen völkerrechtlichen Rechtfertigungsgründen [X.], [X.]schluss vom 25.
Oktober 2010 -
1 [X.], [X.]St 56, 11 Rn. 31 ff.); dies gilt aber insbe-sondere nicht für Massentötungen im Rahmen der staatlich angeordneten Ju-denverfolgung (vgl. insgesamt [X.], [X.] 2010, 132, 148 f.).
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hen Hilfsmann-
der [X.] der Verordnung über die Sondergerichtsbarkeit in Strafsachen für Angehörige der [X.] und für die Angehörigen der Polizeiverbände bei beson-derem Einsatz vom 17. Oktober 1939 ([X.]-
und PolGVO, [X.]. [X.] 2107) un-terfallen sollte, stünde dies der Anwendung von § 4 Abs. 3 Nr. 1 [X.]
nicht entgegen, auch wenn auf die Angehörigen dieser Einheiten das [X.] Straf-recht schon auf Grund einer entsprechenden Anwendung von § 1 Abs. 2 der Verordnung über das Sonderstrafrecht im Kriege und bei besonderem Einsatz (Kriegssonderstrafrechtsverordnung -
K[X.]VO) vom 17. August 1938 ([X.]. [X.]
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Na-tionalsozialistische Rechtsprechung am [X.]ispiel der [X.]-
und Polizeigerichts-barkeit, 2001, S. 23 mwN; [X.] aaO). Denn dabei handelt es sich nach dem gesamten Regelungsgefüge nicht um eine abschließende Sonderregelung.
cc) Schließlich widerspricht eine solche Auslegung auch nicht dem Sinn und Zweck des § 4 Abs. 3 Nr. 1 [X.]. Die Einführung dieser Vorschrift beruh-te zumindest auch auf dem Gedanken, dass das [X.] Recht die Auslands-tat eines Ausländers auch dann verfolgen können soll, wenn dieser durch seine Stellung eine besondere Treuepflicht gegenüber dem [X.] Staat erlangt
und dadurch Inländern nahesteht (vgl. [X.] aaO 481 f.; von [X.], Strafgesetzbuch für das [X.], 12. Aufl., 1942, § 4 [X.]. 9; von [X.], Das Kriegsstrafrecht, Teil III -
Das neueste allgemeine Kriegsstraf-recht, 1942, S. 12). Das vom [X.] Gesetzgeber in diesem [X.] dafür, dass die Vorschrift auch auf Mitglieder der -
erst nach ihrer Ein-führung gebildeten -
hätte. Auch die im damaligen Schrifttum erwogene [X.]schränkung der Vorschrift 9
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auf echte und unechte Amtsdelikte (vgl. [X.] aaO 482; Schinnerer in [X.], Reichs-Strafgesetzbuch, 6. Aufl., 1944, [X.]. 2.B.1.a) steht diesem Auslegungs-ergebnis angesichts der klaren Zielvorstellung des [X.] nicht ent-gegen (aA [X.] aaO 147 mwN).
b) Nach heutigem Recht wäre der [X.]troffene als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] anzusehen, so dass nach § 5 Nr. 13 StGB ebenfalls [X.] Strafrecht anzuwenden wäre.
Der [X.] sieht keinen Anlass, staatlich organisierte Massentötungen, in denen staatliche Anordnungs-
und Zwangsgewalt
(vgl. BT-Drucks. 7/550 S.
209; [X.] in [X.],
StGB, 12. Aufl., § 11 Rn. 42 f.) in denkbar schärfster Weise zum Ausdruck kommt, aus dem Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 Nr.
2 Buchst. [X.] herauszunehmen. Auf Basis der bisherigen Erkenntnisse erscheint auch nicht ausgeschlossen, dass die Voraussetzungen für eine [X.]-stellung im Sinne dieser Vorschrift vorliegen (vgl. hierzu [X.], StGB, 61. Aufl. § 11 Rn. 20 mwN).
Der [X.] ist mit der herrschenden Ansicht im Schrifttum (vgl. [X.] in [X.]/[X.], StGB, 28. Aufl., § 5 Rn. 20; [X.] in [X.], StGB, 12. Aufl., § 5 Rn. 198 f.; [X.]/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 5 Rn. 3; MüKoStGB/[X.], 2.
Aufl., § 5 Rn. 36; [X.]W-StGB/Satzger, 2. Aufl., § 5 Rn.
26; aA etwa
NK-StGB/Böse, 4. Aufl., § 5 Rn. 17) schließlich nicht der
Auf-fassung, dass § 5 Nr. 13 StGB nur echte oder unechte Amtsdelikte
unterfallen. Vom Wortlaut der Vorschrift sind alle Taten umfasst, die der Täter in seiner [X.] als Amtsträger begeht. Eine darüber hinausgehende Einschränkung auf Amtsdelikte lässt
sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen (vgl. BT-Drucks. 4/650 S. 112).
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3. Der [X.] hat daher die Untersuchung und Entscheidung der Sache gemäß § 13a [X.] dem Landgericht [X.] II übertragen.
[X.]
Appl
Schmitt
Krehl
Ott
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Meta
01.04.2014
Bundesgerichtshof 2. Strafsenat
Sachgebiet: ARs
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.04.2014, Az. 2 ARs 30/14 (REWIS RS 2014, 6667)
Papierfundstellen: REWIS RS 2014, 6667
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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