Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.07.2010, Az. 26 W (pat) 51/10

26. Senat | REWIS RS 2010, 4818

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Zahlung der Erinnerungsgebühr – Arbeitsanweisung zur Führung eines Fristenkalenders – kein Organisationsverschulden – kein zurechenbares Verschulden des Markeninhabers


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 306 47 028

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung am 14. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie [X.] und Lehner

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde des Markeninhabers wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 des [X.] vom 1. April 2010 aufgehoben.

2. Dem Markeninhaber wird Wiedereinsetzung in die Frist zur [X.] gewährt.

Gründe

I

1

Mit Beschluss vom 21. April 2008 hat die Markenstelle für Klasse 33 des [X.] dem Widerspruch der Widersprechenden aus der Bildmarke [X.] 011

Abbildung

2

gegen die Wortmarke 306 47 028 „[X.]“ stattgegeben und die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.

3

Hiergegen legte der Markeninhaber mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 27. Mai 2008 Erinnerung ein.

4

Die [X.] wurde erst am 26. September 2008 entrichtet. Mit Schriftsatz vom selben Tage hat der Markeninhaber Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der [X.] beantragt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die mit der Überwachung der Fristen in der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten des Markeninhabers beauftragte, stets zuverlässige Büroleiterin [X.] habe unter Missachtung einer entsprechenden Weisung von Rechtsanwalt S… versäumt, neben der Frist zur Einlegung der Erinnerung auch die Frist zur [X.] im [X.] zu vermerken. Die ausstehende [X.] sei infolgedessen erst nach Fristablauf entdeckt worden.

5

Mit Beschluss vom 1. April 2010 hat die Markenstelle für Klasse 33 des [X.] den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und festgestellt, dass die Erinnerung des Markeninhabers als nicht erhoben gelte. Zur Begründung wurde ausgeführt, dem Versäumnis liege ein Organisationsverschulden des Verfahrensbevollmächtigten des Markeninhabers zugrunde, das sich dieser zurechnen lassen müsse. Dessen Vortrag lasse sich nämlich nicht entnehmen, dass ein Erledigungsvermerk hinsichtlich der Bezahlung der [X.] in die Handakte einzutragen sei, um dem Anwalt bei Vorlage der [X.] vor Fristablauf eine wirksame Fristenkontrolle anhand der Handakte zu ermöglichen.

6

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers. Seiner Auffassung nach stelle das [X.] zu hohe Anforderungen an die im Zusammenhang mit der Fristenkontrolle einzuhaltenden Sorgfaltspflichten eines Anwalts. Diesem sei unbenommen gewesen, die Büroleiterin mit der selbständigen Erledigung der Zahlungsfristen zu beauftragen. Nach Erteilung der Anweisung, die Zahlungsfristen in den [X.] einzutragen, sei sein Verfahrensbevollmächtigter nicht gehalten gewesen, die ordnungsgemäße Ausführung dieser Anweisung anhand eines Erledigungsvermerks in der Handakte im Einzelfall zu überwachen.

7

Der Markeninhaber beantragt sinngemäß,

8

den angegriffenen Beschluss des [X.] vom 1. April 2010 aufzuheben und ihn in die Frist zur Zahlung der [X.] wiedereinzusetzen.

II

9

Die zulässige Beschwerde des Markeninhabers ist begründet.

1. Der Markeninhaber hat die Frist zur [X.] versäumt. Gemäß § 64a [X.] in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 PatKostG wird die [X.] mit der Einlegung der Erinnerung fällig. Sie ist nach § 64a [X.] in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG innerhalb der einmonatigen Erinnerungsfrist des § 64 Abs. 2 [X.] einzubezahlen (vgl.

2.a) Der Wiedereinsetzungsantrag ist zulässig, insbesondere ist die Antragsfrist des § 91 Abs. 2 [X.] eingehalten. Der Wegfall des Hindernisses tritt ein, sobald das Ereignis seine hindernde Wirkung auf den Säumigen oder dessen Vertreter verliert, also wenn der Säumige oder sein Vertreter bei der Aufwendung der ihm zuzumutenden Sorgfalt nicht mehr gehindert ist, die versäumte Handlung vorzunehmen oder wenn das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann (vgl.

b) Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 [X.] kann Wiedereinsetzung gewährt werden, wenn der Antragsteller glaubhaft darlegt, dass er ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten, deren Versäumnis nach den gesetzlichen Vorschriften einen Rechtsnachteil zur Folge hat. Dem Antragsteller ist dabei das Verschulden eines Bevollmächtigten im Sinne von § 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes Verschulden zuzurechnen. Bei der Beurteilung des Verschuldens ist als Maßstab die Beachtung der üblichen, im Einzelfall zumutbaren Sorgfalt zugrunde zu legen, wobei die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht nicht überspannt werden dürfen (vgl. [X.], 1709, 1710; [X.] 24, 127, 129; [X.] 24, 140, 142;

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Anwalt einfache Verrichtungen wie die Notierung und Überwachung der üblichen und häufig vorkommenden Fristen grundsätzlich seinem Büropersonal zur selbständigen Erledigung übertragen kann, sofern es sich hierbei - was den glaubhaft gemachten Ausführungen des Markeninhabers in Richtung auf die Büroleiterin [X.] zutrifft - um geschultes, zuverlässig erprobtes und sorgfältig überwachtes Personal handelt (vgl. [X.], 837, 838 -

Mangels eines dem Markeninhaber zuzurechnenden Verschuldens seines Verfahrensbevollmächtigten am verfahrensgegenständlichen Fristversäumnis war der Beschwerde stattzugeben und gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 [X.] der Markeninhaber in die Frist zur Zahlung der [X.] wiedereinzusetzen.

Meta

26 W (pat) 51/10

14.07.2010

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.07.2010, Az. 26 W (pat) 51/10 (REWIS RS 2010, 4818)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4818

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27 W (pat) 88/10

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