Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.09.2010, Az. V R 39/08

5. Senat | REWIS RS 2010, 3698

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Innergemeinschaftlicher Erwerb; Vorsteuerabzug - Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs - Behauptete Lieferung von Mobiltelefonen von Italien nach Österreich - Verwendung einer deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer durch den Erwerber - Kein Vorsteuerabzug des Abnehmers - Verminderung der Bemessungsgrundlage - Nachweis der Besteuerung im anderen Mitgliedstaat


Leitsatz

Verwendet ein Unternehmer nach § 3d Satz 2 UStG bei einem innergemeinschaftlichen Erwerb gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sich der erworbene Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet, erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, so steht ihm der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG nicht zu .

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten im Revisionsverfahren darüber, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) in den Streitjahren (2000 bis 2004) zum Abzug der Vorsteuer aus innergemeinschaftlichen Erwerben berechtigt ist. Die Klägerin wurde mit notarieller Urkunde vom 24. August 2000 durch den in [X.] wohnhaften Alleingesellschafter R als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit Sitz in [X.] ([X.]) errichtet.

2

Sie handelte im Wesentlichen mit Mobiltelefonen. Am 1. Juli 2005 erließ das Finanzamt [X.] III für die Jahre 2000 bis 2002 geänderte Umsatzsteuerbescheide, für 2003 einen Erstbescheid, und änderte die [X.] für Januar bis Oktober 2004, wobei es die Ergebnisse einer bei der Klägerin durchgeführten Steuerfahndungsprüfung zugrunde legte. Dabei ging das Finanzamt [X.] III davon aus, dass die Klägerin Mobiltelefone innergemeinschaftlich erworben habe, besteuerte diese innergemeinschaftlichen Erwerbe und ließ den entsprechenden Vorsteuerabzug zu. Abweichend von den Steuererklärungen der Klägerin ging das Finanzamt [X.] III aber davon aus, dass den von der Klägerin erklärten steuerfreien innergemeinschaftlichen [X.]ieferungen die Steuerbefreiung zu versagen sei. Bei den Erwerbern dieser [X.]ieferungen habe es sich um sog. "missing trader" gehandelt. Für diese innergemeinschaftlichen [X.]ieferungen liege der [X.] des § 17c der [X.] nicht vor, weil hierfür die Aufzeichnung der richtigen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des wirklichen Abnehmers erforderlich sei.

3

Die Einsprüche gegen die Umsatzsteuerbescheide 2000 bis 2003 vom 1. Juli 2005 und gegen die [X.] für Januar bis Oktober 2004 vom 4. Juli 2005 blieben ohne Erfolg. Gegenstand des Klageverfahrens war auch der am 5. Dezember 2006 erlassene [X.] für 2004.

4

Im Klageverfahren ist das Finanzamt [X.] I (Beklagter und Revisionskläger --[X.]--) Beteiligter geworden, weil sich aufgrund der Eingliederung des [X.] in das Finanzamt [X.] III und der gleichzeitigen Umbenennung des bisherigen Finanzamts [X.] III in das [X.] die örtliche und sachliche Zuständigkeit nach § 17 des Gesetzes über die Finanzverwaltung geändert hatte.

5

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht ([X.]) begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, mit Ausnahme einer [X.]ieferung seien bei den streitigen [X.]ieferungen, die die Klägerin als innergemeinschaftliche [X.]ieferungen erklärt und bei denen das [X.] die Steuerfreiheit wegen Fehlens des zutreffenden [X.]es versagt habe, keine Waren von [X.] nach [X.] gelangt. Das [X.] stützt sich insoweit auf den Abschlussbericht über die Steuerfahndungsprüfung und den strafrechtlichen Ermittlungsbericht, jeweils vom 9. November 2006. Danach habe die Klägerin unter Verwendung ihrer [X.] Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bei in [X.] ansässigen, tatsächlich existierenden und aktiven Unternehmern Mobiltelefone zum Transport nach [X.] erworben. Das stehe im Einklang mit den Erklärungen der in [X.] ansässigen [X.]ieferanten in deren zusammenfassenden Meldungen. Tatsächlich seien die Waren in [X.] abgeholt und zum Teil nach [X.] transportiert worden; zum Teil seien sie aber auch in [X.] verblieben und dort von einem Ort zu einem anderen verbracht worden. In diesen Fällen seien die Transportpapiere gefälscht worden, um den [X.] zu verschleiern. Da keine Waren ins Inland gelangt seien, scheide die Annahme einer [X.]ieferung im Inland oder einer in [X.] steuerbaren innergemeinschaftlichen [X.]ieferung aus. Nur in einem Fall seien von der F-GmbH gelieferte Waren nach [X.] gelangt. Diese seien aber beschlagnahmt worden, noch bevor die Klägerin Verfügungsmacht an den Waren habe erlangen können.

6

Entgegen der Auffassung des [X.] stehe der Klägerin gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) der Vorsteuerabzug aus den von ihr erklärten innergemeinschaftlichen Erwerben zu. Zwar sei davon auszugehen, dass die Klägerin hinsichtlich ihrer Einbeziehung in einen Mehrwertsteuerbetrug bösgläubig gewesen sei, weil der Geschäftsführer davon gewusst habe. Dennoch dürfe ihr der Vorsteuerabzug nicht versagt werden, weil die Rechtsprechung zur Versagung des Vorsteuerabzugs wegen Einbindung des Umsatzes in einen Mehrwertsteuerbetrug nicht für den Fall gelte, dass der Unternehmer selbst die Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb schulde, deren Abzug er als Vorsteuer begehre.

7

Mit der Revision macht das [X.] Verletzung materiellen Rechts (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG) geltend. Im Revisionsverfahren hält das [X.] nicht mehr an der Besteuerung innergemeinschaftlicher [X.]ieferungen fest. Das [X.] habe aber der Klägerin zu Unrecht den Vorsteuerabzug für innergemeinschaftliche Erwerbe gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG gewährt. Da die Klägerin in eine Mehrwertsteuerhinterziehung eingebunden gewesen sei und ihr Geschäftsführer hiervon Kenntnis gehabt habe, scheide nach der Rechtsprechung des [X.] --EuGH-- (Urteile vom 12. Januar 2006 [X.]/03, [X.]/03, [X.]/03, [X.] u.a., Slg. 2006, [X.]; vom 6. Juli 2006 [X.]/04, [X.], [X.] und [X.], Slg. 2006, [X.], und des [X.] vom 19. April 2007 [X.], [X.], 194, [X.], 315) ein Vorsteuerabzug aus. Das gelte auch für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG.

8

Das [X.] beantragt, das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [[X.].] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das [[X.].] (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[[X.].]O--). Das [[X.].] ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin in [[X.].] steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe zu versteuern hat. Die Klägerin ist aber --entgegen dem Urteil des [[X.].]-- nicht zu dem damit korrespondierenden Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG berechtigt. Die Feststellungen des [[X.].] erlauben keine abschließende Entscheidung hinsichtlich der Höhe der Steuer.

1. Zu Recht hat das [[X.].] entschieden, dass es sich bei dem Erwerb von Mobiltelefonen durch die Klägerin von in [[X.].] ansässigen Unternehmern und deren Lieferung nach [[X.].] um einen in [[X.].] steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 3d Satz 2 UStG handelt.

a) Ein innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt setzt gemäß § 1a Abs. 1 UStG u.a. voraus, dass ein Gegenstand bei einer Lieferung an den Abnehmer (Erwerber) aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt, der Erwerber ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt und die Lieferung an den Erwerber durch einen Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt wird und nach dem Recht des Mitgliedstaates, der für die Besteuerung des Lieferers zuständig ist, nicht aufgrund der Sonderregelung für Kleinunternehmer steuerfrei ist.

Mit dieser Regelung wird Art. 28a Abs. 1 Buchst. a der [[X.].] zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/[[X.].] ([X.]/[[X.].]) umgesetzt. Danach unterliegt der Mehrwertsteuer auch "der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen, der gegen Entgelt im Inland durch einen Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, oder aber durch eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, wenn der Verkäufer ein Steuerpflichtiger ist und als solcher handelt und für ihn die Steuerbefreiung gemäß Artikel 24 nicht gilt und er nicht unter Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a Satz 2 oder Artikel 28b Teil [[X.].] fällt".

b) Gemäß § 3d Satz 1 UStG wird der innergemeinschaftliche Erwerb zwar grundsätzlich in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Verwendet aber --wie im vorliegenden Fall-- der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat (als dem, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet) erteilte [X.], gilt der Erwerb gemäß § 3d Satz 2 UStG so lange in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den in Satz 1 bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist oder nach § 25b Abs. 3 UStG als besteuert gilt, sofern der erste Abnehmer seiner Erklärungspflicht nach § 18a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 UStG nachgekommen ist.

Diese Regelungen stehen im Einklang mit dem Recht der [[X.].]. Art. 28b Teil A der [X.]/[[X.].] lautet:

"(1) Als Ort eines innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen gilt der Ort, in dem sich die Gegenstände zum Zeitpunkt der Beendigung des Versands oder der Beförderung an den Erwerber befinden.

(2) Unbeschadet des Absatzes 1 gilt jedoch als Ort eines innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen im Sinne des Artikels 28a Absatz 1 Buchstabe a) das Gebiet des Mitgliedstaates, der dem Erwerber die von ihm für diesen Erwerb verwendete [X.] erteilt hat, sofern der Erwerber nicht nachweist, dass dieser Erwerb nach Maßgabe der Regelung in Absatz 1 besteuert worden ist.

Wird der Erwerb dagegen nach Absatz 1 im Mitgliedstaat der Beendigung des Versands oder der Beförderung der Gegenstände besteuert, nachdem er nach Maßgabe des [[X.].] besteuert wurde, so wird die Besteuerungsgrundlage in dem Mitgliedstaat, der dem Erwerber die von ihm für diesen Erwerb verwendete [X.] erteilt hat, entsprechend verringert."

Hierzu hat der [[X.].] im Urteil vom 22. April 2010 [[X.].]/08 und [[X.].]/08, [X.] und [X.] ([X.], 1225) ausgeführt: Ziel der Regelung in Art. 28b Teil A der [X.]/[[X.].] ist es, die Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt. Art. 28b Teil [X.] 1 der [X.]/[[X.].] enthält deshalb die allgemeine Regel, dass als Ort eines innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen der Ort gilt, an dem sich die Gegenstände zum Zeitpunkt der Beendigung des Versands oder der Beförderung an den Erwerber befinden (Randnrn. 30, 31). Die Regelung in Art. 28b Teil [X.] 2 Unterabs. 1 der [X.]/[[X.].] dient dabei dazu sicherzustellen, dass Mehrwertsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb erhoben wird (Randnr. 33). Für § 3d UStG gilt nichts anderes.

c) Im Streitfall hat nach den den Senat bindenden (§ 118 Abs. 2 [[X.].]O) Feststellungen des [[X.].] die Klägerin unter Verwendung ihrer [X.] [X.] die streitigen Mobiltelefone von in [[X.].] ansässigen Unternehmern erworben und nicht nachgewiesen, dass der Erwerb in [[X.].] besteuert worden ist.

aa) Ohne Bedeutung ist für die Entscheidung über die Streitjahre (2000 bis 2004), dass die Klägerin --wie das [[X.].] in seinem Urteil [X.] möglicherweise im [X.] diese innergemeinschaftlichen Erwerbe in [[X.].] erklärt hat. Nach § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG ist die Bemessungsgrundlage für den nach § 3d Satz 2 UStG steuerpflichtigen Umsatz zu ändern, wenn der Unternehmer den Nachweis i.S. des § 3d Satz 2 UStG führt. Eine etwaige Berichtigung nach § 3d, § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG kann in sinngemäßer Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG bzw. § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG in der ab 16. Dezember 2004 geltenden Fassung erst in dem Besteuerungszeitraum erfolgen, in dem der Nachweis durchgeführt ist (vgl. z.B. [X.] in Sölch/Ringleb, UStG, § 17 Rz 87; [X.] in [X.]/[X.]/[[X.].], UStG, § 17 Rz 161).

bb) Da die Klägerin gegenüber den Lieferanten ihre [X.] [X.] verwendet und die Besteuerung in [[X.].] nicht nachgewiesen hat, schuldete sie ungeachtet dessen, dass die Beförderung der Mobiltelefone in [[X.].] endete, nach § 3d Satz 2 UStG im Inland die Umsatzsteuer für die betreffenden innergemeinschaftlichen Erwerbe.

2. Der Klägerin steht, entgegen der Auffassung des [[X.].], kein für den innergemeinschaftlichen Erwerb entsprechender Vorsteuerbetrag nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG zu.

a) Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG kann der Unternehmer die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen als Vorsteuer abziehen. Diese Regelung entspricht Art. 17 Abs. 2 Buchst. d der [X.]/[[X.].]. Danach ist der Steuerpflichtige, soweit Gegenstände für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer die Mehrwertsteuer, die nach Art. 28a Abs. 1 Buchst. a der [X.]/[[X.].] geschuldet wird, abzuziehen.

b) Nach dem Wortlaut sowohl des § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG als auch dem des Art. 17 Abs. 2 Buchst. d der [X.]/[[X.].] könnten danach beim Vorliegen innergemeinschaftlicher Erwerbe die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs erfüllt sein. Der [X.] mit der Sonderregelung der vorläufigen doppelten Steuerschuld in § 3d Satz 2 UStG gebietet jedoch [X.] wie im Unionsrecht der Zusammenhang mit der Regelung in Art. 28b Teil [X.] 2 der [X.]/[[X.].]-- eine einschränkende Auslegung des § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG.

aa) Das Recht auf Vorsteuerabzug ist zwar als integrierender Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer ein grundlegendes Prinzip des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und kann grundsätzlich nicht eingeschränkt werden ([[X.].]-Urteile vom 10. Juli 2008 [X.]/07, [X.], Slg. 2008, [X.], [X.] Beilage 2008, 284 Randnr. 15, und vom 23. April 2009 [X.]/08, [X.] Cabrio, Slg. 2009, [X.], [X.] Beilage 2009, 1066 Randnr. 15).

Art. 28b Teil [X.] 2 Unterabs. 2 der [X.]/[[X.].] enthält jedoch --wie der [[X.].] im Urteil [X.] und [X.] ([X.], 1225 Randnrn. 42, 43) entschieden [X.] eine Sonderregelung, die zur Folge hat, dass die in Art. 17 der [X.]/[[X.].] vorgesehene allgemeine Vorsteuerabzugsregelung, die zum sofortigen Abzug der Vorsteuer berechtigt, in dem in Art. 28b Teil [X.] 2 Unterabs. 1 der [X.]/[[X.].] genannten Fall nicht eingreift.

Denn Art. 28b Teil [X.] 2 Unterabs. 2 der [X.]/[[X.].] sieht einen eigenen Korrekturmechanismus für den Fall vor, dass der Erwerb nach Art. 28b Teil [X.] 1 der [X.]/[[X.].] im Mitgliedstaat der Beendigung des Versands oder der Beförderung der Gegenstände besteuert wird, nachdem er nach Maßgabe des Art. 28b Teil [X.] 2 Unterabs. 1 der [X.]/[[X.].] besteuert worden ist. Dieser Korrekturmechanismus besteht darin, die Besteuerungsgrundlage im Mitgliedstaat der Identifizierung entsprechend zu verringern (Urteil [X.] und [X.], [X.], 1225 Randnr. 34). Verwendet der Unternehmer für einen innergemeinschaftlichen Erwerb in einem Mitgliedstaat eine [X.] eines anderen Mitgliedstaates, kommt nur die Verringerung der Besteuerungsgrundlage in Betracht, wenn der Unternehmer nachweist, dass der Erwerb im Mitgliedstaat der Beendigung des Versands oder der Beförderung besteuert wurde; ein Vorsteuerabzug scheidet aus.

bb) Dasselbe gilt für die Regelungen in § 3d Satz 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG, die die Regelung in Art. 28b Teil [X.] 2 Unterabs. 2 der [X.]/[[X.].] umsetzen (a.[X.], Umsatzsteuer- und [X.] 2010, 220). Die Entlastung des Unternehmers von der Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb erfolgt in diesem speziellen Fall nicht durch die Gewährung des Vorsteuerabzugs, sondern durch eine Verminderung der Bemessungsgrundlage, wenn der Unternehmer die Besteuerung im Mitgliedstaat der Beendigung der Beförderung nachweist.

3. Das [[X.].] ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Sein Urteil war daher aufzuheben. Die Feststellungen des [[X.].] erlauben keine abschließende Entscheidung. Das [[X.].] hat die Besteuerung der innergemeinschaftlichen Lieferungen durch das [[X.].] aufgehoben. Ob aber diese Steuer ihrer Höhe nach der Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb entspricht, kann der Senat den Feststellungen des [[X.].] nicht entnehmen. Das [[X.].] muss die entsprechenden Feststellungen nachholen.

4. In welchem Umfang die Waren nicht nach [[X.].] gelangt sind, sondern in [[X.].] verblieben sind, kann dahingestellt bleiben, solange die Klägerin nicht nachweist, dass insoweit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3d UStG --hier das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen [X.] nicht vorgelegen haben. Denn die Klägerin hat die Mobilfunktelefone unter Verwendung ihrer [X.] [X.] erworben. Dies umfasst die Erklärung gegenüber dem Lieferer, die gelieferten Gegenstände für Zwecke steuerbarer Umsätze in dem Mitgliedstaat zu verwenden, der ihr die [X.] erteilt hat. Hieran muss sich die Klägerin angesichts der in § 76 Abs. 1 Satz 2 [[X.].]O i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung ([[X.].]) getroffenen Darlegungs- und Beweislastregelung, wonach die Beteiligten bei Sachverhalten, die sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs der [[X.].] beziehen, den Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen haben, festhalten lassen.

5. Hinsichtlich der Verbringung von Mobiltelefonen nach [[X.].] durch die F-GmbH mit dem Ziel der Lieferung an die Klägerin hat das [[X.].] zu Recht entschieden, dass es sich hierbei nicht um einen innergemeinschaftlichen Erwerb gehandelt hat. Ein innergemeinschaftlicher Erwerb i.S. von § 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt voraus, dass an den Erwerber eine Lieferung eines Gegenstandes ausgeführt worden ist. Lieferungen sind gemäß § 3 Abs. 1 UStG Leistungen eines Unternehmers, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Nach den Feststellungen des [[X.].] hat die Klägerin an den von der F-GmbH nach [[X.].] beförderten Waren keine Verfügungsmacht erlangt. Die Feststellungen des [[X.].] lassen nicht erkennen, ob dieser Vorgang in den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden als innergemeinschaftlicher Erwerb der Besteuerung zugrunde gelegt worden ist. Auch insoweit sind die erforderlichen Feststellungen nachzuholen.

Meta

V R 39/08

01.09.2010

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 15. Oktober 2008, Az: 8 K 2097/06, Urteil

§ 1 Abs 1 Nr 5 UStG 1999, § 1a Abs 1 UStG 1999, § 3d UStG 1999, § 15 Abs 1 S 1 Nr 3 UStG 1999, § 17 Abs 2 Nr 4 UStG 1999, § 17 Abs 1 S 3 UStG 1999, Art 17 Abs 2 EWGRL 388/77, Art 28a Abs 1 EWGRL 388/77, Art 28b Teil A Abs 1 EWGRL 388/77, Art 28b Teil A Abs 2 EWGRL 388/77, § 17 Abs 1 S 7 UStG 1999 vom 09.12.2004, § 90 Abs 2 AO, § 76 Abs 1 S 2 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.09.2010, Az. V R 39/08 (REWIS RS 2010, 3698)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3698

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XI R 40/08 (Bundesfinanzhof)

Vorsteuerabzug aus innergemeinschaftlichen Erwerben - Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs - Lieferung von Mobiltelefonen von Italien …


V R 40/08 (Bundesfinanzhof)

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 01.09.2010 V R 39/08 - Zum Vorsteuerabzug beim innergemeinschaftlichen …


XI R 11/09 (Bundesfinanzhof)

EuGH-Vorlage zu den Voraussetzungen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung - Nichtverwendung und Nichtaufzeichnung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im …


V R 30/10 (Bundesfinanzhof)

Innergemeinschaftliche Lieferung: Lieferung im "Umsatzsteuer-Karussell" - Identität des Abnehmers - Vorliegen eines Scheingeschäfts


XI R 5/13 (Bundesfinanzhof)

Innergemeinschaftliche Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.