Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.01.2018, Az. 5 AZR 69/17

5. Senat | REWIS RS 2018, 15496

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Gegenstand

Mindestlohn - Sonn- und Feiertagszuschläge


Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 7. Dezember 2016 - 1 [X.]/16 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 7. Dezember 2016 - 1 [X.]/16 - insoweit aufgehoben, als es die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 11. März 2016 - 9 [X.] - zurückgewiesen hat.

3. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 11. März 2016 - 9 [X.] - abgeändert, soweit es der Klage stattgegeben hat und die Klage insgesamt abgewiesen.

4. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung von Sonn- und Feiertagszuschlägen.

2

Die Klägerin ist seit dem 7. April 2011 in einem von der Beklagten betriebenen Seniorenheim in Teilzeit beschäftigt. [X.] haben die Parteien einen Bruttostundenlohn von 6,60 Euro und die Fälligkeit des Entgelts „am letzten des Monats“ vereinbart. Außerdem erhielt die Klägerin - wie andere Beschäftigte - von November 2011 bis Oktober 2014 für Sonn- und Feiertagsarbeit einen Zuschlag von 2,00 Euro brutto pro Stunde. Seit Januar 2015 zahlt die Beklagte der Klägerin monatlich einen Bruttolohn, der jedenfalls dem Produkt der gearbeiteten Stunden mit 8,50 Euro brutto entspricht.

3

Im Zeitraum Juni 2015 bis Januar 2016 arbeitete die Klägerin an insgesamt 19 Sonn- oder [X.] jeweils 7,6 Stunden. Einen zusätzlichen Zuschlag erhielt sie hierfür - wie schon in den Vormonaten - nicht.

4

Für 129,2 Stunden Arbeit an Sonn- und [X.] in den Monaten Januar bis Mai 2015 hat das [X.] in einem Vorprozess der Klägerin rechtskräftig Zuschläge iHv. 12,92 Euro brutto zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen.

5

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin - nach [X.] - für die Monate Juni 2015 bis Januar 2016 für insgesamt 144,4 Stunden Arbeit an Sonn- oder [X.] einen Zuschlag von 2,00 Euro brutto je Stunde verlangt. Dieser sei aufgrund betrieblicher Übung geschuldet und dürfe nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden. Zudem habe die Beklagte mit dem [X.] nicht den Anspruch auf Sonn- und Feiertagszuschläge erfüllen wollen.

6

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 288,80 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit von Klage und [X.] zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Klägerin erhalte seit Januar 2015 den gesetzlichen Mindestlohn. Mit dessen Zahlung sei auch der Anspruch auf Sonn- und Feiertagszuschläge erfüllt.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und der Klägerin - unter Klageabweisung im Übrigen - insgesamt 14,44 Euro brutto nebst Zinsen als Sonn- und Feiertagszuschlag zugesprochen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom [X.] für beide Parteien zugelassenen Revision hält die Klägerin an ihrem weitergehenden Klageantrag fest, während die Beklagte die vollständige Klageabweisung begehrt.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist unbegründet, die Revision der [X.] begründet. Das [X.] hat im Ergebnis zutreffend die Berufung der Klägerin gegen das die Klage teilweise abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen, jedoch zu Unrecht der Anschlussberufung der [X.] nicht entsprochen. Die Klage ist insgesamt unbegründet.

I. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie hat zwar Anspruch auf Sonn- und Feiertagszuschläge für die in den Monaten Juni 2015 bis Januar 2016 geleistete Sonn- und Feiertagsarbeit. Doch ist dieser durch Erfüllung erloschen, § 362 Abs. 1 BGB.

1. Der Arbeitgeber ist nach § 611 Abs. 1 BGB (seit 1. April 2017: § 611a Abs. 2 BGB) dem Arbeitnehmer zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. [X.] hat die Klägerin Anspruch auf einen Bruttostundenlohn von 6,60 Euro sowie aufgrund einer von der [X.] nicht mehr in Abrede gestellten betrieblichen Übung Anspruch auf einen Zuschlag für Arbeit an Sonn- und Feiertagen iHv. 2,00 Euro brutto je Arbeitsstunde. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s hat die Klägerin im Streitzeitraum Juni 2015 bis Januar 2016 insgesamt 144,4 Stunden Sonn- oder Feiertagsarbeit geleistet. Dafür besteht - neben dem vereinbarten Brutto- stundenlohn - ein Anspruch auf Zahlung von Zuschlägen iHv. insgesamt 288,80 Euro brutto.

2. Neben diesen arbeitsvertraglichen und auf betrieblicher Übung beruhenden Ansprüchen hat die Klägerin nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde Anspruch auf den Mindestlohn von - im Streitzeitraum - 8,50 Euro brutto. Dieser gesetzliche Anspruch tritt eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch; wird der gesetzliche Mindestlohn unterschritten, führt § 3 [X.] zu einen [X.] ([X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 22 mwN, [X.]E 155, 202, seither [X.]Rspr., zuletzt [X.] 8. November 2017 - 5 [X.] - Rn. 12). Dementsprechend hat die Beklagte ab Januar 2015 die Vergütung der Klägerin „aufgestockt“ und unstreitig für jede geleistete Arbeitsstunde 8,50 Euro brutto gezahlt.

3. Mit dem geleisteten Entgelt hat die Beklagte nicht nur den Anspruch der Klägerin auf den gesetzlichen Mindestlohn, sondern auch die vertraglichen Vergütungsansprüche - Stundenlohn von 6,60 Euro brutto und Zuschlag für Sonn- und Feiertagsarbeit von 2,00 Euro brutto je Stunde - erfüllt.

a) Der Arbeitgeber erfüllt einen Bruttoentgeltanspruch, wenn er den sich daraus ergebenden Auszahlungsbetrag („Nettoverdienst“) an den Arbeitnehmer zahlt sowie die darauf anfallende Einkommensteuer, deren Schuldner der Arbeitnehmer ist (§ 38 Abs. 2 EStG), und den Arbeitnehmeranteil des [X.] (§ 28g SGB IV) an die zuständigen Stellen abführt (vgl. [X.] 21. Dezember 2016 - 5 [X.] - Rn. 14, [X.]E 157, 341). Gemäß § 362 Abs. 1 BGB tritt nach der Theorie der realen [X.] die Erfüllungswirkung als objektive Folge der [X.] ein ([X.] 6. Dezember 2017 - 5 [X.] - Rn. 19; [X.] 21. November 2013 - [X.] - Rn. 21, jeweils mwN). Die Erfüllungswirkung ist kraft Gesetzes objektive Tatbestandsfolge der Leistung. Ein zusätzliches subjektives Tatbestandsmerkmal ist grundsätzlich nicht erforderlich ([X.]/[X.] 7. Aufl. § 362 BGB Rn. 7 mwN). Kann die Leistung des Schuldners einem bestimmten Schuldverhältnis, dh. einer bestimmten Leistungspflicht, zugeordnet werden oder reicht sie zur Tilgung aller Verbindlichkeiten aus mehreren Schuldverhältnissen (im engeren Sinne) aus, bedarf es zum Erlöschen der Forderungen keiner Tilgungsbestimmung ([X.] 6. Dezember 2017 - 5 [X.] - Rn. 19; [X.] 17. Juli 2007 - [X.]/06 - zu II 2 a der Gründe; [X.]/[X.] 7. Aufl. § 362 BGB Rn. 9, jeweils mwN). Nur wenn das vom Schuldner Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden aus mehreren Schuldverhältnissen ausreicht, wird diejenige Schuld getilgt, die er bestimmt (§ 366 Abs. 1 BGB) oder die sich aus der gesetzlichen Tilgungsreihenfolge (§ 366 Abs. 2 BGB) ergibt. Durch eine sog. negative Tilgungsbestimmung kann der Schuldner die durch die [X.] an sich eintretende Erfüllungswirkung ausschließen (vgl. [X.] 3. Dezember 1990 - II [X.] - zu III der Gründe; [X.]/[X.] 7. Aufl. § 362 BGB Rn. 10; [X.]/[X.] 76. Aufl. § 362 BGB Rn. 1, jeweils mwN).

b) Hiernach hat die Beklagte durch ihre geleisteten Zahlungen alle Entgeltansprüche der Klägerin im Streitzeitraum erfüllt.

aa) [X.], dh. geeignet den Mindestlohnanspruch zu erfüllen, sind alle im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachten [X.] mit Ausnahme der Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung (zB § 6 Abs. 5 [X.]) beruhen ([X.]Rspr. seit [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 32, [X.]E 155, 202; zuletzt [X.] 6. Dezember 2017 - 5 [X.] - Rn. 26 mwN; zum Streitstand zwischen „Entgelttheorie“ und „Normalleistungstheorie“ im Schrifttum [X.]. nur [X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. § 1 Rn. 106 ff.; [X.]/Müller-Glöge 7. Aufl. § 1 [X.] Rn. 22 f., jeweils mwN). Dies beruht darauf, dass der Mindestlohn nach § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] „je Zeitstunde“ festgesetzt ist und das Gesetz den Anspruch nicht von der zeitlichen Lage der Arbeit oder den mit der Arbeitsleistung verbundenen Umständen oder Erfolgen abhängig macht. Entgegen der Auffassung der Klägerin gebietet die Entstehungsgeschichte des Mindestlohngesetzes kein anderes Verständnis. Der Begriff der „Normalleistung“ hat keinen Eingang in den Wortlaut des Mindestlohngesetzes gefunden (im Einzelnen: [X.] 21. Dezember 2016 - 5 [X.] - Rn. 21, [X.]E 157, 356; zust. [X.] [X.]. [X.] [X.] § 1 Nr. 3).

bb) Danach sind Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen mindestlohnwirksam. Sie sind im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachtes Arbeitsentgelt und werden gerade für die tatsächliche Arbeitsleistung gewährt. Einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung unterliegen Sonn- und Feiertagszuschläge nicht. Anders als für während der Nachtzeit geleistete Arbeitsstunden begründet das [X.] keine besonderen Zahlungspflichten des Arbeitgebers für Arbeit an Sonn- und Feiertagen. Neben einer Mindestzahl beschäftigungsfreier Sonntage (§ 11 Abs. 1 [X.]) sieht § 11 Abs. 3 [X.] als Ausgleich für Sonn- und Feiertagsarbeit lediglich Ersatzruhetage vor.

cc) Zur Herbeiführung der Erfüllungswirkung der erbrachten Zahlungen bedurfte es keiner Leistungsbestimmung der [X.]. Zwar war die Beklagte der Klägerin aus mehreren Schuldverhältnissen im engeren Sinne (zur Begrifflichkeit [X.]. nur [X.]/[X.] 7. Aufl. Vor § 362 BGB Rn. 1) verpflichtet, nämlich den sich aus Arbeitsvertrag, betrieblicher Übung und dem Mindestlohngesetz ergebenden Forderungen. Doch war in der Abrechnungsperiode Kalendermonat, die für vertragliche Ansprüche nach der vereinbarten Fälligkeitsabrede maßgeblich ist und sich für den Mindestlohnanspruch aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] ergibt (vgl. dazu [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 25 mwN, [X.]E 155, 202), die Summe des vertraglich geschuldeten Stundenlohns von 6,60 Euro und der Sonn- und Feiertagszuschläge von 2,00 Euro je geleisteter Stunde im Streitzeitraum stets niedriger als der von der [X.] geleistete gesetzliche Mindestlohn. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass das von der [X.] [X.] jedenfalls rechnerisch geeignet ist, den vertraglichen Entgeltanspruch der Klägerin vollständig zu erfüllen. Dementsprechend hat die Klägerin nicht vorgebracht, bei Multiplikation der in den streitgegenständlichen Monaten zu [X.] mit 6,60 Euro brutto zuzüglich der angefallenen Sonn- und Feiertagszuschläge ergebe sich ein höherer Betrag als derjenige, der von der [X.] gezahlt worden ist. Ebenso wenig hat die Klägerin geltend gemacht, bei Berücksichtigung der Steuerfreiheit von Sonn- und Feiertagszuschlägen nach § 3b EStG würden sich höhere Nettoauszahlungen als die ergeben, die die Beklagte geleistet bzw. nach den Feststellungen des [X.]s entsprechend den der Klägerin erteilten [X.] nachgezahlt hat. Einer ausdrücklich auf Sonn- und Feiertagszuschläge gerichteten Tilgungsbestimmung bedurfte es de[X.]alb entgegen der Auffassung der Klägerin nicht.

dd) Tritt die Erfüllungswirkung als objektive Folge der [X.] ein (oben Rn. 14), kommt es auf subjektive Vorstellungen des Schuldners grundsätzlich nicht an. De[X.]alb ist es entgegen der Auffassung der Klägerin unerheblich, ob die Beklagte zum jeweiligen Zeitpunkt der Zahlung des Entgelts für die Monate Juni 2015 bis Januar 2016 noch in ihrem Rechtsirrtum über das Bestehen einer betrieblichen Übung auf Sonn- und Feiertagszuschläge verhaftet war oder aufgrund des von der Klägerin am 24. Februar 2015 anhängig gemachten [X.] mit einem entsprechenden Anspruch der Klägerin rechnete und diesen durch „Anrechnung“ miterfüllen wollte. Maßgeblich ist allein, dass eine entsprechende Verbindlichkeit objektiv bestand und die Leistung der [X.] alle für den jeweiligen Monat bestehenden Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis als Schuldverhältnis im weiteren Sinne abgedeckt hat.

c) Die Beklagte hat entgegen der Auffassung der Klägerin in den erteilten Abrechnungen keine negative Leistungsbestimmung getroffen.

aa) Der Arbeitgeber ist nach § 108 Abs. 1 [X.] verpflichtet, dem Arbeitnehmer bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Darin kann er grundsätzlich auch eine - positive oder negative - Tilgungsbestimmung treffen (HK-[X.]/[X.] 2. Aufl. § 1 [X.] Rn. 64). Dies setzt allerdings voraus, dass der Arbeitnehmer spätestens „bei der Leistung“ tatsächlich eine Abrechnung erhalten hat. Denn eine nachträgliche Tilgungsbestimmung ist unwirksam, wenn sie nicht ausdrücklich oder konkludent vorbehalten war ([X.] 6. Dezember 2017 - 5 [X.] - Rn. 19; 16. Juli 2013 - 9 [X.] - Rn. 18; [X.] 26. März 2009 - I ZR 44/06 - Rn. 46).

bb) Vorliegend ergibt sich weder aus den Feststellungen des [X.]s noch aus dem Sachvortrag der Klägerin, für welche Monate sie erstmals wann eine Lohnabrechnung mit welchem Inhalt erhalten hat. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, sie habe jeweils spätestens zum Zeitpunkt der Gutschrift des Entgelts auf ihrem Bankkonto eine Abrechnung nach dem Muster der unter dem 29. Oktober 2015 erteilten erhalten, liegt keine negative Tilgungsbestimmung vor. Die in der Abrechnung enthaltene Bezeichnung der Leistung als „Au[X.]ilfslohn/-gehalt“ lässt nur deren Zuordnung zum Arbeitsverhältnis als Schuldverhältnis im weiteren Sinne zu. Die Bezeichnung spezifiziert aber nicht einzelne Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis, schließt solche insbesondere nicht aus und ist de[X.]alb ungeeignet, eine negative Tilgungsbestimmung zu treffen. Die Klägerin, die zu Beginn des [X.] bereits einen Vorprozess anhängig gemacht hatte, in dem sie sich eines Anspruchs auf Sonn- und Feiertagszuschläge aufgrund betrieblicher Übung berühmte, durfte nicht annehmen, die Beklagte wolle mit der weiten Bezeichnung der [X.] als „Au[X.]ilfslohn/-gehalt“ die Tilgung des möglicherweise objektiv bestehenden Anspruchs der Klägerin auf Sonn- und Feiertagszuschläge ausschließen, zumal alle Schuldverhältnisse der Parteien im engeren Sinne auf einem einheitlichen Lebenssachverhalt beruhen (vgl. zur Auslegung einer Tilgungsbestimmung auch [X.] 10. Juli 2013 - 10 [X.] - Rn. 22 f.).

II. Die Revision der [X.] ist begründet. Die Vorinstanzen haben der Klägerin zu Unrecht 0,10 Euro brutto für jede an Sonn- und Feiertagen geleistete Arbeitsstunde zugesprochen. Zwar trifft es zu, dass die Klägerin arbeitsvertraglich für an Sonn- und Feiertagen geleistete Arbeit einen Entgeltanspruch von 8,60 Euro brutto hat, der sich aus dem „Grundlohn“ von 6,60 Euro brutto und einem Zuschlag von 2,00 Euro brutto zusammensetzt. Doch hat die Beklagte diesen Anspruch durch das in den streitgegenständlichen Monaten Geleistete vollständig erfüllt.

1. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn ist erfüllt, wenn die vom Arbeitgeber für einen Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Anzahl der in diesem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden multipliziert mit - im Streitzeitraum - 8,50 Euro brutto ergibt ([X.]Rspr., vgl. zuletzt [X.] 8. November 2017 - 5 [X.] - Rn. 15). Dass dies der Fall ist, steht zwischen den Parteien außer Streit.

2. Die Erfüllung des vertraglichen [X.] bemisst sich danach, ob die vom Arbeitgeber gezahlte Bruttovergütung mindestens dem entspricht, was der Arbeitnehmer bei Eintritt der arbeitsvertraglich vereinbarten Fälligkeit bzw. bei Fehlen einer diesbezüglichen Abrede zu dem in § 614 Satz 2 BGB bestimmten Zeitpunkt zu beanspruchen hat. Denn vor dieser Zeit kann der Arbeitnehmer Zahlung nicht verlangen, § 271 Abs. 2 BGB. Mithin kommt es für die Frage der Erfüllung des arbeitsvertraglichen [X.] nicht auf den von den Vorinstanzen angestellten „[X.]“, sondern darauf an, ob in der Abrechnungsperiode Kalendermonat die vom Arbeitgeber gezahlte Bruttovergütung die Summe aller arbeitsvertraglichen Entgeltbestandteile erreicht, denn nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen ist das Entgelt am letzten Tag jeden Monats fällig. Indem die Beklagte für jede Arbeitsstunde 8,50 Euro brutto zahlte, leistete sie - wie die eingereichten Lohnabrechnungen belegen - mehr, als in der jeweiligen Abrechnungsperiode Kalendermonat die Summe aus einem Stundenlohn von 6,60 Euro brutto für jede zu vergütende Stunde und zusätzlicher 2,00 Euro brutto für die an Sonn- und Feiertagen geleistete Arbeitsstunde ergibt. So betrug zB für August 2015 die Summe des vertraglichen Entgelts 896,32 Euro brutto (131,2 Stunden x 6,60 Euro zuzüglich 15,2 Stunden x 2,00 Euro Sonn- und Feiertagszuschlag), während die Beklagte 1.115,20 Euro brutto geleistet hat.

III. [X.] folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

   [X.]    

        

   Volk    

        

   Biebl    

        

        

        

   Mattausch    

        

   Rahmstorf    

                 

Meta

5 AZR 69/17

17.01.2018

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Leipzig, 11. März 2016, Az: 9 Ca 4390/15, Urteil

§ 362 Abs 1 BGB, § 611 Abs 1 BGB, § 1 Abs 1 MiLoG, § 1 Abs 2 S 1 MiLoG, § 108 Abs 1 GewO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.01.2018, Az. 5 AZR 69/17 (REWIS RS 2018, 15496)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 15496

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