Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.01.2013, Az. 26 W (pat) 82/12

26. Senat | REWIS RS 2013, 8757

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - "sysprovide" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 074 671.8

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 23. Januar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]  [X.] und des [X.] [X.] sowie des [X.] am Landgericht Hermann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die Markenstelle des [X.] hat mit Beschlüssen vom 9. Juni 2011 und - im Erinnerungsverfahren - vom 14. Juni 2012 die beim [X.] für die Dienstleistungen

2

Klasse 35:

3

Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Aktualisierung und Pflege von Daten in Computerdatenbanken

4

Klasse 37:

5

Aufstellung, Wartung und Reparatur von Computerhardware; Installation, Reparatur und Wartung von datentechnischen Anlagen, soweit in Klasse 37 enthalten; Installation und Wartung von Hardware für Netzwerk[X.]teme; Installation und Wartung von Hardware für [X.]zugänge

6

Klasse 38:

7

Telekommunikation; E-Mail-Dienste; Bereitstellung des Zugriffs auf Computerprogramme in Datennetzen; Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im [X.]; Verschaffen des Zugriffs zu Datenbanken; elektronische Nachrichtenübermittlung; Weiterleiten von Nachrichten aller Art an [X.]-Adressen (Web-Messaging); Leitungs-, [X.] und Verbindungsdienstleistungen für die Telekommunikation; Bereitstellen von Telekommunikationsverbindungen zu einem weltweiten Computernetzwerk; Einstellen von Webseiten in das [X.] für Dritte; Telekommunikation mittels Plattformen und Portalen im [X.]

8

Klasse 39:

9

Vermietung von Stellplätzen in Rechenzentren für Web-Server zur externen Nutzung (Webhousing); physische Lagerung von elektronisch gespeicherten Daten und Dokumenten

Klasse 41:

Ausbildung und Schulungen, insbesondere im Bereich der Informationstechnologie

Klasse 42:

Serveradministration; Computerberatungsdienste; Dienstleistungen eines [X.]; EDV-Beratung; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und Computersoftware; Installation und Wartung von Software; Installation und Wartung von Software für [X.]zugänge; Konfiguration von [X.] durch Software; elektronische Datensicherung; elektronische Datenspeicherung; Installieren von Computerprogrammen; Zurverfügungstellung oder Vermietung von elektronischen Speicherplätzen (Webspace) im [X.]; Vermietung und Wartung von Speicherplätzen zur Benutzung als Websites für Dritte (Hosting), Sicherheitsdienstleistungen zum Schutz vor illegalen Netzwerkzugriffen; Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten; Beratung für Telekommunikationstechnik; Aktualisierung von [X.]seiten; Bereitstellung von Suchmaschinen für das [X.]

am 21. Dezember 2010 angemeldete Wortmarke 30 2010 074 671

"[X.]provide"

für alle beanspruchten Dienstleistungen wegen fehlender Unterscheidungskraft und Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle sei die angemeldete Marke aus dem gebräuchlichen Abkürzungsbegriff "[X.]" für "System" und dem [X.] Begriff "provide" für "anbieten, beliefern, bereitstellen, unterstützen, versorgen, erstellen" gebildet und habe damit die Bedeutung von "System anbieten/beliefern/bereitstellen/unterstützen/versorgen/erstellen". Die Zusammenstellung der Einzelbestandteile ergebe somit keinen über die Summierung der Einzelbestandteile hinausgehenden schutzfähigen Gesamtbegriff, denn die angebotenen Dienstleistungen bezögen sich gerade auf das Beliefern, Bereitstellen, Unterstützen, Versorgen und Erstellen, Entwickeln, Programmieren, Vermieten, Installieren, Reparieren und Warten von Computer-/Netzwerk-Systemen sowie Beratung und Ausbildung hierzu. Der Begriff "[X.]temprovider" sei zudem neben dem Begriff "[X.]provider" branchenüblich etabliert. Da die beanspruchten Dienstleistungen allesamt in dem Bereich der Informations- und Telekommunikationstechnologie liegen, habe der Begriff "[X.]provide" zumindest einen eng beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen. Da [X.] im beanspruchten Dienstleistungsbereich Fachsprache sei und somit die Bedeutung des Wortes "[X.]provide" ohne weiteres verstanden werde, würde der Verkehr "[X.]provide" nur im Sinne einer Sachangabe verstehen, nämlich als Hinweis darauf, dass die angebotenen Dienstleistungen von einem Systemprovider/Systemanbieter erbracht werden.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Sie hält das Zeichen für unterscheidungskräftig, da es aus einer unüblichen Abkürzung und einem nicht geläufigen [X.] Wort bestehe und daher nicht ausschließlich beschreibend sei. Auf die Beschwerdebegründung vom 7. Januar 2013 wird Bezug genommen.

Die Anmelderin  beantragt,

die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 38 vom 9. Juni 2011 und 14. Juni 2012 aufzuheben.

II

Die gem. §§ 64 Abs. 6 S. 1, 66 Abs. 1 und 2 [X.] zulässige Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet, denn für die begehrten Dienstleistungen fehlt der angemeldeten Marke, wie die Markenstelle zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt hat, die Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist zu verneinen, sofern der Verkehr einer Bezeichnung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet ([X.], 850, 854, Rn. 19 - [X.]; [X.] GRUR 2004, 674, 678, Rn. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird ([X.], 850, 854, Rn. 17 - [X.]). Eine Bejahung der Unterscheidungskraft setzt unverändert voraus, dass das Zeichen geeignet sein muss, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen ([X.] GRUR 2010, 228, [X.]. 44 - [X.]). Diese Eignung weist die angemeldete Marke für die mit der Anmeldung beanspruchten Dienstleistungen aller Klassen nicht auf. Auch wenn eine analysierende Betrachtungsweise bei Wortzusammensetzungen nicht zulässig ist, ist es jedoch bei aus bereits bekannten sachbezogenen Begriffen gebildeten Wortneubildungen zulässig, zunächst die Bedeutung der Einzelelemente nacheinander zu prüfen ([X.], 229 Nr. 31 – [X.]). Sofern kein merklicher Unterschied zwischen der Neubildung und der bloßen Summe der Bestandteile besteht, ist eine aus ausschließlich beschreibenden Begriffen gebildete Wortneubildung ebenfalls als beschreibend anzusehen ([X.] [X.], 674 [X.]. 86 - Postkantoor). Abkürzungen können als beschreibende Art- und Beschaffenheitsangaben in Betracht kommen, wobei insbesondere solche Abkürzungen schutzunfähig sind, die aus sich heraus für die beteiligten Verkehrskreise verständlich sind ([X.], 41, 43 – Rehab). Unmittelbar sachbezogenen fremdsprachigen Ausdrücken fehlt die Unterscheidungskraft, wenn sie aus geläufigen Ausdrücken einer [X.] wie [X.] gebildet sind ([X.], 411 (Nr. 12) – Streetball; [X.], 949 (Nr. 16-20) – [X.]). Abwandlungen, die nicht bewusst als solche wahrgenommen werden, können keine die Unterscheidungskraft herbeiführende Eigenart enthalten ([X.], 882, 883 – Lichtenstein)

Die zurückgewiesene Marke ist eine Wortmarke, zusammengesetzt aus den Bestandteilen "[X.]" und "provide".

"[X.]" ist dabei eine den maßgeblichen Verkehrskreisen, insbesondere auch den Abnehmern von computerbezogenen Dienstleistungen, geläufige Abkürzung für "System", wie bereits die Markenstelle in den angefochtenen Entscheidungen und der Beanstandung vom 9. März 2009 überzeugend belegt hat.

Der Begriff System stammt aus dem [X.] und  bezeichnet allgemein eine Gesamtheit von Elementen, die so aufeinander bezogen bzw. miteinander verbunden sind und in einer Weise wechselwirken, dass sie als eine aufgaben-, sinn- oder zweckgebundene Einheit angesehen werden können. Insofern wird der Begriff u. a. zur Bezeichnung für funktionale Gebilde einzelner Körper und spezifische wissenschaftstechnische Verwendungen etwa für Sonnen[X.]teme, Computer[X.]teme usw. verwendet.

Die Abkürzung dafür wird auch im Inland von den maßgeblichen Verkehrskreisen verwendet, zumal die Fachsprache in diesen Verkehrskreisen die [X.] [X.] ist und somit die auch im [X.]en verwendeten geläufigen Abkürzungen den inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres geläufig sind. Die Abkürzung "[X.]" ist demnach aus sich heraus für die beteiligten Verkehrskreise verständlich.

Systemen sowie Beratung und Ausbildung hierzu beziehen.

Der Bestandteil "provide" ist ein eigenständiges Verb aus dem [X.]en mit der unmittelbar sachbezogenen Bedeutung "anbieten, beliefern, bereitstellen, unterstützen, versorgen, erstellen". Da es sich auch hier um einen Begriff aus der [X.] [X.] handelt, ist dieser Begriff bei den maßgeblichen Verkehrskreisen bekannt, zumal im Bereich der Informationstechnologie das zugehörige Substantiv "provider" als Anbieter von [X.] ohne weiteres geläufig ist und von den beteiligten Verkehrskreisen in direkten begrifflichen Zusammenhang mit dem Begriff "provide" gebracht wird. Die Abweichung am Ende der Wörter ist dabei unerheblich, da sie klanglich und auch schriftbildlich kaum wahrgenommen wird. Zusätzlich ist es auch unerheblich, ob der Verkehr in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen in einem Verb oder einem Substantiv einen beschreibenden Begriffsinhalt sieht, da sowohl der "Anbieter" als auch das "Anbieten" selbst zum gleichen beschreibenden Inhalt für die beanspruchten Dienstleistungen führen.

Die Wortmarke "[X.]provide“ setzt sich somit aus Begriffen zusammen, die in engem beschreibendem Zusammenhang mit allen beanspruchten Dienstleistungen stehen.

Der Gesamtbegriff hat zudem keinen über die Bedeutung der Einzelbestandteile hinausgehenden Begriffsinhalt und kann damit auch nicht als phantasievolle Begriffsneubildung angesehen werden

Aufgrund des ohne Weiteres erkennbaren und deutlich im Vordergrund stehenden beschreibenden [X.] der angemeldeten Marke fehlt dieser, wie die Markenstelle insoweit zutreffend festgestellt hat, die Fähigkeit, diese Dienstleistungen ihrer betrieblichen Herkunft nach zu kennzeichnen und von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden und damit jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Meta

26 W (pat) 82/12

23.01.2013

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.01.2013, Az. 26 W (pat) 82/12 (REWIS RS 2013, 8757)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8757

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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33 W (pat) 540/12

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