Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.02.2016, Az. VIII ZR 68/15

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 16701

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[X.]:[X.]:BGH:2016:030216UVIIIZR68.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VIII ZR 68/15
Verkündet am:

3. Februar 2016

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 3.
Februar 2016
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Milger, die Richterin Dr.
Hessel sowie die Richter Dr.
Achilles, Dr.
Schneider und Dr.
Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 18. Februar 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung h-nung in B.

N.

in Anspruch. Die 77,29 qm große Dreizimmerwohnung gehört zu einer aus vier mehrgeschossigen Mehrfamilienhäusern bestehenden Wohnanlage, die Mitte der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts errichtet [X.].

Das [X.] vom 24. Oktober 2013 nimmt zur [X.] auf ein beigefügtes Gutachten der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen W.

vom 14.
Oktober 2013 Bezug, das in der Art eines 1
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"[X.]s" Angaben zur ortsüblichen Vergleichsmiete für die dortigen Zwei-, Drei-
und Vierzimmerwohnungen enthält.
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg
geblieben. Mit der vom Be-rufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Das Mieterhöhungsverlangen sei unzulässig, weil es auf ein unzu-reichendes Gutachten gestützt sei. Zwar seien an ein Gutachten, das zur [X.] beigefügt werde, keine übertriebe-nen Anforderungen zu stellen. Insoweit
sei in dem Gutachten auf Seite 7 zwar ausgeführt, dass für den Wert der ortsüblichen Vergleichsmiete sowohl der Markt bei Neu-
und Wiedervermietung als auch die Mietpreise der länger be-stehenden Mietverhältnisse zu berücksichtigen seien. Auch habe die Sachver-ständige in ihrem [X.] die Wohnungen der Wohnanlage nach [X.] und Ausstattung typisiert und die ortsübliche Vergleichsmiete für jeden Wohnungstyp gesondert ermittelt und die jeweils besichtigte Musterwohnung so genau beschrieben, dass der Mieter erkennen könne, ob sie der Ausstattung der eigenen Wohnung entspreche. Für die Beklagte sei es anhand der ermittel-3
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ten Vergleichsmiete unschwer festzustellen, welchem Wohnungstyp die Kläge-rin die Wohnung der Beklagten zugeordnet habe.
Das Gutachten sei aber deshalb unzureichend, weil es keine Ausführun-gen dazu enthalte, wie sich die Mieten in den letzten vier Jahren entwickelt [X.]. Dies sei indes erforderlich, wie sich bereits aus dem Wortlaut von § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB ergebe. Zudem lasse das Gutachten nicht erkennen, für welchen Zeitpunkt die ortsübliche Vergleichsmiete ermittelt worden sei.

II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung (§ 558 BGB) nicht ver-neint werden. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass die (hohen) [X.], die an ein im Prozess zum Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete vom Gericht einzuholendes Sachverständigengutachten als Beweismittel zu stellen sind, nicht bereits für die (formelle) Begründung des [X.] durch Beifügung eines Sachverständigengutachtens gemäß § 558a Abs. 2 Nr. 3 BGB gelten.
1. Das unter Bezugnahme auf das Gutachten der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen W.

erfolgte Mieterhöhungsverlangen vom 24. Oktober 2013 entspricht den Anforderungen des § 558a Abs. 1, 2 Nr. 3 BGB.
a) Mit der nach § 558a BGB erforderlichen Begründung des Mieterhö-hungsverlangens
sollen dem Mieter im Interesse einer außergerichtlichen Eini-gung die Tatsachen mitgeteilt werden, die er zur Prüfung einer vom Vermieter 7
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nach § 558 BGB begehrten Mieterhöhung benötigt (Senatsurteile vom 19. Mai 2010 -
VIII ZR 122/09, [X.], 576 Rn. 10;
vom 11. März 2009 -
VIII ZR 74/08, [X.], 1667 Rn. 8; vom 10. Oktober 2007 -
VIII ZR 331/06, [X.], 124 Rn. 18; vom 19. Juli 2006 -
VIII ZR 212/05, NJW-RR 2006, 1305 Rn.
17). Im Falle der Beifügung eines Sachverständigengutachtens ist der [X.] grundsätzlich Genüge getan, wenn das Gutachten Angaben über Tatsachen enthält, aus denen die geforderte Mieterhöhung hergeleitet wird, und zwar in einem Umfang, der
es dem
Mieter gestattet,
der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachzugehen und diese zumindest ansatzweise selbst überprüfen zu können (Senatsurteile
vom 12. Dezember 2007 -
VIII ZR 11/07, [X.], 573 Rn. 12; vom 19. Mai 2010 -
VIII ZR 122/09, aaO). Der Sachverständige muss somit eine Aussage über die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete treffen und die zu beurteilende Wohnung in das örtliche Preis-gefüge einordnen ([X.], [X.], 239; NJW 1987, 313
f.; Senatsurteil vom 19. Mai 2010 -
VIII ZR 122/09, aaO).
b) Den vorbeschriebenen Anforderungen wird das hier beigefügte [X.] gerecht, denn es enthält, wie die Revision zutreffend unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Berufungsgerichts geltend macht, die insoweit erfor-derlichen Angaben. Das Gutachten ist auch, wie sich aus den vom Berufungs-gericht wiedergegebenen Ausführungen auf Seite 7 des Gutachtens ergibt, von einem zutreffenden Begriff der ortsüblichen Vergleichsmiete ausgegangen. [X.] als das Berufungsgericht offenbar meint, muss ein Gutachten, das gemäß § 558a BGB zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens beigefügt wird, keine Darstellung über die Entwicklung der Mieten in den letzten vier Jahren enthalten. Zu Recht verweist die Revision darauf, dass auch bei den weiteren [X.], die § 558a BGB gleichberechtigt nebeneinander stellt, derartige Anforderungen nicht bestehen. Besonders deutlich wird das durch die Regelung des § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB, wonach die Benennung von drei [X.]
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gleichswohnungen ausreicht. Die Begründung des Mieterhöhungsverlangens dient nicht dazu, bereits den Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete zu [X.] oder dem Mieter ein etwaiges Prozessrisiko abzunehmen. Vielmehr soll das Begründungserfordernis den Mieter lediglich in die Lage versetzen, der [X.] nachzugehen und dieses zumindest an-satzweise nachzuvollziehen (Senatsbeschluss vom 8. April 2014 -
VIII ZR 216/13, [X.], 747 Rn. 1 mwN; vgl. Senatsurteil vom 28. März 2012
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VIII
ZR 79/11, [X.], 415 Rn. 14). Diesen Anforderungen wird das streiti-ge [X.], wie ausgeführt, gerecht.
Dass das am 14. Oktober 2013 erstellte [X.] keinen aus-drücklichen Zeitpunkt bezeichnet, für den die ortsübliche Vergleichsmiete ermit-telt wurde, ist ebenfalls unschädlich. Denn es liegt auf der Hand, dass es sich um eine aktuelle Ermittlung handelt.
2. Der im Wege der Gegenrüge erhobene Einwand der Revisionserwide-rung, das Mieterhöhungsverlangen vom 24. Oktober 2013 sei deshalb aus [X.] Gründen unwirksam, weil das beigefügte [X.] besondere individuelle Ausstattungsmerkmale der Wohnung der Beklagten nicht berück-sichtigt habe, ist unerheblich. Die Revisionserwiderung verkennt, dass eine Identität der Ausstattungsmerkmale nicht einmal bei einem gerichtlichen [X.] zu fordern ist, das dem Nachweis der vom Vermieter verlangten ortsüb-lichen Vergleichsmiete dienen soll. Denn auch insoweit wird üblicherweise mit Zu-
und Abschlägen gearbeitet, um etwaigen Besonderheiten Rechnung zu tra-gen. Bei einem für eine größere Wohnanlage erstellten [X.] reicht es, wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat, aus, wenn der Mieter durch die Beschreibung der vom Sachverständigen besichtigten Muster-wohnung in die Lage versetzt wird nachzuvollziehen, ob sie in etwa der Ausstat-tung der eigenen Wohnung entspricht, um sich so darüber schlüssig zu werden, 12
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ob er die verlangte Mieterhöhung als ortsüblich akzeptieren oder es auf einen Zustimmungsprozess ankommen lassen will, in dem die ortsübliche [X.] und somit die materielle Berechtigung des [X.] des Vermieters regelmäßig durch ein vom Gericht in Auftrag gegebenes Gutachten überprüft werden.

III.
Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand ha-ben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs.
1 ZPO). Die nicht entscheidungsreife Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr. Achilles

Dr. Schneider
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
[X.] ([X.]), Entscheidung vom 29.08.2014 -
2 C 329/14 (12) -

LG Gießen, Entscheidung vom 18.02.2015 -
1 S 241/14 -

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Meta

VIII ZR 68/15

03.02.2016

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.02.2016, Az. VIII ZR 68/15 (REWIS RS 2016, 16701)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16701

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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