Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2009, Az. IX ZR 29/09

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 2587

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]BESCHLUSS [X.] vom 9. Juli 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 253 Das Rechtsschutzinteresse für eine Leistungsklage entfällt nicht dadurch, dass der Beklagte einen Schuldenbereinigungsplan vorlegt. [X.], Beschluss vom 9. Juli 2009 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] Pape am 9. Juli 2009 beschlossen: Der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des [X.] vom 13. Januar 2009 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf bis 4.500 • festge-setzt. Gründe: [X.] Die Klägerin hat am 13. Dezember 2004 einen Mahnbescheid über 17.805,38 • nebst Zinsen und Kosten gegen den Beklagten erwirkt. Nachdem der Beklagte Widerspruch erhoben hatte, hat sie am 26. Juni 2008 die Abgabe an das Streitgericht beantragt und ihren Anspruch am 24. Juli 2008 begründet. Der Beklagte hat [X.] angezeigt und seinen Antrag auf Abweisung der Klage damit begründet, dass er - unstreitig - die Eröffnung des [X.] über sein Vermögen beantragt habe und der Schuldenbereinigungsplan nach rechtskräftiger Ersetzung der fehlenden Zu-stimmung der Klägerin als angenommen gelte. Der Beschluss über die [X.] - 3 - zung der Zustimmung der Klägerin datiert vom 15. August 2008; am 29. Sep-tember 2008 wurde der Schuldenbereinigungsplan festgestellt. Die Klägerin hat daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte hat der Erledigungserklärung widersprochen und weiterhin die Abweisung der Klage beantragt. Das [X.] hat die Erledigung der Hauptsache [X.] und dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Nunmehr [X.] der Beklagte die Zulassung der Sprungrevision, mit der er weiterhin die Abweisung der Klage erreichen will. I[X.] Der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision ist nach § 566 Abs. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig; insbesondere hat die Klägerin in die Übergehung der Berufungsinstanz eingewilligt (§ 566 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Er ist jedoch nicht begründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeu-tung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitli-chen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 566 Abs. 4 Satz 1 ZPO). 2 1. Die Antragsschrift beruft sich auf den Zulassungsgrund der grundsätz-lichen Bedeutung (§ 566 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO). [X.] sei die Frage, ob ein Gläubiger des Schuldners auch nach Vorlage des Schuldenberei-nigungsplans noch die gerichtliche Titulierung seiner Forderung betreiben dürfe oder ob seinem Leistungsbegehren nunmehr ein Rechtsschutzinteresse fehlt. Diese Frage lässt sich jedoch ohne weiteres auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zum Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage beantwor-ten. 3 - 4 - a) Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage ist in der Regel nicht vor-handen, wenn der geltend gemachte Anspruch bereits tituliert ist, über ihn also ein Urteil oder ein anderer Titel im Sinne des § 794 ZPO vorliegt (z.B. [X.] 98, 127, 128). Der Schuldenbereinigungsplan hat gemäß § 308 Abs. 1 Satz 2 [X.] die Wirkung eines (vollstreckbaren) Vergleichs im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Liegt ein Schuldenbereinigungsplan vor, besteht folglich kein rechtli-ches Interesse an der (nochmaligen) Titulierung der in ihm berücksichtigten [X.]. Diese Rechtswirkung tritt jedoch erst dann ein, wenn der Schuldenbe-reinigungsplan angenommen worden ist, wenn also kein Gläubiger Einwendun-gen gegen ihn erhoben hat oder die Zustimmung nach § 309 [X.] ersetzt [X.] ist. Die Vorlage des [X.] reicht für sich genommen noch nicht aus. Im vorliegenden Fall war die Anspruchsbegründung dem [X.] zugestellt worden, bevor der Schuldenbereinigungsplan angenommen worden war. Sobald der Schuldenbereinigungsplan festgestellt worden war, hat die Klägerin den Rechtsstreit für erledigt erklärt. 4 b) Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt außerdem regelmäßig dann, wenn ein Titel über die Forderung auf einfacherem und billigerem Weg zu erreichen ist (vgl. etwa [X.] 111, 168, 171; 165, 96, 99; [X.], Urt. v. 24. Februar 1994 - [X.] ZR 120/93, [X.], 654, 655; v. 28. März 1996 - [X.] ZR 77/95, [X.], 842, 843). Diese Voraussetzung ist in einem Fall wie dem vorliegenden eben-falls nicht erfüllt. Das außergerichtliche oder gerichtliche Schuldenbereinigungs-verfahren führt nicht notwendig zur (anteiligen) Titulierung eines gegen den [X.] gerichteten Anspruchs. Das zeigen schon die vom Beklagten selbst mitgeteilten Zahlen: Von etwa 100.000 Verbraucherinsolvenzverfahren im Jahr enden nur etwa 1.700 mit der Annahme eines [X.]. Die Schuldenbereinigung kann aus mehreren Gründen scheitern. So 5 - 5 - kann das Insolvenzgericht den Fortgang des Eröffnungsverfahrens anordnen, wenn nach seiner freien Überzeugung der Schuldenbereinigungsplan voraus-sichtlich nicht angenommen werden wird (§ 306 Abs. 1 Satz 3 [X.]). Jeder Gläubiger kann Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan erheben. Eine Ersetzung der Zustimmung eines widersprechenden Gläubigers kommt nur dann in Betracht, wenn mehr als die Hälfte der benannten Gläubiger dem Plan zugestimmt haben und die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der benannten Gläubiger beträgt (§ 309 Abs. 1 Satz 1 [X.]); der Gläubiger, der die Einwendungen erhoben hat, muss im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern angemessen beteiligt werden und darf durch den Plan nicht schlechter gestellt werden, als er bei [X.] des Verfahrens über die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erteilung von Restschuldbefreiung stünde (§ 309 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 [X.]). Die Zustimmung des Gläubigers kann auch dann nicht ersetzt werden, wenn Streit über die Höhe einer vom Schuldner angegebenen Forderung ent-steht und die Angemessenheit der Beteiligung des Gläubigers vom Ausgang dieses Streits abhängt (§ 309 Abs. 3 [X.]). Schließlich kann der Eröffnungsan-trag bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens jederzeit zurückgenommen wer-den (§ 13 Abs. 2 [X.]). Mit der Rücknahme wird auch dem [X.] die Grundlage entzogen. Auf einen verfahrensmäßig unsicheren Weg darf der Gläubiger nicht verwiesen werden ([X.] 111, 168, 171; 165, 96, 99 f; [X.], Urt. v. 24. Februar 1994, aaO). Ein schnelleres und billigeres Mittel des Rechtsschutzes lässt das berechtigte Interesse für eine Klage deshalb nur entfallen, sofern es wenigstens vergleichbar sicher oder wirkungsvoll alle erforderlichen Rechtsschutzziele her-beiführen kann. Diese Voraussetzung ist im Fall der Vorlage eines [X.] vor dessen Annahme nicht erfüllt. Der Gläubiger hat - von der 6 - 6 - Frage seiner eigenen Zustimmung abgesehen - keinerlei Einfluss darauf, ob der Plan zustande kommt oder nicht. c) Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage kann schließlich dann zu verneinen sein, wenn eine Klage oder ein Antrag objektiv schlechthin sinnlos ist, wenn also der Kläger oder Antragsteller unter keinen Umständen mit seinem prozessualen Begehren irgendeinen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann ([X.], Urt. v. 28. März 1996, aaO S. 844). Auch ein solcher Fall liegt nicht vor. Der vorgelegte Schuldenbereinigungsplan kann, wie gezeigt, aus [X.] Gründen scheitern. Kommt es sodann zur Eröffnung eines Insolvenzverfah-rens über das Vermögen des Beklagten, folgt ein Rechtsschutzinteresse des Klägers aus der Regelung des § 179 Abs. 2 [X.], wonach dann, wenn ein Schuldtitel über eine bestrittene Forderung vorliegt, es dem [X.] ob-liegt, den Widerspruch zu verfolgen. Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, be-vor der Kläger ein Urteil erwirkt hat, ist der Prozess zwar unterbrochen (§ 240 ZPO). Er kann jedoch als Feststellungsklage fortgesetzt werden, wenn die [X.] des Klägers nach Anmeldung zur Tabelle streitig bleibt (§ 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2 [X.]). Die Aufnahme des Anspruchs in den [X.] lässt nicht zwingend den Schluss darauf zu, dass ihm im eröffneten Verfahren nicht widersprochen werden wird. Unterbleibt nach Scheitern des [X.] die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, kann der Prozess nach den allgemeinen Vorschriften fortgesetzt werden. In der ver-gleichbaren Situation des Inhabers einer oktroyierten Masseverbindlichkeit hat der Senat ein Rechtsschutzinteresse für eine Zahlungsklage des Gläubigers gegen den Schuldner so lange für gegeben erachtet, wie der Antrag auf Ertei-lung der Restschuldbefreiung noch nicht beschieden worden war ([X.], Urt. v. 28. Juni 2007 - [X.] ZR 73/06, [X.], 670, 671 Rn. 15). 7 - 7 - 2. Der Beklagte verweist weiter darauf, dass ein Rechtsstreit während des Schuldenbereinigungsplanverfahrens geeignet sei, dieses zu stören und die Annahme des Planes zu erschweren, weil Kosten entstehen könnten, die im Plan noch nicht berücksichtigt worden seien. Diese Rechtsfrage ist in der bishe-rigen Rechtsprechung des [X.] noch nicht behandelt worden. Sie gebietet jedoch deshalb nicht die Zulassung der Sprungrevision, weil sie sich unmittelbar aus dem Gesetz beantworten lässt. Der Gesetzgeber hat keine dem § 240 ZPO entsprechende Regelung für den Zeitraum zwischen der Vorla-ge des [X.] und der endgültigen Entscheidung über Annahme oder Ablehnung getroffen. Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine unbeabsichtigte Regelungslücke, also um ein Versehen handelt, gibt es nicht. Die [X.] enthält durchaus Vorschriften, welche das Verfahren über den Schuldenbereinigungsplan absichern. Gemäß § 306 Abs. 1 [X.] ruht das Eröffnungsverfahren bis zur Entscheidung über den [X.]; § 306 Abs. 2 Satz 1 [X.] erlaubt trotz des Ruhens des Eröffnungsverfah-rens die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen gemäß § 21 [X.], insbeson-dere die Einstellung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen (vgl. BT-Drucks. 12/7302, [X.]). Wenn es für anhängige Prozesse gegen den Schuldner keine besonderen Vorschriften gibt, bedeutet das, dass diese ungehindert fortgesetzt werden können. Ebenso können Prozesse neu begonnen werden, solange der Schuldenbereinigungsplan nicht festgestellt oder das Insolvenzver- 8 - 8 - fahren nicht eröffnet worden ist. Die zivilverfahrensrechtliche Lage ist eindeutig. Sie kann nicht im Wege der Annahme eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnis-ses richterrechtlich abgeändert werden. [X.] [X.] [X.]

[X.] Pape

Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 13.01.2009 - 8 O 269/08 -

Meta

IX ZR 29/09

09.07.2009

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2009, Az. IX ZR 29/09 (REWIS RS 2009, 2587)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2587

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.