Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.04.2017, Az. 1 B 22/17

1. Senat | REWIS RS 2017, 12197

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Gegenstand

Keine Revisionszulassung wegen grundsätzlich bedeutsamer Tatsachenfrage


Leitsatz

1. Für die Zulassung der Revision reicht eine Tatsachenfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aus; die Klärungsbedürftigkeit muss vielmehr in Bezug auf den anzuwendenden rechtlichen Maßstab, nicht die richterliche Tatsachenwürdigung und -bewertung bestehen.

2. Auch in Fällen, in denen Oberverwaltungsgerichte/Verwaltungsgerichtshöfe auf der Grundlage (weitestgehend) identischer Tatsachenfeststellungen zu einer im Ergebnis abweichenden rechtlichen Beurteilung kommen, ist für die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung eine Darlegung erforderlich, dass die im Ergebnis abweichende Bewertung der Tatsachengrundlage eine klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, und diese Frage hinreichend klar zu bezeichnen.

Gründe

1

Die [X.]eschwerde, mit der eine grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und eine Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) geltend gemacht wird, ist unzulässig, weil sie bezüglich beider Zulassungsgründe nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.

2

1. Die Revision ist nicht wegen der grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache zuzulassen.

3

1.1 Eine Rechtssache hat grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen [X.]edeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 1. April 2014 - 1 [X.] 1.14 - [X.] 2014, 110 und vom 10. März 2015 - 1 [X.] 7.15 - juris).

4

Für die Zulassung der Revision reicht, anders als für die Zulassung der [X.]erufung wegen grundsätzlicher [X.]edeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO/§ 78 Abs. 3 Nr. 1 [X.] ([X.]VerwG, Urteil vom 31. Juli 1984 - 9 [X.] 46.84 - [X.]VerwGE 70, 24 <26>), eine Tatsachenfrage grundsätzlicher [X.]edeutung nicht aus. Die Klärungsbedürftigkeit muss vielmehr in [X.]ezug auf den anzuwendenden rechtlichen Maßstab, nicht die richterliche Tatsachenwürdigung und -bewertung bestehen; auch der Umstand, dass das Ergebnis der zur Feststellung und Würdigung des [X.] berufenen Instanzgerichte für eine Vielzahl von Verfahren von [X.]edeutung ist, lässt für sich allein nach geltendem Revisionszulassungsrecht eine Zulassung wegen grundsätzlicher [X.]edeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu. Der Gesetzgeber hat insoweit auch für das gerichtliche Asylverfahren an den allgemeinen Grundsätzen des [X.] festgehalten und für das [X.]undesverwaltungsgericht keine [X.]efugnis eröffnet, Tatsachen(würdigungs)fragen grundsätzlicher [X.]edeutung in "[X.]", wie sie etwa das [X.] Prozessrecht kennt, zu treffen. Nach der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts ([X.]VerwG, Urteil vom 8. September 2011 - 10 [X.] 14.10 - [X.]VerwGE 140, 319 Rn. 28 - zur Feststellung einer extremen Gefahrenlage) haben sich allerdings die [X.]erufungsgerichte nach § 108 VwGO (erkennbar) mit abweichenden Tatsachen- und Lagebeurteilungen anderer Oberverwaltungsgerichte/[X.] auseinanderzusetzen.

5

Anderes folgt auch nicht aus dem Kammerbeschluss des [X.]undesverfassungsgerichts vom 14. November 2016 (2 [X.]vR 31/14 - [X.] 2017, 75). Das [X.]undesverfassungsgericht hat in diesem [X.]eschluss nicht entschieden, dass in Fällen, in denen Oberverwaltungsgerichte/[X.] auf der Grundlage (weitestgehend) identischer Tatsachenfeststellungen zu einer im Ergebnis abweichenden rechtlichen [X.]eurteilung kommen, stets und notwendig eine (klärungsbedürftige) Rechtsfrage des [X.]undesrechts vorliegt, welche eine Rechtsmittelzulassung gebietet, um den Zugang zur Rechtsmittelinstanz nicht in einer durch [X.] nicht mehr zu rechtfertigenden Weise zu erschweren. Das [X.]undesverfassungsgericht hat vielmehr als Grund der bei als identisch angenommener Tatsachengrundlage im Ergebnis unterschiedlichen Entscheidungen des [X.] für das [X.] einerseits, des Verwaltungsgerichtshofs [X.]aden-Württemberg andererseits eine unterschiedliche Rechtsauffassung zur Rechtsfrage bezeichnet, ob der Asylbewerber tatsächlich politisch aktiv war oder ob es ausreicht, dass die [X.]ehörden des Heimatstaates von einer solchen [X.]etätigung ausgingen. Für [X.] - und damit auch für Unterschiede bei der tatsächlichen [X.]ewertung identischer Tatsachengrundlagen - hat es vorab ausdrücklich bestätigt, dass wegen der [X.]indung des [X.] an die tatsächlichen Feststellungen des [X.]erufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) eine weitergehende Vereinheitlichung der Rechtsprechung durch das [X.]undesverwaltungsgericht ausscheidet. Auch in Fällen (weitgehend) identischer Tatsachengrundlagen ist für die Revisionszulassung mithin eine Darlegung erforderlich, dass die im Ergebnis abweichende [X.]ewertung der Tatsachengrundlage eine klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, und diese Frage hinreichend klar zu bezeichnen.

6

Im Ergebnis unterschiedliche [X.]ewertungen von Tatsachen bei (weitgehend) identischer Tatsachengrundlage weisen auch nicht auf rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftige Fragen zur Auslegung und Anwendung des § 108 VwGO hin; im Übrigen sind (mögliche) Fehler in der Sachverhalts- und [X.]eweiswürdigung nach ständiger Rechtsprechung revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen. Ein - hier nicht geltend gemachter - Verfahrensfehler kann ausnahmsweise dann gegeben sein, wenn die [X.]eweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 25. Juni 2004 - 1 [X.] 249.03 - [X.]uchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 284 und vom 23. September 2011 - 1 [X.] 19.11 - juris, jeweils m.w.N.). Ein Verfahrensmangel bei der [X.]eweiswürdigung liegt aber nur dann vor, wenn sich der gerügte Fehler hinreichend eindeutig von der materiellrechtlichen Subsumtion, d.h. der korrekten Anwendung des sachlichen Rechts abgrenzen lässt und der Tatrichter den ihm bei der Tatsachenfeststellung durch den Grundsatz freier [X.]eweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffneten Wertungsrahmen verlassen hat.

7

1.2 Nach diesen Grundsätzen ist eine grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache schon nicht dargelegt.

8

a) Die [X.]eschwerde hält zunächst - unter Hinweis auf den Kammerbeschluss des [X.]undesverfassungsgerichts vom 14. November 2016 - 2 [X.]vR 31/14 - ([X.] 2017, 75) - für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen beim [X.] zu einem Urteil vom 16.12.2016 nur subsidiärer Schutz, wie das [X.] meint, zu gewähren ist, oder aber der Flüchtlingsstatus gemäß Artikel 3 [X.], z.[X.]. der VGH [X.]aden-Württemberg vom 19.06.2013, [X.] 927/13, der bei der gleichen Tatsachengrundlage abweichend rechtlich gelangt ist."

9

Mit diesem und dem weiteren Vorbringen wird eine grundsätzliche [X.]edeutung nicht dargelegt. Von einer grundsätzlichen [X.]edeutung ist regelmäßig auszugehen, wenn eine bundesrechtliche Rechtsfrage in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte uneinheitlich beantwortet wird und es an einer Klärung des für die materiellrechtliche Subsumtion sowie die Tatsachenfeststellung und -würdigung heranzuziehenden rechtlichen Maßstabes durch das [X.]undesverwaltungsgericht fehlt.

Dass sich vor diesem Hintergrund im vorliegenden Verfahren eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage stellt, wird von der [X.]eschwerde nicht substantiiert dargelegt. Der bloße Hinweis darauf, dass zwei Obergerichte - bei als identisch angenommener Tatsachengrundlage - zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen seien, weist gerade nicht auf eine (klärungsfähige) Rechtsfrage des [X.]undesrechts, wenn und weil es an Darlegungen zur Frage fehlt, auf welchem (klärungsbedürftigen) Unterschied in den der [X.] zugrunde liegenden Rechtsauffassungen die im Ergebnis abweichende [X.]eurteilung beruht. Es fehlen schon nähere Darlegungen, inwiefern mit [X.]lick auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs [X.]aden-Württemberg aus dem Jahre 2013 weiterhin von einer identischen Tatsachengrundlage auszugehen ist. Soweit die [X.]eschwerde behauptet, das [X.]erufungsgericht gehe davon aus, dass sich die Umstände bis in das [X.] hinein nicht geändert hätten ([X.]), bezieht sich diese Feststellung auf den Umgang der [X.] [X.]ehörden mit Personen in [X.], die aus ihrer Sicht verdächtig sind, die Opposition zu unterstützen ([X.]). Hinsichtlich der Situation von [X.], die nach illegaler Ausreise, Asylantragstellung und längerem Auslandsaufenthalt nach [X.] zurückkehren, ist das [X.]erufungsgericht hingegen unter Einbeziehung neuerer Erkenntnisquellen und im Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte (vgl. [X.], Urteil vom 21. Februar 2017 - 14 A 2316/16.A - juris Rn. 47 ff.; [X.], Urteil vom 2. Februar 2017 - 2 A 515/16 - juris Rn. 21 ff.; [X.], Urteil vom 12. Dezember 2016 - 21 [X.] 16.30364 - juris Rn. 62 ff.; [X.], Urteil vom 23. November 2016 - 3 L[X.] 17/16 - juris Rn. 37) zu dem Ergebnis gekommen, es gebe keine zureichenden tatsächlichen Erkenntnisse, dass die [X.] Sicherheitsbehörden letztlich jeden Rückkehrer, der [X.] verlassen, einen Asylantrag gestellt und sich längere Zeit im Ausland aufgehalten habe, ohne weitere Anhaltspunkte der Opposition zurechneten. Dabei hat es insbesondere berücksichtigt, dass inzwischen fast fünf Millionen Menschen und damit knapp ein Viertel der [X.]evölkerung aus [X.] geflohen ist. Insoweit sei auch dem [X.] Staat bekannt, dass der Großteil der [X.] das Land nicht als Ausdruck politischer Gegnerschaft zum Regime, sondern aus Angst vor dem [X.]ürgerkrieg verlassen habe (UA S. 15 f.).

Dessen ungeachtet formuliert die [X.]eschwerde auch keine einer grundsätzlichen Klärung bedürftige Maßstabsfrage zum Flüchtlingsrecht. Insbesondere legt sie nicht näher dar, inwiefern in Fällen, in denen ein Staat Rückkehrer nicht generell einer regimefeindlichen Gesinnung verdächtigt, sondern - wie vom [X.]erufungsgericht tatrichterlich und mangels durchgreifender Verfahrensrügen das [X.]undesverwaltungsgericht bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt - in ihnen allenfalls "potentielle" Gegner und "potentielle" Informationsquellen zur Exilszene sieht, auf die er möglicherweise wahllos routinemäßig zugreift ([X.]), um nach möglicherweise verwertbaren Informationen über regimegegnerische [X.]estrebungen zu "fischen" ([X.]), von der Zuschreibung eines [X.]es nach § 3b Abs. 2 [X.] und damit von der nach § 3a Abs. 3 [X.] erforderlichen Verknüpfung zwischen einer möglichen Verfolgungshandlung und einem flüchtlingsrelevanten [X.] auszugehen ist. Der Hinweis auf den "wahllosen" Zugriff des Regimes macht auch deutlich, dass das [X.]erufungsgericht - ungeachtet der Verwendung der [X.]ezeichnung "potentielle" Gegner oder "potentielle" Informationsquellen - nicht im rechtlichen Ansatz verkannt haben könnte, dass für die Verknüpfung von (möglicher) Verfolgungshandlung mit dem [X.] hinreicht, dass das Regime einem Rückkehrer eine bestimmte politische Überzeugung bzw. Regimegegnerschaft lediglich zuschreibt (§ 3b Abs. 2 [X.]) und auch sonst "unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist" (§ 3b Abs. 1 Nr. 5 [X.]).

b) Ein Klärungsbedarf wird auch nicht hinsichtlich der Frage aufgezeigt,

"ob [dem Kläger] ..., zumal nach längerem Auslandsaufenthalt und Asylanerkennung im Ausland, wegen der Flucht ins Ausland vor der drohenden Einberufung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgungsmaßnahmen seitens des [X.] Regimes drohen."

Abgesehen von dem Umstand, dass dem Kläger im Ausland kein Asyl, sondern lediglich subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist, zeigt die [X.]eschwerde auch insoweit keine einer grundsätzlichen Klärung bedürftige Maßstabsfrage auf, sondern wendet sich lediglich gegen die den [X.] vorbehaltene Sachverhalts- und [X.]eweiswürdigung. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher [X.]edeutung folgt insoweit auch nicht aus der von der [X.]eschwerde herangezogenen Rechtsprechung des [X.]ayerischen Verwaltungsgerichtshofs.

aa) Das [X.]erufungsgericht geht bei der [X.]eurteilung der Frage, ob dem Kläger wegen der durch seine Flucht möglicherweise bewirkten [X.] Verfolgung wegen eines in § 3b [X.] normierten [X.]es droht, zutreffend von den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu entwickelten Maßstäben aus. Nach der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts stellen die an eine [X.] geknüpften Sanktionen, selbst wenn sie von totalitären [X.] ausgehen, nur dann eine flüchtlingsrechtlich erhebliche Verfolgung dar, wenn sie nicht nur der Ahndung eines Verstoßes gegen eine allgemeine staatsbürgerliche Pflicht dienen, sondern darüber hinaus den [X.]etroffenen auch wegen seiner Religion, seiner politischen Überzeugung oder eines sonstigen asylerheblichen Merkmals treffen sollen (vgl. [X.]VerwG, Urteile vom 19. August 1986 - 9 [X.] 322.85 - [X.]uchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 54 = DV[X.]l 1987, 47, vom 6. Dezember 1988 - 9 [X.] 22.88 - [X.]VerwGE 81, 41 <44> und vom 25. Juni 1991 - 9 [X.] 131.90 - [X.]uchholz 402.25 § 2 AsylVfG Nr. 21 = [X.] 1991, 310 <313>; allgemein zur Anknüpfung an die politische Überzeugung als Grundlage eines zielgerichteten Eingriffs in ein flüchtlingsrechtlich geschütztes Rechtsgut s.a. [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 10. Juli 1989 - 2 [X.]vR 502/86 - [X.]VerfGE 80, 315 <335>; [X.]VerwG, Urteil vom 19. Januar 2009 - 10 [X.] 52.07 - [X.]VerwGE 133, 55 <60 f.>). Auch für andere Fallgestaltungen wurde eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung dann verneint, wenn die verhängte Sanktion an eine alle Staatsbürger gleichermaßen treffende Pflicht anknüpft. So hat das [X.]undesverwaltungsgericht die Ausbürgerung eines [X.] Staatsangehörigen, der der Aufforderung zur Ableistung des Wehrdienstes nicht nachgekommen war, als nicht asylerheblich gewertet ([X.]VerwG, Urteil vom 24. Oktober 1995 - 9 [X.] 3.95 - [X.]uchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 180 S. 63 f.). Es hat sich dabei auf eine Vorschrift des [X.] Staatsangehörigkeitsgesetzes gestützt, wonach der Ministerrat denjenigen die [X.] Staatsangehörigkeit aberkennen kann, die sich im Ausland aufhalten und ohne triftigen Grund drei Monate lang der amtlichen Einberufung zur Ableistung des Militärdienstes nicht nachkommen. Diese Rechtsprechung hat das [X.]undesverwaltungsgericht in einer Entscheidung bestätigt und konkretisiert, in der es um eine Ausbürgerung aufgrund der fehlenden Registrierung in einer ehemaligen [X.] ging. Auch hier wurde hervorgehoben, dass eine ordnungsrechtliche Sanktion für die Verletzung einer alle Staatsbürger gleichermaßen treffenden Pflicht nicht als flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung angesehen werden kann ([X.]VerwG, Urteil vom 26. Februar 2009 - 10 [X.] 50.07 - [X.]VerwGE 133, 203 Rn. 24).

bb) Von diesen rechtlichen Maßstäben geht auch der [X.]ayerische Verwaltungsgerichtshof in dem von der [X.]eschwerde angeführten Urteil vom 12. Dezember 2016 - 21 [X.] 16.30372 - (juris) aus. Seine im Ergebnis von jener des [X.] abweichende [X.]ewertung, dass Rückkehrern im militärdienstpflichtigen Alter (Wehrpflichtige, Reservisten), die sich durch Flucht ins Ausland einer in der [X.]ürgerkriegssituation drohenden Einberufung zum Militärdienst entzogen haben, bei der Einreise im Zusammenhang mit den Sicherheitskontrollen von den [X.] Sicherheitskräften in Anknüpfung an eine (unterstellte) oppositionelle Gesinnung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine menschenrechtswidrige [X.]ehandlung, insbesondere Folter, droht (Rn. 72), gründet in der in Auswertung der Erkenntnislage gefundenen Überzeugung, dass die Sicherheitskräfte zurückkehrende Personen Maßnahmen nicht wahllos oder allein wegen der Nichterfüllung einer alle Staatsbürger männlichen Geschlechts und einer bestimmten Altersgruppe (wehrfähige Männer) gleichermaßen treffenden Pflicht unterziehen, sondern ihnen durchweg eine illoyale, politisch oppositionelle Haltung unterstellen; diese Einschätzung beruht mit der Zuschreibung einer bestimmten Handlungsmotivation an das syrische Regime und seine Sicherheitskräfte auf einer den [X.] vorbehaltenen Sachverhaltswürdigung.

cc) Weder die mit der [X.]eschwerde aufgeworfene Frage selbst noch das sie stützende Vorbringen führt in [X.]ezug auf die unterschiedliche [X.]ewertung der Rückkehrgefährdung nach [X.] zurückkehrender wehrpflichtiger Personen die im Ergebnis unterschiedlichen [X.]ewertungen auf unterschiedliche Rechtsauffassungen zur Verknüpfung der (möglicherweise) drohenden Verfolgungshandlung (§ 3a [X.]) mit einem [X.] (§ 3b [X.]) zurück, die einer grundsätzlichen revisionsgerichtlichen Klärung zugänglich sein könnten.

c) Auch die weiter aufgeworfenen Fragen, insbesondere

"ob [X.], die aus einer vermeintlichen regierungsfeindlichen Zone ... stammen, in jedem Fall der hypothetischen Rückkehr nach [X.] mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung droht"

und

"ob aufgrund den vom [X.] festgestellten Tatsachengrundlage die genannten Umstände in ihrer Gesamtschau rechtlich als politische Verfolgung zu qualifizieren sind."

rechtfertigen keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung, weil die [X.]eschwerde auch insoweit keine einer grundsätzlichen Klärung bedürftige Rechtsfrage aufzeigt, sondern sich in der Sache lediglich gegen die ihrer Auffassung nach unzutreffende Tatsachen- und [X.]eweiswürdigung des [X.]erufungsgerichts wendet.

2. Die Revision ist auch nicht wegen der geltend gemachten Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

2.1 Eine Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts oder eines anderen in der Vorschrift genannten Gerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung des [X.]eschwerdeführers divergierenden Rechtsätze müssen einander präzise gegenübergestellt werden (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 17. Dezember 2010 - 8 [X.] 38.10 - [X.] 2011, 45 und vom 17. Februar 2015 - 1 [X.] 3.15 - juris Rn. 7). Allein das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht.

2.2 Auch diesen Anforderungen wird die [X.]eschwerde nicht gerecht. Insbesondere werden die sich angeblich widersprechenden Rechtssätze nicht konkret herausgearbeitet. In dem herangezogenen Kammerbeschluss vom 22. November 1996 (- 2 [X.]vR 1753/96 - [X.] 1997, 6) hatte das [X.]undesverfassungsgericht - zu Art. 16a [X.] - dahin erkannt, dass politische Verfolgung auch dann vorliegen kann, wenn der oder die [X.]etroffene lediglich der Gegenseite oder dem persönlichen Umfeld einer anderen Person zugerechnet wird, die ihrerseits Objekt politischer Verfolgung ist; auch wenn sich die Sicherheitskräfte vom [X.]eschwerdeführer in erster Linie Informationen über seine Verwandten und andere PKK-Mitglieder erhofft haben sollten, hätte er doch die ihm zugefügten Misshandlungen und Erniedrigungen wegen seiner [X.]eziehungen zu den Gesuchten, mithin wegen des asylerheblichen Merkmals der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, erdulden müssen. Dem wird aber kein hiervon abweichender, vom [X.]erufungsgericht aufgestellter Rechtssatz gegenübergestellt. Den Ausführungen des [X.]erufungsgerichts ist vielmehr zu entnehmen, dass es von einem wahllosen Zugriff der Sicherheitsbehörden ausgeht, der gerade nicht an ein flüchtlingsrechtlich relevantes Merkmal, etwa die Zugehörigkeit zu einer bestimmten [X.] Gruppe, anknüpft; allenfalls geht das [X.]erufungsgericht, ohne insoweit von dem [X.]eschluss des [X.]undesverfassungsgerichts abzuweichen, implizit davon aus, dass die Gruppe der nach illegaler Ausreise und Schutzbegehren zurückkehrenden Personen oder doch die Untergruppe der zurückkehrenden wehrfähigen Männer keine "bestimmte [X.] Gruppe" im Sinne des § 3b Abs. 1 Nr. 4 [X.] bilden. Im Übrigen erging die von der [X.]eschwerde in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung des [X.]undesverfassungsgerichts vom 22. November 1996 - 2 [X.]vR 1753/96 - ([X.] 1997, 6) zum [X.]egriff der politischen Verfolgung in Art. 16a Abs. 1 [X.], während es vorliegend um die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 ff. [X.] geht.

3. [X.] beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § [X.] [X.] nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

Meta

1 B 22/17

24.04.2017

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 16. Dezember 2016, Az: 1 A 10922/16, Urteil

§ 3 AsylVfG 1992, § 4 AsylVfG 1992, § 132 Abs 2 Nr 2 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 1 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.04.2017, Az. 1 B 22/17 (REWIS RS 2017, 12197)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 12197

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