Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 15.06.2017, Az. 7 AZB 56/16

7. Senat | REWIS RS 2017, 9508

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Gegenstand

Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen - kirchlicher Arbeitgeber - Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiter


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3. wird der Beschluss des [X.] vom 26. Oktober 2016 - 22 Ta 1515/16 - aufgehoben.

Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3. gegen den Beschluss des [X.] vom 2. Juni 2016 - 27 BV 11537/15 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen für ein Verfahren über Beteiligungsrechte der bei einem kirchlichen Arbeitgeber gewählten Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiter.

2

Der zu 3. beteiligte Arbeitgeber betreibt als eingetragener und gemeinnütziger Verein [X.]. ein Krankenhaus in [X.] Er ist eine Einrichtung der [X.] Die Beteiligte zu 2. ist die beim Arbeitgeber gebildete Mitarbeitervertretung.

3

Durch Beschluss der Generalkonferenz der [X.] der [X.] vom 29. April 2015 wurde die „[X.] Regelung der [X.] der [X.] zur Mitarbeitervertretung für die Krankenhäuser der [X.] [X.] in [X.]“ (nachfolgend: [X.]) erlassen. Darin heißt es auszugsweise:

        

§ 35 Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiter

        

1.    

In Dienststellen, in denen mindestens fünf schwerbehinderte Mitarbeiter nicht nur vorübergehend beschäftigt sind, werden in einer Versammlung der schwerbehinderten Mitarbeiter eine Vertrauensperson und mindestens ein Stellvertreter gewählt. Für das Wahlverfahren finden die §§ 10, 11 und 12 entsprechende Anwendung.

        

…       

        
        

§ 36 Aufgaben der Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiter

        

1.      

[X.] der schwerbehinderten Mitarbeiter fördert die Eingliederung schwerbehinderter Mitarbeiter in die Dienststelle, vertritt die Interessen in der Dienststelle und steht ihnen beratend und helfend zur Seite. Sie erfüllt ihre Aufgaben insbesondere dadurch, dass sie

                 

a)    

darüber wacht, dass die zugunsten schwerbehinderter Mitarbeiter geltenden Gesetze, Verordnungen, Dienstvereinbarungen und Verwaltungsanordnungen durchgeführt, insbesondere auch die dem Dienstgeber nach den §§ 71, 72 und 81, 83, 84 SGB IX obliegenden Verpflichtungen erfüllt werden; im Rahmen der Erfüllung dieser Aufgaben ist die Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiter auch berechtigt, an vom Dienstgeber veranlassten Begehungen von Arbeitsplätzen teilzunehmen, sofern schwerbehinderte Mitarbeiter auf diesen Arbeitsplätzen tätig sind,

                 

b)    

Maßnahmen, die den schwerbehinderten Mitarbeitern dienen, insbesondere auch präventive Maßnahmen, bei den zuständigen Stellen beantragt,

                 

c)    

Anregungen und Beschwerden von schwerbehinderten Mitarbeitern entgegennimmt und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlung mit der Dienststellenleitung auf eine Erledigung hinwirkt; sie unterrichtet die schwerbehinderten Mitarbeiter über den Stand und das Ergebnis der Verhandlungen.

        

…       

                 
        

5.      

[X.] hat das Recht, an allen Sitzungen der Mitarbeitervertretung beratend teilzunehmen, wenn und soweit Angelegenheiten erörtert werden, die einzelne Schwerbehinderte oder die Schwerbehinderten als Gruppe berühren. …

        

…       

        
        

§ 40   

Schlichtungsverfahren

        

1.    

Über Streitigkeiten aus dieser kirchenrechtlichen Regelung, insbesondere soweit dies in den vorstehenden Bestimmungen ausdrücklich vorgesehen ist, entscheidet ein Schlichter.

        

…“    

        

4

Mit dem vorliegenden beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren begehrt die zu 1. beteiligte Antragstellerin, die nach § 35 Nr. 1 [X.] im Betrieb des Arbeitgebers gewählte Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiter (nachfolgend: Vertrauensperson), die Feststellung, dass sie berechtigt ist, an allen Sitzungen der Mitarbeitervertretung und an allen Arbeitssicherheitsbegehungen beim Arbeitgeber teilzunehmen, soweit die Möglichkeit besteht, dass ein schwerbehinderter Mitarbeiter auf den betroffenen Arbeitsplätzen tätig ist.

5

[X.] vertritt die Auffassung, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei nach § 2a Abs. 1 Nr. 3a [X.] eröffnet. Danach seien die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für Angelegenheiten aus den §§ 94, 95 [X.]. Sie stütze ihr Rechtsschutzziel auf § 95 [X.] und damit auf staatliches Recht. Über einen solchen Streit seien staatliche Gerichte zur Entscheidung berufen.

6

Der Arbeitgeber ist der Ansicht, der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten sei nicht eröffnet. [X.] begehre mit ihren Anträgen eine Entscheidung staatlicher Gerichte über Auslegung und Wirksamkeit kirchenrechtlicher Regelungen. Dazu seien die staatlichen Gerichte nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 [X.] nicht befugt. Bei Streitigkeiten aus dem Mitarbeitervertretungsrecht sei nach § 40 [X.] allein der Schlichter zuständig. Da die staatliche Gerichtsbarkeit nicht gegeben sei, könne auch der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht eröffnet sein. § 2a [X.] regele ausschließlich die Zuständigkeit innerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit. Andere Gerichtsbarkeiten, insbesondere die Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit, seien zudem sachnäher.

7

Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt. Auf die sofortige Beschwerde des Arbeitgebers hat das [X.] den Beschluss des Arbeitsgerichts aufgehoben, ohne eine Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu treffen.

8

II. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist begründet.

9

1. [X.] ist nach § 80 Abs. 3, § 48 Abs. 1 [X.], § 17a Abs. 4 Satz 4 [X.] statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere ist der Arbeitgeber durch den Beschluss des [X.]s beschwert. Die Rechtsbeschwerde bedarf - wie jedes Rechtsmittel und jeder Rechtsbehelf - des [X.]. Dieses setzt voraus, dass der Beschwerdeführer durch die anzufechtende Entscheidung beschwert ist (vgl. [X.] 17. Febr[X.]r 2016 - 5 [X.] 981/15 - Rn. 3, [X.]E 154, 116; 28. Febr[X.]r 2008 - 3 [X.] - Rn. 18 mwN). Die Beschwer des Arbeitgebers ergibt sich vorliegend daraus, dass er ohne Erfolg einen Antrag auf Erklärung der Unzulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten und auf Verweisung des Rechtsstreits in eine andere (staatliche) Gerichtsbarkeit gestellt hatte. Der Beschwer des Arbeitgebers steht nicht entgegen, dass das [X.] auf seine sofortige Beschwerde den Beschluss des Arbeitsgerichts, das den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten entgegen der Auffassung des Arbeitgebers für zulässig erklärt hatte, aufgehoben hat. Denn auch durch die Entscheidung des [X.]s, das keine eigene Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs und den Verweisungsantrag getroffen hat, verbleibt der Rechtsstreit gegen das erklärte Begehren des Arbeitgebers vor den Gerichten für Arbeitssachen. Dadurch kann der Arbeitgeber - auf Grundlage seiner Argumentation - in seinem verfahrensgrundrechtlichen Anspruch auf den gesetzlichen [X.] (Art. 101 Abs. 1 GG) verletzt sein (vgl. [X.]. [X.] 13. September 2011 - 3 W 50/11 - Rn. 18).

2. [X.] ist begründet. Das [X.] hat zu Unrecht den Beschluss des Arbeitsgerichts aufgehoben und keine Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten getroffen. Der Arbeitgeber hat entgegen der Auffassung des [X.]s die Verweisung des Rechtsstreits in eine andere (staatliche) Gerichtsbarkeit begehrt. Das [X.] hätte daher über die Zulässigkeit des Rechtswegs entscheiden müssen. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist nach § 48 Abs. 1 [X.], § 17a Abs. 3 [X.] eröffnet. Der Streit über Beteiligungsrechte der bei einem kirchlichen Arbeitgeber gewählten Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiter ist - soweit die angerufene staatliche Gerichtsbarkeit zur Entscheidung berufen ist - nach § 2a Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 2 [X.] im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu entscheiden. Hierüber kann der Senat befinden, ohne das Verfahren an das [X.] zurückzuverweisen, da die Sache im Hinblick auf die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen zur Entscheidung reif ist, § 577 Abs. 5 ZPO. Die Frage der Abgrenzung der staatlichen von der kirchlichen Gerichtsbarkeit ist dann im Rahmen dieses Verfahrens vor dem Arbeitsgericht zu klären.

a) Das [X.] hat rechtsfehlerhaft den Beschluss des Arbeitsgerichts aufgehoben, ohne eine Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu treffen.

aa) Das [X.] hat angenommen, der Beschluss des Arbeitsgerichts, mit dem dieses den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt hat, sei ohne rechtliche Grundlage ergangen, weil es an einer Rechtswegrüge iSd. § 17a Abs. 3 Satz 2 [X.] fehle. Der Arbeitgeber habe lediglich in Frage gestellt, ob staatliche oder kirchliche Gerichte zur Streitentscheidung berufen seien. Dabei handele es sich nicht um eine Frage des Rechtswegs. Die Ausführungen des Arbeitgebers über den Rechtsweg zu anderen staatlichen [X.]en oder zur ordentlichen Gerichtsbarkeit seien nicht als Rechtswegrüge zu verstehen. Das Begehren des Arbeitgebers sei vielmehr dahingehend auszulegen, dass er eine Vorabentscheidung über die Zuständigkeit staatlicher Gerichte beantrage.

bb) Diese Ausführungen halten einer rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung nicht stand.

(1) [X.] ist zunächst die Annahme, die Entscheidung des Arbeitsgerichts über die Zulässigkeit des Rechtswegs habe einer Rechtswegrüge bedurft. Im Falle der Rechtswegrüge ist das Gericht nach § 17a Abs. 3 Satz 2 [X.] verpflichtet, vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu entscheiden. Hält das Gericht den beschrittenen Rechtsweg für zulässig, kann es dies nach § 17a Abs. 3 Satz 1 [X.] auch ohne Rüge vorab aussprechen.

(2) Das [X.] hat zudem das Prozessverhalten des Arbeitgebers rechtsfehlerhaft gewürdigt, indem es angenommen hat, dieser habe die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten nicht gerügt.

(a) Zutreffend ist zwar, dass der Arbeitgeber erstinstanzlich vornehmlich vorgebracht hatte, die angerufene staatliche Arbeitsgerichtsbarkeit sei nicht zur Entscheidung berufen, vielmehr sei für die vorliegende Streitigkeit die Zuständigkeit der kirchlichen Gerichtsbarkeit eröffnet. Mit dieser Argumentation hatte der Arbeitgeber keine Rechtswegrüge iSv. § 17a Abs. 3 [X.] erhoben. Die Bestimmungen des § 48 Abs. 1 [X.] iVm. §§ 17 bis 17b [X.] regeln nur das Verhältnis der verschiedenen staatlichen (fachgerichtlichen) Rechtswege untereinander, nicht dagegen das Verhältnis der staatlichen Gerichtsbarkeit zu den von einer [X.] im Rahmen ihrer Selbstbestimmung (Art. 140 GG, Art. 137 [X.]) errichteten [X.]ngerichten ([X.] 30. April 2014 - 7 [X.] - Rn. 24, [X.]E 148, 97; vgl. zu § 17a Abs. 5 [X.]: [X.] 12. Oktober 2010 - 9 [X.] - Rn. 22; BVerwG 28. April 1994 - 2 [X.] 23.92 - zu 2 der Gründe, BVerwGE 95, 379).

(b) Auf die Rüge der Unzuständigkeit der staatlichen Gerichtsbarkeit beschränkten sich die zuständigkeitsbezogenen Einwendungen des Arbeitgebers in erster Instanz jedoch nicht. So hatte dieser etwa im Schriftsatz vom 4. April 2016 ausgeführt, die Arbeitsgerichte seien nicht nach § 2a Abs. 1 Nr. 3a [X.] zuständig, die Anträge der Vertrauensperson könnten nicht auf §§ 94, 95, 139 [X.] gestützt werden. Da der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet sei, werde gebeten, die Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten auszusprechen. Zudem hat der Arbeitgeber in der Begründung seiner sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts ausgeführt, warum - innerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit - andere Fachgerichte bzw. die ordentliche Gerichtsbarkeit zur Entscheidung berufen seien. Damit hatte der Arbeitgeber - auch - die [X.] gerügt.

(3) Einer Vorabentscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten nach § 17a Abs. 3 [X.] steht nicht entgegen, dass die Beteiligten auch darüber streiten, ob die staatliche oder die kirchliche Gerichtsbarkeit zur Entscheidung über die [X.] berufen ist. Wären für den Rechtsstreit - wie der Arbeitgeber meint - allein kirchliche Gerichte zuständig, führte dies zur Unzulässigkeit der [X.], weil diesen das Rechtsschutzbedürfnis zur Anrufung staatlicher Gerichte fehlte (vgl. [X.] 30. April 2014 - 7 [X.] - Rn. 15, 21, [X.]E 148, 97; [X.] 28. März 2003 - V ZR 261/02 - zu II 3 a der Gründe, [X.]Z 154, 306). Die Prüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs nach § 17a [X.] ist Prozessvoraussetzung und hat grundsätzlich Vorrang vor der Prüfung anderer Prozessvoraussetzungen. Die Prüfung der [X.] darf nicht mit der Begründung unterbleiben, es fehle an einer anderen Prozessvoraussetzung. Das gilt auch, wenn eine die in Betracht kommenden Rechtswege übergreifende Prozessvoraussetzung in Frage steht. Nur der im zulässigen Rechtsweg zur Entscheidung berufene [X.] hat über die Prozessvoraussetzung zu entscheiden, nicht der [X.] einer anderen Gerichtsbarkeit (vgl. [X.]/[X.] [X.] 8. Aufl. § 17 Rn. 8). Deshalb ist vorliegend für die Prüfung der [X.] die Befugnis der staatlichen Gerichte zur Entscheidung zur Hauptsache zu unterstellen und auf dieser Grundlage zu ermitteln, welche [X.] innerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit zuständig ist.

b) Die Rechtsfehler des [X.]s führen zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Einer Zurückverweisung der Sache an das [X.] bedarf es nicht. Das [X.] hat zwar über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu Unrecht nicht entschieden. Diese Entscheidung kann der Senat jedoch nach § 577 Abs. 5 ZPO selbst treffen. Das Arbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen zulässig ist. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Arbeitgebers ist daher unbegründet. Bei unterstellter Zuständigkeit der staatlichen Gerichtsbarkeit zur Entscheidung über die gestellten [X.] ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet. Das folgt aus § 2a Abs. 1 Nr. 3a [X.].

aa) Nach § 2a Abs. 1 Nr. 3a [X.] sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für Angelegenheiten aus den §§ 94, 95, 139 [X.]. In Streitigkeiten nach diesen Vorschriften findet nach § 2a Abs. 2 [X.] das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren statt. Dies betrifft Streitigkeiten über die Wahl und die Amtszeit (§ 94 [X.]) und die Aufgaben (§ 95 [X.]) der Schwerbehindertenvertretung sowie die Mitwirkung durch [X.] (§ 139 [X.]). Hierbei handelt es sich um Angelegenheiten der Schwerbehindertenvertretungen, die in der Organstellung des Gremiums ihre Grundlage haben. Diese kollektiv-rechtlichen Angelegenheiten der Schwerbehindertenvertretungen hat der Gesetzgeber durch § 2a Abs. 1 Nr. 3a [X.] hinsichtlich des Rechtswegs und der Verfahrensart betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheiten gleichgestellt und für Streitigkeiten hierüber die ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte im Beschlussverfahren angeordnet ([X.] 30. März 2010 - 7 [X.] - Rn. 9, [X.]E 134, 51). Dies gilt unabhängig davon, ob die Schwerbehindertenvertretung in einem Betrieb der Privatwirtschaft oder in einer Dienststelle, für die Personalvertretungsrecht gilt, gebildet wurde ([X.] 11. November 2003 - 7 [X.] - zu II 1 b der Gründe). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist § 2a Abs. 1 Nr. 3a [X.] zudem stets entsprechend anwendbar, wenn um Normen im Schwerbehindertenvertretungsrecht gestritten wird, die kollektiven [X.]harakter haben ([X.] 22. März 2012 - 7 [X.] - Rn. 5).

bb) Wird vorliegend die Befugnis der staatlichen Gerichte zur Entscheidung über die von der Vertrauensperson gestellten Anträge unterstellt, liegt eine Streitigkeit über die Aufgaben der „Schwerbehindertenvertretung“ iSv. § 95 [X.] vor.

(1) Es ist zwar fraglich, ob die vorliegend nach § 35 [X.] gewählte Vertrauensperson eine Schwerbehindertenvertretung nach §§ 94, 95 [X.] ist. Das [X.] sieht - jedenfalls ausdrücklich - eine Schwerbehindertenvertretung für Einrichtungen kirchlicher Arbeitgeber nicht vor (vgl. [X.] 30. April 2014 - 7 [X.] - Rn. 14, [X.]E 148, 97). Ob die Bestimmungen des [X.] über die Schwerbehindertenvertretung auf [X.]n und deren Einrichtungen anwendbar sind, ist streitig (ablehnend: [X.]ngerichtshof der Evangelischen [X.] in [X.] 5. August 2004 - [X.]/[X.]-03 - zu III der Gründe; [X.] Arbeitsrecht in der [X.] 7. Aufl. § 18 Rn. 104; [X.]/[X.] MVG.EKD Stand Jan[X.]r 2017 § 50 Rn. 1a; bejahend: [X.] in LPK-[X.] 4. Aufl. § 94 Rn. 52; [X.]/[X.] 7. Aufl. § 52 Rn. 20).

(2) Diese Streitfrage bedarf hier aber keiner Entscheidung. Ist die Berufung staatlicher Gerichte für die Entscheidung über die Reichweite der Beteiligungsrechte der antragstellenden Vertrauensperson für die Prüfung der [X.] zu unterstellen, liegt eine Streitigkeit nach § 2a Abs. 1 Nr. 3a [X.] unabhängig davon vor, ob die Bestimmungen des [X.] über die Schwerbehindertenvertretung auf [X.]n und deren Einrichtungen anwendbar sind. Das ist eine Frage der Begründetheit der [X.], über die das zuständige staatliche oder kirchliche Gericht zu entscheiden hat. Vorliegend geht es allerdings darum, vorab zu klären, welches staatliche Gericht darüber zu befinden hat, ob die staatliche oder die kirchliche Gerichtsbarkeit zur Entscheidung über die [X.] berufen ist. Dazu ist auch zu unterstellen, dass die [X.] auf staatliches Recht und damit auf § 95 [X.] gestützt werden, denn die staatlichen Gerichte sind nur dann zur Entscheidung berufen, wenn es um die Anwendung staatlichen Rechts geht (vgl. [X.] 30. April 2014 - 7 [X.] - Rn. 18, [X.]E 148, 97). Unter dieser Prämisse streiten die Beteiligten über die Aufgaben der „Schwerbehindertenvertretung“ iSv. § 95 [X.], weshalb nach § 2a Abs. 1 Nr. 3a [X.] der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet ist. Das Arbeitsgericht wird darüber zu befinden haben, ob die staatliche oder die kirchliche Gerichtsbarkeit zur Entscheidung über die [X.] der Vertrauensperson zuständig ist.

        

    Gräfl    

        

    [X.]    

        

    Waskow    

        

        

        

        

        

        

                 

Meta

7 AZB 56/16

15.06.2017

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AZB

vorgehend ArbG Berlin, 2. Juni 2016, Az: 27 BV 11537/15, Beschluss

§ 17a Abs 3 S 2 GVG, § 17a Abs 3 S 1 GVG, § 2a Abs 1 Nr 3a ArbGG, § 94 SGB 9, § 95 SGB 9, § 48 Abs 1 ArbGG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 15.06.2017, Az. 7 AZB 56/16 (REWIS RS 2017, 9508)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9508

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14 BV 268/07 (Arbeitsgericht Köln)


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