Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2002, Az. IX ZR 66/01

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 1616

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:12. September 2002Preuß,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: [X.] §§ 308, 536 a.[X.] Unzulässigkeit der Berichtigung einer in erster Instanz fälschlich vorgenomme-nen Saldierung von Klage- und Widerklageforderungen durch das Berufungsgericht.BGB § 387Zur Zulässigkeit der Aufrechnung eines Rechtsanwalts gegen den Anspruch [X.] auf Herausgabe eines eingezogenen Geldbetrages.[X.], Urteil vom 12. September 2002 - [X.]/01 - [X.]LGMühlhausen- 2 -Der IX. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des [X.] [X.] in [X.] vom 6. Februar 2001im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der [X.] ver-urteilt worden ist, an [X.], DM 80.000 nebst Zinsen zu zahlen.In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten [X.] Entscheidung - auch über die Kosten des [X.] - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger erlitt am 13. Juli 1994 bei einem Verkehrsunfall erheblicheVerletzungen. Mit der Geltendmachung seiner daraus resultierenden [X.] beauftragte er den verklagten Rechtsanwalt. Dieser schloß am 12./13. [X.] 1996 mit dem Haftpflichtversicherer des anderen Unfallbeteiligten ei-nen außergerichtlichen Vergleich. Demgemäß wurden - nachdem bereits früherein Vorschuß in Höhe von 10.000 DM geleistet worden war - zur Abgeltung- 3 -aller Ansprüche noch 100.000 DM gezahlt. Ein Teilbetrag von 80.000 DM floßauf das Konto des [X.]n.Die Parteien waren seinerzeit Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerli-chen Rechts und Inhaber der Geschäftsanteile der [X.], über [X.] am 1. September 1996 das [X.] eröffnetworden war. Mit getrennten Schreiben vom 7. Januar 1997 kündigte der [X.] die [X.] und rechnete mit einem gesellschaftsrechtlichenAusgleichsanspruch für die [X.] in Höhe von 90.831,45 DM gegenden "offenen Fremdgeldanspruch" in Höhe von 80.000 DM auf.Der Kläger hat gegen den [X.]n Klage auf Zahlung der von diesemvereinnahmten Versicherungssumme von 80.000 DM nebst Zinsen erhoben.Die Zahlung soll an einen Zessionar des [X.], [X.], erfolgen, der [X.] nach dessen Behauptung ermächtigt hat, den Anspruch weiterhin ge-richtlich geltend zu machen. Weiter hat der Kläger die Feststellung begehrt,daß der [X.] aufgrund schuldhafter Schlechterfüllung des Anwaltsvertra-ges verpflichtet sei, dem Kläger den gesamten Schaden - ausgenommen dieauf Versorgungsträger übergegangenen Ansprüche - zu ersetzen, der [X.] als Folge des Unfalls vom 13. Juli 1994 künftig entstehen werde. [X.] hat Widerklage auf Zahlung von 63.767,60 DM erhoben.Das [X.] hat den [X.]n verurteilt, an [X.] 69.412,15 DMnebst Zinsen zu zahlen, und die Verpflichtung des [X.]n festgestellt, [X.] den zukünftigen Schaden aus dem Unfallereignis - ausgenommen [X.], derentwegen die Ansprüche auf Versorgungsträger übergegangen sind -zu ersetzen. Im übrigen hat es Klage und Widerklage abgewiesen. Aus den- 4 -Gründen ergibt sich, daß das [X.] auf die Widerklage den Betrag von10.587,85 DM zusprechen wollte, diesen Betrag von der eigentlich in Höhe von80.000 DM für begründet erachteten Klagesumme abgezogen hat und so zuder Verurteilung in Höhe von 69.412,15 DM gelangt ist. Gegen dieses [X.] nur der [X.] - mit dem Ziel der Klageabweisung - Berufung eingelegt.Das [X.] hat diese zurückgewiesen, jedoch den Tenor des land-gerichtlichen Urteils "klarstellend" dahin neu gefaßt, daß der [X.] an [X.] 80.000 DM und der Kläger an den [X.]n 10.587,85 DM zu zahlenhaben. Dagegen wendet sich der [X.] mit seiner Revision. Diese hat [X.] nur hinsichtlich des [X.] des [X.] angenommen.Entscheidungsgründe:Im Umfang der Annahme führt die Revision zur Aufhebung und Zurück-verweisung.[X.] Berufungsgericht hat sein Urteil wie folgt begründet:Der [X.] sei aufgrund des Anwaltsvertrages verpflichtet, die von ihmvereinnahmte Zahlung des [X.] an den Kläger auszukehren.Der [X.] habe nicht nachgewiesen, daß ihm der Kläger den Anspruch ge-gen den Haftpflichtversicherer abgetreten habe. Er könne auch nicht gegen- 5 -den Zahlungsanspruch des [X.] aufrechnen, weil er nicht einmal den [X.] bezeichnet habe, mit dem er aufrechnen wolle, und auch keinezur Aufrechnung geeigneten Ansprüche habe. Eine Aufrechnung mit [X.]n aus dem beendeten Gesellschaftsverhältnis der Parteien scheitere daran,daß die Auseinandersetzung der Gesellschaft noch nicht abgeschlossen sei.Soweit der [X.] durch [X.] in Anspruch genommenworden sei, habe er nicht nachgewiesen, diese Gläubiger befriedigt zu haben.Im übrigen sei ein Rechtsanwalt daran gehindert, gegen den Anspruch [X.] von [X.]n mit einer eigenen Forderung, die nicht im Mandats-verhältnis begründet sei, aufzurechnen.[X.] Erwägungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.1. Zunächst verletzt das angefochtene Urteil - wie der [X.] [X.] rügt - zu seinen Lasten die §§ 308, 536 ZPO a.[X.]Zwar ist dem Berufungsgericht darin Recht zu geben, daß das [X.] seine Ergebnisse zu Klage und Widerklage nicht in der geschehenen [X.] Weise "saldieren" durfte. Die vom Berufungsgericht vorgenommene "Klar-stellung" war jedoch unzulässig, weil der Tenor des landgerichtlichen Urteilsklar war. Widersprüchlich waren allein die Urteilsgründe. Bei Abweichungenzwischen [X.] und Entscheidungsgründen ist jedenfalls dann der [X.], wenn die Entscheidungsgründe in sich widersprüchlich sind undeinzelne Teile mit der Urteilsformel übereinstimmen ([X.], Urt. v. 13. Mai 1997- 6 -- [X.], NJW 1997, 3447, 3448). So verhielt es sich im vorliegendenFall.Eine Korrektur des vom [X.] begangenen [X.] nicht mehr - auch nicht im Wege einer Änderung des erstinstanzli-chen Urteils - möglich, weil nur der [X.] Berufung eingelegt und mit dieserlediglich den Klageabweisungsantrag weiterverfolgt hatte. Durch die "klarstel-lende" Änderung des erstinstanzlichen Urteils hat das Berufungsgericht [X.] des [X.]n von 69.412,15 DM auf 80.000 DM erhöht und [X.] zugleich einen Betrag von 10.587,85 DM zugesprochen. Das Erste ver-stieß gegen das Verschlechterungsverbot (§ 536 ZPO), das Zweite gegen [X.], einer Partei etwas zuzusprechen, was sie nicht beantragt hat (§ 308ZPO).Das Berufungsgericht hat zu Lasten des Rechtsmittelführers, [X.] [X.]n, dessen formelle Beschwer um 10.587,85 DM erhöht. Daran [X.] nichts, daß es ihm zugleich denselben Betrag auf die - nicht mehr weiter-verfolgte - Widerklage hin zugesprochen hat. Durch die Änderung des landge-richtlichen Urteils wurde der [X.] auch materiell beschwert. Wenn der Klä-ger, wie der [X.] unter Hinweis auf die vom Kläger abgegebene eides-stattliche Versicherung vorgetragen hat, [X.] ist, kann der dem [X.]n zugesprochene Anspruch allenfalls unter Schwierigkeiten realisiertwerden. Durch die Erhöhung der gegen ihn titulierten Forderung und diegleichzeitige Gewährung eines schwer zu verwirklichenden Gegenanspruchssteht der [X.] also schlechter.2. Im übrigen ist - wie die Revision mit Recht rügt - die Beweiswürdigungzu der von dem [X.]n behaupteten Abtretung [X.] 7 -a) Der [X.] hat vorgetragen, der Kläger habe den Anspruch auf [X.] an ihn abgetreten, um die eigenen gesellschaftsrechtlichenVerbindlichkeiten gegenüber dem [X.]n zu vermindern. Dieser Vortrag istin bezug auf die Zahlungsklage erheblich, weil die Abtretung gegebenenfallsdem Anspruch des [X.] auf [X.] des betreffenden Betrages entgegen-gehalten werden kann. Es handelt sich dann für den [X.]n nicht mehr umFremdgeld, sondern um eigenes [X.]) Das [X.] hat zur Frage der Abtretung der Schadensersatzfor-derung Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Der Zeuge [X.]hat bekundet, daß er im Frühjahr 1996 im Beisein des [X.]n mit dem Kläger über die Regulierung eigener Honoraransprüche ge-sprochen habe. Der Kläger habe ihm angeboten, die ausstehenden [X.] aus der zu erwartenden Versicherungsleistung zu befriedigen. [X.] habe jedoch darauf hingewiesen, daß die vom Kläger ins Gesprächgebrachte Forderung bereits an ihn abgetreten worden sei; deshalb könne [X.] ihn - den Zeugen - daraus nicht mehr befriedigen. Das habe der [X.].Das [X.] und, ihm folgend, das Berufungsgericht sind der [X.], daß diese Aussage des Rechtsanwalts [X.]"nicht [X.] sie die Umstände der Abtretung selbst offenlasse. Diese Würdigung über-schreitet die Grenzen tatrichterlichen Ermessens und verletzt § 286 ZPO. [X.] Kläger anläßlich der Besprechung mit Rechtsanwalt [X.] ausdrück-lich bestätigt, daß er zuvor seine Ansprüche gegen den Unfallverursacher unddessen Haftpflichtversicherer an den [X.]n abgetreten hat - insofern ha-- 8 -ben die Vorinstanzen keine Zweifel erkennen lassen -, dann ist dies ein ge-wichtiges Indiz dafür, daß die Abtretung tatsächlich erfolgt ist. Weder die Be-weiswürdigung des [X.]s noch jene des Berufungsgerichts läßt erken-nen, daß sie die indizielle Bedeutung dieser Mitteilung des [X.] an denZeugen [X.] erkannt [X.]) Das Berufungsgericht hat umgekehrt anderen Indiztatsachen ein Ge-wicht beigemessen, das ihnen möglicherweise nicht zukommt. Es hat auf [X.] abgehoben, daß der [X.] mit Schreiben vom 7. Januar 1997 anden Kläger mit einem gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruch aufgerech-net hat, ohne sich einer Abtretung zu berühmen. Dabei hat es nicht erkennbarberücksichtigt, daß die Abtretung nach dem Vortrag des [X.]n gerade zudem Zweck erfolgt ist, den gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruch [X.] (teilweise) zu erfüllen. Das Berufungsgericht hätte deshalb erwägenmüssen, ob der [X.] mit der "Aufrechnung" nicht die zuvor abgesprocheneVerrechnung hat vornehmen wollen. Diese Prüfung ist - wie die Revision [X.] rügt - unterblieben.3. Verfahrensfehlerhaft hat es das Berufungsgericht unterlassen, [X.] erstinstanzlich angebotenen Zeugen [X.]zu vernehmen. Der [X.] hat durch diesen Zeugen unter Beweis gestellt - und darauf in zweiterInstanz Bezug genommen -, daß der Kläger, der dem Zeugen Geld geschuldethabe, auch diesem die Abtretung des Anspruchs auf die [X.] statt angeboten habe, worauf er - der [X.] -, der bei dem [X.] zugegen gewesen sei, unter Hinweis auf die bereits erfolgte [X.] ihn protestiert habe. Daraufhin habe der Kläger von der Abtretung an [X.] Abstand [X.] 9 -Das Berufungsgericht hat diesen Beweisantritt für unbeachtlich gehal-ten, weil er sich nicht ausreichend zu den Umständen und dem Inhalt der be-haupteten Abtretung verhalte, weswegen eine Beweisaufnahme auf Ausfor-schung hinauslaufe. Diese Betrachtungsweise verstößt gegen § 286 ZPO. [X.], auf den Zeugen komme es nicht an, weil er bei der behaupteten Ab-tretung nicht zugegen gewesen sei, ist aus den gleichen Gründen zu bean-standen wie die den Zeugen Rechtsanwalt [X.] betreffende Beweiswür-digung. Von einer Ausforschung kann nur dann gesprochen werden, wenn [X.] ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmtenSachverhalts willkürliche Behauptungen aufs Geratewohl oder ins Blaue hineinaufstellt, um durch die Beweisaufnahme beweiserhebliche Tatsachen erst zuerfahren und sie dann zur Grundlage eines Parteivortrages zu machen; umeine Ausforschung geht es demgegenüber nicht, wenn der Antragsteller diebeweiserhebliche Tatsache selbst in das Wissen des Zeugen stellt ([X.], [X.]. 30. Januar 1989 - [X.], [X.]R ZPO § 373 - [X.] 4;v. 4. März 1991 - [X.], [X.], 942, 946; v. 25. April 1995 - [X.], NJW 1995, 2011, 2012). Das hat der [X.] getan.4. Kann der [X.] die behauptete Abtretung nicht beweisen, kommtes darauf an, ob der [X.] wirksam aufgerechnet oder sich [X.] auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen hat. Auch in dieser Hinsicht sind [X.] des Berufungsgerichts - wie der Revision zuzugeben ist -rechtsfehlerhaft.a) Zunächst trifft es nicht zu, daß der [X.] nicht deutlich gemachthabe, auf welche Gegenansprüche er sich berufe. Der [X.] hat vorgetra-- 10 -gen und unter Beweis gestellt, daß der Kläger in den Jahren 1993/94 Mehrent-nahmen in Höhe von 181.662,90 DM getätigt habe, woraus sich ein gesell-schaftsrechtlicher Ausgleichsanspruch des [X.]n in Höhe der Hälfte diesesBetrages, mithin 90.831,45 DM, ergebe. In der Berufungsinstanz hat der [X.] seinen Vortrag dahin ergänzt, daß der Kläger für Verbindlichkeiten [X.] gesamtschuldnerisch mithafte, für die er - [X.]r - in Anspruchgenommen werde.b) Die Ansicht des Berufungsgerichts, die geltend gemachten Gegenan-sprüche bestünden nicht, ist unter Zugrundelegung des derzeitigen Sach- [X.] rechtlich nicht haltbar.aa) Allerdings ist es im Ausgangspunkt zutreffend, daß ein Gesellschaf-ter nach der Auflösung einer [X.] keine [X.] oder einen anderen Gesellschafter geltend machen kann; [X.] vielmehr als Rechnungsposten in die Auseinandersetzung einzustellen([X.]Z 37, 299, 304; [X.], Urt. v. 4. Juni 1984 - II ZR 230/83, NJW 1985,1898, 1899; v. 2. Oktober 1997 - [X.], [X.], 376). Ferner hat [X.] nicht verkannt, daß eine Ausnahme dann gilt, wenn feststeht,daß der Gesellschafter das auf seinen Anspruch Geleistete keinesfalls zurück-erstatten muß (vgl. [X.], Urt. v. 12. November 1990 - [X.], NJW-RR 1991, 549; v. 9. März 1992 - [X.], NJW 1992, 2757, 2758; v.10. Mai 1993 - [X.], NJW-RR 1993, 1187). Die Ansicht des [X.], dies ergebe sich aus dem Vortrag des [X.]n nicht, wird vonder Revision jedoch mit Recht beanstandet. Der [X.] hat vorgetragen, [X.] habe einen Verlust von knapp 2 Mio. DM erwirtschaftet und sei[X.]; die Entnahmen des [X.] seien wesentlich höher als seine- 11 -eigenen. Ferner hat der [X.] eine vorläufige Auseinandersetzungsbilanzzum 16. Februar 1999 vorgelegt. Damit hat sich das Berufungsgericht nichtbefaßt.bb) Den Vortrag des [X.]n, der Kläger hafte für [X.] gesamtschuldnerisch mit, hat das Berufungsgericht für uner-heblich gehalten, weil der [X.] nicht behauptet habe, eine dieser Verbind-lichkeiten getilgt zu haben. Auch insoweit kann das Berufungsurteil - wie [X.] mit Recht geltend macht - nicht bestehen bleiben.Soweit Leistungen auf die Forderungen Dritter noch nicht erfolgt sind,besteht zwar kein zur Aufrechnung geeigneter Zahlungsanspruch des [X.] gegen den anderen. Indes schuldet der Kläger die Mitwirkungan der Befriedigung der verschiedenen Gläubiger, und zwar schon vor der ei-genen Leistung des [X.]n (vgl. [X.]Z 23, 361, 363). Der Anspruch ist aufBefreiung von dem Teil der Schuld, den der Kläger im Innenverhältnis zu tra-gen hat, gerichtet und begründet ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1BGB (vgl. [X.]Z 47, 157, 166 f; [X.], Urt. v. 15. Mai 1986 - [X.], [X.], 3131, 3132). Ein derartiges Zurückbehaltungsrecht hat der [X.]hilfsweise geltend gemacht. Ob und in welcher Höhe er wegen solcher Gesell-schaftsverbindlichkeiten in Anspruch genommen worden ist, hat das [X.] nicht geprüft.c) Die Ansicht des Berufungsgerichts, auf das Vorstehende komme esnicht an, weil ein Rechtsanwalt als Treuhänder grundsätzlich nicht mit einerEigenforderung, die nicht im Mandatsverhältnis begründet sei, aufrechnen- 12 -(oder deswegen ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen) könne, trifft nichtzu.aa) Zwar darf ein fremdnütziger Treuhänder nach ständiger Rechtspre-chung gegen den Herausgabeanspruch des [X.] aus §§ 667, 675 [X.] nicht mit Gegenforderungen aufrechnen, die ihren Grund nicht indem Treuhandvertrag haben ([X.]Z 95, 109, 113; [X.], Urt. v. 4. März 1993- IX ZR 151/92, NJW 1993, 2041, 2042; v. 14. Juli 1994 - [X.]/93,NJW 1994, 2885, 2886). Diese Grundsätze gelten auch für Rechtsanwälte hin-sichtlich der von ihnen als Treuhänder empfangenen [X.]. Der einemRechtsanwalt erteilte Einziehungsauftrag begründet aber nicht ohne weiteresein der Aufrechnung entgegenstehendes Treuhandverhältnis ([X.]Z 71, 380,383). Deshalb ist ein Rechtsanwalt grundsätzlich auch nicht gehindert, sichdurch Aufrechnung mit Honoraransprüchen aus nicht zweckgebundenen[X.]n zu befriedigen (vgl. auch § 4 Abs. 3 [X.]); dies gilt selbstdann, wenn die Honoraransprüche nicht gerade den Auftrag betreffen, der zudem Geldeingang geführt hat ([X.], Urt. v. 23. Februar 1995 - [X.] 1995, 1425, 1426). Ob der [X.] im vorliegenden Fall die Versiche-rungssumme als Treuhänder entgegennahm, hat das Berufungsgericht nichtfestgestellt.bb) Unabhängig vom Vorliegen eines Treuhandverhältnisses könnenSinn und Zweck eines Auftrages dem Beauftragten nach dem Grundsatz vonTreu und Glauben verbieten, gegen den Anspruch auf Herausgabe des Er-langten mit Gegenforderungen aufzurechnen, die ihren Grund nicht in [X.] und den damit verbundenen Aufwendungen haben ([X.]Z 54, 244,247; 71, 380, 383). Insoweit ist zu ermitteln, ob der besondere Inhalt des [X.] -schen den Parteien begründeten Schuldverhältnisses, die Natur der Rechtsbe-ziehungen oder der Zweck der geschuldeten Leistung eine Erfüllung im Wegeder Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar erscheinen lassen([X.], Urt. v. 23. Februar 1995 - [X.], aaO). Wie es sich im vorliegen-den Fall verhielt, hat das Berufungsgericht nicht geprüft.[X.]) Das Berufungsgericht hat gemeint, der Vortrag des [X.]n, wo-nach die von ihm entgegengenommene Leistung des Versicherers zu einemgroßen Teil auf Lohnfortzahlungsansprüche entfallen sei, welche die [X.] an den Kläger abgetreten habe, "entbehre der notwendigen Substanz".Diese Ansicht beruht - wie die Revision zu Recht rügt - auf einer unvoll-ständigen Erfassung des Prozeßstoffs (§ 286 ZPO). Der [X.] hat vorgetra-gen - und das Berufungsgericht hat das auch im unstreitigen Teil seines [X.] erwähnt -, im [X.] habe der Kläger als hauptsächli-chen Bestandteil seiner Schadensersatzforderung einen abgetretenen [X.] [X.] auf Ersatz der Lohnfortzahlung geltend gemacht. [X.] habe der Kläger als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführerder S. GmbH durch Insichgeschäft vorgenommen. In Ermangelung ge-genteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist in der Revisionsinstanzvon diesem Vortrag auszugehen. Danach hat der Kläger eine [X.] an sich gezogen - und dies durch Abtretung des [X.] an seinen Gläubiger [X.] bekräftigt -, die der Gesell-schaft und wirtschaftlich beiden Parteien zustand. Ob sich der Kläger - wie [X.] meint - einen Verstoß gegen Treu und Glauben entgegenhalten [X.] muß, wenn er von dem [X.]n die [X.] der gesamten Schadenser-satzleistung des Versicherers, also auch des nicht auf die Ansprüche [X.]GmbH entfallenden Anteils, begehrt, kann dahinstehen. [X.] 14 -handelt umgekehrt der [X.] nicht treuwidrig, wenn er mit gesellschafts-rechtlichen Ansprüchen gegen einen Anspruch des [X.] in dem [X.], in dem dessen Anspruch wirtschaftlich betrachtet der [X.] und damit mindestens zur Hälfte dem [X.]n - zusteht. In dem beschrie-benen Umfang steht der aufgerechnete Anspruch auch mit dem früheren An-waltsmandat in Verbindung, weil dieses - wiederum wirtschaftlich betrachtet -u.a. darauf gerichtet war, den Lohnfortzahlungsanspruch der [X.].An dieser Beurteilung würde es auch nichts ändern, wenn der [X.]die Versicherungssumme als Treuhänder des [X.] entgegengenommenhätte.(2) Im übrigen hat das Berufungsgericht auch den Vortrag des [X.]nunberücksichtigt gelassen, daß er, wenn ihm eine Aufrechnung untersagt [X.], nicht auf die anderweitige Befriedigung seiner gegen den Kläger gerichte-ten Ansprüche rechnen könne, weil dieser [X.] sei und die eides-stattliche Versicherung abgegeben habe. Unter Zugrundelegung dieses [X.] kann insgesamt - also nicht nur in dem oben [X.]) beschriebenen Umfang -kein Aufrechnungsverbot bestehen. Denn dieses liefe wirtschaftlich auf einenForderungsverzicht hinaus (vgl. [X.], Urt. v. 14. Juli 1994 - [X.]/93,aaO).cc) Soweit der Kläger für gesamtschuldnerisch bestehende [X.] der Gesellschaft mithaftet (oben [X.]), handelt der [X.] [X.] treuwidrig, wenn er sich gegen den mit der Klage geltend gemachtenZahlungsanspruch mit einem Zurückbehaltungsrecht verteidigt. Nach dem in- 15 -der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Vortrag des [X.]n erscheintes ausgeschlossen, daß dieser seinen Anspruch auf anteilige Befreiung vongesamtschuldnerisch bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber Drittgläubi-gern und - im Falle der Zahlung - seinen Ausgleichsanspruch gegenüber [X.] realisieren kann. Diese von dritter Seite erhobenen Ansprüche über-steigen deutlich den Betrag von 600.000 DM. Unter diesen Umständen kann esdem [X.]n nicht verwehrt werden, eine Auszahlung des empfangenen [X.] von 80.000 DM an den Kläger zurückzuhalten (§ 242 BGB).II[X.] Berufungsurteil ist somit teilweise aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPOa.[X.]). In diesem Umfang ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.[X.]). Dieses wird unter Berücksichtigung deroben stehenden Ausführungen zu prüfen haben, ob eine Abtretung für erwie-sen angesehen werden kann. Unter Umständen wird der Zeuge [X.] zu [X.] sein. Falls das Berufungsgericht die Abtretung nicht für nachgewiesenerachten sollte, wird es der Frage nachgehen müssen, ob der [X.] wirk-sam aufgerechnet hat oder sich zu Recht auf ein Zurückbehaltungsrecht beruft.[X.] Kirchhof [X.]

Meta

IX ZR 66/01

12.09.2002

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2002, Az. IX ZR 66/01 (REWIS RS 2002, 1616)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 1616

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VIII R 14/17

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