Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.09.2011, Az. II ZB 17/10

2. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3265

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Gegenstand

Abtretung eines GmbH-Geschäftsanteils unter einer aufschiebenden Bedingung: Zurückweisung einer eine Veränderung nur ankündigenden Gesellschafterliste durch das Registergericht; gutgläubiger Erwerb eines aufschiebend bedingt abgetretenen Geschäftsanteils vor Bedingungseintritt


Leitsatz

1. Das Registergericht ist berechtigt, eine Gesellschafterliste zurückzuweisen, die entgegen § 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GmbHG keine Veränderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung ausweist, sondern solche nur ankündigt .

2. Ein aufschiebend bedingt abgetretener Geschäftsanteil kann nicht nach § 161 Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 3 GmbHG vor Bedingungseintritt von einem Zweiterwerber gutgläubig erworben werden .

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats des [X.] vom 12. Juli 2010 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Der Geschäftswert wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Der Rechtsbeschwerdeführer reichte in seiner Eigenschaft als Notar eine Liste der Gesellschafter der [X.] zum Handelsregister ein. In einer Spalte „Veränderungen“ war bei dem Gesellschaftsanteil einer der beiden Gesellschafterinnen vermerkt: “aufschiebend bedingt abgetreten“. Der Rechtsbeschwerdeführer bescheinigte zugleich, dass sich die Veränderung aufgrund seiner Urkunde vom 30. März 2010 ergeben habe und die Liste im Übrigen mit der zuletzt im Handelsregister aufgenommenen Liste übereinstimme. Das Registergericht hat die Aufnahme der Liste in das Handelsregister abgelehnt, da sie keine bereits eingetretene Veränderung enthalte. Das [X.] hat die hiergegen gerichtete Beschwerde des [X.] zurückgewiesen. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Rechtsbeschwerdeführer sein Begehren auf Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner weiter.

2

II. Das Beschwerdegericht ([X.], [X.], 2097) hat ausgeführt: Stehe die Abtretung eines Gesellschaftsanteils unter einer aufschiebenden Bedingung, dürfe die Einreichung der bereinigten Gesellschafterliste erst nach Eintritt der Bedingung erfolgen. Im Hinblick auf einen etwaigen gutgläubigen Erwerb durch einen [X.] gemäß § 161 Abs. 3 [X.], § 16 Abs. 3 GmbHG müsse nicht die Möglichkeit eingeräumt werden, auf die aufschiebend bedingte Abtretung hinzuweisen. Denn ein gutgläubiger Erwerb durch einen [X.] vor [X.] sei nicht möglich.

3

III. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

4

1. Auf das Verfahren ist gem. Art. 111 Abs. 1 Satz 1 [X.] das seit 1. September 2009 geltende Verfahrensrecht anwendbar, da der das Verfahren einleitende Antrag - hier Einreichung der Gesellschafterliste - am 30. März 2010, also nach Inkrafttreten der Neuregelung, bei Gericht eingegangen ist.

5

Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerdebefugnis des beteiligten Notars ergibt sich daraus, dass seine Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts ohne Erfolg geblieben ist.

6

2. Die Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das [X.] hat die Beschwerde des Notars gegen den angefochtenen Beschluss des Registergerichts zu Recht zurückgewiesen.

7

a) Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts ist gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthaft. Nach dieser Vorschrift findet die Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amts- und Landgerichte in „Angelegenheiten nach diesem Gesetz“ statt, also in Angelegenheiten nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Zu diesen Angelegenheiten gehört auch die in § 9 Abs. 1 HRV geregelte Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner; die in der Handelsregisterverordnung ergänzend geregelten Verfahrensvorschriften beruhen auf der Verordnungsermächtigung des § 387 Abs. 2 FamFG.

8

b) Der die Gesellschafterliste einreichende Notar ist auch dazu befugt, die Beschwerde im eigenen Namen einzulegen. Das folgt zwar nicht allein aus § 59 Abs. 2 FamFG. Danach steht die Beschwerde, wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, allein dem Antragsteller zu. In Fällen des § 59 Abs. 2 FamFG müssen immer auch die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 FamFG erfüllt sein ([X.], Beschluss vom 1. März 2011 - [X.], [X.], 765 Rn. 9; Beschluss vom 11. April 2011 - [X.], [X.], 1054 Rn. 10; Beschluss vom 27. August 2003 - [X.] 33/00, [X.], 1738, 1740 zu § 20 [X.]; [X.] in: [X.]/Weinreich, FamFG, 2. Aufl., § 59 Rn. 25). Das ist hier aber der Fall. Nach § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den Beschluss in eigenen Rechten beeinträchtigt ist. Durch die Ablehnung des Registergerichts, die vom Notar gem. § 40 Abs. 2 GmbHG eingereichte Gesellschafterliste in den Registerordner aufzunehmen, wird (auch) der Notar in eigenen Rechten beeinträchtigt ([X.], Beschluss vom 1. März 2011 - [X.], [X.], 765 Rn. 9).

9

3. Das Registergericht hat zu Recht die Aufnahme der Gesellschafterliste vom 30. März 2010 in das Handelsregister abgelehnt, weil in diese keine bereits eingetretene Veränderung im [X.] eingetragen ist, sondern nur auf eine eventuelle Veränderung in der Zukunft hingewiesen wird.

a) Das Registergericht darf - obwohl es nur Verwahrstelle ist - die eingereichte Liste jedenfalls darauf prüfen, ob sie den Anforderungen des § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG entspricht (vgl. [X.], [X.], 1911, 1912; [X.], 1421; [X.], [X.], 1394; [X.], [X.], 831, 832 f.; [X.], [X.] 2009, 2168, 2169; [X.]/[X.], GmbHG, 10. Aufl., Nachtrag [X.], § 40 Rn. 36; [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, § 40 Rn. 8; [X.] [X.][X.], GmbHG, 17. Aufl., § 40 Rn. 15; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 19. Aufl., § 40 Rn. 75; [X.] in [X.]/[X.], GmbHG, § 40 Rn. 27; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 6. Aufl., § 40 Rn. 11;Lücke/[X.], GmbHG, § 40 Rn. 31; [X.] in [X.]/Weinreich, aaO, [X.]. § 387 Rn. 5a; [X.]/[X.]/Willer, [X.], 8. Aufl., Rn. 1105; [X.] in [X.]/[X.], [X.] in der Praxis, 2. Aufl., § 9 Rn. 180; aA für die vorliegende Fallkonstellation [X.]/[X.], § 16 Rn. 247). Das Registergericht ist daher berechtigt, eine Gesellschafterliste zurückzuweisen, die entgegen § 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GmbHG keine Veränderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung ausweist, sondern solche nur ankündigt. Es steht nicht im Belieben der Beteiligten, den Inhalt der von ihnen eingereichten Gesellschafterliste abweichend von den gesetzlichen Vorgaben um weitere, ihnen sinnvoll erscheinende Bestandteile zu ergänzen. Dem steht der auch insoweit geltende Grundsatz der Registerklarheit entgegen ([X.], [X.], 1911, 1913; [X.]/[X.], [X.] 2011, 403, 407; [X.], [X.], 1037, 1042 f.; [X.], [X.] 2009, 1173, 1175; [X.], [X.] 2009, 2168, 2169). Davon ist der Fall zu unterscheiden, dass eine in die Gesellschafterliste aufzunehmende Veränderung im Sinne von § 40 Abs. 1 GmbHG (bereits) eingetreten ist, das Gesetz aber keine zwingende Vorgabe macht, wie diese Veränderung in der Gesellschafterliste darzustellen ist. Deshalb kann beispielsweise die Umnummerierung abgetretener Geschäftsanteile unter Kennzeichnung ihrer Herkunft durch Durchstreichen der bisherigen laufenden Nummern und durch Veränderungsnachweise unter den neuen laufenden Nummern nicht beanstandet werden, wenn dadurch eine hinreichend klare Zuordnung der Geschäftsanteile gewährleistet ist ([X.], Beschluss vom 1. März 2011 - [X.], [X.], 765 Rn. 13).

b) Nach § 40 Abs. 1 GmbHG sind die Geschäftsführer verpflichtet, unverzüglich „nach Wirksamwerden jeder Veränderung“ in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung eine von ihnen unterschriebene Liste zum Handelsregister einzureichen. Hat ein Notar an Veränderungen im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG mitgewirkt, hat er unverzüglich „nach deren Wirksamwerden“ ohne Rücksicht auf etwaige später eintretende [X.] die Liste anstelle der Geschäftsführer zu unterschreiben, zum Handelsregister einzureichen und eine Abschrift der geänderten Liste an die Gesellschaft zu übermitteln, § 40 Abs. 2 Satz 1 GmbHG. Steht die Abtretung eines Geschäftsanteils unter einer aufschiebenden Bedingung, setzt die Verpflichtung des Notars, eine aktualisierte Gesellschafterliste einzureichen, nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut erst mit Wirksamwerden der Veränderung in der Person des Gesellschafters, das heißt mit [X.], ein ([X.]/[X.], [X.] 2007, 894, 896; [X.], GmbHR 2009, 169, 172; [X.]/[X.], aaO, Nachtrag [X.], § 40 Rn. 47 und § 40 Rn. 39;[X.]/[X.]/[X.], § 40 Rn. 19; [X.] in [X.]/[X.], aaO, § 40 Rn. 49; [X.] in [X.][X.], aaO, § 40 Rn. 13; [X.] in [X.]/[X.], aaO, § 9 Rn. 152; [X.]/[X.], in [X.]/[X.], Das [X.] in Wissenschaft und Praxis, 2009, Rn. 3.34; [X.], GmbHG, 2. Aufl., § 40 Rn. 15). Die Einreichung einer Gesellschafterliste, in der eine Veränderung erst angekündigt wird, sieht das Gesetz nicht vor (ebenso [X.], [X.], 1911, 1912; [X.]/[X.], [X.] 2011, 403, 407;Omlor, [X.], 83, 84; [X.], [X.] 2009, 2306, 2307 f.; [X.], [X.] 2011, 495, 496; [X.], [X.] 2009, 2168, 2169; [X.]. in [X.]/[X.], aaO, § 40 Rn. 49).

Diese Auslegung nach dem Wortlaut entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers und der Entstehungsgeschichte der jetzigen Fassung der Vorschrift des § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG. Die zuvor geltende Regelung des § 40 Abs. 1 Satz 2 GmbHG aF, nach der der Notar, der einen Vertrag über die Abtretung eines Geschäftsanteils nach § 15 Abs. 3 GmbHG beurkundet hatte, diese Abtretung unverzüglich dem Registergericht anzuzeigen hatte, wurde unter anderem deshalb für unbefriedigend erachtet, weil danach die Anzeige des Notars an das Registergericht bereits vor dem Wirksamwerden einer Abtretung erfolgt sein konnte, also möglicherweise ins Leere ging, wenn die Abtretung nachträglich am [X.] einer Bedingung oder Ähnlichem noch gescheitert war (vgl. Begründung des [X.] zum [X.], BT-Drucks. 16/6140 [X.]; [X.]/[X.], aaO, § 40 Rn. 36).

4. Ein Teil des Schrifttums hält es allerdings für zulässig, dass der Notar unmittelbar nach einer aufschiebend bedingten [X.] eine neue Gesellschafterliste zum Handelsregister einreichen darf, die der dort bisher eingestellten Liste entspricht, jedoch zusätzlich einen Hinweis auf die bedingte [X.] enthält (sogenanntes „Zwei-Listen-Modell“, vgl. [X.], [X.] 2009, 2272, 2275 f.; [X.]., [X.], 615, 616 f.; [X.]/[X.], [X.], 1913, 1914 f.; [X.], NJW 2010, 306; [X.], [X.] 2009, 871, 874; [X.]., [X.] 2011, 1037, 1039; [X.]/Erber, [X.] 2011, 286, 289 f.; MünchKommGmbHG/[X.], § 16 Rn. 247 f.). Dahinter steht das Bestreben, dem Ersterwerber nach einer aufschiebend bedingten Abtretung eines GmbH-Geschäftsanteils ein Mittel gegen einen gutgläubigen Erwerb dieses Anteils bei erneuter Abtretung durch den Veräußerer (Zweiterwerb) an die Hand zu geben.

Es kann dahinstehen, ob ein derartiges praktisches Bedürfnis, wenn es bestünde, eine Auslegung der Vorschrift des § 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GmbHG gegen ihren Wortlaut rechtfertigen könnte. Denn ein aufschiebend bedingt abgetretener Geschäftsanteil kann nicht nach § 161 Abs. 3 [X.] in Verbindung mit § 16 Abs. 3 GmbHG vor [X.] von einem Zweiterwerber gutgläubig erworben werden (ebenso neben dem Beschwerdegericht [X.], [X.], 1911; [X.], 612; [X.]/[X.], GmbHR 2009, 1065, 1068; [X.]/[X.], [X.] 2011, 403 f.; [X.], [X.] 2009, 193, 220; [X.], [X.], 1037, 1050; [X.]/Färber, GmbHR 2011, 785, 791 f.; [X.], [X.], 676, 691 f.; [X.], GmbHR 2009, 1212, 1214; [X.], [X.] 2009, 116, 117 f.; [X.]., [X.] 2009, 1173, 1175;Zessel, GmbHR 2009, 303, 305; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], aaO, § 16 Rn. 29). Der im Schrifttum vertretenen gegenteiligen Auffassung (vgl. [X.], [X.] 2010, 129; [X.]., [X.] 2011, 264, 265; MünchKommGmbHG/[X.], § 16 Rn. 283 f.; [X.]. in [X.]/[X.], [X.] in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, 2009, § 13 Rn. 141; [X.]., GmbHR 2011, 428, 429; Hellfeld, NJW 2010, 411, 412; [X.], [X.] 2009, 2272, 2275 f.; [X.]., [X.], 615, 616; [X.], GmbHR 2009, 841, 843; [X.], [X.] 2008, 841, 842; [X.], [X.] von Westphalen, 2010, [X.] ff.; [X.], [X.], 651, 652; [X.], [X.] 2011, 495, 496 f.; [X.], [X.] 2009, 1167, 1168; Schreinert/[X.], [X.], 1265, 1267;Vossius, [X.] 2007, 2299, 2301; [X.], [X.], 378, 396 f.; [X.]., GmbHR 2009, 1216, 1217; [X.], aaO, § 16 Rn. 20a; [X.]., [X.] 2009, 1, 15; [X.]., [X.] 2009, 871 f.; [X.]., [X.] 2011, 1037, 1038 f.; [X.], Das [X.] in der notariellen Praxis, 2009, Rn. 576; [X.]/[X.], aaO, Nachtrag [X.], § 16 Rn. 79; [X.]/[X.]/Verse, § 16 Rn. 64; [X.] [X.][X.], aaO, § 16 Rn. 63; [X.] in [X.]/Inhester, aaO, § 16 Rn. 34; [X.]/[X.], [X.], Bearbeitung 2010, § 161 Rn. 15) vermag der [X.] nicht zu folgen.

a) Das in § 161 Abs. 1 [X.] zum Ausdruck kommende Prioritätsprinzip, das bisher den Ersterwerber nach einer bedingten [X.] gegen einen Zweiterwerb geschützt hat, wurde durch die Einführung des gutgläubigen Erwerbs von Geschäftsanteilen nach § 16 Abs. 3 GmbHG mit dem [X.] ([X.]) nicht außer [X.] gesetzt. Die gegenteilige Auffassung beruft sich zu Unrecht auf den Wortlaut des § 161 Abs. 3 [X.]. Danach finden die Vorschriften zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, entsprechende Anwendung. Ob ein Gutglaubenserwerb eines Zweiterwerbers bei aufschiebend bedingter Übertragung eines Gegenstands grundsätzlich möglich ist, bestimmt sich jedoch nicht allein nach § 161 Abs. 3 [X.], sondern vorrangig nach denjenigen Vorschriften, die einen Gutglaubensschutz für den jeweiligen Verfügungsgegenstand vorsehen. Da § 161 Abs. 3 [X.] pauschal auf alle „Vorschriften zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten“, verweist, beantwortet sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein gutgläubiger Zweiterwerb möglich ist, nach den für den Zweiterwerb des jeweiligen [X.] maßgeblichen Vorschriften, für den Erwerb eines GmbH-Geschäftsanteils also nach § 16 Abs. 3 GmbHG ([X.], [X.], 612, 613 f.; [X.]/[X.], [X.] 2011, 403, 412; [X.]/Färber, GmbHR 2011, 785, 790; [X.], [X.], 676, 692; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 161 Rn. 19; Soergel/Wolf, [X.], 13. Aufl., § 161 Rn. 11; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 161 Rn. 9).

b) Nach § 16 Abs. 3 GmbHG ist die Gesellschafterliste Anknüpfungspunkt für den gutgläubigen Erwerb eines Geschäftsanteils. Die Rechtsscheinwirkungen des § 16 Abs. 3 GmbHG können nur so weit gehen, wie die Gesellschafterliste als Rechtsscheinträger den für den Rechtsverkehr maßgeblichen Vertrauenstatbestand begründen kann. Die Gesellschafterliste ist aber nicht geeignet, einen Rechtsschein dafür zu setzen, dass der in der Liste eingetragene Inhaber des Geschäftsanteils über diesen nicht bereits aufschiebend bedingt verfügt hat.

aa) Der Wortlaut des § 16 Abs. 3 GmbHG spricht dafür, dass die Gesellschafterliste nur eine Aussage über die Gesellschafterstellung trifft, nicht aber über die Belastung des Geschäftsanteils mit einem Anwartschaftsrecht. Der in § 16 Abs. 3 S. 1 Halbsatz 1 GmbHG angesprochene Erwerb vom Nichtberechtigten wird im Halbsatz 2 dieser Vorschrift davon abhängig gemacht, dass der Veräußerer als Inhaber des Geschäftsanteils eingetragen ist. Danach erfasst die Reichweite des [X.] der Gesellschafterliste nur den guten Glauben an die Rechtsinhaberschaft des eingetragenen Gesellschafters. Wer einen Geschäftsanteil erwirbt, soll darauf vertrauen dürfen, dass die in der Gesellschafterliste verzeichnete Person Gesellschafter ist (vgl. [X.], [X.], 612, 614; [X.]/[X.], [X.] 2007, 894, 897; Bohrer, [X.], 995, 998; [X.], [X.] 2008, 403, 417 f.; [X.], GmbHR 2009, 169, 174; [X.]/Färber, GmbHR 2011, 785, 790; [X.], [X.], 676, 688; [X.]/Erber, [X.] 2011, 286, 287; [X.], in: [X.]/[X.], aaO, § 13 Rn. 136; MünchKommGmbHG/[X.], § 16 Rn. 211, 275; [X.] [X.][X.], aaO, § 16 Rn. 56; Lücke/[X.], aaO, § 40 Rn. 10). Auch nach der Gesetzesbegründung soll durch § 16 Abs. 3 GmbHG der gutgläubige Erwerb von Geschäftsanteilen nur insoweit ermöglicht werden, als der Erwerber darauf soll vertrauen dürfen, dass die in der Gesellschafterliste verzeichnete Person auch wirklich Gesellschafter ist (vgl. Regierungsentwurf zum [X.], BT-Drucks. 16/6140, [X.]).

bb) Die Gesellschafterliste begründet dagegen keinen Vertrauenstatbestand für die Freiheit des Geschäftsanteils von Belastungen oder dafür, dass der Gesellschafter in seiner Verfügungsmacht über den Geschäftsanteil nicht durch den Gesellschaftsvertrag beschränkt ist. Für die Beschränkung der Verfügungsmacht nach § 161 Abs. 1 [X.] gilt nichts anderes.

Es entspricht der überwiegenden Auffassung, dass § 16 Abs. 3 GmbHG keinen gutgläubigen [X.] Erwerb in Bezug auf Pfandrechte oder Nießbrauchrechte an Geschäftsanteilen ermöglicht ([X.], [X.], 612, 614; Bohrer, [X.], 1892, 1894; [X.]/[X.], [X.] 2007, 894, 897; [X.], GmbHR 2011, 428, 429; [X.], [X.], 615; [X.], GmbHR 2009, 169, 174; Lieder, [X.] [2010], 857, 900; [X.], [X.], 676, 688; [X.], [X.] 2011, 328; [X.], [X.] 2011, 1037, 1038; [X.] in [X.]/[X.]/Winter, GmbHG, Ergänzungsband [X.], § 16 Rn. 132; [X.] in [X.]/[X.]/Winter, aaO, § 40 Rn. 27; [X.]/[X.], aaO, Nachtrag [X.], § 16 Rn. 73; [X.] [X.][X.], aaO, § 16 Rn. 60; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], aaO, § 16 Rn. 26; [X.] in [X.]/[X.], aaO, § 16 Rn. 38; [X.] in [X.]/Inhester, aaO, § 16 Rn. 2 und 27; Lücke/[X.], aaO, § 40 Rn. 10 alle m.w.[X.]). Diese Fallgestaltungen unterscheiden sich von der hier zu beurteilenden zwar dadurch, dass [X.], die sich im Zusammenhang mit einem gutgläubig bedingungsfreien Zweiterwerb ergeben, an[X.] als dingliche Belastungen nicht den Geschäftsanteil als solchen betreffen, sondern lediglich die Verfügungsmacht des Veräußerers. Es besteht aber im Wesentlichen auch Einigkeit darüber, dass unter anderem der gute Glaube an die freie Übertragbarkeit von Geschäftsanteilen nicht geschützt ist. Die bei der GmbH häufig anzutreffende Vinkulierung von Geschäftsanteilen nach § 15 Abs. 5 GmbHG kann nicht mit Hilfe der Gesellschafterliste, aus der diese Verfügungsbeschränkung nicht ersichtlich ist, überwunden werden ([X.], [X.], 612, 615; Bohrer, [X.], 995, 1003; [X.], [X.] 2007, 492, 494; MünchKommGmbHG/[X.], § 16 Rn. 276; [X.]., GmbHR 2011, 428, 429; [X.], [X.], 615; [X.], GmbHR 2009, 169, 174; [X.], GmbHR 2009, 196, 197; [X.], [X.] 2008, 403, 418; [X.]/Färber, GmbHR 2011, 785, 786, 790; Schockenhoff/Höder, [X.], 1841, 1844; [X.], [X.] 2011, 328; [X.] in [X.]/[X.]/Winter, aaO, § 16 Rn. 134; [X.]/[X.], aaO, Nachtrag [X.], § 16 Rn. 76; [X.]/[X.]/Verse, aaO, § 16 Rn. 63; [X.] [X.][X.], aaO, § 16 Rn. 62; [X.], in [X.][X.], aaO, § 16 Rn. 57; [X.] in [X.]/Inhester, aaO, § 16 Rn. 27).

cc) Aus der Praxis im Grundbuchrecht, die die Eintragung von [X.], auch der durch § 161 Abs. 1 [X.] bewirkten, zulässt, denen gegenüber gutgläubiger Erwerb nach § 892 Abs. 1 Satz 2 [X.] möglich ist (vgl. dazu BayObLG, NJW-RR 1986, 697; [X.], [X.], 676, 692; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], aaO, § 16 Rn. 29; [X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2008, § 892 Rn. 243; MünchKomm[X.]/[X.], aaO, § 161 Rn. 21; [X.]/[X.], [X.], 70. Aufl., § 892 Rn. 17), ergibt sich nichts anderes. Eine § 892 Abs. 1 Satz 2 [X.] entsprechende Regelung, nach der eine Verfügungsbeschränkung dem Erwerber gegenüber nur wirksam ist, wenn sie aus dem Grundbuch ersichtlich oder dem Erwerber bekannt ist, wurde in § 16 Abs. 3 GmbHG gerade nicht übernommen (vgl. [X.], [X.], 1037, 1050; [X.]/Färber, GmbHR 2011, 785, 792). Ausweislich der Begründung des [X.] lehnt sich § 16 Abs. 3 GmbHG nur teilweise an § 892 [X.] an (BT-Drucks. 16/6140 [X.]; vgl. [X.]/[X.], [X.] 2011, 403, 412), wie unter anderem auch daraus deutlich wird, dass in § 16 Abs. 3 Satz 2 GmbHG teilweise das Veranlasserprinzip verankert ist, in § 892 [X.] aber nicht. Einen vollständigen Gleichlauf von § 892 [X.] und § 16 Abs. 3 GmbHG hat der Gesetzgeber nicht gewollt und für die Erreichung des gesetzgeberischen Ziels, den an der Abtretung eines Geschäftsanteils beteiligten Personen die Mühen, Kosten und Unsicherheiten der mitunter sehr langen [X.] seit Gründung der Gesellschaft zu ersparen, auch als nicht erforderlich erachtet (vgl. BT-Drucks. 16/6140, [X.]). Hiervon abgesehen erstreckt sich der den gutgläubigen Erwerb rechtfertigende Rechtsschein des Grundbuchs nach herrschender Meinung auch nur auf eintragungsfähige Rechte und [X.] (vgl. Lieder, [X.] [2010], 857, 881; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 892 Rn. 3 und 12).

dd) Soweit die Gegenmeinung für ihre Ansicht anführt, nach dem der Regelung des § 161 Abs. 3 [X.] zugrunde liegenden Grundgedanken könne es nicht sein, dass der gutgläubige Erwerber eines GmbH-Geschäftsanteils bei einem Erwerb vom (noch) Berechtigten weniger geschützt sei als beim Erwerb vom (gänzlich) Nichtberechtigten oder dass ein nicht in die Gesellschafterliste eingetragener aufschiebend bedingter Erwerber besser gegen den gutgläubigen Verlust seiner Rechtsstellung geschützt sei als der nicht eingetragene Vollrechtsinhaber, wird dem oben bereits dargelegten Umstand nicht hinreichend Rechnung getragen, dass der gute Glaube auch bei § 161 Abs. 3 [X.] nur in dem von den gesetzlichen Vorschriften gezogenen Rahmen geschützt ist, die über § 161 Abs. 3 [X.] zur Anwendung kommen. Hierzu gehört, dass ein geeigneter Rechtsscheinträger vorhanden sein muss, der den für den Rechtsverkehr maßgeblichen Vertrauenstatbestand begründet. Das [X.] (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 21. März 1996 - [X.], [X.]Z 132, 218, 222) ist stärker geschützt als sein Vollrecht, weil die Gesellschafterliste über § 161 Abs. 3 [X.] den durch § 161 Abs. 1 [X.] vermittelten Schutz bei aufschiebend bedingten Verfügungen nicht relativiert (so zu Recht [X.]/Färber, GmbHR 2011, 785, 791).

ee) Aus den dargelegten Gründen greift auch der Einwand nicht durch, bei einer Ablehnung des gutgläubigen bedingungsfreien Zweiterwerbs werde das gesetzgeberische Ziel, die bei der Abtretung gebotenen Prüfungen zu vereinfachen und die damit verbundenen Kosten zu senken, verfehlt. Angesichts der aufgezeigten Grenzen der Legitimationswirkung der Gesellschafterliste hinsichtlich dinglicher Belastungen und im Gesellschaftsvertrag angeordneter [X.] kann dieses Ziel ohnehin nur eingeschränkt erreicht werden. Diese Beschränkung hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen. Trotz intensiver Diskussion im Gesetzgebungsverfahren wurde der gutgläubige Erwerb in Bezug auf Pfandrechte oder Nießbrauchrechte an Geschäftsanteilen nicht in den Regelungsbereich des § 16 Abs. 3 GmbHG aufgenommen (vgl. die Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des [X.], [X.] 2007, 211, 215 Rn. 37; hierzu [X.]/Färber, GmbHR 2011, 785, 794; [X.]/[X.], aaO, Nachtrag [X.], § 16 Rn. 73 f.; [X.] in [X.]/[X.]/Winter, aaO, § 16 Rn. 124 und 132).

Bergmann                                               Caliebe                                         Drescher

                             Born                                                  Sunder

Meta

II ZB 17/10

20.09.2011

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 12. Juli 2010, Az: 11 W 51/10, Beschluss

§ 161 Abs 3 BGB, § 16 Abs 3 GmbHG, § 40 Abs 1 S 1 GmbHG, § 40 Abs 2 S 1 GmbHG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.09.2011, Az. II ZB 17/10 (REWIS RS 2011, 3265)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3265

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