Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.04.2020, Az. AK 6/20

3. Strafsenat | REWIS RS 2020, 11712

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:BGH:2020:070420BAK6.20.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AK 6 u. 7/20

vom
7. April
2020
in dem Strafverfahren
gegen

1.

2.

wegen
zu 1.: Verbrechens gegen die Menschlichkeit u.a.
zu 2.: Beihilfe zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit

-
2
-
Der 3.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] sowie der Angeklagten und ihrer Verteidiger am 7.
April 2020 ge-mäß §§
121, 122 StPO
beschlossen:

Die Untersuchungshaft hat [X.].
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundes-
gerichtshof findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem [X.]punkt wird die Haftprüfung dem Oberlandes-
gericht Koblenz übertragen.

Gründe:
I.
1.
Der Angeklagte R.

ist am 12.
Februar
2019 festgenommen worden
und befindet sich seit dem Folgetag ununterbrochen in Untersuchungshaft, [X.] aufgrund Haftbefehls des Ermittlungsrichters des [X.] vom 7.
Februar 2019 (4
[X.] 21/19), seit dem 29.
November 2019 aufgrund des Haftbefehls des 1. Strafsenats des [X.] vom
18.
November 2019 (1
StE 9/19).
Dieser Haftbefehl wirft dem Angeklagten R.

vor, er habe in D.

(Syrien) in der [X.] vom 29.
April 2011 bis zum 7.
September 2012 gemein-schaftlich handelnd durch eine Handlung im Rahmen eines ausgedehnten und systematischen Angriffs auf eine Zivilbevölkerung
1
2
-
3
-
-
58
Menschen aus niedrigen Beweggründen getötet,
-
mindestens 4.000
Menschen gefoltert, indem er ihnen erhebliche [X.] und seelische Schäden und Leiden zugefügt habe, die nicht lediglich Folge völkerrechtlich zulässiger Sanktionen gewesen seien, diese mindestens 4.000
Menschen unter Verstoß gegen eine allge-meine Regel des Völkerrechts in schwerwiegender Weise der körperli-chen Freiheit beraubt, eine andere Person mit Gewalt genötigt, sexu-elle Handlungen an sich zu dulden, wobei der Täter eine Waffe bei sich geführt habe, und eine andere Person mit Gewalt genötigt, sexu-elle Handlungen an sich zu dulden, wobei der Täter dem Beischlaf ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vorgenommen habe, die dieses besonders erniedrigt hätten,
strafbar gemäß §§
1,
7 Abs.
1 Nr.
1, 5, 9 [X.], §
177 Abs.
1 Nr.
1, Abs.
2 Nr.
1, Abs.
3 Nr.
1 StGB in der vom 1.
April 1998 bis zum 9.
November 2016 gültigen Fassung, §§
211, 25 Abs.
2, §
52 StGB.
2.
Der Angeklagte A.

ist ebenfalls am 12.
Februar 2019 festgenom-
men worden und hat sich zunächst bis zum 17.
Mai 2019 in Untersuchungshaft befunden. Dem Vollzug hat der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des [X.]s vom 7.
Februar 2019 (4 [X.] 25/19) zugrunde gelegen, den dieser mit Beschluss vom 17.
Mai 2019 (4 [X.] 128/19) wieder aufgehoben hat.
Am 24.
Juni 2019 ist der Angeklagte A.

erneut festgenommen wor-
den und befindet sich seither ununterbrochen in Untersuchungshaft. Da der [X.] mit Beschluss vom 6.
Juni 2019 (StB 14/19) auf die Beschwerde des [X.] den letztgenannten Beschluss des Ermittlungsrichters vom 17.
Mai 2019 aufgehoben hat, ist Grundlage des weiteren Untersuchungshaft-vollzugs zunächst abermals der -
wieder existente und
vom Senat zugleich in-3
4
5
6
7
-
4
-
haltlich geänderte
-
Haftbefehl des Ermittlungsrichters vom 7.
Februar 2019 gewesen. Seit dem 29.
November 2019 wird der bereits benannte Haftbefehl des 1.
Strafsenats des [X.] vom 18.
November 2019 (1
StE 9/19) auch gegen den Angeklagten A.

vollzogen.
Diesem Angeklagten legt der Haftbefehl zur Last, er habe in D.

und Do.

(Syrien) vom 1.
September oder bis zum 31.
Oktober 2011 durch
eine Handlung im Rahmen eines ausgedehnten und systematischen Angriffs auf eine Zivilbevölkerung einem anderen geholfen, mindestens 30
Menschen zu foltern, indem ihnen erhebliche körperliche und seelische Schäden und Leiden zugefügt worden seien, und diese mindestens 30
Menschen unter Verstoß ge-gen eine allgemeine Regel des Völkerrechts in schwerwiegender Weise der körperlichen Freiheit beraubt, strafbar nach §§
1,
7 Abs.
1 Nr.
5,
9 [X.], §
27 StGB.
3.
Der Senat hat gegen die Angeklagten die Fortdauer der Untersu-chungshaft über sechs Monate hinaus (Beschlüsse vom 5.
September 2019 betreffend den Angeklagten R.

[AK 47/19]
und vom 9.
Oktober 2019 betref-fend den
Angeklagten A.

[AK 54/19]) sowie über neun Monate hinaus (Beschluss
vom 17.
Dezember 2019 [AK 59 u. 60/19]) angeordnet.
4.
Am 22.
Oktober 2019 hat der [X.] mit Anklageschrift vom 18.
Oktober 2019 gegen die Angeklagten die öffentliche Klage zum [X.] erhoben. Mit Beschluss vom 6.
März 2020 hat dessen 1.
Strafsenat die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen, das [X.] eröffnet und Haftfortdauer angeordnet. Der Beginn der Hauptverhandlung ist auf den 23.
April 2020 bestimmt.

8
9
10
-
5
-
II.
Die Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft und de-ren Fortdauer auch über zwölf Monate hinaus liegen
für beide Angeklagte vor.
1.
Hinsichtlich des jeweiligen dringenden Tatverdachts, des [X.] der Fluchtgefahr und der Versagung einer Haftverschonung wird auf den [X.]sbeschluss vom 17.
Dezember 2019 sowie die dort in Bezug genommenen Gerichtsentscheidungen und [X.] nebst Anklageschrift des [X.] verwiesen.
Da die Fortdauer der Untersuchungshaft gegen den Angeklagten R.

weiterhin von dem im Senatsbeschluss vom 5.
September 2019 dargelegten dringenden Tatverdacht des [X.] gemäß §
7 Abs.
1 Nr.
5 [X.], §
25 Abs.
2 StGB getragen wird, kann nach wie vor offenbleiben, inwieweit der weitergehende Vorwurf berechtigt ist, den der Haftbefehl des [X.] vom 18.
November 2019 in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gegen diesen Angeklagten erhebt. Freilich entspricht es bereits der Tatschilderung im benannten Senatsbeschluss, dass es nach den Ergebnissen der Ermittlungen im Gefängnis der Abteilung

des syrischen All-gemeinen
Geheimdienstes zu dem Angeklagten R.

zurechenbaren syste-matischen
Folterungen zahlreicher Gefangener -
nicht nur der drei Zeugen [X.]

,

G.

und T.

-
kam. Auf die Bezifferung der mutmaßlichen Mindestzahl der
Folteropfer und die Konkretisierung weiterer Einzelfälle kommt es für die Haft-frage nicht an.
2.
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über zwölf Monate hinaus (§
121 Abs.
1, §
122 Abs.
4 Satz
2 StPO) sind gegeben. Die besondere Schwierigkeit und der besondere Umfang des Verfahrens haben 11
12
13
14
-
6
-
ein Urteil bislang noch nicht zugelassen und rechtfertigen auch weiterhin den Vollzug der Untersuchungshaft. Das Verfahren ist auch nach dem Senatsbe-schluss vom 17.
Dezember 2019 hinreichend gefördert worden:
Nachdem der 1.
Strafsenat des [X.] die Zustel-lung der Anklageschrift an die Verteidiger verfügt, eine Einlassungsfrist bis zum 15.
November 2019 gesetzt, die Übersetzung der Anklageschrift in die [X.] veranlasst und diese
Übersetzung, als sie am 26.
November 2019 vorlag, den Angeklagten übersandt hatte, hat es sich darum bemüht, den Beginn der Hauptverhandlung in angemessener Frist zu terminieren. Nach [X.] schriftlichen Anfragen im Dezember 2019 hat das [X.] mit Verfügung vom 8.
Januar 2020 die Verteidiger um Mitteilung gebeten, welche Hauptverhandlungstermine ab dem 1.
April 2020 in Betracht kommen. Auf der Grundlage der Antwortschreiben ist -
nach zwischenzeitlicher Eröffnung des Hauptverfahrens
-
der Beginn der Hauptverhandlung auf den frühestmöglichen Termin, den 23.
April 2020, bestimmt worden. Im [X.]raum bis zum 13.
August 2020 sind 23 weitere [X.] vorgesehen.
Soweit der Senat in seinem Beschluss vom 17.
Dezember 2019 auf mög-liche Bedenken gegen einen avisierten Hauptverhandlungsbeginn ab Mitte Mai 2020 hingewiesen hat, hat dem das [X.] durch sein Vorgehen bei der Terminierung Rechnung getragen.
15
16
-
7
-
3.
Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht nach wie vor nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der jeweiligen Sache und der im Fall einer Ver-urteilung zu erwartenden Strafen (§
120 Abs.
1 Satz
1 StPO).

Schäfer

Wimmer

Berg
17

Meta

AK 6/20

07.04.2020

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.04.2020, Az. AK 6/20 (REWIS RS 2020, 11712)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11712

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

AK 7/20 (Bundesgerichtshof)


AK 60/19 (Bundesgerichtshof)


AK 59/19 (Bundesgerichtshof)


AK 51/21 (Bundesgerichtshof)

Untersuchungshaft: Beachtung des Beschleunigungsgebots im Eröffnungsverfahren; Fortdauer der Untersuchungshaft über 12 Monate hinaus


AK 2/20 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.