Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.02.2014, Az. 27 W (pat) 58/13

27. Senat | REWIS RS 2014, 7853

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Lupanar" – Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 045 553.8

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 18. Februar 2014 unter Mitwirkung des Richters [X.] als Vorsitzenden sowie der Richterin [X.] und des Richters k.A. Schmid

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen

Gründe

I.  

1

Die Markenstelle hat das angemeldete Wortzeichen

2

[X.]

3

für die Dienstleistungen

4

Klasse 35:

5

Unternehmensverwaltung

6

Klasse 43:

7

Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen

8

[X.]:

9

Von Dritten erbrachte persönliche und [X.] Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse

mit zwei Beschlüssen vom 19. Dezember 2012 und 12. Juni 2013 zurückgewiesen. Dies hat die Markenstelle damit begründet,  das Zeichen sei unabhängig von seiner Unterscheidungskraft in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen jedenfalls als beschreibende Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen. Bei der angemeldeten Wortmarke „[X.]“ handele es sich um ein [X.], [X.], [X.] bzw. [X.] Wort für „Freudenhaus“ oder „Bordell“, was ein Gebäude oder Teil eines Gebäudes sei, in dem (überwiegend) Frauen sexuelle Dienstleistungen gegen Entgelt anböten. Es könne dahingestellt bleiben, ob aus dem Kreis der breit gestreuten Endverbraucher ein beachtlicher Teil das angemeldete Zeichen „[X.]“ ohne weiteres im Sinne von „Bordell“ verstehe. Denn es reiche aus, wenn die beschreibende Bedeutung des fremdsprachigen Begriffs nur für die an der Erbringung der betroffenen Dienstleistungen, insbesondere für die am entsprechenden zwischenstaatlichen Handelsverkehr beteiligten Fachkreise, erkennbar sei. Die an der Erbringung der maßgeblichen Dienstleistungen beteiligten [X.], die häufig auch aus dem Ausland, insbesondere aus Osteuropa stammten oder dorthin geschäftliche Kontakte unterhielten, würden den Begriff „[X.]“ in seiner Bedeutung „Bordell“ ohne weiteres erkennen.

In dieser Bedeutung beschreibe „[X.]“ die zurückgewiesenen Dienstleistungen in Form einer Inhalts-, Gegenstands- bzw. [X.]. So gehöre im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen der [X.] zu den Angeboten eines Bordells, dass die dort tätigen Frauen „persönliche und [X.] Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse“ ihrer Kunden erbringen. Darunter fielen sexuelle Dienste ebenso wie Gespräche, auch würden üblicherweise Getränke, Speisen und ggf. Aufenthalts- und Übernachtungsmöglichkeiten angeboten (Klasse 43 „Verpflegung und Beherbergung von Gästen“). „Unternehmensverwaltung“ könne sich auf das Angebot von Unterstützung im Zusammenhang mit der Verwaltung von Bordellen beziehen.

Der Anmelder hat dagegen Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, „[X.]“ sei als [X.] Wort zwar in [X.] Sprachen eingegangen, aber nicht alltagsgebräuchlich und in [X.] nicht bekannt.

Der Anmelder beantragt,

die Beschlüsse der Markenstelle des [X.] vom 19. Dezember 2012 und 12. Juni 2013 aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Einer Registrierung der angemeldeten Marke steht § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen.

Diese Vorschrift verbietet es, Zeichen als Marken einzutragen, die ausschließlich aus Teilen bestehen, welche zur Bezeichnung der Art, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können, unabhängig davon, ob und inwieweit sie bereits bekannt sind oder verwendet werden (vgl. [X.], [X.] [X.], [X.], 428).

Der Ausschluss solcher zur Beschreibung geeigneter Zeichen oder Angaben dient dazu, dass sie jedermann frei verwenden kann. Es ist daher nicht erlaubt, solche Zeichen oder Angaben durch ihre Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorzubehalten (vgl. [X.] GRUR 1999, 723, Rn. 25 - [X.]; [X.]. 2003, 632, Rn. 73 - Linde).

§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] errichtet eine hohe Hürde für die Erlangung des Markenschutzes; die darin enthaltenen Formulierungen „dienen können“ und „Bezeichnung sonstiger Merkmale“ bilden einen sehr weit gefassten Versagungsgrund. Deshalb muss jegliche Möglichkeit einer unmittelbar merkmalsbeschreibenden Funktion eines Zeichens zur Subsumtion unter die zweite Alternative des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] führen (vgl. Sekretaruk, Farben als Marken, 2005, [X.] Rn. 96). Dass ein beschreibender Ausdruck einen Wiedererkennungswert hat, berührt seine beschreibende Aussage nicht.

Zur Beschreibung geeignet sind auch nicht im [X.] verzeichnete Wörter (vgl. [X.], 146, 147 f. (Rz. 32) - Doublemint). Ebenso spielt es keine Rolle, ob es Synonyme gibt. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] muss das angemeldete Zeichen zwar, um unter das dort genannte Eintragungshindernis zu fallen, „ausschließlich“ aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung von Merkmalen der betreffenden Waren oder Dienstleistungen dienen können, doch verlangt dies nicht, dass diese die ausschließliche Bezeichnungsweise der fraglichen Merkmale sind (vgl. [X.] [X.]. 2004, 500 [X.], [X.]. 57, 102 – Postkantoor). Fremdsprachige Begriffe sind nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihr beschreibender Bedeutungsgehalt zumindest von den am zwischenstaatlichen Handelsverkehr beteiligten inländischen Fachkreisen erkannt wird. Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ist dabei im Lichte des ihm zugrunde liegenden Allgemeininteresses an der Gewährleistung eines freien, nicht durch ungerechtfertigte markenrechtliche Monopole beeinträchtigten Warenverkehrs auszulegen ([X.] GRUR 2004, 943 Rn. 26 - SAT.2) und trägt dem im Allgemeininteresse liegenden Ziel Rechnung, dass beschreibende Zeichen oder Angaben von jedermann, insbesondere von des Mitbewerbern des Anmelders, frei verwendet werden können. Insbesondere bei Begriffen, die den "klassischen" Welthandelssprachen [X.], [X.], Italienisch, [X.] und [X.] zuzuordnen sind, ist nach ständiger Rechtsprechung von einer grundsätzlichen Eignung zur Beschreibung i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 auszugehen (vgl. [X.]/Hacker, [X.], 10. Aufl., § 8 Rn. 401).

Dass „[X.]“ in den erwähnten Sprachen „Bordell“ bedeutet, ist letztlich unumstritten und von der Markenstelle ausreichend belegt. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Herkunft des Begriffes aus dem [X.] steht dem ersichtlich nicht entgegen. Dass die den fraglichen Sprachen mächtigen Anbieter und Nachfrager der beanspruchten Diensteistungen das Wort zwanglos als „Bordell“ verstehen, steht daher nicht in Frage. Der Verweis der Markenstelle auf die internationale Herkunft der „Dritten“, die persönliche und [X.] Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse erbringen, führt hier ebenso zu der Annahme eines breiten Verständnisses des Begriffs wie der des Anmelders in der mündlichen Verhandlung auf die Weltläufigkeit seiner Gäste. Da die Markenstelle die Beschreibungseignung des Zeichens für die einzelnen Dienstleistungen überzeugend herausgearbeitet hat, ist die Möglichkeit zur beschreibenden Verwendung für alle beanspruchten Dienstleistungen gegeben.

Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 [X.]) besteht ebenso wenig Anlass wie für die Zulassung der Rechtsbeschwerde. Der vorliegende Fall wirft keine grundsätzliche Rechtsfrage auf. Die Entscheidung des Senats erschöpft sich vielmehr in der einzelfallbezogenen Anwendung höchstrichterlich geklärter Beurteilungsgrundsätze.

Meta

27 W (pat) 58/13

18.02.2014

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.02.2014, Az. 27 W (pat) 58/13 (REWIS RS 2014, 7853)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7853

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27 W (pat) 544/14

26 W (pat) 575/16

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