Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.11.2011, Az. 26 W (pat) 511/11

26. Senat | REWIS RS 2011, 1187

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "GlassLock (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 021 148.2

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 23. November 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie des [X.] [X.] und der Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 21. Januar 2011 hat die Markenstelle für Klasse 21 des [X.] der Markenanmeldung 30 2010 021 148.2

Abbildung

2

für die Waren

3

"Klasse 21: Behälter für Nahrungsmittel (welche nur die Funktion haben, luftdicht zu sein); [X.], nämlich eine koreanische Zusammenstellung von verschachtelbaren Gefäßen zur Aufbewahrung und Beförderung von Nahrungsmitteln (welche nur die Funktion haben, luftdicht zu sein); [X.] (welche nur die Funktion haben, luftdicht zu sein); Behälter für Kimchi (welche nur die Funktion haben, luftdicht zu sein); Menagen, nicht aus Edelmetall (welche nur die Funktion haben, luftdicht zu sein); Trinkgefäße (welche nur die Funktion haben, luftdicht zu sein); Thermoskannen für kaltes Wasser (welche nur die Funktion haben, luftdicht zu sein); [X.] (welche nur die Funktion haben, luftdicht zu sein), alle vorgenannten Waren der Klasse 21 nicht mit einem Glasverschluss (Kappen oder Deckel) ausgestattet"

4

die Eintragung mit der Begründung versagt, dass dem Zeichen das notwendige Mindestmaß an Unterscheidungskraft fehle, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

5

Dieser Entscheidung vorausgegangen ist ein Antrag der Anmelderin vom 9. April 2010 auf Umwandlung des [X.] Anteils der am 12. Februar 2010 gelöschten [X.][X.]" in eine [X.] Marke. Der [X.][X.]" hatte das [X.] zuvor mit am 25. Oktober 2007 veröffentlichtem [X.] vom 23. August 2007 vorläufig den Schutz für die [X.] für alle von ihr beanspruchten und mit den oben bezeichneten übereinstimmenden Waren verweigert.

6

Zur Begründung ihres die Anmeldung 30 2010 021 148.2 zurückweisenden Beschlusses vom 21. Januar 2011 hat die Markenstelle ausgeführt, der Wortbestandteil des [X.] "[X.]" setze sich aus dem zum [X.] Grundwortschatz gehörenden Nomen "[X.]" und dem Wort "Lock" zusammen. "Lock" komme als Substantiv die Bedeutung "Schloss, Verschluss, Schließe" und als Verb die Bedeutung "verschließen, sich abschließen, verschließen lassen, verschließbar sein" zu. "[X.]" weise daher im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren der Klasse 21 darauf hin, dass diese aus Glas bestünden und über einen Verschluss verfügten, der luftdicht abschließe. Verschließbare Glaswaren oder Behältnisse, um welche es sich bei den beanspruchten Waren jeweils handeln könne, umfasse der in das [X.] aufgenommene Disclaimer nicht. Die grafische Gestaltung des angemeldeten Zeichens vermöge seine Schutzfähigkeit nicht zu begründen.

7

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Ansicht, die angemeldete Wortkombination, eine sprachliche Neuschöpfung, sei nicht beschreibend. Waren aus Glas, die einen Verschluss hätten, der luftdicht abschließe, würden im [X.] durch "lockable glass container" bezeichnet. Die Bedeutung des [X.] "Lock" könne beim angesprochenen Verkehr nicht als bekannt vorausgesetzt werden. Jedenfalls verhelfe die gewählte Kombination verschiedener grafischer Gestaltungsmerkmale dem Zeichen zum notwendigen Mindestmaß an Unterscheidungskraft. Ein [X.] bestehe nicht. Die Anmelderin beruft sich schließlich auf die Eintragung ihrer Internationalen Registrierung "[X.]" in fünf Ländern, in denen [X.] Muttersprache sei.

8

Die Anmelderin beantragt,

9

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 21 vom 21. Januar 2011 aufzuheben.

Ergänzend wird auf die beigezogene Akte des [X.] Az. 30 2010 021 148.8 Bezug genommen.

II.

Die gem. § 66 Abs. 1, 2 [X.] zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Da die vorläufige Schutzverweigerung der [X.] 913604 für die [X.] im Löschungszeitpunkt am 12. Februar 2010 fortbestanden hat, hat die Markenstelle die aus dem [X.] hervorgegangene [X.] Markenanmeldung 30 2010 021 148 zutreffend einer Neuanmeldung entsprechend auf absolute Schutzhindernisse geprüft, §§ 125 Abs. 4 S. 1 [X.]. Gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] hat sie dem Anmeldezeichen zu Recht die Eintragung wegen fehlender Unterscheidungskraft versagt.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. [X.] [X.], 233, 235, [X.]. 45 - Standbeutel; [X.] GRUR 2003, 604, 608, [X.]. 62 - [X.]). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. [X.] GRUR 2003, 55, 57 f., [X.]. 51 - [X.]; [X.], 395, 397, [X.]. 18 - [X.], [X.]). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. [X.] GRUR 2008, 608, 610, [X.]. 59 - [X.]; [X.] [X.], 943, 944, [X.]. 26 - SAT.2; [X.] GRUR 2003, 604, 608, [X.]. 60 - [X.]). Die erforderliche Unterscheidungskraft ist zum einen solchen Angaben und Zeichen abzusprechen, die einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweisen. Anderen Angaben kann die Unterscheidungskraft fehlen, etwa wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. [X.], 850, [X.]. 28 - [X.]; [X.], 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Für eine Schutzversagung [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] reicht es bereits aus, dass ein Wortzeichen in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. [X.] GRUR 2003, 58, 59 ([X.]. 21) - [X.]; [X.] 2003, 450, 453 ([X.]. 32) - [X.]; [X.] 2004, 99, 109 ([X.]. 97) - Postkantoor; [X.] 2004, 111, 115 ([X.]. 38) - Biomild).

Für die Frage, ob Kombinationsmarken wie dem Anmeldezeichen ein eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis zukommt, ist maßgeblich, ob durch ihre besondere graphische Ausgestaltung und/oder durch die Verbindung ihrer - wenn auch für sich genommen nicht unterscheidungskräftigen - Wortbestandteile ein eigenständiger Gesamteindruck bewirkt wird, der über die Zusammenfügung beschreibender Elemente hinausgeht und sich nicht lediglich in deren bloßer Summenwirkung erschöpft (vgl. [X.] [X.], 678, Rn. 98–100 - Postkantoor; [X.], 680, 681 Rn. 39–41 - [X.]; [X.], 229, 230, Rn. 31 - BioID; GRUR 2008, 608 Rn. 45, 69 - [X.]; [X.], 949, Rn. 13 - My World; [X.], 65 - 68 - Buchstabe T mit Strich; [X.], in [X.]/ [X.], [X.], 10. Aufl., Rn. 142, 151, 157). Hiervon ausgehend wird der angesprochene Verkehr dem Anmeldezeichen jedoch keinen Hinweis auf einen bestimmten Hersteller entnehmen, sofern "[X.]" zur Kennzeichnung der beanspruchten Waren der Klasse 21 verwendet wird.

In seiner durch die Markenstelle zutreffend ermittelten und belegten Bedeutung weist die Wortkombination "[X.]" auf die Möglichkeit hin, Glas zu verschließen. Dieser Begriffsinhalt ergibt sich im Bereich der Haushaltsartikel für den angesprochenen inländischen Fachverkehr sowie für den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher aus der Summe ihrer Bestandteile "[X.]" mit der Bedeutung "Glas" und "Lock" in seiner Bedeutung "verschließen" (vgl. [X.], [X.], Großwörterbuch [X.], Neubearbeitung 2010, 575: lock = Schloss, Verschluss, Schließe, verschließen, sich abschließen, verschließen lassen, verschließbar sein). Diejenigen [X.]kenntnisse, die zum Verständnis des zum Grundwortschatz dieser Sprache gehörenden Wortes "lock" erforderlich sind, können beim angesprochenen inländischen Fachverkehr als bekannt vorausgesetzt werden ([X.] [X.], 411 (Nr. 24) - Matratzen Concord/[X.]; [X.], [X.] 2006, 433, 435; [X.], [X.]; 10. Aufl. Rn. 29, 130 zu § 8). Auch dem angesprochenen Durchschnittsverbraucher ist die genannte Bedeutung von "lock" durch internationale Beschriftungen von Verriegelungsmechanismen von Türen ("lock the door"), Computern und Schreibmaschinen (Umschaltsperre "caps lock") bekannt, denen er im öffentlichen Personenverkehr oder bei der Benutzung von Tastaturen begegnet. "[X.]" wird er schon wegen der sprachlichen Nähe dieses Begriffs zum [X.] Synonym "Glas" in diesem Sinne verstehen. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Behältern für Nahrungsmittel und Getränke der Klasse 21, "welche nur die Funktion haben, luftdicht zu sein", wird der angesprochene Verkehr "[X.]" daher nur als Sachhinweis darauf, dass Lebensmittel in Glasbehältern luftdicht verschlossen werden können, jedoch nicht als Herkunftshinweis verstehen.

.trade.korea.com). "[X.]lock" zählt damit zu denjenigen Markenneubildungen, die ausschließlich sachbezogene Angaben enthalten. Ihnen fehlt das notwendige Mindestmaß an Unterscheidungskraft (vgl. [X.], 578, 580 - LOKMAUS

Die graphische Gestaltung des [X.] vermag das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht zu überwinden. Denn sie erschöpft sich in schwarz umrandeten und im Wortbestandteil "[X.]" zusätzlich schwarz hinterlegten, weißen Druckbuchstaben, die in ihrem unteren Drittel allmählich eine graue Färbung erhalten. Dies entspricht einer werbeüblichen Gestaltung, an die der Verkehr gewöhnt ist. Darüber hinausgehende charakteristische Merkmale, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht (vgl. [X.], 331, 332 - Westie-Kopf; [X.], 683, 684 - Farbige Arzneimittelkapsel; [X.], 257, 258 - Bürogebäude) weist das angemeldete Zeichen nicht auf.

Angesichts dessen kann dahinstehen, ob "[X.]" für die beanspruchten Waren der Klasse 21 eine Produktmerkmalsbezeichnung [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] darstellen kann, die auch unter Berücksichtigung der konkreten graphischen Ausgestaltung des [X.] zugleich im Interesse von Wettbewerbern der Anmelderin freihaltebedürftig ist.

Soweit sich die Anmelderin auf die Eintragung ihrer Marke im englischsprachigen Ausland beruft, ändert dies schließlich nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit seines Zeichens in der [X.]. So genannte "Scheinentlehnungen", wie beispielsweise das Wort "Wellness" zeugen davon, dass selbst Sprachgebilde, die in ihrer konkreten Form im [X.] Sprachraum nicht nachweisbar sind, nach dem Verständnis des inländischen Verbrauchers als ausschließlich beschreibende Aussage aufgefasst werden können (vgl. [X.], [X.], 10. Aufl., Rn. 132 zu § 8). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. [X.] [X.] 2008, 163, 167 [Rz. 39] - [X.]; [X.], 674, [X.]. 43, 44 - Postkantoor; [X.], 428, Nr. 63 - [X.]; BPatG [X.] 2007, 351, 352 f. - Topline; [X.], 333, 335 ff. - [X.]; [X.], 423 - amazing discoveries; [X.], 425 - [X.]), die allein nach Maßgabe der in der [X.] geltenden, [X.] und nationalen Normen sowie unter Berücksichtigung des Verständnishorizontes des hier angesprochenen, allgemeinen, inländischen, aufmerksamen, durchschnittlichen Verbrauchers zu beurteilen ist.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.

Meta

26 W (pat) 511/11

23.11.2011

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.11.2011, Az. 26 W (pat) 511/11 (REWIS RS 2011, 1187)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1187

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