Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.11.2019, Az. 1 StR 62/19

1. Strafsenat | REWIS RS 2019, 1577

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Strafverfahren: Rechtskraft der Revisionsentscheidung


Tenor

Der Antrag des [X.] vom 2. Oktober 2019, den Beschluss des Senats vom 23. Juli 2019 aufzuheben und das Verfahren fortzusetzen, wird abgelehnt.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten mit Urteil vom 21. Dezember 2018 wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hat der [X.] durch Beschluss vom 23. Juli 2019 das Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben und insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Schwurgerichtskammer des [X.] zurückverwiesen; die weitergehende Revision des Angeklagten wurde nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

2

1. Eine erneute Hauptverhandlung hat bislang noch nicht stattgefunden. Die Staatsanwaltschaft hat vielmehr die Akten dem [X.] über den [X.] erneut zugeleitet mit dem Antrag, den [X.]sbeschluss vom 23. Juli 2019 aufzuheben und das Verfahren fortzusetzen. Dem vom [X.] gestellten Antrag bleibt der Erfolg versagt.

3

Dem Antrag liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

4

Nachdem das Schreiben des Angeklagten, mit dem er gegen das Urteil des [X.] München I Revision eingelegt hatte, verspätet beim [X.] eingegangen war, hat der [X.] ihm antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Das gemäß § 267 Abs. 4 StPO abgekürzte Urteil des [X.] war zu diesem Zeitpunkt bereits zu den Akten gebracht und ausgefertigt worden. Eine Ausfertigung des 13-seitigen Urteils gelangte zum [X.]. Das [X.] hat das Urteil nach gewährter Wiedereinsetzung gemäß § 267 Abs. 4 Satz 4 StPO ergänzt und dem Verteidiger zugestellt, der die Revision daraufhin (nochmals) mit der allgemeinen Sachrüge begründete. Während die [X.] in beglaubigter Kopie zum [X.] genommen wurden, unterblieb dies bei dem nunmehr 27 Seiten umfassenden, ergänzten Urteil des [X.]. Sowohl der [X.], der die unterbliebene Erörterung der Voraussetzungen des § 64 StGB als rechtsfehlerhaft erachtete und insoweit die Aufhebung des Urteils gemäß § 349 Abs. 4 StPO beantragte, als auch der [X.] bei seiner Entscheidung vom 23. Juli 2019, legten die gemäß § 267 Abs. 4 StPO abgekürzte Fassung und nicht die ergänzte Fassung des Urteils zugrunde.

5

2. Dem [X.] ist die Aufhebung seines Beschlusses vom 23. Juli 2019 aus Rechtsgründen verwehrt. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] können Entscheidungen des [X.] grundsätzlich weder aufgehoben noch abgeändert werden. Das gilt nicht nur für nach § 349 Abs. 2 StPO ergangene Beschlüsse über die Verwerfung der Revision, durch die das Verfahren wie durch ein Verwerfungsurteil nach § 349 Abs. 5 StPO rechtskräftig abgeschlossen wird, sondern auch für einen allein nach § 349 Abs. 4 StPO gefassten Beschluss, mit dem die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Tatgericht zurückverwiesen wird und der deshalb lediglich formelle Rechtskraft erlangt (vgl. [X.], Beschluss vom 10. September 2015 - 4 StR 24/15 Rn. 8 mwN). Ein Bedürfnis der Rechtspflege und der Allgemeinheit nach Rechtssicherheit verbietet es deshalb auch im Revisionsverfahren, einen Eingriff in die Rechtskraft einer gerichtlichen Sachentscheidung zuzulassen, es sei denn, die Voraussetzungen der speziell für diesen Verfahrensabschnitt geltenden Ausnahmevorschrift des § 356a StPO wären erfüllt, wonach die Entscheidung des [X.] unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zustande gekommen ist (vgl. [X.], aaO mit weiteren Ausnahmen). Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör eines Beteiligten durch die [X.]sentscheidung vom 23. Juli 2019 liegt mit Blick auf die Antragstellung des [X.]s im Beschlussverfahren nach § 349 StPO indes nicht vor.

6

Die vom 4. Strafsenat des [X.] zu beurteilende Sachverhaltskonstellation in seiner Entscheidung vom 10. September 2015 (4 StR 24/15) ist auch nicht mit dem vorliegenden Verfahrensgang vergleichbar. Der [X.] hat seine Sachentscheidung zwar auch versehentlich auf einer unzutreffenden tatsächlichen Grundlage getroffen. Dies beruhte aber nicht auf einem Versehen, das sich erst - wie im Verfahren 4 StR 24/15 - nachträglich herausstellte, sondern war Folge, dass der von der Tatsacheninstanz vollständig vorgelegte Akteninhalt nicht vollständig - soweit der Inhalt für die Revisionsentscheidung erforderlich ist - zum [X.] gelangte. Ein solches Versehen in der Revisionsinstanz vermag jedoch einen Eingriff in die materielle oder formelle Rechtskraft einer Entscheidung im Revisionsverfahren nicht zu rechtfertigen.

Raum     

        

Bellay     

        

Fischer

        

Bär     

        

Pernice     

        

Meta

1 StR 62/19

14.11.2019

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 23. Juli 2019, Az: 1 StR 62/19, Beschluss

§ 349 Abs 2 StPO, § 349 Abs 4 StPO, § 349 Abs 5 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.11.2019, Az. 1 StR 62/19 (REWIS RS 2019, 1577)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 1577


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 StR 62/19

Bundesgerichtshof, 1 StR 62/19, 14.11.2019.

Bundesgerichtshof, 1 StR 62/19, 23.07.2019.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 597/19

Zitiert

4 StR 24/15

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.