Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.05.2009, Az. XII ZR 137/07

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 3688

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 6. Mai 2009 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit [X.] §§ 535, 242 Bf, 862, 858 a) Nach Beendigung des Mietverhältnisses ist der Vermieter gegenüber dem die Mieträume weiter nutzenden Mieter zur Gebrauchsüberlassung und damit auch zur Fortsetzung vertraglich übernommener Versorgungsleistungen (hier: [X.] mit Heizenergie) grundsätzlich nicht mehr verpflichtet. b) Auch aus [X.] folgt eine nachvertragliche Verpflichtung des [X.] zur Fortsetzung von Versorgungsleistungen jedenfalls dann nicht, wenn der Mieter sich mit Mietzinsen und Nutzungsentschädigung im Zahlungsverzug befindet und dem Vermieter mangels eines Entgelts für seine Leistungen ein stetig wachsender Schaden droht. c) Die Einstellung oder Unterbrechung der Versorgung mit Heizenergie durch den Vermieter ist keine Besitzstörung gemäß §§ 858, 862 [X.] hinsichtlich der Miet-räume. [X.], Urteil vom 6. Mai 2009 - [X.]/07 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2009 durch die Vorsitzende Richterin [X.] sowie [X.], Prof. Dr. Wagenitz, Dose und [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 6. September 2007 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten um die Befugnis des Beklagten, als Vermieter die Versorgung der vom Kläger gemieteten Gewerberäume mit Heizwärme zu un-terbrechen. 1 Die Parteien schlossen am 28. Juli 2000 einen bis zum 31. Dezember 2008 befristeten Mietvertrag ("Nutzungsvertrag") über Gewerberäume in dem vom Beklagten unterhaltenen "[X.]" in B.

zum Betrieb einer [X.]. Sie vereinbarten eine Staffelmiete, ausgehend von 6.000 DM bei Beginn des Mietverhältnisses, zuzüglich Nebenkostenvorauszahlungen. Seit September 2001 erbrachte der Kläger keine Nebenkostenvorauszahlungen mehr und berief sich auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen nicht erteilter [X.] - 3 - nung. Im August 2002 stellte der Kläger auch die Zahlung des [X.] ein. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zahlte er jedenfalls seit Januar 2007 keine Miete mehr. 3 Warmwasser und Heizleistung bezog der Kläger nicht direkt vom Versor-gungsunternehmen, sondern vom Beklagten. Der Beklagte stellte die Warm-wasserversorgung nach der Stilllegung des Kessels im [X.] im Jahr 2001 ein. Der Beklagte drohte dem Kläger im Jahr 2003 die Unterbrechung der Versorgung mit Heizwärme an. Auf Antrag des [X.] wurde diese Maßnahme durch einstweilige Verfügung des [X.] untersagt. Die einstweilige [X.] wurde schließlich aufgehoben, weil nach Fristsetzung zur Klageerhe-bung eine vom Kläger eingereichte Hauptsacheklage mangels [X.] nicht zugestellt worden war. Mit Schreiben vom 20. Juli 2005 kündigte der Beklagte erneut eine [X.] an. 4 Der Beklagte erklärte mehrfach die Kündigung des [X.] wegen Zahlungsverzugs, zuletzt durch Schriftsatz vom 10. August 2007. Zwischen den Parteien schwebt ein Räumungsverfahren. 5 Der Kläger begehrt mit der Klage, dem Beklagten die angedrohte [X.] zu untersagen. Das [X.] hat der Klage im Hinblick auf die Heizungsversorgung stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage ab-gewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene [X.] des Beklagten, mit welcher er sein Klagebegehren weiterverfolgt. 6 - 4 - Entscheidungsgründe: 7 Die Revision hat keinen Erfolg. [X.] 8 Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung u. a. in [X.], 923 ver-öffentlicht ist, ist der Auffassung, dass die - angekündigte - Einstellung der Ver-sorgung des [X.] mit Heizwärme keine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 [X.] darstelle. Es könne dahinstehen, ob ein Geschäftsraumver-mieter während des [X.] nach § 320 Abs. 1 [X.] berechtigt sei, die von ihm vertraglich geschuldete Belieferung des Mieters mit Heizwärme dann einzustellen, wenn der Mieter mit der Mietzahlung oder der Zahlung der entsprechenden Vorschüsse im Verzug sei. Denn das [X.] sei spätestens durch die fristlose Kündigung vom 10. August 2007 wirksam beendet worden. Der Beklagte sei demnach nicht mehr verpflichtet, den [X.] Gebrauch der Mietsache zu gewähren. In der Einstellung von Versorgungsleistungen sei keine Besitzstörung des Mieters zu sehen. Eine dem entsprechende Unterscheidung werde auch bei der Nutzungsentschädigung vorgenommen, wenn nach Beendigung des Mietvertrags auftretende Mängel nicht zu einer Minderung der zu zahlenden Nutzungsentschädigung führten. I[X.] Das hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. 9 1. Der vom Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus der Pflicht zur Gebrauchsüberlassung nach § 535 Abs. 1 [X.] auf-grund des von den Parteien geschlossenen Mietvertrags. 10 - 5 - Aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts ist davon auszuge-hen, dass das Mietverhältnis der Parteien spätestens durch die Kündigung vom 10. August 2007 beendet worden ist. Die fristlose Kündigung war gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] begründet. Zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung bestand ein Mietrückstand von acht Monaten. Das Berufungsgericht hat es of-fengelassen, ob eine Kündigung nach den Bestimmungen des [X.] allein aufgrund des Mietzinsrückstandes oder nur bei einem bestehenden Zah-lungsverzug berechtigt war. Denn das vom Kläger geltend gemachte Zurückbe-haltungsrecht wegen fehlender Nebenkostenabrechnungen hätte jedenfalls nicht zu einem Wegfall des Verzuges führen können, weil die ausstehenden Nebenkostenabrechnungen in einem offensichtlichen Missverhältnis zu den einbehaltenen Mietzinsen stünden. 11 Dem gegenüber rügt die Revision, dass der Kläger berechtigt gewesen sei, Vorauszahlungen auf die Nebenkosten zurückzuhalten, und das [X.] "- ohne die Zusammenhänge hier wirklich aufzuklären - einfach den Vortrag der Beklagten zugrunde gelegt" habe. Es habe die zugrunde [X.] tatsächlichen Fragen nicht hinreichend aufgeklärt. 12 Diese Rüge verfängt abgesehen von ihrer Unbestimmtheit schon deswe-gen nicht, weil der Mietrückstand in der Berufungsinstanz unstreitig gewesen ist und das Berufungsgericht sogar die - streitige - Berechtigung des [X.] zur Zurückbehaltung des Mietzinses wegen vom Beklagten nicht erstellter Neben-kostenabrechnungen unterstellt hat. Selbst dann ist nach Auffassung des [X.]s eine Zurückbehaltung in dem hier vorliegenden Umfang jedenfalls unverhältnismäßig. 13 Dem ist zuzustimmen. Der Kläger stellte die [X.] nach kaum mehr als einjähriger Nutzungsdauer im September 2001 ein. 14 - 6 - Die Kündigung, auf die das Berufungsgericht abgestellt hat, datiert vom August 2007. Selbst wenn - was hier offen bleiben kann - der Mieter wegen nicht erteil-ter Nebenkostenabrechnungen neben der Zurückbehaltung der Vorauszahlun-gen grundsätzlich auch zur Zurückbehaltung des [X.] berechtigt wäre (zu der Streitfrage [X.]/[X.] [X.] [2006] § 556 [X.]. 138), wäre die Zurückbehaltung im vorliegenden Fall unberechtigt. In Anbetracht des geringen Umfangs der vom Kläger geleisteten Nebenkostenvorauszahlungen gegenüber dem Mietzinsrückstand verhielt der Kläger sich mit der Zurück-behaltung auch des [X.] jedenfalls rechtsmissbräuchlich (vgl. [X.]. § 320 [X.]. 48). Wegen der offensichtli-chen Diskrepanz zwischen den geleisteten Nebenkostenvorauszahlungen und dem vom Berufungsgericht festgestellten Rückstand mit der Grundmiete kommt schließlich auch der Ausnahmefall eines nach § 286 Abs. 4 [X.] den Verzug ausschließenden [X.] (vgl. [X.]/[X.]. § 543 [X.]. 26; [X.]/[X.] [X.]O § 286 [X.]. 34, jeweils m.w.[X.]) nicht in [X.]. 2. Auch aufgrund nachvertraglicher Pflichten ist der Beklagte nicht gehal-ten, die Versorgung des [X.] mit Heizenergie aufrechtzuerhalten. 15 Grundsätzlich endet mit der Mietvertragsbeendigung auch die Pflicht des Vermieters zur Gebrauchsüberlassung gemäß § 535 Abs. 1 [X.]. Allerdings können nach [X.] einzelne Verpflichtungen des Vermieters noch nach der Vertragsbeendigung bestehen, wozu auch die Pflicht zur Erbringung von Versorgungsleistungen gehören kann (vgl. [X.]/Gather Miet-recht 9. Aufl. § 546 a [X.] [X.]. 47 ff.; [X.]/[X.] [X.] 5. Aufl. § 546 a [X.]. 28 ff.; allgemein [X.]/[X.] [X.]O § 280 [X.]. 109 ff.). Sol-che nachvertraglichen Pflichten können sich im Einzelfall aus der Eigenart des - beendeten - [X.] (z.B. Wohnraummiete) oder den besonderen [X.] - 7 - langen des Mieters (z.B. Gesundheitsgefährdung oder etwa durch eine [X.] drohender, beson[X.] hoher Schaden) ergeben. Eine über die Vertragsbeendigung hinausgehende Versorgungsverpflichtung würde allerdings allein den Interessen des Mieters dienen (vgl. insoweit [X.]/[X.] [X.] [2006] § 546 a [X.]. 6). Die trotz beendeten Vertrages aus [X.] nach § 242 [X.] herzuleitende Verpflichtung lässt sich daher nur rechtfertigen, wenn sie auf der anderen Seite den berechtigten Interessen des Vermieters nicht in einer Weise zuwiderläuft, die ihm die weitere Leistung unzumutbar macht. Ist dem Vermieter die Weiterbelieferung nicht zumutbar, so kommt es an[X.] als bei bestehendem Mietvertrag auf den Umfang und die Grenzen ei-nes Zurückbehaltungsrechts nicht an, weil der Vermieter in diesem Fall schon nicht mehr zur Gebrauchsüberlassung verpflichtet ist. Nach diesen Grundsätzen kann der Vermieter etwa zur Fortsetzung von Versorgungsleistungen verpflichtet sein, wenn dem Mieter eine Räumungsfrist nach §§ 721, 765 a, 794 a ZPO gewährt worden ist und dem Vermieter wegen der regelmäßig entrichteten Nutzungsentschädigung kein Schaden entsteht. Das Problem stellt sich nicht, wenn der Mieter Versorgungsleistungen aufgrund eigener Vertragsbeziehung zum Versorgungsunternehmen bezieht. Dann droht dem Vermieter durch die weitere Versorgung der Mieträume mit Wasser, Strom und Heizenergie kein Schaden, sodass er nicht berechtigt ist, die [X.] zu sperren, um wegen anderer Forderungen Druck auf den [X.] auszuüben. 17 An[X.] liegt es dagegen jedenfalls dann, wenn bereits die Beendigung des Mietverhältnisses auf dem Zahlungsverzug des Mieters beruht und der Vermieter die Versorgungsleistungen mangels Vorauszahlungen des Mieters auf eigene Kosten erbringen müsste. Der Vermieter liefe dann Gefahr, die von ihm verauslagten Kosten für die Versorgung nicht erstattet zu erhalten und [X.] - 8 - durch einen - weiteren - Schaden zu erleiden. Weil ihm unter diesen [X.] die Fortsetzung der Leistungen nicht zuzumuten ist, ist der Vermieter [X.] bei der [X.] regelmäßig nicht mehr verpflichtet, dem Mieter weitere Versorgungsleistungen zu erbringen. Den Vermieter trifft dann nur noch die [X.], dem Mieter die Unterbrechung der [X.] so frühzeitig anzukündigen, dass dieser sich darauf einstellen kann. Im vorliegenden Fall besteht nach den genannten Kriterien keine über die Vertragsbeendigung andauernde Leistungspflicht des Beklagten. Der Miet-rückstand belief sich zum Zeitpunkt der Kündigung auf acht Monate. Dem [X.] droht daher ein erheblicher Schaden, der sich bei fortbestehender [X.] stetig vergrößern würde und der ihm die Weiterbelieferung des [X.] unzumutbar macht. Da die vom Beklagten wiederholt ausgesprochenen Androhungen einer Einstellung der Leistungen keine Wirkung gezeigt haben, musste der Beklagte diese auch nicht mehr übergangsweise erbringen. [X.] zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht war der Beklagte nicht mehr verpflichtet, den Kläger mit Heiz-energie zu versorgen. 19 3. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch lässt sich auch nicht auf eine - drohende - Besitzstörung entsprechend § 862 Abs. 1 Satz 2 [X.] stützen. Die Einstellung oder Unterbrechung der Versorgung des Mieters mit Heizenergie ist keine Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 [X.]. 20 a) Die Frage, ob die [X.] durch den Vermieter eine Be-sitzstörung darstellt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Die über-wiegende Auffassung geht davon aus, dass die Unterbrechung der [X.] - 9 - gungsleistungen verbotene Eigenmacht sei und den auf Beseitigung und Unter-lassung gerichteten Besitzschutz nach §§ 858, 862 [X.] auslöse ([X.], 67; OLG S[X.]rbrücken OLGR 2005, 218; [X.], 741; [X.] OLGR 2001, 2; [X.]/[X.] [2007] § 858 [X.]. 53 m.w.[X.]; [X.]/[X.]/[X.] Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. II[X.] B [X.]. 1220; [X.] [X.] 2004, 109, 113; grundsätzlich auch [X.] - 8. Zivilsenat - [X.]R 2005, 945 = [X.], 951 für den Fall des [X.]; ebenso [X.]/[X.]. § 862 [X.]. 4). Ein-wendungen des Vermieters gegen seine Lieferpflicht sind nach dieser Auffas-sung petitorische Einwendungen, die gegenüber [X.] nach § 863 [X.] ausgeschlossen sind ([X.] [X.] 2004, 109, 113). Dem gegenüber stimmen andere Teile der Rechtsprechung und Literatur der vom Berufungsgericht im vorliegenden Fall (so bereits [X.] - 8. Zivilsenat - Grundeigentum 2004, 622) vertretenen Meinung zu, die Unterbrechung der Versorgung betreffe nur den aus dem [X.] und sei daher keine verbotene Eigenmacht ([X.] - 12. Zivilsenat - [X.], 65; [X.] Grundeigentum 2009, 518; AG Bergheim [X.], 53; [X.] Grundeigentum 2007, 1127; [X.]/[X.]/v. [X.] Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. II[X.] A [X.]. 1152; [X.], 895, 896; [X.] 2005, 312, 315; [X.] [X.], 387, 388 f.; [X.] Grundeigentum 2009, 484). 22 Andere Stimmen in der Literatur gehen schließlich davon aus, dass die Unterbrechung von Versorgungsleistungen zwar grundsätzlich eine verbotene Eigenmacht sei. Eine Einschränkung sei jedoch für die Fälle zu machen, in de-nen der Vermieter es unterlasse, eine Vorleistung zu erbringen, für die er selbst im Außenverhältnis (z.B. zum Energieversorgungsbetrieb) hafte, wenn er nach vertraglichen Grundsätzen hierzu nicht mehr verpflichtet sei ([X.] - 10 - Komm/[X.]. § 858 [X.]. 6; [X.]/[X.] 13. Aufl. § 858 [X.]. 8; ähnlich [X.], 234, 236 f.). 24 b) Der Senat hält es übereinstimmend mit dem Berufungsgericht für zu-treffend, dass in der Unterbrechung der Versorgungsleistungen keine Besitzstö-rung liegt. Die zur Nutzung des Mietobjekts erforderlichen Energielieferungen sind nicht Bestandteil des Besitzes und können daher auch nicht Gegenstand des [X.] nach §§ 858 ff. [X.] sein. [X.]) Der Besitz umfasst - unabhängig von Sinn und Zweck des Besitz-schutzes (dazu [X.]/[X.] [2007] Vorbem. §§ 854 ff. [X.]. 13 ff.; [X.]/[X.] 13. Aufl. vor § 854 [X.]. 2) - lediglich den Bestand der tat-sächlichen Sachherrschaft. Der Besitz wird nach § 854 Abs. 1 [X.] durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt erworben und durch die Aufgabe oder den Verlust [X.]elben beendigt (§ 856 Abs. 1 [X.]). Der Besitz besteht als Voraus-setzung des [X.] demnach in dem dauernden Zustand der tatsächli-chen Gewalt ([X.]/[X.] [X.] 5. Aufl. § 854 [X.]. 2), welche mit der Einwirkungsmacht auf die Sache und der Ausschlussmacht zwei Komponenten enthält (vgl. [X.]/[X.] [2007] § 854 [X.]. 4, 5). Einzelne Modifikati-onen nach der Verkehrsanschauung (s. [X.]/[X.] 13. Aufl. vor § 854 [X.]. 1, 4, 5) oder die Besonderheiten des Eigenbesitzes nach § 872 [X.] (hierzu und zur Entstehung des Besitzrechts des [X.]s. [X.] Eigenbesitz und Mobiliarerwerb S. 3 ff.) sind hier nicht von Bedeutung. 25 Eine verbotene Eigenmacht nach §§ 858, 862 [X.] setzt daher voraus, dass in die tatsächliche Sachherrschaft eingegriffen worden ist. Ein Eingriff liegt nur vor, wenn der Besitzer in dem Bestand seiner tatsächlichen Sachherrschaft beeinträchtigt wird. Beim Besitz von Räumen liegt ein Eingriff etwa dann vor, wenn der Zugang des Besitzers zu den Räumen erschwert oder vereitelt wird 26 - 11 - oder wenn in anderer Form in einer den Besitzer behindernden Weise auf die Mieträume eingewirkt wird (vgl. auch [X.] Urteil vom 27. April 1971 - [X.] - VersR 1971, 765). 27 Das ist bei der Einstellung oder Unterbrechung von [X.] nicht der Fall. Der Zufluss von Versorgungsleistungen kann zwar Voraus-setzung für den vertragsgemäßen Gebrauch sein, der nach Beendigung des Vertrages nicht mehr geschuldet wird. Er ist hingegen nicht Bestandteil der tat-sächlichen Sachherrschaft als solcher. Die Einstellung der [X.] beeinträchtigt weder den Zugriff des Besitzers auf die Mieträume, noch schränkt sie die sich aus dem bloßen Besitz ergebende Nutzungsmöglichkeit ein ([X.], 895, 896). Versorgungsleistungen führen vielmehr dazu, dass die im Besitz liegende [X.] erweitert wird. Die [X.] kann sich demnach allein aus dem ihnen zugrunde liegenden Vertragsverhältnis ergeben. Der Besitzschutz nach §§ 858 ff. [X.] gewährt dagegen nur Abwehrrechte und keine Leistungsan-sprüche. Die Unterbrechung von Versorgungsleistungen steht daher auch nicht auf einer Stufe mit psychisch beeinträchtigenden Einwirkungen, wie etwa durch Lärm oder Lichtwerbung (so aber Hinz [X.], 841, 846; [X.], 234, 236; ähnlich Scheidacker [X.], 81, 86). Die genannten Einwirkungen behindern den Besitzer an der Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft und unterscheiden sich von der [X.], die in der Einstellung von Leis-tungen besteht. 28 [X.]) Eine kontinuierliche Belieferung mit Versorgungsgütern kann sich demnach - mit dem Berufungsgericht - nicht aus dem Besitzschutz, sondern erst aus der vertraglich vereinbarten Nutzung ergeben. Die vertragliche [X.] - 12 - zung des Mieters reicht weiter als die sich aus dem bloßen Besitz ergebende Nutzungsmöglichkeit, indem sie über die [X.] hinaus eine bestimm-te Verwendung der Sache gewährleistet. Aber selbst dann ist der Vermieter überhaupt nur betroffen, wenn er die Versorgung vertraglich übernommen hat. Das scheidet bereits aus, wenn der Mieter die Energie aufgrund eines von ihm abgeschlossenen Vertrages unmittelbar vom [X.] bezieht. [X.] damit begründet auch ein nach der Überlassung der Mietsache ent-standener Mangel lediglich vertragliche Ansprüche, nicht aber einen Anspruch wegen Besitzstörung, selbst wenn der Mangel den Gebrauch der Sache behin-dert oder ausschließt. Der Besitz ist demnach zwar notwendige Bedingung der Sachnutzung, indem er den Zugriff auf die Sache ermöglicht. Er ist aber keine hinreichende Bedingung der Sachnutzung, weil die tatsächliche Sachherrschaft als solche noch keine bestimmte Nutzung des Objekts beinhaltet. Die gegenteilige Sicht-weise beruht auf der Vorstellung, dass der stetige Zufluss von Strom, Wasser und Heizenergie schon Bestandteil der tatsächlichen Sachherrschaft über die gemieteten Räume sei. Dass das nicht zutreffen kann, wird noch deutlicher an dem Fall, dass der vom [X.] nicht mit dauernden Leistungen eines [X.], sondern etwa durch eine Ölheizung mit Tank bewerkstelligt wird. Rechnete man die fortgesetzte Versorgung dem Besitz zu, so würde sich der Besitzschutz - einschließlich der Besitzwehr nach § 859 Abs. 1 [X.] - sogar darauf richten, dass der Vermieter Heizöl erwerben müsste, um damit die Versorgung des Mieters fortsetzen zu können. Eine solche Verpflichtung kann sich aus dem Besitzschutz nicht erge-ben. 30 Demnach kann es (entgegen [X.]/[X.]. § 858 [X.]. 6; [X.]/[X.] 13. Aufl. § 858 [X.]. 8) für den Besitzschutz nicht 31 - 13 - darauf ankommen, ob der Vermieter vorleistungspflichtig ist, und auch nicht darauf, ob der Mietvertrag beendet ist oder nicht. Eine danach unterscheidende Betrachtungsweise bezieht vielmehr vertragliche Gesichtspunkte ein, welche bei der Begründung des allein auf den tatsächlichen Gegebenheiten beruhen-den Besitzschutzanspruchs und auch bei dagegen gerichteten Einwendungen (§ 863 [X.]) ohne Bedeutung sind ([X.] [X.], 387, 388). Ob der [X.] eingreift, kann des weiteren nicht davon abhängig sein, ob der Mieter bereit und in der Lage ist, die Versorgungsleistungen im Rahmen der [X.] zu bezahlen (so aber [X.]/[X.]/[X.] Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. II[X.] B [X.]. 1220). Diese [X.] können vielmehr allein im Rahmen einer nachvertraglichen Verpflichtung des Vermieters (s. oben I[X.] 2) Berücksichtigung finden. Die Frage, ob eine Besitzstörung aus einem pflichtwidrigen Unterlassen des Vermieters hergeleitet werden kann (so [X.]/[X.]. § 858 [X.]. 6; [X.] [X.] 2004, 109, 113; [X.], 234, 236 f.; [X.]. [X.] 2009, 82, 87 f.; vgl. dazu grundsätzlich [X.]/[X.] [X.] [2006] § 1004 [X.]. 93; [X.], 895, 896) führt jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation nicht weiter, weil sich eine Pflichtwidrigkeit des Unterlassens allein aus vertraglichen Pflichten des Vermieters ergeben könnte. Der Anspruch auf die Fortsetzung der Versorgungsleistungen hätte sich daher nur unmittelbar aus dem Mietvertrag oder aus entsprechenden nachvertraglichen Pflichten er-geben können. 32 cc) Demnach kann auch nicht argumentiert werden, die Einstellung von Versorgungsleistungen führe zu einer "kalten Räumung" oder einer unzulässi-gen Selbstvollstreckung (so [X.]/[X.] [X.] 12. Aufl. § 858 [X.]. 3 m.w.[X.]; ähnlich [X.] [X.] 2004, 109, 114). Die Einstellung der Leistungen greift an[X.] als die unzulässige Selbstvollstreckung (etwa durch das [X.] - 14 - seln von Türschlössern) nicht in den Besitz des Mieters ein. Ob die [X.] gerechtfertigt ist oder ein Anspruch auf Weiterbelieferung besteht, bestimmt sich allein nach vertraglichen Kriterien. 34 [X.]) Da der Besitzschutz nach §§ 858 ff. [X.] nur Abwehrrechte und [X.] Leistungsansprüche gewährt, macht es auch keinen Unterschied, ob die Störung durch den (Miet-)Vertragspartner oder durch einen Dritten erfolgt (a. [X.] NZM 2000, 1098, 1100 f.). Dass Maßnahmen des Vermieters [X.] nicht an[X.] zu behandeln sind als Eingriffe Dritter, zeigt ein Vergleich mit der [X.], die von einem Versorgungsunternehmen verhängt wurde. Die von [X.]en verhängte [X.] (etwa nach § 24 Abs. 2 Nie[X.]pannungsanschlussverordnung - NAV - Strom oder § 24 Abs. 2 Nieder-druckanschlussverordnung - [X.] - Gas) wird nach der herrschenden [X.] zu Recht nicht als Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht betrachtet (vgl. [X.]Z 115, 99; [X.] [X.], 495; [X.] NJW-RR 2002, 803; [X.]/[X.] [X.] [2006] § 535 [X.]. 82; [X.]/[X.] [2007] § 858 [X.]. 53; [X.]/[X.]. § 862 [X.]. 4; [X.] [X.], 689; [X.]. [X.], 646; a. [X.] Bonn WuM 1980, 231). Für eine unterschiedliche besitzrechtliche Betrachtung der [X.] des [X.] und der [X.] eines Vermie-ters besteht kein Grund ([X.], 527, 528; [X.]/Schilling [X.] 4. Aufl. § 535 [X.]. 153; a. A. [X.], 67; OLG S[X.]rbrücken OLGR 2005, 889). Auch die Sperrung von Versorgungsleitungen durch eine Wohnungsei-gentümergemeinschaft löst als solche keine [X.] aus (vgl. [X.] Urteil vom 10. Juni 2005 - [X.]/04 - NJW 2005, 2622, 2623 - [X.] von Er[X.]auberechtigten; O[X.] OLGR 2006, 1060), auch wenn sie den Mieter eines Wohnungseigentümers betrifft ([X.]/ 35 - 15 - [X.] [2007] § 858 [X.]. 53; [X.]/[X.]. § 862 [X.]. 4; [X.] [X.] 2004, 109, 111; ausführlich [X.] [X.], 387; a. A. [X.] NJW-RR 2001, 301). 36 ee) Für den auf Fortsetzung der Versorgungsleistungen gerichteten [X.] kommt es schließlich auch nicht darauf an, ob der Mieter im Einzelfall an den Versorgungsleitungen oder Absperrvorrichtungen ([X.] innehat (zur [X.] [X.] [X.], 689 - Wasserversorgung) und die konkrete Form der [X.] durch den Vermieter mit einer Besitzstörung [X.] ist. Denn selbst bei bestehendem Mitbesitz des Mieters ist maßgeblich auf die Einstellung der Leistungen abzustellen (vgl. [X.] [X.] 2004, 109, 113). Es macht daher auch keinen Unterschied, ob der Vermieter die Absperrung selbst vornimmt oder ob er - weil er etwa keine Vorauszahlungen des Mieters erhält - seine Zahlungen an das Versorgungsunternehmen einstellt und die Sperrung sodann von diesem veranlasst wird ([X.], 234, 236; vgl. [X.], 274). Der Besitzschutz eröffnet in diesem Fall zwar - 16 - Ansprüche gegen die konkrete Form der Besitzstörung, nicht aber - auch nicht im Wege des [X.] - einen Anspruch auf Fortsetzung von Versorgungsleistungen. Hahne [X.] Wagenitz Dose Klinkhammer
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 01.02.2007 - 25 O 563/05 - [X.] Berlin, Entscheidung vom 06.09.2007 - 8 U 49/07 -

Meta

XII ZR 137/07

06.05.2009

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.05.2009, Az. XII ZR 137/07 (REWIS RS 2009, 3688)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 3688

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