Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.02.2010, Az. II R 38/08

2. Senat | REWIS RS 2010, 9264

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

(Erlass eines rechtmäßigen Erbschaftsteuerbescheids nach Ablauf der Feststellungsfrist für Grundlagenbescheid - Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung zur Feststellung des Grundbesitzwertes nach Eintritt der Feststellungsverjährung - Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO - Ergänzung eines Feststellungsbescheides um den Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO in der Einspruchsentscheidung - Hinweiserfordernis des § 367 Abs. 2 Satz 2 AO)


Leitsatz

1. NV: Ein Grundlagenbescheid, der während des Einspruchsverfahrens gegen einen Folgebescheid ergeht, stellt keine "unanfechtbare Entscheidung" i.S. des § 171 Abs. 3a Satz 1 AO über den Einspruch gegen den Folgebescheid dar .

2. NV: Ein gegen einen Folgebescheid in zulässiger Weise eingelegter Einspruch wird nicht durch den späteren Erlass eines Feststellungsbescheids "unzulässig" i.S. des § 171 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 AO. § 351 Abs. 2 AO findet insoweit keine Anwendung, weil im Moment der Einspruchseinlegung "Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid" noch nicht vorhanden waren .

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Erbe nach dem am 5. September 1998 verstorbenen [X.] Dieser war mit einem Anteil von 75 v.H. Gesellschafter der [X.] [X.]um [X.] gehörte das [X.] in [X.].

2

Ohne zuvor dazu aufgefordert worden zu sein, reichte der Kläger am 30. Juni 1999 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) eine Erbschaftsteuererklärung ein. Gegenstand dieser Erklärung waren auch Angaben zur vorläufigen Ermittlung des Wertes des oben genannten Grundstücks und zur Feststellung der Eigenschaft "Betriebsgrundstück". Am 2. August 1999 erging gegenüber dem Kläger unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung ([X.]) ein Erbschaftsteuerbescheid. Hierin berücksichtigte das [X.] den Wert des Anteils des [X.] an der GbR auf der Grundlage der vom Kläger mitgeteilten Werte mit 1.423.500 DM. Eine gesonderte Wertfeststellung für das Grundstück unterblieb. Der Kläger erhob Einspruch. In der Folge erließ das [X.] insgesamt sieben Änderungsbescheide zum vorgenannten Bescheid, u.a. einen Änderungsbescheid vom 13. März 2002 nach § 164 Abs. 2 [X.] mit fortbestehendem Nachprüfungsvorbehalt und nach § 165 Abs. 1 [X.] "vorläufig hinsichtlich des Umfangs und der wertbildenden Eigenschaften des Betriebsvermögens" sowie einen Änderungsbescheid vom 30. September 2004 mit dem [X.]usatz "ist nach § 165 Abs. 2 Satz 1 [X.] geändert und wird nach § 165 Abs. 2 Satz 2 [X.] für endgültig erklärt". In diesem Bescheid berücksichtigte das [X.] den GbR-Anteil des [X.] mit einem Wert von 9.561.750 DM. Eine gesonderte Wertfeststellung lag auch zu diesem [X.]eitpunkt nicht vor.

3

Gegen den geänderten Erbschaftsteuerbescheid vom 30. September 2004 erhob der Kläger fristgerecht Einspruch, welcher sich gegen die Höhe des berücksichtigten Wertes für das [X.] in [X.] richtete.

4

Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 1. Dezember 2004 aufgefordert worden war, eine Erklärung zur Feststellung des [X.] für die wirtschaftliche Einheit X-Straße in [X.] abzugeben, und er diese am 12. April 2005 eingereicht hatte, stellte das [X.] mit Bescheid vom 22. Juli 2005 erstmalig den Grundbesitzwert für das genannte Grundstück zum Todeszeitpunkt des [X.] mit 6.518.460 € (12.749.000 DM) fest. Einen Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 [X.] enthielt dieser Bescheid nicht.

5

Gegen den Feststellungsbescheid erhob der Kläger Einspruch. Noch während des [X.] erließ das [X.] am 23. Dezember 2005 einen geänderten Feststellungsbescheid, der nunmehr einen Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 [X.] enthielt und den Grundbesitzwert auf 5.656.933 € (11.064.000 DM) feststellte. Den Einspruch wies es am 16. Januar 2007 als unbegründet zurück.

6

Die dagegen erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) mit seinem in Entscheidungen der [X.]e 2008, 1429 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab.

7

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 171 Abs. 3a sowie des § 181 Abs. 5 [X.].

8

Der Kläger beantragt, das Urteil des [X.] Düsseldorf vom 3. Juni 2008 sowie den Feststellungsbescheid über die gesonderte Feststellung des [X.] auf den 5. September 1998 für [X.]wecke der Erbschaftsteuer vom 22. Juli 2005 sowie den geänderten Feststellungsbescheid vom 23. Dezember 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Januar 2007 aufzuheben.

9

Das [X.] beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass zwar bezogen auf den Feststellungsbescheid vom 22. Juli 2005 und den geänderten Feststellungsbescheid vom 23. Dezember 2005 die Feststellungsfrist schon abgelaufen war, dass dies aber nach § 181 Abs. 5 [X.] unschädlich war, weil der geänderte Feststellungsbescheid vom 23. Dezember 2005 in zulässiger Weise einen Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 [X.] enthielt und in diesem Zeitpunkt die Festsetzungsfrist für die Erbschaftsteuerforderung des [X.] noch nicht abgelaufen war.

1. Die angefochtenen Feststellungsbescheide vom 22. Juli 2005 und 23. Dezember 2005 sind nach Ablauf der Feststellungsfrist ergangen. Insoweit gelten nach § 138 Abs. 5 Satz 3 des Bewertungsgesetzes in der für den Streitfall maßgebenden Fassung ([X.]) die Vorschriften der [X.] über die Feststellung von Einheitswerten des Grundbesitzes sinngemäß. Entsprechend § 181 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 und § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] begann danach die Frist zur Feststellung des [X.] auf den 5. September 1998 mit Ablauf des 31. Dezember 1998 und endete mit Ablauf des 31. Dezember 2002. Das [X.] ist insoweit zu Recht davon ausgegangen, dass ein späterer Beginn der Feststellungsfrist nach § 181 Abs. 3 Satz 2 [X.] im Streitfall deshalb ausscheidet, weil der Kläger erst Ende 2004 und damit nach dem Eintritt der [X.] nach § 138 Abs. 6 Satz 1 [X.] i.V.m. § 149 Abs. 1 Satz 2 [X.] zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert worden ist. Da erst in diesem Zeitpunkt eine den Fall der Bedarfsbewertung treffende Rechtspflicht zur [X.] entstand (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 181 [X.] Rz 48), konnte die Aufforderung den Fristbeginn nicht mehr bestimmen, weil ein Steuerpflichtiger, dessen Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung von einer entsprechenden Aufforderung des [X.] abhängt, einem unmittelbar kraft Gesetzes zu deren Abgabe verpflichteten Steuerpflichtigen erst mit der Bekanntgabe der Aufforderung gleichgestellt werden kann (vgl. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 18. Oktober 2000 II R 50/98, [X.], 48, [X.] 2001, 14 für den Fall der Aufforderung zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung).

2. Der Ablauf der Feststellungsfrist stand dem Erlass der angefochtenen Feststellungsbescheide allerdings nach § 181 Abs. 5 Satz 1 [X.] nicht entgegen. Danach kann eine gesonderte Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist, wobei darauf nach Satz 2 der Vorschrift im Feststellungsbescheid hinzuweisen ist.

a) Im Zeitpunkt des [X.] des geänderten Feststellungsbescheides vom 23. Dezember 2005 war die Festsetzungsfrist für die Erbschaftsteuerforderung des [X.] noch nicht abgelaufen.

aa) Da der Kläger nach den Feststellungen des [X.] nicht zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung aufgefordert wurde, begann die vierjährige Festsetzungsfrist bereits mit Ablauf des 31. Dezember 1998 (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] i.V.m. § 170 Abs. 1 [X.], § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes).

bb) Der Ablauf der Festsetzungsfrist war aber mit dem [X.] durch den noch vor dem Ablauf der regulären Festsetzungsfrist ergangenen bestandskräftigen Erbschaftsteueränderungsbescheid vom 13. März 2002 nach § 171 Abs. 8 Satz 1 [X.] gehemmt. Danach endet die Festsetzungsfrist u.a., wenn die Steuer vorläufig festgesetzt wurde, nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. Der vorgenannte Erbschaftsteueränderungsbescheid ist hinsichtlich des "Umfangs und der wertbildenden Eigenschaften des Betriebsvermögens" für vorläufig erklärt worden, womit aufgrund der entsprechenden Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen auch das streitbefangene Grundstück erfasst wird.

cc) Zwar ist der Erbschaftsteueränderungsbescheid vom 30. September 2004 nach § 165 Abs. 2 Satz 2 [X.] für endgültig erklärt worden; allerdings hatte der Kläger dagegen Einspruch eingelegt, der dazu führte, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist nunmehr nach § 171 Abs. 3a Satz 1 und 2 [X.] gehemmt war. Nach § 171 Abs. 3a Satz 1 [X.] läuft in dem Fall, dass ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten wird, die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. § 171 Abs. 3a Satz 2 [X.] stellt insoweit klar, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt ist, sofern der Rechtsbehelf zulässig ist.

aaa) Im Streitfall sind die Voraussetzungen des § 171 Abs. 3a Satz 1 [X.] bezogen auf den Erbschaftsteueränderungsbescheid vom 30. September 2004 erfüllt, weil über den gegen diesen Bescheid eingelegten Einspruch bis zum 23. Dezember 2005 noch nicht entschieden war. Anders als der Kläger meint, stellt ein Grundlagenbescheid, der während des [X.] gegen einen [X.] ergeht, keine "unanfechtbare Entscheidung" über den Einspruch gegen den [X.] dar. Einer solchen Auslegung steht der eindeutige Wortlaut des § 171 Abs. 3a Satz 1 [X.] entgegen, der alleine auf die Unanfechtbarkeit der Entscheidung über einen Einspruch bzw. eine Klage "gegen den Steuerbescheid", also gegen die Steuerfestsetzung (vgl. [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 171 [X.] Rz 26; [X.] in [X.]/[X.], Abgabenordnung, 2. Aufl., § 171 Rz 50), abstellt. Eine auch Grundlagenbescheide erfassende erweiternde Auslegung ist danach ausgeschlossen.

bbb) Nach dem ebenfalls eindeutigen Wortlaut des § 171 Abs. 3a Satz 2 [X.] ist danach der Ablauf der Festsetzungsfrist mit Blick auf den gesamten Steueranspruch gehemmt (vgl. [X.]-Urteil vom 10. August 2006 II R 24/05, [X.], 105, [X.] 2007, 87; [X.] vom 22. April 1998 [X.]/97, [X.] 1998, 1520). Nichts anderes folgt für den Streitfall aus dem Halbsatz 2 der Norm, weil der gegen den Erbschaftsteueränderungsbescheid vom 30. September 2004 eingelegte Einspruch des [X.] nicht durch den späteren Erlass des Feststellungsbescheides vom 22. Juli 2005 im Sinne der Vorschrift unzulässig geworden ist. Dies ergibt sich mit Blick auf die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a Satz 2 [X.] bereits daraus, dass der Einspruch gegen den [X.] vom 30. September 2004 zumindest zum Zeitpunkt seiner Einlegung zulässig war, weil zu diesem Zeitpunkt noch kein Feststellungsbescheid ergangen war. § 351 Abs. 2 [X.] findet insoweit keine Anwendung, weil im Moment der Einspruchseinlegung "Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid" noch nicht vorhanden waren. Der zulässige Einspruch konnte somit eine Ablaufhemmung hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs auslösen, welche nicht bereits mit dem Erlass des Feststellungsbescheides vom 22. Juli 2005 endete. Dies folgt daraus, dass mit dem vorgenannten Feststellungsbescheid zwar Entscheidungen i.S. des § 351 Abs. 2 [X.] getroffen wurden, der Einspruch gegen den [X.] dadurch aber nicht unzulässig wurde; insoweit hat der Kläger gegen den Feststellungsbescheid selbst Einspruch mit dem Ziel seiner Aufhebung eingelegt, weil nach seiner Auffassung die Feststellungsfrist bereits mit Ablauf des 31. Dezember 2002 geendet hatte.

b) Es fehlte auch nicht am nach § 181 Abs. 5 Satz 2 [X.] erforderlichen Hinweis, weil das [X.] berechtigt war, den nach § 181 Abs. 5 Satz 2 [X.] erforderlichen und im Feststellungsbescheid vom 22. Juli 2005 fehlenden Hinweis im geänderten Feststellungsbescheid vom 23. Dezember 2005 nachzuholen.

aa) Nach § 181 Abs. 5 Satz 2 [X.] hat das [X.] bei Erlass eines Feststellungsbescheides nach Ablauf der Feststellungsfrist in dem Bescheid darauf hinzuweisen, dass die getroffenen Feststellungen nur noch für solche Steuerfestsetzungen Bedeutung haben sollen, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist. Dieser Hinweis hat nicht bloße Begründungsfunktion, sondern Regelungscharakter, weil mit ihm der zeitliche Geltungsbereich der getroffenen Feststellungen abweichend von § 182 Abs. 1 [X.] bestimmt und damit rechtsgestaltend auf das [X.] eingewirkt wird ([X.]-Urteile vom 11. Januar 1995 [X.]/91, [X.], 444, 448, [X.] 1995, 302; vom 18. März 1998 II R 45/96, [X.], 348, [X.] 1998, 426; vom 17. Juni 1998 [X.], [X.], 485, [X.] 1999, 4; vom 4. September 2008 IV R 1/07, [X.], 220, [X.] 2009, 335; vom 25. November 2008 [X.], [X.], 326, [X.] 2009, 287). Für den Steuerpflichtigen und das für den [X.] zuständige [X.] muss deshalb erkennbar sein, dass es sich um einen Feststellungsbescheid handelt, der lediglich für solche Steuerfestsetzungen bedeutsam ist, bei denen die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist.

bb) Der [X.] hat bereits die Frage der Nachholungsmöglichkeit des in einem Feststellungsbescheid fehlenden Hinweises nach § 181 Abs. 5 Satz 2 [X.] in der Einspruchsentscheidung für den Fall, dass die Festsetzungsfrist für die abhängige Steuer bei Ergehen der Einspruchsentscheidung noch nicht abgelaufen war, bejaht (vgl. [X.]-Urteil vom 12. Juli 2005 II R 10/04, [X.] 2006, 228). Er hat dies daraus abgeleitet, dass die Finanzbehörde im Einspruchsverfahren die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen hat (§ 367 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Entsprechend können Fehler eines wirksamen Bescheides über die gesonderte Feststellung durch die Einspruchsentscheidung geheilt werden, wozu auch die Ergänzung des [X.] eines Feststellungsbescheides um den Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 [X.] gehört. Es ist nicht erkennbar, warum für einen während eines [X.] erlassenen Änderungsbescheid, der nach § 365 Abs. 3 Satz 1 [X.] zum Gegenstand des [X.] wird, etwas anderes gelten sollte (vgl. bereits [X.]-Urteile vom 16. Oktober 1991 [X.], [X.]E 166, 168, [X.] 1992, 454; vom 10. Dezember 1992 IV R 118/90, [X.]E 170, 336, [X.] 1994, 381). Abgesehen davon, dass das [X.] mit der Nachholung des unterbliebenen Hinweises nach § 181 Abs. 5 Satz 2 [X.] bis zum Erlass der Einspruchsentscheidung warten könnte, muss es ihm freistehen, im Rahmen des § 367 Abs. 2 Satz 1 [X.] zulässige Bescheidkorrekturen vorab in Form eines entsprechenden Änderungsbescheides vorzunehmen. Dies folgt aus der aus § 367 Abs. 2 Satz 1 [X.] abzuleitenden umfassenden Prüfungsbefugnis des [X.], die --vorbehaltlich des Erfordernisses eines [X.]es nach § 367 Abs. 2 Satz 2 [X.]-- auch die Möglichkeit umfasst, Rechtsfehler zu korrigieren. Zwar gelten die §§ 172 ff. [X.] nach § 132 Satz 1 [X.] auch während eines [X.], davon bleibt aber die behördliche Aufhebungs- und Änderungsbefugnis nach § 367 Abs. 2 Satz 1 [X.], die parallel zu den genannten Vorschriften besteht, unberührt (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 132 [X.] Rz 16). Dem steht die Begrenzung der Entscheidungsbefugnis des [X.] im Einspruchsverfahren durch den angefochtenen Verwaltungsakt nicht entgegen, denn der Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 [X.] ist nicht selbst eine Feststellung i.S. der §§ 19 und 138 Abs. 5 [X.], sondern schränkt lediglich in zeitlicher Hinsicht deren bindende Wirkung ein, ohne selbst die Wirkung einer Feststellung zu entfalten ([X.]-Urteile in [X.], 348, [X.] 1998, 426, und in [X.] 2006, 228).

cc) Im Ergebnis zutreffend hat das [X.] einen vorherigen [X.] des [X.] gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 [X.] vor der Ergänzung des Feststellungsbescheides um den Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 [X.] als entbehrlich angesehen. Dabei kann offen bleiben, ob die Nachholung des Hinweises nach § 181 Abs. 5 Satz 2 [X.] wegen der durch ihn bewirkten Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheides ein "Nachteil" i.S. des § 367 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist oder ob der [X.] nach § 367 Abs. 2 Satz 2 [X.] --wie dies das [X.] angenommen [X.] deshalb entbehrlich war, weil der Feststellungsbescheid durch den Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 [X.] lediglich zugunsten des Steuerpflichtigen in seinem Anwendungsbereich begrenzt wird. Ein [X.] war im Streitfall deshalb --wie dies das [X.] für den Streitfall zu Recht aus den Ausführungen im [X.]-Urteil in [X.] 2006, 228 gefolgert [X.] entbehrlich, weil der mit diesem verbundene Zweck nicht erreicht werden konnte. Das Hinweiserfordernis des § 367 Abs. 2 Satz 2 [X.] trägt dem Umstand Rechnung, dass der Rechtsbehelf nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung nicht mehr zurückgenommen werden kann (§ 362 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Der Hinweis soll dementsprechend den Einspruchsführer aus Gründen rechtlichen Gehörs auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung aufmerksam machen, damit er einer Verböserung durch Rücknahme des Einspruchs zuvorkommen kann (vgl. bereits [X.]-Urteile vom 10. November 1989 VI R 124/88, [X.]E 159, 405, [X.] 1990, 414; vom 10. Juli 1996 [X.], [X.]E 181, 100, [X.] 1997, 5). Dieser Zweck kann jedoch nicht erreicht werden, wenn sich die Verböserung durch Rücknahme des Einspruchs ohnehin nicht vermeiden lässt (so etwa [X.]-Urteile in [X.]E 181, 100, [X.] 1997, 5, und in [X.] 2006, 228). Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben, weil die Festsetzungsfrist für die Erbschaftsteuer im Zeitpunkt des Erlasses des geänderten Feststellungsbescheides vom 23. Dezember 2005 noch nicht abgelaufen war. Die Rücknahme des Einspruchs gegen den ursprünglich angegriffenen Feststellungsbescheid vom 22. Juli 2005 hätte daher seine Unanfechtbarkeit und nach § 182 Abs. 1 [X.] und ungeachtet seiner Rechtswidrigkeit eine Bindungswirkung für den [X.] herbeigeführt.

Meta

II R 38/08

17.02.2010

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 3. Juni 2008, Az: 11 K 588/07 BG, Urteil

§ 132 S 1 AO, § 149 Abs 1 S 2 AO, § 169 Abs 2 S 1 Nr 2 AO, § 170 Abs 1 AO, § 171 Abs 3a S 1 AO, § 171 Abs 3a S 2 AO, § 171 Abs 8 S 1 AO, §§ 172ff AO, § 172 AO, § 181 Abs 1 S 1 AO, § 181 Abs 3 S 1 AO, § 181 Abs 5 S 1 AO, § 181 Abs 5 S 2 AO, § 182 Abs 1 AO, § 351 Abs 2 AO, § 367 Abs 2 S 1 AO, § 367 Abs 2 S 2 AO, § 19 BewG 1991, § 138 Abs 5 S 3 BewG 1991, § 138 Abs 6 S 1 BewG 1991, § 9 Abs 1 Nr 1 ErbStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.02.2010, Az. II R 38/08 (REWIS RS 2010, 9264)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9264

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