Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 17.10.2019, Az. 2 B 79/18

2. Senat | REWIS RS 2019, 2523

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Gegenstand

Erfolglose Beschwerde in einem Disziplinargerichtsverfahren; unterlassene Aufklärung der Frage einer verminderten Schuldfähigkeit des Beamten; Bindung des Disziplinargerichts an die tatsächlichen Feststellungen eines Strafurteils


Gründe

1

[X.]ie auf den Zulassungsgrund des [X.] (§ 67 Satz 1 [X.] NRW i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte [X.]eschwerde des [X.]eklagten ist zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet.

2

1. [X.]er 1960 geborene [X.]eklagte ist Oberstudienrat ([X.]esoldungsgruppe [X.]) im [X.]ienst des klagenden [X.]. Er war zuletzt als Lehrer in der Fächerkombination Maschinentechnik und Fertigungstechnik an einem [X.]erufskolleg tätig. Im Februar 2012 leitete der Kläger gegen den [X.]eklagten ein [X.]isziplinarverfahren wegen des Verdachts ein, ein außerdienstliches [X.]ienstvergehen wegen des [X.]esitzes kinder- und jugendpornographischer [X.]ilddateien begangen zu haben, und enthob ihn vorläufig des [X.]ienstes. [X.]as Amtsgericht verurteilte den [X.]eklagten wegen des [X.]esitzes kinderpornographischer Schriften in Tateinheit mit [X.]esitz jugendpornographischer Schriften zu einer Geldstrafe in Höhe von 140 Tagessätzen. [X.]ie gegen das Urteil eingelegte [X.]erufung verwarf das [X.] nach gutachterlicher Überprüfung der Schuldfähigkeit des [X.]eklagten. [X.]ie hiergegen eingelegte Revision blieb erfolglos.

3

Auf die im sachgleichen [X.]isziplinarverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht den [X.]eklagten aus dem [X.]ienst entfernt. Seine [X.]erufung hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Zur [X.]egründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: In tatsächlicher Hinsicht seien die Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des [X.]s zugrunde zu legen. [X.]urch den [X.]esitz kinder- und jugendpornographischer Schriften habe der [X.]eklagte ein außerdienstliches [X.]ienstvergehen begangen, das nach einer Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender Umstände seine Entfernung aus dem [X.]ienst erfordere. Persönlichkeitsbezogene Milderungsgründe, die zum Absehen von der [X.] führen könnten, lägen nicht vor. Insbesondere habe der [X.]eklagte das [X.]ienstvergehen nicht im Zustand einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit begangen. Nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des [X.]s habe der [X.]eklagte zur Tatzeit nicht an einer seelischen Störung im Sinne von § 20 StG[X.] gelitten. Weiter stehe nach der sachverständigen [X.]egutachtung im Strafverfahren zur Überzeugung des Gerichts fest, dass auch eine unterhalb der Schwelle einer seelischen Abartigkeit im Sinne des § 20 StG[X.] einzuordnende krankhafte [X.]eeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit des [X.]eklagten zur Tatzeit nicht vorgelegen habe.

4

2. [X.]ie Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 67 Satz 1 [X.] NRW i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

5

a) Für das Vorliegen eines Verfahrensfehlers im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt es auf die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des [X.]erufungsgerichts an, selbst wenn diese rechtlich unrichtig sein sollte ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 26. Juni 2017 - 6 [X.] 54.16 - [X.] 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 76 Rn. 6).

6

Ausgehend von der - zutreffenden - Rechtsauffassung des [X.]erufungsgerichts erweist es sich nicht als fehlerhaft, dass das Oberverwaltungsgericht kein Sachverständigengutachten zur Frage der Minderung der Schuldfähigkeit des [X.]eklagten eingeholt hat. [X.]as Oberverwaltungsgericht hat dadurch nicht gegen die ihm obliegende Pflicht verstoßen, selbst von Amts wegen diejenigen Tatsachen zu ermitteln und festzustellen, die für die [X.]emessung der [X.]isziplinarmaßnahme von [X.]edeutung sind (§ 65 Abs. 1 Satz 1, § 57 Abs. 1 Satz 1 und § 3 Abs. 1 [X.] NRW sowie § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Auch ohne förmlichen Antrag des [X.]eklagten drängte sich dem [X.]erufungsgericht eine [X.]eweiserhebung zu diesem Thema nicht auf.

7

[X.]as [X.]erufungsgericht ist - zutreffend - davon ausgegangen, nach § 65 Abs. 1 Satz 1 und § 56 Abs. 1 Satz 1 [X.] NRW an die tatsächliche Feststellung des rechtskräftigen Urteils des [X.]s gebunden zu sein, dass der [X.]eklagte zur Tatzeit nicht an einer seelischen Störung gelitten hat, die den nach § 20 StG[X.] an ein Eingangsmerkmal gestellten Anforderungen entspricht. [X.]ementsprechend wäre das Oberverwaltungsgericht insoweit zu einer Sachaufklärung nur dann berechtigt gewesen, wenn diese Feststellungen offenkundig unrichtig sind. [X.]ie Voraussetzungen einer Lösung von den tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren nach § 65 Abs. 1 Satz 1 und § 56 Abs. 1 Satz 1 [X.] NRW hat die [X.]eschwerde nicht dargelegt.

8

Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 [X.] NRW sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren für das sachgleiche [X.]isziplinarverfahren bindend. [X.]ie [X.]indungswirkung dient der Rechtssicherheit. Sie soll verhindern, dass zu ein- und demselben Geschehensablauf unterschiedliche Tatsachenfeststellungen durch staatliche Gerichte getroffen werden. [X.]er Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, die Aufklärung eines sowohl straf- als auch disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalts vorrangig den Strafgerichten zu übertragen. [X.]em liegt die Annahme zugrunde, dass tatsächliche Feststellungen, die ein Gericht auf der Grundlage eines Strafprozesses mit seinen besonderen Ermittlungsmöglichkeiten und Erfahrungen einerseits sowie den hierfür geltenden rechtsstaatlichen Sicherungen andererseits trifft, eine erhöhte Gewähr der Richtigkeit bieten. [X.]aher haben die Verwaltungsgerichte die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils ihrer Entscheidung ungeprüft zugrunde zu legen. Sie sind insoweit weder berechtigt noch verpflichtet, eigene Feststellungen zu treffen (stRspr, vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 [X.] 3.12 - [X.]VerwGE 146, 98 Rn. 13; [X.]eschlüsse vom 7. November 2014 - 2 [X.] 45.14 - [X.] 310 § 58 VwGO Nr. 91 Rn. 13 und vom 25. Februar 2016 - 2 [X.] 1.15 - juris Rn. 7). [X.]ie [X.]indungswirkung für das [X.]isziplinarverfahren entfällt gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 [X.] NRW nur, wenn und soweit die strafgerichtlichen Feststellungen "offenkundig unrichtig" sind (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 29. November 2000 - 1 [X.] 13.99 - [X.]VerwGE 112, 243 <245>; [X.]eschlüsse vom 7. November 2014 - 2 [X.] 45.14 - [X.] 310 § 58 VwGO Nr. 91 Rn. 13 und vom 30. August 2017 - 2 [X.] 34.17 - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 51 Rn. 13 m.w.N.).

9

Zu den ausdrücklich wie auch stillschweigend getroffenen, gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 [X.] NRW bindenden tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils gehören nicht nur die äußeren Aspekte eines Tathergangs, sondern auch die Elemente des inneren Tatbestands. Feststellungen zur Schuldfähigkeit binden das [X.]isziplinargericht, soweit sie sich auf die Frage beziehen, ob der [X.]etreffende schuldfähig oder schuldunfähig im Sinne des § 20 StG[X.] ist. Aufgabe des [X.]isziplinargerichts ist es dagegen, für die [X.]emessung der [X.]isziplinarmaßnahme festzustellen, ob bei Vorliegen einer der Eingangsvoraussetzungen des § 20 StG[X.] ein Fall verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StG[X.] gegeben ist und welchen Grad die Minderung gegebenenfalls erreicht. Auf Feststellungen, die für diese Frage [X.]edeutung haben, erstreckt sich die [X.]indung des [X.]isziplinargerichts nicht (stRspr, vgl. etwa [X.]VerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 - 2 [X.] 59.07 - juris Rn. 29 und [X.]eschluss vom 23. Mai 2017 - 2 [X.] 51.16 - [X.] 235.1 § 64 [X.][X.]G Nr. 3 Rn. 15 m.w.N.).

[X.]ie Frage, ob die Minderung der Schuldfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung eine "erhebliche" ist, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte in eigener Verantwortung zu beantworten haben ([X.]VerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 - 2 [X.] 59.07 - juris Rn. 29; [X.]eschlüsse vom 28. Februar 2017 - 2 [X.] 85.16 - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 49 Rn. 7 und vom 29. August 2017 - 2 [X.] 76.16 - [X.] 235.1 § 57 [X.][X.]G Nr. 9 Rn. 11). [X.]iese Rechtsfrage stellt sich indes nur, wenn einer "der in § 20 bezeichneten Gründe" gegeben ist. [X.]ie Vorschrift des § 21 StG[X.] ist zweistufig aufgebaut und kommt nur bei Vorliegen eines der in § 20 StG[X.] benannten Gesundheitsdefekte in [X.]etracht (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 26. September 2014 - 2 [X.] 14.14 - [X.] 235.1 § 57 [X.][X.]G Nr. 5 Rn. 21 und vom 23. Mai 2017 - 2 [X.] 51.16 - [X.] 235.1 § 64 [X.][X.]G Nr. 3 Rn. 15). Als Vorfrage ist stets zu klären, ob der [X.]eamte im Tatzeitraum an einer krankhaften seelischen Störung im Sinne von § 20 StG[X.] gelitten hat. Erst wenn die seelische Störung und ihr Schweregrad feststehen oder nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" nicht ausgeschlossen werden können, kann beurteilt werden, ob die Voraussetzungen für eine erheblich geminderte Schuldfähigkeit vorliegen (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 4. Juli 2013 - 2 [X.] 76.12 - [X.] 310 § 144 VwGO Nr. 80 Rn. 20, vom 28. Februar 2017 - 2 [X.] 85.16 - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 49 Rn. 7 und vom 29. August 2017 - 2 [X.] 76.16 - [X.] 235.1 § 57 [X.][X.]G Nr. 9 Rn. 15).

[X.]ieser gesetzlich vorgegebenen [X.]ifferenzierung ist das [X.]erufungsgericht gefolgt. [X.]ei der [X.]eurteilung der Vorfrage, ob der [X.]eklagte zur Tatzeit an einer seelischen Störung im Sinne von § 20 StG[X.] gelitten hat, hat es sich an die Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des [X.]s gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1, § 56 Abs. 1 Satz 1 [X.] NRW gebunden gesehen, dass dies nicht der Fall gewesen sei. Für das [X.]erufungsgericht war kein Anlass erkennbar, sich von diesen Feststellungen zu lösen. Nur bei einer Lösung von diesen bindenden tatsächlichen Feststellungen gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 [X.] NRW hätte es aber eigene Feststellungen dazu treffen können, ob - wie § 21 StG[X.] auf der ersten Stufe verlangt - der [X.]eklagte an einem Gesundheitsdefekt im Sinne von § 20 StG[X.] gelitten hat und [X.] - auf der zweiten Stufe - ob dieser [X.]efekt zu einer erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit geführt hat. [X.]ies übersieht die [X.]eschwerde. [X.]er [X.]eklagte hat weder in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.]erufungsgericht einen förmlichen Antrag zur Lösung von den tatsächlichen Feststellungen nach § 56 Abs. 1 Satz 2 [X.] NRW gestellt noch in der [X.]eschwerdebegründung geltend gemacht, dass die strafgerichtlichen Feststellungen offenkundig unrichtig seien.

b) [X.]ie [X.]eschwerde genügt nicht den [X.]arlegungsanforderungen des § 67 Satz 1 [X.] NRW i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, soweit sie rügt, das [X.]erufungsgericht habe seine Aufklärungspflicht verletzt, weil es unterlassen habe, ein Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob unterhalb der Schwelle der §§ 20, 21 StG[X.] eine krankhafte [X.]eeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit des [X.]eklagten bei Tatbegehung vorgelegen habe. [X.]ie [X.]eschwerde hat nicht substanziiert dargelegt, dass sich dem [X.]erufungsgericht eine weitere [X.]eweiserhebung auch ohne förmlichen Antrag der [X.]eteiligten hätte aufdrängen müssen.

aa) [X.]ie Verwaltungsgerichte müssen bei der [X.]emessung der [X.]isziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 2 [X.] NRW dafür offen sein, dass mildernden Umständen im Einzelfall auch dann ein beachtliches Gewicht zukommen kann, wenn ein sogenannter anerkannter ("klassischer") [X.] nicht erfüllt ist. [X.]iese Umstände dürfen nicht als nebensächlich oder geringfügig zurückgestellt werden, ohne dass sie in [X.]ezug zur Schwere des [X.]ienstvergehens gesetzt werden. Für die Gesamtwürdigung kann deshalb auch eine krankhafte [X.]eeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit unterhalb der Schwelle einer seelischen Abartigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StG[X.] von [X.]edeutung sein ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 20. [X.]ezember 2013 - 2 [X.] 35.13 - [X.] 235.1 § 13 [X.][X.]G Nr. 21 Rn. 21 und vom 28. Februar 2017 - 2 [X.] 85.16 - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 49 Rn. 10). Eine solche [X.]eeinträchtigung hat das [X.]erufungsgericht verneint. Es hat sich dabei auf das im Strafverfahren eingeholte Sachverständigengutachten gestützt, das ergänzend auch zur Frage Stellung genommen hat, ob sich aus den beim [X.]eklagten festgestellten Erkrankungen und Störungen möglicherweise resultierende Störungseinflüsse tatsächlich am Tatverhalten des [X.]eklagten im Tatgeschehen erkennen lassen.

Liegt dem Gericht aber bereits eine sachverständige Äußerung zu dem [X.]eweisthema vor, entscheidet es nach seinem Ermessen über eine neue [X.]egutachtung (§ 57 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 [X.] NRW i.V.m. § 98 VwGO, § 404 und § 412 Abs. 1 ZPO). [X.]ie unterlassene Einholung eines weiteren Gutachtens kann deshalb nur dann [X.] sein, wenn das vorliegende Gutachten seinen Zweck nicht zu erfüllen vermag, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die [X.]ildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. [X.]ies ist nicht schon dann der Fall, wenn ein [X.]eteiligter das vorliegende Gutachten als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (vgl. [X.]VerwG, Urteile vom 15. Oktober 1985 - 9 [X.] 3.85 - [X.] 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 38 S. 122, vom 6. Oktober 1987 - 9 [X.] 12.87 - [X.] 310 § 98 VwGO Nr. 31 S. 2 und vom 22. Oktober 2015 - 7 [X.] 15.13 - NVwZ 2016, 308 Rn. 47; [X.]eschlüsse vom 21. Juli 2016 - 2 [X.] 40.16 - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 46 Rn. 15 und vom 29. August 2017 - 2 [X.] 76.16 - [X.] 235.1 § 57 [X.][X.]G Nr. 9 Rn. 17). [X.]as Gericht muss ein weiteres Gutachten nur einholen, wenn die vorhandene Stellungnahme von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, inhaltliche Widersprüche oder fachliche Mängel aufweist oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters bestehen ([X.]VerwG, Urteil vom 6. Februar 1985 - 8 [X.] 15.84 - [X.]VerwGE 71, 38 <45>; [X.]eschlüsse vom 29. Mai 2009 - 2 [X.] 3.09 - [X.] 235.1 § 58 [X.][X.]G Nr. 5 Rn. 7 und vom 26. September 2014 - 2 [X.] 14.14 - [X.] 235.1 § 57 [X.][X.]G Nr. 5 Rn. 18 f. m.w.N.).

bb) [X.]erartige Mängel des Sachverständigengutachtens, dem das [X.]erufungsgericht gefolgt ist, hat die [X.]eschwerde nicht dargelegt.

[X.]er Sachverständige ist zu der Einschätzung gelangt, dass die beim [X.]eklagten diagnostisch festgestellten psychischen Erkrankungen oder Störungen, nämlich eine [X.] (I[X.][X.]10: F65.4), eine selbstunsichere, narzisstische Persönlichkeitsakzentuierung (I[X.][X.]10: Z73.1), eine depressive Anpassungsstörung (I[X.][X.]1o: [X.]) sowie eine Verdachtsdiagnose des Alkoholmissbrauchs in der Vorgeschichte (I[X.][X.]10: [X.]) den einfachen anderen seelischen Abartigkeiten zuzuordnen seien. Ergänzend hat er zugunsten des [X.]eklagten die theoretische Annahme unterstellt, dass die aus der [X.] resultierenden Störungsmuster schwerwiegender als von ihm eingeschätzt seien, die narzisstische Persönlichkeitsakzentuierung als schwere Persönlichkeitsstörung zu klassifizieren sei und die depressive Anpassungsstörung sowie die Alkoholenthemmung bei Tatbegehung bestanden hätten. Er hat untersucht, inwieweit sich diese Störungsbilder auf die Handlungsmöglichkeiten des [X.]eklagten in der konkreten Tatsituation ausgewirkt haben könnten. [X.]abei ist er auch im angenommenen theoretischen Fall zu dem Ergebnis gekommen, dass sich daraus resultierende Störungseinflüsse am Tatverhalten des [X.]eklagten tatsächlich nicht erkennen lassen.

Mit dem Einwand, der Sachverständige gehe einerseits von einer schweren Störung und einem Zusammenhang mit dem Tatverhalten aus, schließe andererseits aber eine Verminderung der Steuerungsfähigkeit aus, hat die [X.]eschwerde einen Mangel, der gegen die Verwertbarkeit des Sachverständigengutachtens spricht, nicht substanziiert dargelegt. Abgesehen davon, dass das [X.]eschwerdevorbringen an den Ausführungen des Sachverständigen zur Einordnung der beim [X.]eklagten festgestellten Störungen vorbeigeht, erschöpft es sich in einer pauschalen Kritik, die nicht geeignet ist, den vom Sachverständigen erörterten Kausalzusammenhang zwischen den festgestellten sowie zugunsten des [X.]eklagten unterstellten Störungsbildern und dem Tatverhalten in Zweifel zu ziehen.

3. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 [X.] NRW i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes bedarf es nicht, weil für das [X.]eschwerdeverfahren Festgebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 75 [X.] NRW erhoben werden.

Meta

2 B 79/18

17.10.2019

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 19. September 2018, Az: 3d A 963/16.O, Urteil

§ 56 Abs 1 S 2 DG NW, § 56 Abs 1 S 1 DG NW, § 20 StGB, § 21 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 17.10.2019, Az. 2 B 79/18 (REWIS RS 2019, 2523)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2523

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