Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.10.2008, Az. VII ZR 227/07

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1553

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 9. Oktober 2008 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]GHR: ja VO[X.]/[X.] § 17 [X.] Der Auftragnehmer hat gegen den Auftraggeber gemäß § 17 [X.] Satz 1 VO[X.]/[X.] (1998) einen Anspruch auf Herausgabe einer [X.]ürgschaftsurkunde an sich selbst. [X.]GH, Urteil vom 9. Oktober 2008 - [X.]/07 - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.]undesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2008 durch [X.], die [X.] Dr. [X.], [X.]auner, die Richterin [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision der [X.]eklagten gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 26. Juni 2007 wird [X.]. Die [X.]eklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten darüber, an [X.] die Urkunde über eine [X.] nach Wegfall des [X.]s zurückzugeben ist. 1 Die [X.]eklagte beauftragte die Klägerin mit [X.]auvertrag vom 6. Oktober 1999 mit der Durchführung von [X.] bei dem Neubau eines Einkaufs- und Kinocenters in E. Die Geltung der VO[X.]/[X.] war vereinbart. [X.] übergab die Klägerin der [X.]eklagten eine [X.]ürgschaftsurkunde der F. [X.]ank, ausweislich derer die F. [X.]ank die unbefristete [X.] - 3 - bürgschaft in Höhe von 39.500 DM übernahm, die "mit der Rückgabe dieser [X.]ürgschaftsurkunde" erlöschen sollte. 3 Nach Erbringung der Werkleistung, Ablauf der Gewährleistungsfrist und vergleichsweiser Regelung aller Mängelansprüche forderte die Klägerin die [X.]e-klagte mit Schreiben vom 2. März 2006 erfolglos zur Rückgabe der [X.]ürg-schaftsurkunde an sich auf. Nach Zustellung der mit demselben Ziel erhobenen Klage hat die [X.]eklagte die Urkunde an die F. [X.]ank übersandt. Der anschlie-ßenden Erledigungserklärung der Klägerin hat die [X.]eklagte widersprochen. Das [X.] hat die Klage auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache ab-gewiesen. Die [X.]erufung der Klägerin hatte Erfolg. Mit der vom [X.]erufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die [X.]eklagte weiterhin die Zurückweisung der [X.]erufung. Entscheidungsgründe: Die Revision ist unbegründet. 4 I. Das [X.]erufungsgericht hält den Feststellungsantrag für begründet, weil die ursprünglich erhobene Klage auf Herausgabe der [X.]ürgschaftsurkunde an die Klägerin bis zur Herausgabe an die F. [X.]ank durch die [X.]eklagte zulässig und begründet gewesen sei. Die Klägerin habe einen Anspruch aus § 17 [X.] VO[X.]/[X.] auf Rückgabe der [X.]ürgschaftsurkunde an sich selbst und nicht nur an die bürgende [X.]ank gehabt. Es gebe keinen überzeugenden Grund dafür, den 5 - 4 - Wortlaut des § 17 [X.] VO[X.]/[X.] dahin einzuschränken, dass Rückgabe nur an den [X.]ürgen verlangt werden könne. Die Vorschrift treffe nach ihrem Wortlaut keine Aussage zum genauen Inhalt des Anspruches. Es gebe keine Veranlas-sung, warum man es nicht dem Auftragnehmer/Sicherungsgeber selbst über-lassen solle, wann und wie er die Voraussetzungen für das Erlöschen der [X.]ürg-schaftsschuld und damit auch der [X.]eendigung des zwischen ihm und dem [X.]ür-gen bestehenden Rechtsverhältnisses bewirke. Es erscheine auch keine Diffe-renzierung hinsichtlich der Art der Sicherungsmittel angezeigt: [X.]ei einer Sicher-heitsleistung durch [X.]argeld sei es aber evident, dass die Rückgabe an die Klä-gerin selbst zu erfolgen habe. Es könne auch nicht darauf ankommen, ob der Auftragnehmer die [X.]ürgschaftsurkunde selbst an den Auftraggeber gesandt habe oder die bürgende [X.]ank auf dessen Geheiß. [X.] Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand. 6 Der Rechtsstreit hat sich in der Hauptsache erledigt. Die ursprünglich er-hobene zulässige Herausgabeklage war begründet. 7 1. Die Klägerin hatte gegen die [X.]eklagte einen Anspruch auf Herausga-be der [X.]ürgschaftsurkunde an sich gemäß § 17 [X.] Satz 1 VO[X.]/[X.] 1998. 8 a) In Verbindung mit der vertraglich vereinbarten Pflicht zur Leistung [X.] und etwaigen weiteren besonderen Vereinbarungen konkretisiert § 17 VO[X.]/[X.] die vertragliche Sicherungsabrede zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer. Hieraus ergeben sich die gegenseitigen Rechte und Pflich-ten; Anspruchsinhaber sind die [X.]auvertragsparteien, im Fall des § 17 [X.] VO[X.]/[X.] der Auftragnehmer. Nach Sinn und Zweck und systematischer Stellung 9 - 5 - der [X.] ist in ihr das Schicksal jeder Sicherheit unabhängig von ihrer Art gere-gelt. Der [X.]egriff der "Rückgabe" ist daher nicht in einem engen Sinne be-schränkt auf körperliche Gegenstände zu verstehen. Er bedeutet vielmehr, dass der Auftraggeber die erhaltenen Rechte und Vorteile aus einer geleisteten [X.] unter den im Einzelnen genannten Voraussetzungen nach Wegfall des [X.]es nicht mehr behalten darf. In diesem Sinne können und müssen auch Rechte aus einer [X.]ürgschaft zurückgegeben werden (vgl. den entsprechenden Wortlaut von § 109 Abs. 2 Satz 1 ZPO, der sich auch auf eine [X.]ürgschaft nach § 108 ZPO bezieht, sowie bereits [X.], 164, 166). b) Da sich die Rückgabeverpflichtung in dieser Weise unterschiedslos auf alle Arten der Sicherheit bezieht und sie bezweckt, dass der Auftraggeber die ihm durch Leistung des Auftragnehmers eingeräumte Rechtsposition wieder aufgeben muss, so dass derselbe Zustand wiederhergestellt wird, der bestand, als noch keine Sicherheit geleistet war, kann aus dem Wortlaut auch nichts für den genauen Anspruchsinhalt abgeleitet werden. Vielmehr hat der [X.] je nach Art der gestellten Sicherheit einen Anspruch auf alle Handlungen des Auftraggebers, die not[X.]dig sind, um das berechtigte Interesse des [X.] am Erlöschen der Sicherheit zu befriedigen. 10 aa) Im Fall der Sicherheitsleistung durch [X.]ürgschaft bedeutet dies [X.], dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer gegenüber verpflichtet ist, ein Erlöschen der [X.]ürgschaftsverpflichtung des [X.]ürgen herbeizuführen. Darin erschöpft sich indes seine Verpflichtung nicht. Er ist außerdem dem Auftrag-nehmer gegenüber verpflichtet, eine erhaltene [X.]ürgschaftsurkunde [X.]. Zwar folgt aus dem [X.]esitz an dieser Urkunde nicht unmittelbar die Gläu-bigerstellung aus der [X.]ürgschaft. Jedoch erleichtert der [X.]esitz der [X.]ürgschafts-urkunde, die einen Schuldschein im Sinne des § 371 [X.]G[X.] darstellt, die prozes-suale Durchsetzung der [X.]ürgschaftsforderung, da sie ein erhebliches [X.]eweis-11 - 6 - anzeichen dafür darstellt, dass die Forderung entstanden ist und noch besteht. Nach Wegfall des [X.]s hat der Auftraggeber kein berechtigtes Interesse mehr an dieser günstigen Position. Er muss sie deshalb aufgeben. Das ist unabhängig davon, ob hiermit gemäß einer Vereinbarung mit dem [X.]ür-gen sogar zugleich die [X.]ürgschaftsverpflichtung erlischt. 12 bb) Der Auftragnehmer kann die Aufgabe dieser günstigen [X.]eweispositi-on (auch) in der Weise verlangen, dass er die Herausgabe der [X.]ürgschaftsur-kunde an sich selbst fordert. Ihm steht der vertragliche Anspruch mit diesem Inhalt zu. Es besteht keine Veranlassung, diesen Anspruch dahin zu beschrän-ken, dass er nur Herausgabe an den [X.]ürgen verlangen könne (so auch [X.], [X.], 386 = NZ[X.]au 2006, 315; OLG [X.]amberg, [X.], 2072; [X.], [X.], 834; [X.] in: [X.]/[X.], Handbuch des Fachanwalts [X.]au- und Architektenrecht, 2. Aufl., 2. Kapitel D. Sicherheiten [X.]. 191; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], Handkommentar zur VO[X.], 11. Aufl., [X.] § 17 [X.]. 87; [X.]/[X.], [X.]auvertragsrecht nach VO[X.] und [X.]G[X.], 4. Aufl., [X.]. 3110 m.w.N.; [X.], NZ[X.]au 2003, 318; [X.], jurisPR-Priv[X.] 4/2008 [X.]. 5; a.A. OLG Düsseldorf, [X.], 1714 = NZ[X.]au 2003, 329; [X.], NZ[X.]au 2007, 102; Kapellmann/[X.]/Thierau, VO[X.], 2. Aufl., § 17 VO[X.]/[X.] [X.]. 220 [X.]. 478). Die Interessenlage ist nicht anders als im Fall des § 109 ZPO. Auch nach dieser Vorschrift kann der Sicherungsgeber vom Sicherungsnehmer die [X.]ürgschaftsurkunde an sich selbst herausverlangen (vgl. [X.]GH, Urteil vom 24. Februar 1994 - [X.], NJW 1994, 1351; [X.], 164, 166, 172). (1) Der Auftragnehmer hat ein berechtigtes Interesse, die Herausgabe auch an sich selbst verlangen zu können. Denn dies ermöglicht ihm, in einfa-cher Weise selbst sicherzustellen und zu kontrollieren, dass die [X.]ürgschaftsur-kunde nach seiner vertraglichen Verpflichtung dem [X.]ürgen gegenüber diesem 13 - 7 - wieder zukommt. Er weiß, wann der [X.] weggefallen ist und die Voraussetzungen der Pflicht zur Herausgabe der Sicherheitsleistung durch den Auftraggeber eingetreten sind. Es liegt regelmäßig im Interesse des [X.], die gestellten Sicherheiten zu diesem Zeitpunkt schnell [X.]. Zur Verwirklichung dieses Ziels kann es hinderlich sein, zunächst den [X.]ürgen in die Rückabwicklung einschalten zu müssen. Vielmehr kann es [X.] wie bei der Übergabe der Urkunde einen einfacheren und praktikableren Weg darstellen, deren Rückgabe vom Auftragnehmer selbst abwickeln zu [X.]. Dieser kann sich dann anschließend selbst an den [X.]ürgen [X.]den, was er aufgrund seiner Rechtsbeziehungen zu ihm ohnehin tun wird. (2) Der Auftraggeber seinerseits erleidet keinen Nachteil, [X.]n er die Ur-kunde nicht an den [X.]ürgen, sondern an den Auftragnehmer herausgibt. 14 Sollte der Auftragnehmer seinerseits die Urkunde nicht an den [X.]ürgen herausgeben, so kann die Gläubigerstellung des Auftraggebers aus der [X.]ürg-schaftsverpflichtung zunächst weiter bestehenbleiben; dem [X.]ürgen kommen keine [X.]eweiserleichterungen wegen des [X.] der Urkunde zu. 15 Der Auftraggeber gerät insbesondere auch nicht in Konflikt mit einer [X.] Pflicht zur Herausgabe der Urkunde an den [X.]ürgen gemäß § 371 Satz 1 [X.]G[X.]. Denn bei der Auslegung des [X.]ürgschaftsvertrages dürfen die be-sonderen Vertragsbeziehungen, die zwischen den [X.]eteiligten im Rahmen der hier in Rede stehenden Absicherung bauvertraglicher Forderungen, insbeson-dere durch eine Gewährleistungsbürgschaft, bestehen, nicht außer acht ge[X.] werden. Diese Vertragsbeziehungen, insbesondere die Sicherungsabrede zwischen den [X.]auvertragsparteien, sind den [X.]eteiligten bekannt und bilden für sie die Grundlage des von ihnen durchgeführten [X.]. [X.]ei inte-ressengerechter Auslegung enthält der [X.]ürgschaftsvertrag stillschweigend die 16 - 8 - Abrede, dass der [X.]ürgschaftsgläubiger einer Rückgabeverpflichtung, wie sie in § 371 [X.]G[X.] vorgesehen ist, auch durch die nach der Sicherungsabrede des [X.]auvertrages geschuldete Rückgabe an den Sicherungsgeber nachkommen kann. [X.]esonders augenfällig ist dies dann, [X.]n der [X.]ürge bereits die Aushän-digung der Urkunde dem Auftragnehmer überlassen hatte; es gilt aber auch sonst. 2. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung nicht von dem Urteil des X[X.] Zivilsenats vom 14. Juli 2004 - [X.] ZR 352/00, NJW 2004, 3553, 3555 ab. Die dortigen Ausführungen dazu, an [X.] die Herausgabe der [X.]ürgschaftsur-kunde verlangt werden kann, sind nicht tragend für die Entscheidung gewesen. Soweit der X[X.] Zivilsenat einen Anspruch des [X.]ürgen gegen den [X.]ürgschafts-gläubiger entsprechend § 371 [X.]G[X.] erwogen hat, stehen dem die hier angestell-ten Überlegungen nicht entgegen. Vorliegend wurde lediglich aus den besonde-ren bauvertragsrechtlichen [X.]eziehungen der [X.]eteiligten, insbesondere aus der 17 - 9 - Regelung des § 17 [X.] VO[X.]/[X.], hergeleitet, dass ein derartiger Anspruch des [X.]ürgen auch durch Herausgabe der Urkunde an den Auftragnehmer erfüllt wer-den kann. Dressler [X.] [X.]auner [X.] Halfmeier Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 07.11.2006 - 74 O 1364/06 - [X.], Entscheidung vom 26.06.2007 - 13 U 5389/06 -

Meta

VII ZR 227/07

09.10.2008

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.10.2008, Az. VII ZR 227/07 (REWIS RS 2008, 1553)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1553

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