Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.03.2018, Az. 2 ARs 97/18

2. Strafsenat | REWIS RS 2018, 11477

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Gegenstand

Zuständigkeitsbestimmung bei Todesermittlungsverfahren


Tenor

Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 13a StPO wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Staatsanwaltschaft [X.] führt als erstbefasste Staatsanwaltschaft gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 GVG ein [X.] nach § 159 [X.] betreffend den am 13. Dezember 2017 verstorbenen, zuletzt im Landgerichtsbezirk [X.] wohnhaften [X.] Staatsangehörigen   B.  . Der Verstorbene befand sich zum Skifahren im [X.] Skigebiet S.          , wo er beim Befahren eines [X.] abseits der Piste im „freien Ski-Raum“ eine Schneelawine auslöste, von der er verschüttet wurde. Nach ca. 20 Minuten konnte er nur noch tot geborgen werden. Als Todesursache wurde Ersticken festgestellt, ein Fremdverschulden ist nicht ersichtlich. Die Staatsanwaltschaft [X.] hat am 19. Dezember 2017 die Bestattung des zwischenzeitlich überführten Leichnams genehmigt. Sie hält eine Gerichtsstandsbestimmung gemäß § 13a [X.] für geboten, da unter Umständen noch weitere Erkenntnisse im Wege der internationalen Rechtshilfe erhoben werden müssen.

II.

2

Eine Bestimmung des zuständigen Gerichts durch den [X.] nach § 13a [X.] ist nicht veranlasst. Der [X.] hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

„1. § 13a [X.] ermöglicht eine Bestimmung des Gerichtsstands, d.h. der örtlichen Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszugs für die Untersuchung und Entscheidung einer Strafsache (vgl. [X.]/[X.], [X.], 60. Aufl., Vor § 7 Rn. 1), wenn es im Geltungsbereich der Strafprozessordnung an einem zuständigen Gericht (§§ 7 ff. [X.]) fehlt oder ein solcher nicht ermittelt ist und [X.] Strafrecht nicht offenkundig unanwendbar ist (vgl. [X.], [X.], 278). Dem entsprechend kann die Vorschrift auch nur in Strafverfahren Anwendung finden, die die Untersuchung einer bestimmten Straftat und die Entscheidung hierüber bezwecken. Sie setzt ebenso wie die sonstigen Vorschriften über den Gerichtsstand eine nach [X.] wie Ort, Zeit, Ausführung und Täter konkretisierte Straftat als Bezugsgegenstand des Verfahrens voraus ([X.], [X.], 139; NStZ 1998, 25; NStZ 1999, 577). Eine Gerichtsstandsbestimmung durch den [X.] gemäß § 13a [X.] ist danach in vorliegendem [X.] nicht zulässig. Das [X.] gemäß § 159 [X.] ist kein Ermittlungsverfahren im Sinne des § 160 [X.] (vgl. [X.]St 49, 29, 32 m. w. Nachw.). Es dient zum einen der Beweissicherung, insbesondere durch Spurensicherung, Leichenschau sowie Leichenöffnung, und zum anderen der Prüfung und Entscheidung, ob zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für ein Tötungsdelikt gegeben sind und ein entsprechendes Ermittlungsverfahren einzuleiten ist (vgl. Griesbaum, in: KK-[X.], 7. Aufl., § 159 Rn. 1). Es ist also ein Beweissicherungs- und Vorprüfungsverfahren, hat aber - im Gegensatz zu einem Ermittlungsverfahren - nicht den Verdacht einer konkreten Straftat zum Gegenstand, für die ein Gerichtsstand bestimmt werden könnte.

2. Eine Gerichtsstandsbestimmung ist - jedenfalls seit der Ergänzung des § 143 Abs. 1 GVG durch das Gesetz für einen Gerichtsstand bei besonderer Auslandsverwendung der [X.] vom [X.] ([X.] [X.]) - auch nicht (mehr) erforderlich, um zweifelsfrei zu klären, welche Staatsanwaltschaft für das [X.] zuständig ist. Gemäß dem neu eingefügten § 143 Abs. 1 Satz 2 GVG ist nunmehr stets die erstbefasste Staatsanwaltschaft zuständig, wenn es im Geltungsbereich der Strafprozessordnung an einem zuständigen Gericht fehlt oder ein solches nicht ermittelt ist. Diese Vorschrift ist ungeachtet ihres mit § 13a [X.] übereinstimmenden Wortlauts ihrem Sinn und Zweck entsprechend weiter auszulegen. Denn der Gesetzgeber wollte mit ihr eine Regelung der staatsanwaltschaftlichen Zuständigkeit ausdrücklich auch für solche Fälle treffen, in denen eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 13a [X.] ausscheidet (vgl. [X.]. 17/9694 S. 8). Diesem Regelungsziel entsprechend muss § 143 Abs. 1 Satz 2 [X.] auch in [X.] Anwendung finden, in denen sich der Anfangsverdacht einer konkreten Straftat (noch) nicht ergeben hat. Soweit gerichtliche Untersuchungshandlungen erforderlich werden, namentlich eine richterliche Anordnung der Leichenöffnung, der Ausgrabung einer beerdigten Leiche oder der Beschlagnahme eines Leichnams (§ 87 Abs. 3 Satz 1, § 98 Abs. 1 Satz 1 [X.]), ist gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1 [X.] der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts zuständig, in dem die nach § 143 Abs. 1 Satz 2 GVG zuständige Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat. Für das vorliegende [X.] ist demnach die Staatsanwaltschaft [X.] als erstbefasste Staatsanwaltschaft zuständig. Im Rahmen dieser Zuständigkeit kann sie auch Rechtshilfeersuchen an die [X.] Behörden richten.“

3

Dem schließt sich der Senat an.

Schäfer     

        

Appl     

        

Zeng   

        

Grube      

        

Schmidt      

        

Meta

2 ARs 97/18

28.03.2018

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: ARs

§ 13a StPO, § 159 StPO, § 160 StPO, § 162 Abs 1 S 1 StPO, § 143 Abs 1 S 2 GVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.03.2018, Az. 2 ARs 97/18 (REWIS RS 2018, 11477)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11477

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Referenzen
Wird zitiert von

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