Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2011, Az. 5 StR 394/10

5. Strafsenat | REWIS RS 2011, 6368

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Nachschlagewerk: ja [X.]St : ja [X.] : ja StGB § 2 Abs. 6, § 67d Abs. 3 Satz 1
In Fällen, in denen die erstmalige Unterbringung eines Verurteilten in der Sicherungsverwahrung we- gen Taten angeordnet wurde, die vor Inkrafttreten des [X.] von Sexualdelikten und anderen schweren Straftaten vom 26. Janu- ar 1998 ([X.]) begangen worden waren, darf die Fortdauer der Maßregelvollstreckung über zehn Jahre hinaus auf der Grundlage der bis zu einer Neuregelung, längstens bis 31. Mai 2013 weiter an- wendbaren Vorschrift des § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB i.V.m. § 2 Abs. 6 StGB nur noch angeordnet wer- den, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Um- ständen in der Person oder dem Verhalten des Un- tergebrachten abzuleiten ist und dieser an einer psychischen Störung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 des [X.] und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter (ThUG) leidet; an- dernfalls ist die Maßregel [X.] spätestens mit Wirkung zum 31. Dezember 2011 [X.] für erledigt zu erklären ([X.], Urteil vom 4. Mai 2011 [X.] 2 BvR 2365/09 u.a.). [X.], Beschluss vom 23. Mai 2011 [X.] 5 StR 394/10 5 StR 440/10

5 StR 474/10

[X.], [X.], [X.] [X.]

5 StR 394/10 5 StR 440/10 5 StR 474/10 [X.]BESCHLUSS vom 23. Mai 2011 in den Maßregelvollstreckungssachen gegen 1. [X.] 5 StR 394/10 [X.] 2. [X.] 5 StR 440/10 [X.] 3. [X.] 5 StR 474/10 [X.] - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 23. Mai 2011 beschlossen: In Fällen, in denen die erstmalige Unterbringung eines Verur-teilten in der Sicherungsverwahrung wegen Taten angeord-net wurde, die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämp-fung von Sexualdelikten und anderen schweren Straftaten vom 26. Januar 1998 ([X.]) begangen worden waren, darf die Fortdauer der Maßregelvollstreckung über zehn [X.] hinaus auf der Grundlage der bis zu einer Neuregelung, längstens bis 31. Mai 2013 weiter anwendbaren Vorschrift des § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB i.V.m. § 2 Abs. 6 StGB nur noch angeordnet werden, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des [X.] abzuleiten ist und dieser an einer psychischen Stö-rung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 des [X.] psychisch gestörter Gewalttäter (ThUG) leidet; andernfalls ist die Maßregel [X.] spätestens mit Wirkung zum 31. Dezember 2011 [X.] für erledigt zu erklären ([X.], Urteil vom 4. Mai 2011 [X.] 2 BvR 2365/09 u.a.). - 3 - G r ü n d e
Die verbundenen Vorlegungsverfahren (§ 121 Abs. 2 Nr. 3 [X.]) betref-fen die Frage der Fortgeltung der bis 30. Januar 1998 gültigen Höchstdauer der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung von zehn Jahren (§ 67d Abs. 1 Satz 1 StGB aF) in —[X.] Der Senat war berufen, darüber zu [X.], ob das Urteil des [X.] vom 17. Dezember 2009 (NJW 2010, 2495) und entsprechende Folgeent-scheidungen die [X.] Gerichte dazu zwingen, in Fällen, in denen die erstmalige Unterbringung eines Verurteilten in der Sicherungsverwahrung wegen Taten angeordnet wurde, die vor Inkrafttreten des [X.] von Sexualdelikten und anderen schweren Straftaten vom 26. Januar 1998 ([X.]) begangen worden waren, die Maßregel nach zehnjährigem Vollzug für erledigt zu erklären. 1 2 1. Die vorlegenden Oberlandesgerichte [X.], [X.] und [X.] möchten sofortige Beschwerden von Untergebrachten gegen landgerichtliche [X.] verwerfen. Sie vertreten die Auffassung, dass auch unter Zugrundelegung der Ausführungen des [X.] eine Erledigterklärung der Unterbringung in der Siche-rungsverwahrung in [X.] nach Vollzug von zehn Jahren trotz fortbeste-hender Gefährlichkeit des Verurteilten nicht geboten sei. Vielmehr richte sich die Entscheidung über die Fortdauer der Sicherungsverwahrung allein nach der gegenwärtigen Regelung des § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB. An der [X.] Entscheidung sehen sie sich jedoch durch Beschlüsse anderer Oberlandesgerichte gehindert. Sie haben deshalb die jeweilige Sache zur Entscheidung der Rechtsfrage gemäß § 121 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 [X.] dem [X.] vorgelegt. 2. Der Senat hat sich durch entgegenstehende Rechtsprechung des 4. Strafsenats (Beschluss vom 12. Mai 2010 [X.] 4 StR 577/09, [X.], 3 - 4 - 567) an der Entscheidung gehindert gesehen, dass sich aus der [X.] zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten für die Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung keine die Rückwirkung hindernde andere Bestimmung im Sinne des § 2 Abs. 6 StGB ergibt; er hat die somit anzuwendende Vorschrift des § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB allerdings einschränkend dahin ausgelegt, dass in [X.] die erstma-lige Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach zehnjährigem Vollzug für erledigt zu erklären ist, sofern nicht eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualverbrechen aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist. Wegen der Einzel-heiten wird auf den [X.] vom 9. November 2010 in dieser Sa-che (NJW 2011, 240; zur [X.] in [X.]St bestimmt) Bezug ge-nommen. Im Wesentlichen im Sinne des anfragenden Senats haben der 1. und der 2. Strafsenat (Beschlüsse vom 15. Dezember 2010 [X.] 1 ARs 22/10 [X.] und vom 22. Dezember 2010 [X.] 2 ARs 456/10), im Sinne der entgegenstehenden Rechtsprechung des 4. Strafsenats der 3. und der 4. Strafsenat (Beschlüsse vom 17. Februar 2011 [X.] 3 ARs 35/10 [X.] und vom 18. Januar 2011 [X.] 4 ARs 27/10) geantwortet. 3. Nunmehr hat das [X.] mit Urteil vom 4. Mai 2011 [X.] 2 BvR 2365/09 u.a. [X.] die Regelungen des Strafgesetzbuchs über die Sicherungsverwahrung mangels ausreichender Wahrung des —Ab-standsgebotsfi für unvereinbar mit dem [X.] auch im Blick der Wertungen des Art. 7 Abs. 1 [X.] auszulegenden [X.] [X.] erklärt und eine [X.] Neuregelung bis 31. Mai 2013 verlangt. Darüber hinaus hat das [X.] [X.] neben der nachträglichen Anordnung der Un-terbringung in der Sicherungsverwahrung [X.] die rückwirkende unbefristete Anordnung der Fortdauer der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung in einer an den Wertungen des Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 [X.] orientierten Auslegung für unvereinbar mit dem [X.] in seiner Ausprägung durch den rechtsstaatlich gebotenen Vertrauensschutz erklärt; in solchen [X.] hat es die Anordnung fortdauernder Unterbringung nur bei einer 4 - 5 - hochgradigen Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten des Unter-gebrachten, die aus konkreten Umständen in seiner Person oder seinem Verhalten abzuleiten ist, und unter der weiteren Voraussetzung einer psychi-schen Störung des Verurteilten im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 des [X.] und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter (ThUG) für zulässig befunden; andernfalls sei spätestens mit Wirkung zum 31. Dezember 2011 die Freilassung anzuordnen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil des [X.]s Bezug genommen.
Das [X.] hat im Blick auf die eindeutig entge-genstehende Gesetzeslage eine Auslegung verworfen, nach der die Art. 5 und Art. 7 [X.] als andere gesetzliche Bestimmungen im Sinne des § 2 Abs. 6 StGB die Rückwirkung ausschließen ([X.] aaO Rn. 164 f.). Infolge dieser mit Wirkkraft des § 31 [X.]G ergangenen Entscheidung ist eine Bindung des Senats an die dahingehende Rechtsprechung des 4. Straf-senats entfallen, die noch Anlass für das Anfrageverfahren nach § 132 [X.] gegeben hatte; einer Vorlage an den [X.] bedarf es nicht mehr (vgl. [X.], Beschluss vom 21. März 2000 [X.] 4 StR 287/99, [X.]St 46, 17, 20 f.; [X.] in [X.], 6. Aufl., § 132 [X.] Rn. 8). 5 4. Der Senat entscheidet danach in den [X.] umfassend im Sinne der Vorgaben des [X.]s. In Übereinstimmung mit den vorlegenden Oberlandesgerichten und mit der Stellungnahme des [X.] ist danach nicht etwa eine sofortige Entlassung der rückwirkend über zehn Jahre hinaus Untergebrachten wegen aus § 2 Abs. 6 StGB i.V.m. Art. 5 und 7 [X.] herzuleitenden gesetzlichen Ausschlusses der Rückwirkung geboten. Es bedarf indes in jedem Fall neuer vollstreckungsge-richtlicher Überprüfung anhand des durch das [X.] vorgegebenen [X.], der mit dem durch den Senat entwi-ckelten im Einklang steht ([X.] aaO Rn. 156). Hinzu kommt das [X.] nis einer psychischen Störung, das sich an Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. e [X.] orientiert. Der Senat merkt an, dass eine derartige psychische Störung, die [X.] klar abweichend von den Voraussetzungen für eine Unterbringung im psychiatri-schen Krankenhaus nach § 63 StGB [X.] nicht zu einer Einschränkung der Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB geführt haben muss (vgl. [X.] aaO Rn. 152, 173), nach den Erkenntnissen aus den Vorlegungsbeschlüssen der Oberlandesgerichte in allen drei verbundenen Sachen im Hinblick auf Persönlichkeitsstörungen der betroffenen Sicherungsverwahrten vorliegen dürfte (vgl. [X.] aaO Rn. 6, 14, 22). Er weist ferner darauf hin, dass eine Aussetzung der Maßregel zur Bewährung nach § 67d Abs. 2 StGB ([X.] aaO Rn. 47) nur bei Erfüllung der einschränkenden Vor-gaben für die Maßregelfortdauer möglich, [X.] indes aus den im [X.] (aaO) angeführten Gründen unter den dort genannten Voraussetzungen auch nicht schlechthin ausgeschlossen ist. 7 [X.] König Bellay

Meta

5 StR 394/10

23.05.2011

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2011, Az. 5 StR 394/10 (REWIS RS 2011, 6368)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6368

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2 BvR 2365/09

4 StR 577/09

1 ARs 22/10

2 ARs 456/10

3 ARs 35/10

4 ARs 27/10

2 BvR 2029/01

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