Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2007, Az. VIII ZR 347/06

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 3895

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] 347/06 Verkündet am: 9. Mai 2007 Kirchgeßner, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 208 aF; § 212 Abs. 1 Nr. 1 nF Kommt der Schuldner der Aufforderung seines Gläubigers, auf einen mitgeteil-ten [X.] der ausstehenden Verbindlichkeiten Zahlungen zu erbringen, dadurch nach, dass er, ohne den [X.] in Frage zu stellen oder dessen Aufschlüsselung nach den zugrunde liegenden Einzelforderungen zu verlangen, Abschlagszah-lungen ohne Tilgungsbestimmung leistet, liegt darin regelmäßig ein die [X.] gemäß § 208 BGB aF unterbrechendes bzw. zu einem Neubeginn der Verjährung gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB nF führendes Anerkenntnis aller dem [X.] zugrunde liegenden Einzelforderungen (Abgrenzung zu [X.], Urteil vom 21. November 1996 - [X.], NJW 1997, 516). [X.], Urteil vom 9. Mai 2007 - [X.] 347/06 - [X.]

LG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Mai 2007 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] [X.], die Richterinnen [X.] und [X.] sowie [X.] Dr. [X.] für Recht erkannt: Die Revision des [X.]n gegen das Urteil des 24. Zivilsenats des [X.], Zivilsenate in [X.], vom 30. März 2006 wird zurückgewiesen. Der [X.] hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Klägerin macht Kaufpreisansprüche geltend, gegen die der [X.] die Einrede der Verjährung erhebt. 1 Der [X.] bezog von der Klägerin zwischen 1990 und Anfang 2004 in laufender Geschäftsbeziehung chemische Spezialprodukte. Jeweils zum [X.] teilte die Klägerin dem [X.]n den [X.] mit, in dessen Höhe nach ihrer Buchhaltung ihre bisherigen Rechnungen zum 31. Dezember des Vorjahres noch nicht beglichen waren. 2 Anfang 2000 übermittelte die Klägerin dem [X.]n den [X.] zum 31. Dezember 1999 mit [X.] (= 38.268,15 •). Bei dieser Gele-genheit besprachen die Parteien das künftige Vorgehen hinsichtlich der [X.] durch die Klägerin und der Bezahlung der rückständigen [X.] - 3 - rungen durch den [X.]n. Die Klägerin verlangte, dass der [X.] künftig alle laufenden Bestellungen sofort bezahlen und außerdem den [X.] der offe-nen Altverbindlichkeiten durch weitere Zahlungen verringern müsse. Der [X.] seinerseits bat die Klägerin, bei künftigen [X.] auch die aktuellen Rechnungen des Jahres sowie die erfolgten Zahlungen aufzuführen; er leistete am 17. und 26. Mai 2000 Akontozahlungen von 3.000 DM und 5.000 DM. In den folgenden Jahren übermittelte die Klägerin dem [X.]n jeweils zu Beginn des Kalenderjahres den [X.] mit den gewünschten Angaben über das abgelaufene Geschäftsjahr, während der [X.] in jedem Jahr über die laufenden Rechnungen hinaus Zahlungen erbrachte. Bei den Leistungen auf Altverbindlichkeiten gab der [X.] keine bestimmte noch offene Rech-nung an, zu deren Tilgung die jeweilige Zahlung dienen sollte. Die Klägerin ver-rechnete die auf die Altverbindlichkeiten erbrachten Zahlungen jeweils auf die älteste noch offene Forderung. Der von der Klägerin jährlich mitgeteilte [X.] verringerte sich aufgrund der Zahlungen des [X.]n bis zum Jahresende 2003 auf einen Betrag von 23.846,56 •, der auf Rechnungen aus der [X.] von September 1997 bis Juli 2000 beruht. 4 Mit Schreiben vom 2. Januar 2004 forderte die Klägerin den [X.]n auf, den [X.] von 23.846,56 • bis zum 20. Januar 2004 zu begleichen. Mit Antwortschreiben vom 5. Januar 2004 erklärte der [X.], dass er zu sei-nen Verbindlichkeiten stehe und sie weiterhin im Rahmen seiner Möglichkeiten abtrage, wies aber gleichzeitig auf seine fehlende Zahlungsmöglichkeit hin. Er erbrachte im Januar 2004 eine letzte Teilzahlung von 1.500 • und wechselte seinen Lieferanten. Während der Dauer der Geschäftsbeziehung hat der [X.] keine Einwendungen gegen die Richtigkeit der jeweiligen Aufstellung der Klägerin erhoben. 5 - 4 - 6 Mit der im Januar 2004 im Mahnverfahren eingeleiteten Klage begehrt die Klägerin den Gesamtbetrag der noch offenen Rechnungen aus den Jahren 1997 bis 2000 in Höhe von 22.346,56 • nebst Zinsen seit dem 21. Januar 2001. Das [X.] hat der Klage wegen der aus dem [X.] herrührenden Rechnungen in Höhe von 5.180,12 • stattgegeben und sie im Übrigen wegen Eintritts der Verjährung abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] das Urteil des [X.]s abgeändert und den [X.]n antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zuge-lassene Revision des [X.]n. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt: 7 Das [X.] habe die aus den Jahren 1997 bis 1999 herrührenden Forderungen der Klägerin zu Unrecht als verjährt angesehen. Mit den Ab-schlagszahlungen auf die unbestrittenen Altverbindlichkeiten habe der [X.] diese insgesamt gemäß § 208 BGB aF anerkannt und nicht nur diejenige For-derung, zu deren teilweiser Tilgung die Zahlungen gemäß § 366 Abs. 2 BGB von der Klägerin verwandt worden seien. Dies ergebe sich schon daraus, dass dem [X.]n die gesetzliche Tilgungsregel des § 366 Abs. 2 BGB nicht ge-läufig gewesen sei und er mangels eigener Tilgungsbestimmung nicht habe abschätzen können, auf welche Einzelforderung(en) seine Teilzahlungen letzt-lich verrechnet würden. Er habe deshalb die Verrechnung auf alle ihm [X.] und nicht beanstandeten Rechnungen in Kauf genommen und diese damit 8 - 5 - akzeptiert. Die ab 2000 geleisteten Abschlagszahlungen hätten somit auch die Verjährung der ältesten Forderungen aus dem [X.] noch vor ihrem Ablauf Ende 2001 unterbrochen. I[X.] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. 9 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Kaufpreisforderungen der Klägerin aus Lieferungen der Jahre 1997 bis 1999 gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BGB aF einer vierjährigen Verjährungsfrist unterlagen. Gemäß §§ 201, 198 [X.] begann die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der [X.] für die [X.] entstanden war. Für die im [X.] gekaufte [X.] begann die Verjährung demgemäß am 1. Januar 1998, für die in den Jahren 1998 bzw. 1999 gekauften Posten am 1. Januar 1999 bzw. am 1. Januar 2000. 10 2. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis auch zu Recht angenommen, dass die Verjährung sämtlicher zum 31. Dezember 1999 offenen Einzelforde-rungen der Klägerin vor ihrem Ablauf gemäß § 208 BGB aF unterbrochen [X.] ist. Dafür kommt es allerdings nicht darauf an, ob der [X.] die Zahlun-gen auf die Altverbindlichkeiten in Unkenntnis der gesetzlichen Tilgungsbe-stimmung leistete und ob er die Verrechnung seiner Zahlungen auf sämtliche offenen Forderungen in Kauf nahm. 11 a) Für ein die Verjährung unterbrechendes Anerkenntnis im Sinne des § 208 BGB aF genügt nach der Rechtsprechung des [X.] jedes tatsächliche Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, aus dem sich sein Bewusstsein vom Bestehen des gegen ihn erhobenen Anspruchs - [X.] - 6 - nigstens dem Grunde nach - klar und unzweideutig ergibt und das deswegen das Vertrauen des Gläubigers begründet, dass sich der Schuldner nicht nach Ablauf der Verjährungsfrist alsbald auf Verjährung berufen wird (st. Rspr., vgl. Urteil vom 21. November 1996 - [X.], NJW 1997, 516, unter [X.]; [X.] 142, 172, 182; Urteil vom 1. März 2005 - [X.], NJW-RR 2005, 1044, unter [X.]). b) Ein derartiges Anerkenntnis des ihm im Januar 2000 mitgeteilten [X.] per 31. Dezember 1999 durch den [X.]n ist nach den [X.] und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsge-richts hier gegeben. Die im Mai 2000 geleisteten Teilzahlungen des [X.]n erfolgten, nachdem die Klägerin ihm den [X.] der rückständigen [X.] zum 31. Dezember 1999 mitgeteilt und ihn aufgefordert hatte, künftige Bestellungen sofort zu bezahlen und die bereits entstandenen, jeweils zum Jahresanfang als Saldenmitteilung von der Klägerin ausgewiesenen Rückstän-de durch Abschlagszahlungen zurückzuführen. Vor diesem Hintergrund hat der [X.], wie von der Klägerin gefordert, mit seinen im Mai 2000 geleisteten Zahlungen Abschlagszahlungen auf den ihm zuvor von der Klägerin bekannt gegebenen [X.] zum 31. Dezember 1999 geleistet und damit zugleich zum Ausdruck gebracht, dass er die Richtigkeit dieses [X.]s nicht in Zweifel ziehe, denn er hat weder Einwendungen erhoben noch eine Aufschlüsselung des [X.]s verlangt. Aus diesem tatsächlichen Verhalten ergibt sich deshalb mit der gebotenen Klarheit und Eindeutigkeit, dass der [X.] die Zahlungen in dem Bewusstsein leistete, dass er den mitgeteilten Gesamtbetrag schulde und die dem [X.] zugrunde liegenden Forderungen aus der langjährigen Ge-schäftsbeziehung berechtigt seien. Dementsprechend durfte die Klägerin darauf vertrauen, dass sich der [X.] nicht alsbald nach Ablauf der [X.] auf Verjährung berufen würde. Diese Auslegung des vom Berufungsgericht festgestellten Verhaltens des [X.]n kann der Senat selbst vornehmen, weil 13 - 7 - das Berufungsgericht eine Auslegung unter diesem Blickwinkel unterlassen hat, alle dazu erforderlichen tatsächlichen Umstände festgestellt sind und weitere Tatsachenfeststellungen hierzu nicht zu erwarten wären. c) Entgegen der Auffassung der Revision wird durch die Auslegung des Verhaltens des [X.]n als konkludentes Anerkenntnis des ihm zuvor mitge-teilten [X.] nicht - ohne rechtliche Grundlage - eine Um-wandlung der Einzelforderungen in einen Gesamtanspruch bewirkt. Auch das Urteil des [X.] vom 21. November 1996 (aaO, unter [X.] b), wo-nach der Gläubiger mit der Berufung auf gemäß § 366 Abs. 2 BGB zu verrech-nende Teilzahlungen des Schuldners ein die Verjährung unterbrechendes An-erkenntnis aller in der Geschäftsbeziehung offenen unbestrittenen Forderungen noch nicht schlüssig dargelegt hat, steht, anders als die Revision meint, hier der Annahme eines [X.]anerkenntnisses nicht entgegen; denn im vorliegenden Fall besteht der wesentliche tatsächliche Unterschied, dass den im Mai 2000 geleisteten Abschlagszahlungen des [X.]n eine Mitteilung des zum 31. Dezember 1999 bestehenden [X.]s und die Aufforderung der Klä-gerin vorangegangen waren, diesen [X.] durch zusätzliche Zahlungen zu-rückzuführen. 14 3. Durch das mit den Zahlungen des [X.]n vom 17. Mai 2000 und vom 26. Mai 2000 konkludent erklärte Anerkenntnis des zum Jahresende 1999 offenen [X.]s ist die Verjährung aller am 31. Dezember 1999 beste-henden Forderungen unterbrochen worden, denn auch die Verjährungsfrist für die ältesten, aus dem Jahre 1997 stammenden Forderungen, die gemäß § 201 BGB aF am 1. Januar 1998 begonnen hatte, war zu diesem [X.]punkt noch nicht abgelaufen. Die vierjährige Verjährungsfrist lief deshalb erneut ab dem 18. Mai bzw. dem 27. Mai 2000. Die Verjährung, für die auch nach dem Inkraft-treten des neuen Verjährungsrechts am 1. Januar 2002 die vierjährige [X.] - 8 - rungsfrist des § 196 BGB aF maßgeblich geblieben ist (Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 2 EGBGB), hat vor dem Ablauf dieser Frist am 26. Mai 2004 gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB am 6. Januar 2004 erneut begonnen. Denn mit seinem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 5. Januar 2004, in dem der [X.] auf die Mitteilung des Ende 2003 sich ergebenden [X.]s erklärt hat, dass er zu seinen Verbindlichkeiten stehe und sie im Rahmen seiner Möglichkeiten abtra-gen wolle, hat er die dem [X.] zugrunde liegenden Forderungen der Klägerin erneut - im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB - anerkannt. Die erneut angelau-fene Verjährungsfrist ist durch die Geltendmachung des verbliebenen Zahlungs-rückstandes im vorliegenden Prozess gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BGB bis auf weiteres gehemmt. [X.][X.] [X.] [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 28.06.2005 - 2 O 5587/04 - [X.] in [X.], Entscheidung vom 30.03.2006 - 24 U 469/05 -

Meta

VIII ZR 347/06

09.05.2007

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2007, Az. VIII ZR 347/06 (REWIS RS 2007, 3895)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 3895

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