Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.09.2015, Az. 5 StR 311/15

5. Strafsenat | REWIS RS 2015, 5434

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS

5
StR 311/15

vom
15. September 2015
in der Strafsache
gegen

wegen
Totschlags

-
2
-
Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 15. September 2015
be-schlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 16. Februar 2015 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben (§ 349 Abs. 4 StPO).
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Jugendkammer des [X.] zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten des Totschlags schuldig gespro-chen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus [X.]. Von der Verhängung einer Jugendstrafe hat es nach § 5 Abs. 3 [X.] ab-gesehen. Das mit der Sachrüge geführte Rechtsmittel des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Nach den landgerichtlichen Feststellungen kam es im Mai/Juni 2014 zu einem Streit zwischen dem 19-jährigen Angeklagten und dem später getöte-ten M.

N.

, in dessen Folge N.

Anzeige bei der Polizei erstattete. Nachdem der hierüber wütende Angeklagte am Nachmittag vor dem Tattag 1
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.

ficke, wenn er

zufälligen

[X.] des Angeklagten mit N.

. Nach einer zunächst verbal und im [X.] mit Fäusten geführten Auseinandersetzung ging der Angeklagte mit einem Klappmesser auf N.

zu und stach [X.] auf ihn ein, wobei er mit der Möglichkeit dessen Todes rechnete und sich damit ab-fand. N.

verstarb infolge des hohen Blutverlusts.
Das sachverständig beratene [X.] ist davon ausgegangen, dass -10: [X.]) auf der Basis einer Lernbehinderung bzw. einim Sinne einer schweren anderen seelischen Abartigkeit leidet und infolge des-sen seine Steuerungsfähigkeit bei der Tat erheblich vermindert war. Es hat dem Angeklagten eine Gefährlichkeitsprognose gestellt.
2. Der [X.], weil das [X.] die Voraussetzungen für die Anordnung einer Un-terbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB nicht rechtsfehlerfrei belegt hat. Dadurch verliert auch die auf § 5 Abs. 3 [X.] ge-stützte Entscheidung zum Absehen von der Verhängung einer Jugendstrafe ihre Grundlage (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Dezember 2012

4 [X.], [X.]R StGB § 20 seelische Abartigkeit 6).
a) Schon die Annahme einer gravierenden Persönlichkeitsstörung ist nicht hinreichend belegt. Angesichts des unspezifischen [X.] (vgl. [X.]/[X.]/[X.], Internationale Klassifikation psychischer Störungen, 9. Aufl., [X.]) hätte es näherer Darlegungen bedurft, um eine Nachvollzieh-barkeit und Beurteilung der Schlüssigkeit des Gutachtens der psychiatrischen Sachverständigen zu ermöglichen.
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Soweit das [X.] im Rahmen der zusammenfassenden [X.] der Angaben der psychiatrischen Sachverständigen etwa darauf abstellt, der [X.] in nahezu extremer Schuldexternalisierung sowie einer sehr geringen [X.] und unkontrolliertes Verhalten auch außerhalb des [X.] in den Urteilsgründen keine hinreichende Stütze. Das [X.] teilt die zugrundeliegenden Anknüpfungstatsachen der Sachverständigen nicht mit. Auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, insbesondere den Fest-stellungen zu den persönlichen Verhältnissen, sind sie nicht zu entnehmen. Insofern wäre insbesondere zu erörtern gewesen, ob und gegebenenfalls
wie die bisherige Kriminalität des Angeklagten, die Taten aus unterschiedlichen Deliktsbereichen betrifft, mit der angenommenen Persönlichkeitsstörung in [X.] steht.
b) Darüber hinaus begegnet die Einordnung der Persönlichkeitsstörung als schwere andere seelische Abartigkeit durchgreifenden rechtlichen Beden-ken. Es ist zu besorgen, dass das [X.] in [X.] Weise da-von ausgegangen ist, bereits die Diagnose einer kombinierten Persönlichkeits-störung gemäß [X.]: [X.] führe ohne weiteres zur Annahme einer schweren anderen seelischen Abartigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB. Das Urteil nimmt inso-weit keine eigene wertende Betrachtung des Schweregrades der Störung und ihrer Tatrelevanz vor (vgl. nur [X.], Beschluss vom 6. Mai 2014

5 [X.] mwN). Dieser hätte es im Hinblick auf das Alter des Angeklagten in besonde-rem Maße bedurft.
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3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass der Werdegang des Angeklagten differenzierter als bislang festzustellen sein wird, um die Prüfung der Voraussetzungen des § 63 StGB tragfähig vornehmen zu können. Auch die Hintergründe der noch offenen Ermittlungsverfahren zum Nachteil der Eheleute [X.]

, zum Nachteil des

J.

sowie die An-träge des

R.

auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Angeklagten werden in den Blick zu nehmen sein. Das [X.] stünde der Verhängung einer Jugendstrafe nicht entgegen (vgl. [X.], [X.] vom 19. Dezember 2012

4 [X.], [X.]R [X.] § 5 Abs. 3 Abse-hen 3).

Sander

ist urlaubsbedingt an der
Unterschrift gehindert.
Sander

König

Bellay Feilcke

8

Meta

5 StR 311/15

15.09.2015

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.09.2015, Az. 5 StR 311/15 (REWIS RS 2015, 5434)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 5434

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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