Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.08.2016, Az. StB 24/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 6188

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:290816BSTB24.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS

StB 24/16

vom
29. August
2016

Nachschlagewerk:
ja
[X.]St:
nein
Veröffentlichung:
ja
____________________________

[X.] § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 5

Die Entscheidung eines [X.]s, mit der die Nebenbeteiligung ei-nes [X.]n abgelehnt wird, ist nicht gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz
2 Nr. 5 [X.] anfechtbar.

[X.], Beschluss vom 29. August 2016 -
StB 24/16 -
OLG [X.]

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2
-

in dem
Strafverfahren
gegen

wegen
Mitgliedschaft in einer
terroristischen Vereinigung im Ausland

hier:
sofortige Beschwerde des [X.]n

K.

gegen

die Ablehnung seiner Nebenbeteiligung

-
3
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat
nach Anhörung des [X.] und seines Bevollmächtigten
am 29. August
2016
gemäß §
304
Abs.
4
Satz 2
[X.] beschlossen:

Der [X.] hat die Kosten der von ihm eingelegten und rechtswirksam zurückgenommenen sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des [X.] vom 25.
Mai 2016 zu tragen.

Gründe:
1. Die Generalstaatsanwaltschaft [X.] hat in dem Strafverfahren gegen

B.

unter dem 5. April 2016 Anklage vor dem [X.] [X.] erhoben. Sie wirft dem Angeklagten vor, sich als Mitglied einer Vereinigung im Ausland betätigt zu haben, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Mord (§
211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen (§ 129b Abs.
1 i.V.m. § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Dem Angeklagten wird zur Last gelegt, als Gebietsleiter der "Partiya [X.]" ("[X.]", im Folgenden: [X.]) tätig gewesen zu sein und in dieser Funktion unter ande-rem Spendensammlungen für die [X.] organisiert zu haben.
Im Rahmen des gegen

B.

durchgeführten Ermittlungsverfah-rens wurde in der Wohnung des Beschwerdeführers
Bargeld in Höhe von

sichergestellt. Die Generalstaatsanwaltschaft ist davon ausgegangen, dass es sich dabei um Geld handelt, das im Auftrag des Angeklagten für die [X.] gesammelt wurde und dem (erweiterten) Verfall unterliegt (§§ 73, 73a, 73d StGB). Sie hat beantragt, insoweit die Nebenbeteiligung des [X.] anzuordnen. Dies hat das [X.] durch den angefochtenen 1
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Beschluss vom 25. Mai 2016 mit der Begründung abgelehnt, dass sich der Ver-fallsinteressierte nur hinsichtlich eines
Teilbetrages des bei ihm sichergestellten Geldes einer Eigentümerstellung berühmt habe und sein insoweit behauptetes Eigentum nicht glaubhaft erscheine.
Dagegen hat der [X.] unter dem 6. Juni 2016 sofortige Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 11. August 2016 hat das Oberlan-desgericht die Verfolgung der dem Angeklagten zur Last gelegten Tat gemäß den §§ 442, 430 Abs. 1 [X.] auf die anderen Rechtsfolgen beschränkt, sodass
eine Verfallsanordnung nicht mehr in Betracht kommt. Daraufhin hat der Ver-fallsinteressierte seine sofortige Beschwerde zurückgenommen. Er begehrt nunmehr, die Kosten seines Rechtsmittels und die ihm dadurch entstandenen notwendigen Auslagen abweichend von § 473 Abs. 1 [X.] aus Billigkeitsgrün-den der Staatskasse aufzuerlegen.
2. Nach § 473 Abs. 1 Satz 1 [X.] fallen die Kosten der sofortigen Be-schwerde dem Beschwerdeführer zur Last. Es kommt zwar in Ausnahmefällen in Betracht, die Kosten eines zurückgenommenen Rechtsmittels und die dem Beschwerdeführer entstandenen notwendigen Auslagen abweichend von § 473 Abs. 1 [X.] mit Rücksicht auf das Gebot der sachlichen Gerechtigkeit, dem auch bei der Anwendung und Auslegung der Kostenbestimmungen ausschlag-gebende Bedeutung zukommt, und den im Kostenrecht, insbesondere in Fällen eingetretener Erledigung, heranzuziehenden Gesichtspunkt der Billigkeit der Staatskasse aufzuerlegen ([X.], Beschluss vom 7. November 2002 -
StB 16/02, [X.], 273, 274; vgl. auch [X.], Beschluss vom 25. Mai 1993 -
2 Ws 186/93, OLGSt StGB § 67 Nr. 11; [X.], Beschluss vom 16. April 1975 -
Ws 91/75, [X.], 436, 437; [X.][X.], [X.], 26. Aufl., §
473 Rn. 4; [X.], [X.], 7. Aufl., § 473 Rn. 2; SSW-[X.]/Steinberger-3
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Fraunhofer, 2. Aufl., § 473 Rn. 4; [X.]/Stöckel, 66. EL., § 473 Rn. 16). Ein sol-cher Fall liegt hier aber nicht vor. Insbesondere ist der sofortigen Beschwerde nicht erst durch die Verfolgungsbeschränkung gemäß den §§ 442, 430 Abs. 1 [X.] die Grundlage entzogen worden. Sie war vielmehr nicht statthaft und deshalb von vornherein unzulässig.
Ein Beschluss, mit dem die Nebenbeteiligung eines [X.]n abgelehnt wird, ist gemäß § 442 Abs. 1, § 431 Abs. 5 Satz 2 [X.] mit der [X.] Beschwerde anfechtbar, und zwar auch von dem [X.]n (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.], 59. Aufl., § 431 Rn. 26). Das gilt nach § 304 Abs. 4 Satz 2 [X.] indes nicht, wenn es sich um die Entscheidung eines [X.]s handelt. Einer der in § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.] normierten Ausnahmefälle liegt hier nicht vor. Insbesondere greift die Ausnahmeregelung des § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 5 [X.], welche die sofortige Beschwerde gegen im ersten Rechtszug ergehende Beschlüsse des [X.]s eröffnet, die den Verfall nach den §§ 440, 441 Abs. 2 und §
442 [X.] betreffen, nicht ein.
Entscheidungen, die den Verfall nach den §§ 440, 441 Abs. 2 und § 442 [X.] betreffen, sind solche, die im selbständigen Verfallsverfahren ergehen (vgl. [X.][X.], [X.], 26. Aufl., § 304 Rn. 83). Das selbständige (objektive) [X.] kommt in Betracht, wenn ein subjektives Strafverfahren aus-scheidet, weil aus tatsächlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann (§ 76a StGB). So verhält es sich hier nicht. Die ange-fochtene Entscheidung ist nicht in einem selbständigen Verfallsverfahren er-gangen, sondern in dem gegen

B.

anhängigen Strafverfahren.
Überdies eröffnet § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 5 [X.] die Be-schwerde nur gegen diejenigen Entscheidungen, welche die Anordnung des 5
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Verfalls als solche betreffen. Über die Anordnung des Verfalls entscheidet das Gericht im selbständigen Verfallsverfahren grundsätzlich durch Beschluss, ge-gen den die sofortige Beschwerde zulässig ist (§ 441 Abs. 2 [X.]). § 304 Abs.
4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 5 [X.] stellt sicher, dass dem Betroffenen dieses Rechtsmittel auch dann zur Verfügung steht, wenn die Entscheidung in erster Instanz vom [X.] getroffen wurde
(vgl. [X.]Gössel, [X.], 26.
Aufl., § 441 Rn. 21). Dadurch trägt die Vorschrift dem Umstand Rechnung, dass die im selbständigen Verfallsverfahren durch Beschluss getroffene Ent-scheidung über die Verfallsanordnung nicht mit der Revision anfechtbar ist, wie es indes der Fall ist, wenn die Entscheidung im subjektiven Strafverfahren oder im selbständigen Verfallsverfahren ausnahmsweise durch Urteil (§ 441 Abs. 3 Satz 1 [X.]) ergeht ([X.]Gössel, aaO, Rn. 23). § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 5 [X.] ergänzt mithin nur die im Übrigen gegen eine Verfallsanordnung durch das [X.] im ersten Rechtszug gegebenen Anfechtungs-möglichkeiten.
Gegen eine Entscheidung des [X.]s, durch welche die Nebenbeteiligung eines [X.]n gemäß den §§ 442, 431 Abs. 1 Satz 1 [X.] abgelehnt wird, eröffnet § 304 Abs. 4 Satz 2
Halbsatz 2 Nr. 5 [X.] die Beschwerde zum [X.] dagegen nicht. Denn die [X.] bezieht sich nur auf Entscheidungen, die nach § 441 Abs. 2 [X.] an-fechtbar sind, nicht hingegen auf gemäß § 431 Abs. 5 [X.] angreifbare. Etwas anderes folgt auch
nicht daraus, dass §
442 in § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 5 [X.] ausdrücklich genannt ist und §
442 Abs. 2 [X.] die [X.] für den Fall regelt, dass sich der Verfall nach § 73 Abs. 3, § 73a StGB gegen einen [X.] richtet. § 442 Abs. 2 [X.] ergänzt insoweit nur § 431 Abs.
1 [X.] ([X.], aaO, § 431 Rn. 4, § 442 Rn. 2). Über die [X.] wird indes stets nach § 442 Abs. 1, § 431 Abs. 1 Satz 1 [X.] entschie-8
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den ([X.], aaO, § 431 Rn. 4), sodass sich die Anfechtbarkeit der Entschei-dung in jedem Fall nach § 431 Abs. 5 [X.] richtet.
Eine erweiternde Auslegung des § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 5 [X.] dahin, dass die Vorschrift auch Entscheidungen des [X.]s im ersten Rechtszug erfasst, durch welche die Nebenbeteiligung
eines Verfalls-interessierten abgelehnt wird, kommt nicht in Betracht. Die Ausnahmevorschrift des § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.] ist vielmehr nach ständiger Recht-sprechung des Senats eng auszulegen (vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom
25.
Januar 1973 -
StB 76/72, [X.]St 25, 120, 121; vom 5. Januar 1977 -
3 [X.], [X.]St 27, 96, 97; vom 19. März 1986 -
StB 2 und 3/86, [X.]St 34, 34, 35; vom 20. März 1991 -
StB 3/91, [X.]St 37, 347, 348; zuletzt vom 12. Mai 2016 -
StB 9 und 10/16, juris Rn. 4).
Das ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung, der sich den Gesetzesmaterialien entnehmen lässt. § 304 Abs. 4 [X.] ist mit dem Gesetz zur allgemeinen Einführung eines zweiten [X.] in [X.] vom 8. September 1969 ([X.] I, S. 1582) eingeführt worden. Der Vorschrift liegt die Erwägung des Gesetzgebers zugrunde, dass die Einführung eines zweiten Rechtszugs in [X.] unvollständig wäre, wenn nicht gegen "gewichtige" Entscheidungen der nach § 120 GVG zuständi-gen [X.]e die Beschwerde zum [X.] gegeben wä-re (BT-Drucks. V/4086, [X.]). Um eine "zu starke Belastung des [X.]" zu vermeiden, hat der Gesetzgeber indes aus den Entscheidungen, die nach den allgemeinen Vorschriften beschwerdefähig sind, eine Auswahl getroffen und deshalb die Beschwerde nur gegen diejenigen Entscheidungen der [X.]e eröffnet, "die besonders nachhaltig in die Rechtssphäre der Betroffenen eingreifen, die den Abschluss des Verfahrens herbeiführen 9
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würden oder
die sonst von besonderem Gewicht sind" (BT-Drucks. V/4086, S.
11; BT-Drucks. V/4269, S. 6).
Das ist bei einer Entscheidung, durch welche die Nebenbeteiligung eines [X.]n abgelehnt wird, nicht der Fall. Sie greift -
im Gegensatz zur Anordnung des Verfalls, die ein Veräußerungsverbot und letztlich den [X.] zur Folge hat (§ 73e StGB) -
nicht besonders nachhaltig in die Rechtssphäre des Betroffenen ein. Sie hat auch keinen verfahrensabschlie-ßenden Charakter und ist auch sonst nicht von besonderem Gewicht. Dem [X.], dessen Nebenbeteiligung abgelehnt wird, bleibt es im Ge-genteil unbenommen, seine Rechte im Nachverfahren (§§ 442, 439 [X.]) gel-tend zu machen.
Schäfer

Gericke Tiemann

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Meta

StB 24/16

29.08.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.08.2016, Az. StB 24/16 (REWIS RS 2016, 6188)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 6188

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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