Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.09.2022, Az. VIII B 85/21

8. Senat | REWIS RS 2022, 5378

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Gegenstand

(Unzulässigkeit der Klage bei fehlender Bezeichnung einer ladungsfähigen Anschrift innerhalb einer Ausschlussfrist gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO)


Leitsatz

1. NV: Mit der Aufforderung zur Bezeichnung einer ladungsfähigen Anschrift innerhalb einer Ausschlussfrist (§ 65 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 FGO) erwächst für den Kläger die Obliegenheit, innerhalb der Ausschlussfrist seine aktuelle ladungsfähige Anschrift darzulegen und glaubhaft zu machen oder Gründe vorzutragen und glaubhaft zu machen, nicht über eine solche zu verfügen. Wegen dieser Obliegenheit muss das FG von Amts wegen insoweit keine eigenen Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung ergreifen.

2. NV: Verstreicht eine Ausschlussfrist gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO vor der mündlichen Verhandlung fruchtlos, kann eine Verlängerung der Frist durch das FG bis zum Ende der mündlichen Verhandlung nicht darin gesehen werden, dass es die mündliche Verhandlung durchführt und zur Sache verhandelt. Die prozessleitende Verfügung, die Ausschlussfrist zu verlängern, ist wie eine in der mündlichen Verhandlung erteilte Aufforderung nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO gemäß § 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 2 ZPO zu protokollieren. Fehlt ein entsprechender Hinweis im Protokoll, ist wegen dessen negativer Beweiskraft davon auszugehen, dass die Ausschlussfrist nicht verlängert worden ist.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 23.02.2021 - 1 K 1115/19 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet.

2

Die Voraussetzungen der vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe in Gestalt von Verfahrensfehlern des Finanzgerichts --[X.]-- (§ 115 [X.]bs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) und der übrigen Zulassungsgründe (§ 115 [X.]bs. 2 Nrn. 1 und 2 [X.]O) sind nicht erfüllt oder werden nicht ordnungsgemäß dargelegt (§ 116 [X.]bs. 3 Satz 3 [X.]O).

3

1. Dem [X.] ist kein Verstoß gegen die Pflicht vorzuhalten, den Sachverhalt von [X.]mts wegen aufklären zu müssen (§ 76 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.]O). Es musste im Streitfall keine weiteren [X.]ufklärungsmaßnahmen betreiben, da es dem Kläger oblag, bis zum [X.]blauf der [X.]usschlussfrist gemäß § 65 [X.]bs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 [X.]O eine ladungsfähige [X.]nschrift zu benennen und glaubhaft zu machen oder Gründe darzulegen und glaubhaft zu machen, nicht über eine solche zu verfügen.

4

a) Nach § 65 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.]O muss die Klage u.a. den Kläger bezeichnen. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.]) gehört dazu bei natürlichen Personen --vorbehaltlich von [X.] die [X.]ngabe der tatsächlichen Wohnanschrift oder die [X.]ngabe der [X.]nschrift von Geschäftsräumen, an die das Gericht förmliche Zustellungen bewirken kann und die mitunter auch als "ladungsfähige [X.]nschrift" bezeichnet wird ([X.]-Beschlüsse vom 29.01.2018 - X B 122/17, [X.]/NV 2018, 630, Rz 23; vom 21.10.2020 - VII B 119/19, [X.]/NV 2021, 321, Rz 40; vom 10.03.2022 - VII B 174/20, [X.]/NV 2022, 603, Rz 14). Die sich aus § 65 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.]O ergebende Obliegenheit betrifft nicht nur den Zeitpunkt der Klageerhebung, sondern der Kläger muss auch im weiteren Verlauf des Verfahrens dafür sorgen, dass er durch die [X.]ngabe seines tatsächlichen Wohnorts und Lebensmittelpunkts für das Gericht erreichbar bleibt ([X.]-Beschlüsse in [X.]/NV 2022, 603, Rz 15; vom 30.06.2015 - X B 28/15, [X.]/NV 2015, 1423, Rz 14). Gemäß § 65 [X.]bs. 2 Satz 2 [X.]O können der Vorsitzende oder der Berichterstatter dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in § 65 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.]O genannten Erfordernisse fehlt. Die [X.]ufforderung nach § 65 [X.]bs. 2 Satz 1 [X.]O steht nicht im Ermessen des Gerichts ([X.]-Beschluss in [X.]/NV 2022, 603, Rz 16 bis 18). [X.]ll dies gilt auch dann, wenn der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird (vgl. etwa [X.]-Beschlüsse in [X.]/NV 2018, 630, Rz 23; in [X.]/NV 2015, 1423, Rz 11, und in [X.]/NV 2021, 321, Rz 40, jeweils m.w.N.).

5

b) Hat das Gericht aufgrund konkreter [X.]nhaltspunkte, dass die von dem Kläger behauptete [X.]dresse unzutreffend ist, dem Kläger nach § 65 [X.]bs. 2 Satz 1 [X.]O aufgegeben, seine ladungsfähige [X.]nschrift beizubringen, ist es [X.]ufgabe des [X.], diese darzulegen und darüber hinaus auch glaubhaft zu machen, gegebenenfalls nicht nur durch Vorlage einer Meldebescheinigung und eines [X.]usweises oder Passes, sondern auch durch Vorlage weiterer Belege wie Strom-, Wasser- und Telefonrechnungen etc., aus denen ersichtlich wird, dass sich der Kläger an dem von ihm angegebenen Wohnsitz auch tatsächlich überwiegend aufhält (s. [X.]-Beschlüsse in [X.]/NV 2021, 321, Rz 43, m.w.N.; in [X.]/NV 2022, 603, Rz 25). Die Pflicht zur [X.]ngabe der [X.]nschrift entfällt nur, wenn ihre Erfüllung ausnahmsweise unmöglich oder unzumutbar ist. Sie ist unmöglich, wenn der Kläger über eine solche [X.]nschrift nicht verfügt. Dann aber müssen dem Gericht die insoweit maßgebenden Gründe unterbreitet und glaubhaft gemacht werden, damit es prüfen kann, ob ausnahmsweise auf die Mitteilung der [X.] [X.]nschrift des [X.] verzichtet werden kann ([X.]-Beschlüsse in [X.]/NV 2018, 630, Rz 23, m.w.N.; vom 10.12.2019 - VIII B 3/19, [X.]/NV 2020, 373, Rz 6).

6

c) Es bestand danach keine Pflicht des [X.], nach der [X.]ufforderung gemäß § 65 [X.]bs. 2 Satz 1 [X.]O unter Bestimmung einer [X.]usschlussfrist von sich aus gemäß § 76 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.]O weitere Ermittlungen dazu anzustellen, wo sich nach Wegfall der ursprünglichen [X.]nschrift des [X.] in [X.] während des Klageverfahrens dessen neue ladungsfähige [X.]nschrift befinden könnte oder ob Umstände vorliegen könnten, nach denen der Kläger über eine solche nicht verfügte. Das [X.] ging ausweislich der Verfügung zur Umladung der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2021 davon aus, dass der [X.]ufenthaltsort des [X.] unbekannt und die ursprüngliche ladungsfähige [X.]nschrift in [X.] entfallen sei. Es hat deshalb ermessensgerecht dem Kläger und dem Prozessbevollmächtigten gemäß § 65 [X.]bs. 2 Satz 2 [X.]O aufgegeben, den tatsächlichen Wohnsitz des [X.] innerhalb der bestimmten [X.]usschlussfrist zu bezeichnen. Jedenfalls an den Klägervertreter wurde diese [X.]ufforderung am 05.02.2021 wirksam zugestellt, wie sich aus der in der [X.]-[X.]kte befindlichen [X.] ergibt. Dies muss sich der Kläger zurechnen lassen (§ 62 [X.]bs. 6 Satz 5 [X.]O). [X.]ufgrund der [X.]ufforderung erwuchs für den Kläger die Obliegenheit, innerhalb der [X.]usschlussfrist seine aktuelle ladungsfähige [X.]nschrift darzulegen und glaubhaft zu machen oder Gründe vorzutragen und glaubhaft zu machen, nicht über eine solche zu verfügen. Wegen dieser Obliegenheit des [X.] musste das [X.] eigene Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung nicht ergreifen.

7

d) Soweit der Kläger aus dem [X.]-Beschluss in [X.]/NV 2018, 630 ableitet, das [X.] habe zur Sachverhaltsaufklärung vertagen und den Kläger in einer weiteren mündlichen Verhandlung zu seinem Wohnsitz oder zu einem [X.]usnahmefall befragen müssen, geht dies fehl. Der [X.]-Beschluss in [X.]/NV 2018, 630 betraf einen Streitfall, in dem das [X.] der dortigen Klägerin zwar aufgegeben hatte, den tatsächlichen Wohnsitz zu bezeichnen, dieser aber keine [X.]usschlussfrist gemäß § 65 [X.]bs. 2 Satz 2 [X.]O gesetzt hatte. Der [X.] des [X.] hat im Beschluss in [X.]/NV 2018, 630 (Rz 30 ff.) in dieser Verfahrenssituation einen Verstoß des [X.] gegen die Sachaufklärungspflicht darin gesehen, dass das [X.] die für eine Befragung erreichbare und bereite Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht angehört habe. Ein solcher Sachverhalt lag aufgrund der [X.]ufforderung mit [X.]usschlussfristsetzung im Streitfall jedoch nicht vor. Zudem war nach dem maßgeblichen materiell-rechtlichen Standpunkt des [X.] die Klage mit dem fruchtlosen [X.]blauf der [X.]usschlussfrist unheilbar unzulässig geworden (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]/NV 2015, 1423, Rz 16). Eine Vertagung und weitere Sachverhaltsaufklärung des [X.] war aus der maßgeblichen Sicht des [X.] nach dem [X.]blauf der [X.]usschlussfrist schon deshalb nicht erforderlich. Das Urteil des [X.] kann daher nicht auf dem geltend gemachten Sachaufklärungsverstoß beruhen.

8

2. Der vom Kläger geltend gemachte Verfahrensmangel, das [X.] habe die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil als unzulässig abgewiesen, liegt nicht vor.

9

a) Weist das [X.] die Klage rechtsfehlerhaft durch Prozessurteil als unzulässig ab, weil es zu Unrecht annimmt, die aktuelle ladungsfähige [X.]nschrift sei bis zum Ende einer vom [X.] gesetzten [X.]usschlussfrist gar nicht mitgeteilt worden, stellt dies einen Verfahrensmangel in Form der Verletzung rechtlichen Gehörs i.S. des § 115 [X.]bs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 119 Nr. 3 [X.]O dar (vgl. [X.]-Beschlüsse in [X.]/NV 2015, 1423, Rz 10; in [X.]/NV 2021, 321, Rz 38, jeweils m.w.N.; in [X.]/NV 2020, 373, Rz 3). Das [X.] hat die Regelungen in § 65 [X.]bs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 [X.]O jedoch zutreffend angewandt.

aa) Der Kläger hat innerhalb der ihm gegenüber durch die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten wirksam gesetzten [X.]usschlussfrist (vgl. 1.c) weder seine aktuelle ladungsfähige [X.]nschrift dargelegt und glaubhaft gemacht noch Gründe bezeichnet und glaubhaft gemacht, nicht über eine solche zu verfügen. Die [X.]usschlussfrist lief mit [X.]blauf des 15.02.2021 und damit vor der mündlichen Verhandlung am 23.02.2021 ab. Das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, der Kläger sei ins [X.]usland verzogen und halte sich nirgendwo länger auf, sodass er nicht über eine ladungsfähige [X.]nschrift verfüge, erfolgte somit erst nach dem [X.]blauf der [X.]usschlussfrist.

Es kann aus diesem Grund dahin stehen, ob der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung Gründe vorgetragen hat, die dem [X.] hätten genügen müssen, um hinreichende Zweifel am Vorhandensein einer inländischen oder ausländischen [X.] [X.]nschrift zu wecken und einen [X.]usnahmefall anzunehmen. [X.]ufgrund des [X.]blaufs der nicht verlängerten [X.]usschlussfrist am 15.02.2021 war das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung am 23.02.2021 nicht mehr zu berücksichtigen. [X.]nders wäre dies nur, wenn das [X.] die [X.]usschlussfrist bis zum [X.]blauf der mündlichen Verhandlung verlängert hätte. Davon ist jedoch trotz der Schilderung des [X.] der mündlichen Verhandlung in der Beschwerdebegründung vom 01.10.2021 und vom 06.12.2021 nicht auszugehen. Zwar hat das [X.] --trotz des vorherigen fruchtlosen [X.]blaufs der [X.]usschlussfrist bereits am 15.02.2021-- am 23.02.2021 die mündliche Verhandlung eröffnet, sich im [X.] mit dem Prozessbevollmächtigten und der Vertreterin des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt) über das Vorhandensein einer [X.] [X.]nschrift des [X.] ausgetauscht und ist anschließend in eine Beweisaufnahme zu den streitigen Besteuerungsgrundlagen eingetreten. Der Vorsitzende des erkennenden [X.]-Senats hat in der mündlichen Verhandlung den Hinweis erteilt, die Klage sei "möglicherweise" in Ermangelung einer vor dem Fristablauf bezeichneten [X.] [X.]nschrift unzulässig. Eine Verlängerung der [X.]usschlussfrist in der mündlichen Verhandlung bis zu deren Ende kann hierin jedoch nicht gesehen werden. Die prozessleitende Verfügung, die [X.]usschlussfrist zu verlängern, wäre wie eine in der mündlichen Verhandlung erteilte [X.]ufforderung nach § 65 [X.]bs. 2 Satz 2 [X.]O als wesentlicher Vorgang der mündlichen Verhandlung i.S. von § 94 [X.]O i.V.m. § 160 [X.]bs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) zu protokollieren. Fehlt wie im Streitfall ein entsprechender Hinweis im Protokoll, ist wegen der --in diesem Fall negativen-- Beweiskraft des Protokolls gemäß § 94 [X.]O i.V.m. §§ 165, 160 [X.]bs. 2 ZPO davon auszugehen, dass die [X.]usschlussfrist nicht verlängert worden ist (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]/NV 2022, 603, Rz 20, zur [X.]usschlussfristsetzung).

bb) Das [X.] ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass sich bei [X.]blauf der [X.]usschlussfrist unter der ihm bekannten [X.]nschrift [X.] 22, [X.], keine ladungsfähige [X.]nschrift des [X.] mehr befand. Zwar ergibt sich nach der [X.]ktenlage das widersprüchliche Bild, dass eine sog. UNIF[X.]-[X.]bfrage zum 04.02.2021 einen Wohnsitz des [X.] an dieser [X.]nschrift ausweist ([X.]. 249 der elektronischen [X.]-[X.]kte), während eine Suche anhand der Steuernummer aussagt, der Kläger habe sich nach der Klageerhebung am 27.02.2020 mit der [X.]ngabe abgemeldet, ins [X.]usland zu verziehen, und habe sich danach unter dieser [X.]nschrift nicht wieder angemeldet. Im vorliegenden Zusammenhang ist jedoch allein entscheidungserheblich, ob die [X.]nschrift in [X.] im Zeitpunkt des [X.]blaufs der [X.]usschlussfrist den [X.]nforderungen an eine ladungsfähige [X.]nschrift genügte und dem [X.] somit bei [X.]blauf der [X.]usschlussfrist bekannt war. Dies war nicht der Fall. Das [X.] hat insoweit zu Recht angenommen, dass sich in der [X.] 22, [X.], dem Ort der ehemaligen Geschäftsräume des [X.], zwar noch ein Briefkasten befunden haben könnte, den Kläger dort aber keine Post mehr erreichen konnte. Seine Würdigung, das Vorhalten eines Briefkastens unter einer bestimmten [X.]nschrift genüge nicht den [X.]nforderungen an eine ladungsfähige [X.]nschrift, ist nicht zu beanstanden (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]/NV 2018, 630, Rz 25).

b) Soweit der Kläger rügt, die Länge der vom [X.] gemäß § 65 [X.]bs. 2 Satz 2 [X.]O gesetzten [X.]usschlussfrist sei unangemessen kurz gewesen, folgt der Senat dem nicht. Zwar kann eine Frist gemäß § 65 [X.]bs. 2 Satz 2 [X.]O, die unangemessen kurz ist, ermessensfehlerhaft und unwirksam sein ([X.]-Beschluss in [X.]/NV 2020, 373, Rz 8; vgl. auch [X.]-Beschluss vom 17.11.2003 - XI B 213/01, [X.]/NV 2004, 514, unter [X.]). Im Streitfall ist jedoch nicht ersichtlich, dass die gesetzte Frist unangemessen kurz war. Der Prozessbevollmächtigte und der Kläger standen in regelmäßigem telefonischem Kontakt, zudem war der Kläger für den Bevollmächtigten ständig erreichbar. Es ist nicht ersichtlich, warum es dem Prozessbevollmächtigten innerhalb der zehn Tage zwischen der Zustellung der [X.]ufforderung bei ihm (am 05.02.2021) und dem Fristablauf (am 15.02.2021) nicht möglich gewesen sein soll, den Kläger zu kontaktieren, von diesem Informationen zur aktuellen Wohnsituation zu erhalten und an das [X.] zu übermitteln. Dass der Prozessbevollmächtigte den Kläger --wie in den Schriftsätzen zur Beschwerdebegründung vom 01.10.2021 und vom 06.12.2021 geschildert-- versehentlich zu spät oder gar nicht über die [X.]ufforderung des [X.] samt Fristsetzung, die ladungsfähige [X.]nschrift oder deren Fehlen zu bezeichnen, unterrichtet haben will und hierdurch eine Äußerungsmöglichkeit des [X.] innerhalb der [X.]usschlussfrist verkürzt worden sein könnte oder gar nicht bestand, ist dem Kläger als eigenes Verschulden zuzurechnen (vgl. § 85 [X.]bs. 2 ZPO).

c) Da die Klage bei fruchtlosem [X.]blauf der [X.]usschlussfrist unheilbar unzulässig wird, konnten weder die Durchführung der mündlichen Verhandlung mit dem [X.] zur Existenz einer [X.] [X.]nschrift des [X.] noch sonstige prozessuale Maßnahmen wie die Beweisaufnahme zu den streitigen Besteuerungsgrundlagen noch ein etwaiger Rechtsirrtum des [X.] über die Prozesslage die vorher eingetretene Unzulässigkeit der Klage heilen (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]/NV 2015, 1423, Rz 16). Unerheblich ist daher auch, dass das [X.] das persönliche Erscheinen des [X.] ursprünglich --vor Erlass der [X.]ufforderung gemäß § 65 [X.]bs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 [X.]O-- angeordnet hatte und die Klage dann, ohne den Kläger anzuhören, als wegen des fruchtlosen Verstreichens der [X.]usschlussfrist unzulässig abgewiesen hat.

3. Das Vorbringen des [X.], der Vorsitzende des erkennenden [X.]-Senats habe den Prozessbevollmächtigten während der mündlichen Verhandlung von einer telefonischen Kontaktaufnahme mit ihm abgehalten, zielt auf eine Verletzung des klägerischen [X.]nspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs ab (vgl. [X.]rt. 103 [X.]bs. 1 des Grundgesetzes, § 96 [X.]bs. 2 [X.]O). Ein Verfahrensfehler des [X.] ist jedoch zu verneinen. Da das [X.] aufgrund des fruchtlosen Verstreichens der [X.]usschlussfrist am 15.02.2021 die Klage als unheilbar unzulässig angesehen hat und der rechtliche Standpunkt des [X.] für die Prüfung des Vorliegens eines Gehörsverstoßes maßgeblich ist, kann das Urteil nicht auf der geltend gemachten Gehörsverletzung beruhen. Denn telefonische [X.]ngaben des [X.] zu seiner Wohnsitzsituation in der mündlichen Verhandlung nach [X.]blauf der [X.]usschlussfrist wären zu spät gekommen und hätten aus der Sicht des [X.] an der zuvor eingetretenen Unzulässigkeit der Klage nichts mehr ändern können.

4. Der Kläger macht in der Beschwerdebegründung zwar "alle drei Zulassungsgründe nach § 115 [X.]bs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O)" geltend. [X.]bgesehen von den oben behandelten Verfahrensfehlern fehlt es aber für weitere Zulassungsgründe, insbesondere für diejenigen in § 115 [X.]bs. 2 Nrn. 1 und 2 [X.]O, an einer Darlegung von deren Voraussetzungen i.S. des § 116 [X.]bs. 3 [X.]O.

5. Der Senat sieht von einer Darstellung des Tatbestands und einer weiteren Begründung ab (§ 116 [X.]bs. 5 Satz 2 [X.]O).

6. [X.] beruht auf § 135 [X.]bs. 2 [X.]O.

Meta

VIII B 85/21

20.09.2022

Bundesfinanzhof 8. Senat

Beschluss

vorgehend FG Nürnberg, 23. Februar 2021, Az: 1 K 1115/19, Urteil

§ 160 Abs 2 ZPO, § 62 Abs 5 S 6 FGO, § 65 Abs 2 S 1 FGO, § 65 Abs 2 S 2 FGO, § 76 Abs 1 S 1 FGO, § 96 Abs 2 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.09.2022, Az. VIII B 85/21 (REWIS RS 2022, 5378)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5378

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