Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.12.2015, Az. 26 W (pat) 507/14

26. Senat | REWIS RS 2015, 962

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Schwaben Bräu" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 042 478.6

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 9. Dezember 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie des Richters [X.] und des Richters kraft Auftrags Schödel

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

2

[X.] Bräu

3

ist am 18. Juli 2013 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für folgende Waren angemeldet worden:

4

Klasse 32: Bier.

5

Die Markenstelle für Klasse 32 des [X.] hat die Anmeldung mit Beschluss vom 11. Dezember 2013 wegen fehlender Unterscheidungskraft und Freihaltebedürftigkeit gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie angeführt, mit dem Wort „[X.]“ werde in [X.] sowohl ein Bezirk als auch ein Regierungsbezirk benannt, während „[X.]“ eine Brauerei oder ein gebrautes Getränk bezeichne. Das Anmeldezeichen stelle daher lediglich einen sprachüblichen Hinweis dar, dass die angemeldeten Waren aus einer Brauerei in [X.] stammten. Diese unmittelbar beschreibende Angabe müsse im Interesse der Mitbewerber freigehalten werden.

6

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

7

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des [X.] vom 11. Dezember 2013 aufzuheben.

8

Sie ist der Ansicht, der Begriff „[X.]“ sei interpretationsbedürftig, weil er als Bezeichnung einer Landschaft im südlichen [X.], eines Ortes oder Ortsteils, eines [X.] Regierungsbezirks oder eines Herzogtums diene oder die in [X.] lebende Bevölkerung bezeichne. Ferner sei unklar, ob das Bier in [X.], von [X.] oder für [X.] gebraut sei. Eine Vielzahl eingetragener Biermarken belege, dass es auf dem Biermarkt üblich sei, Bier nach dem Schema „Orts-/Regionname“ plus „bierspezifischer Hinweis“ (z. B. [X.]. Brauerei, Pils, Radler etc.) zu benennen. Wegen der Einzelheiten dieser 15 Markeneintragungen wird auf die Seiten 6 bis 8 der Beschwerdebegründung sowie deren Anlagen 2 bis 16 verwiesen ([X.]. 30 - 32, 36 – 53 [X.]). Weitere 22 als Wortmarken eingetragene, ähnlich aufgebaute Biernamen hat sie in ihrer Stellungnahme vom 30. November 2015 ([X.]. 73 ff. [X.]) auf den gerichtlichen Hinweis des Senats vom 6. Oktober 2015 angeführt.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

 II.   

Die nach § 66 Abs. 1 i. V. m. § 64 Abs. 6 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Der Eintragung der Wortfolge „[X.] [X.]“ als Marke steht in Bezug auf die angemeldete Ware „Bier“ das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat.

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] GRUR 2015, 1198, 1201 [X.]. 59 f. – [X.]]; [X.], 173, 174 [X.]. 15 – for you). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] GRUR 2010, 228 [X.]. 33 - [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 173, 174 [X.]. 15 – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.], 173, 174 [X.]. 15 – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.], 428 [X.]. 53 - [X.]; [X.], 173, 174 [X.]. 16 – for you).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.], 1143, 1144, [X.]. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] GRUR 2006, 411 [X.]. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.] 2014, 376 [X.]. 11 - grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.], 674, [X.]. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 270 [X.]. 11 - Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] 2014, 872, 874 [X.]. 21 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen ([X.] 2014, 1204 [X.]. 12 - [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.], 146 [X.]. 32 - [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer [X.] entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.] 2007, 204 [X.]. 77 f. - [X.]; BGH a. a. O. [X.]. 16 - [X.]).

a) Die hier angesprochenen inländischen Verkehrskreise sind der Getränkefachhandel und der Endverbraucher.

b) Das Wortzeichen setzt sich aus den beiden Substantiven „[X.]“ und „[X.]“ zusammen.

www.duden.de), ein [X.] Herzogtum, einen [X.] Regierungsbezirk, Ortsteile der Städte [X.] und [X.] in [X.] sowie der [X.] [X.] und eine bestimmte Volksgruppe, die in [X.] angesiedelt ist bzw. einen schwäbischen Dialekt spricht (vgl. www.wikipedia.de).

www.duden.de).

c) Der Wortkombination „[X.] [X.]“ kommen daher die Bedeutungen zu „Bier aus [X.]“, „Bier für [X.]“, „Brauerei in [X.]“ oder „Brauerei für [X.]“. Dabei entspricht die Verknüpfung einer geografischen Bezeichnung mit einem Substantiv den grammatikalischen Regeln der [X.] (z. B. [X.], [X.]milch, [X.]kinder).

d) Der Wortfolge kann daher ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt entnommen werden. Zum einen kann sie darauf hinweisen, dass die beanspruchte Ware „Bier“ von einer Brauerei mit Sitz in der Region [X.] hergestellt wird. Zum anderen kann sie angeben, dass das angemeldete Bier in bzw. für die Region [X.] gebraut bzw. nach [X.] geliefert wird. Der Bestandteil „[X.]“ kann daher sowohl als geografischer Herkunftshinweis, nämlich Bier aus [X.] oder Brauerei in [X.], als auch als geografische Bestimmungsangabe, nämlich Bier für [X.], verstanden werden. Der Begriff „[X.]“ bezeichnet die Ware „Bier“ selbst oder deren Herstellungsbetrieb, die Brauerei. Die Wortkombination gab daher schon zum Anmeldezeitpunkt, am 18. Juli 2013, die geografische Herkunft der Ware bzw. des Brauereibetriebs an.

Entgegen der Auffassung der Anmelderin sind weder der Begriff „[X.]“ noch die Wortkombination mehrdeutig oder interpretationsbedürftig. Ein Schutzhindernis besteht schon dann, wenn nur eine von mehreren Deutungsmöglichkeiten einen beschreibenden Inhalt hat ([X.] [X.], 146 [X.]. 32 – [X.]; [X.], 680 [X.]. 38 – [X.]; [X.] 2012, 276 [X.]. 8 - [X.]). Vorliegend ist jede der möglichen Bedeutungen beschreibend.

Die angemeldete Wortkombination hat auch keine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführen könnte ([X.] a. a. O. - [X.]; BGH a. a. O. [X.]. 16 - [X.]). Die Kombination der Wortelemente erschöpft sich in ihrem Aussagegehalt somit lediglich in der Summe der Einzelbestandteile mit den in ihnen verkörperten Sachinformationen zur angemeldeten Ware (vgl. [X.] W (pat) 38/12 – [X.]strom; 26 W (pat) 153/01 – [X.]wasser; 26 W (pat) 156/01 – [X.]gas).

2. Da dem angemeldeten Wortzeichen bereits wegen fehlender Unterscheidungskraft der Schutz für die beanspruchte Ware zu versagen war, kann die Frage, ob einer Schutzgewährung auch § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht, dahingestellt bleiben.

3. Der Umstand, dass nach Ansicht der Anmelderin vergleichbare Wortmarken für Bier in das Register eingetragen wurden, ändert nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit des vorliegend zu beurteilenden Anmeldezeichens.

a) Die von der Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung angeführten 14 [X.] Voreintragungen (Seiten 6 bis 8 nebst Anlagen 2 bis 15, [X.]. 30 - 32, 36 – 52 [X.]) sind entweder gelöscht, nicht vergleichbar oder zu alt.

Die beiden Wortmarken „[X.]“ (960547) und „Krombacher Premium Pils“ (941640) sind seit langem gelöscht.

Die Wortmarke „[X.]“ (999232) wurde vor über 35 Jahren für Dienstleistungen der Klasse 43 und nicht für die Ware „Bier“ eingetragen. Die beiden Marken „[X.] Radler“ (30665834) und „[X.] PREMIUM LIGHT“ (2006622) wurden aufgrund des verkehrsdurchgesetzten Bestandteils „[X.]“ eingetragen. Die Anmeldung der weit weniger beschreibenden Wortmarke „[X.] Dunkel“ (30 2011 009 705) ist für „Bier; Malzbiere“ im Jahre 2011 zurückgewiesen worden. Die im Jahre 2012 eingetragene Wortmarke „[X.] Kloster“ (30 2011 055 390) unterscheidet sich dadurch, dass im Gegensatz zum vorliegenden Anmeldezeichen die Ware selbst nicht angegeben wird.

Die Registrierung der Wortmarke „[X.]“ (505913) stammt aus dem Jahr 1938. Die Wortmarke „[X.] Pils“ (868110) wurde 1970 ins Register aufgenommen. Auch die Eintragungen der Wortmarken „[X.] Klosterbier“ (30445341) im Jahr 2004, „[X.]“ (30454691) [X.], „HERFORDER Schwarzbier“ (30740348) und „HERFORDER Radler“ (30740347) im Jahr 2008 und „[X.] [X.]“ (30 2011 055 199) im Jahr 2011 liegen schon zu lange zurück. Bei der letzten Marke kommt hinzu, dass sich die Unterscheidungskraft aus dem Bestandteil „[X.]“ ergeben kann.

b) Soweit die Beschwerdeführerin auf die Gemeinschaftswort-/Bildmarke „[X.]“ verweist, die am 9. Januar 2014 u. a. für „Bier“ eingetragen worden ist, reicht diese Eintragung nicht aus, um die Schutzhindernisse im Inland auszuräumen. Die im Ausland, in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] auf der Grundlage des harmonisierten Markenrechts oder vom Harmonisierungsamt aufgrund der Gemeinschaftsmarkenverordnung getroffenen Entscheidungen über absolute Eintragungshindernisse sind für nachfolgende Verfahren in anderen Mitgliedstaaten unverbindlich ([X.] [X.], 428, 432, Nr. 63 – [X.]; [X.], 674 [X.]. 43 f. - Postkantoor). Sie vermögen nicht einmal eine Indizwirkung zu entfalten ([X.] 2014, 569, 572 [X.]. 30 - [X.]; [X.], 778, 779 [X.]. 18 – Willkommen im Leben).

c) Hinsichtlich der im Schriftsatz vom 30. November 2015 ([X.]. 73 ff. [X.]) aufgeführten 22 Voreintragungen ist die Beschwerdeführerin ihrer - die Amtsermittlung immanent einschränkenden - materiellen Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, weil sie weder Registernummern angegeben noch entsprechende Registerauszüge vorgelegt hat.

Meta

26 W (pat) 507/14

09.12.2015

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.12.2015, Az. 26 W (pat) 507/14 (REWIS RS 2015, 962)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 962

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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