Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.01.2014, Az. 33 W (pat) 47/12

33. Senat | REWIS RS 2014, 8806

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "ASYCO (Wort-Bild-Marke)/SYKO (Gemeinschaftsbildmarke)" – Warenidentität und –ähnlichkeit – keine hinreichende Zeichenähnlichkeit – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 063 090

hat der 33. Senat ([X.]) des [X.] durch die Richterin [X.] als Vorsitzende, die Richterin [X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 2013

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die am 29. Oktober 2010 angemeldete, am 18. Mai 2011 eingetragene und am 17. Juni 2011 veröffentlichte farbige (schwarz, hellblau) Bildmarke

Abbildung

2

eingetragen für

3

[X.]:

4

Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Regeln und Kontrollieren, [X.], -kästen [Elektrizität], Anschlussdosen, -kästen [Elektrizität], Anschlussteile für elektrische Leitungen, Anschlussteile, elektrische, Anzeigegeräte [elektrisch], Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität, Begrenzer [Elektrizität], Dimmer [Lichtregler], Elektrokabel, Interfaces [Schnittstellengeräte oder -programme für [X.]omputer], Kabelkanal [elektrisch], Kabelklemmen [Elektrizität], [X.] [Elektrizität], Klemmen [Elektrizität], Koaxialkabel, Kontakte [elektrisch], Kontakte [elektrisch] aus Edelmetall, Kontrollapparate [elektrisch], Kupferdraht, isoliert, Leiter [elektrisch], Material für elektrische Leitungen [Drähte, Kabel], Relais [elektrisch], Schaltanschlusstafeln, Schalter, Schalter [Stromunterbrecher], Schaltgeräte [elektrisch], Schaltpulte [Elektrizität], Schalttafeln [Elektrizität], Schütze (Elektrizität), Sender für elektronische Signale, Steckdosen, [X.], Stromleitungen, Stromwandler, Summer [elektrisch], Türklingeln, elektrisch, Türöffner, elektrisch, Türschließer, elektrische, Überspannungsschutzgeräte, Überwachungsapparate [elektrisch], Verbindungsteile [Elektrizität], [X.] [Elektrizität], [X.] [Elektrizität], [X.] [Elektrizität],

5

Klasse 35:

6

Büroarbeiten, Betrieb einer Im- und Exportagentur, Dienstleistungen des Einzelhandels über das [X.] in den Bereichen: Werkzeuge und Metallwaren, Elektrowaren und Elektronikwaren, Dienstleistungen des Großhandels über das [X.] in den Bereichen: Werkzeuge und Metallwaren, Elektrowaren und Elektronikwaren, Einzelhandelsdienstleistungen in den Bereichen: Werkzeuge und Metallwaren, Elektrowaren und Elektronikwaren, [X.] in den Bereichen: Werkzeuge und Metallwaren, Elektrowaren und Elektronikwaren, Online- oder Katalogversandhandelsdienstleistungen im Bereich: Werkzeuge und Metallwaren, Elektrowaren und Elektronikwaren,

7

Klasse 37:

8

Installationsarbeiten

9

ist Widerspruch eingelegt worden aus der am 18. Mai 2001 eingetragenen Gemeinschaftsbildmarke 000 875 732

Abbildung

eingetragen für

[X.]:

Elektrische und elektronische Apparate und Geräte (soweit in [X.] enthalten), Signal-, Kontroll- und Meßgeräte, Strom- und Spannungsversorgungsgeräte und -schaltungen, elektronische Verstärker, elektronische Schaltungen, elektronische Steuerungs- und Regelgeräte umfassende Systeme auf dem Gebiet der Leistungselektronik und Meß- und Regeltechnik sowie als Komponenten für die Datenverarbeitung und -erfassung, Teile und Komponente zuvor genannter Waren (soweit in [X.] enthalten)

Klasse 42:

Entwicklung von elektronischen Systemen und Schaltungen im Auftrag von Dritten.

Der Widerspruch wurde am 9. September 2011 erhoben und auf die in der [X.] für die angegriffene Marke eingetragenen Waren beschränkt.

Mit Beschluss vom 10. September 2012 hat die [X.]stelle für Klasse 37 den Widerspruch mangels [X.] zurückgewiesen. Sie ist der Ansicht, dass die zu betrachtenden beiderseitigen Waren der [X.] weit überwiegend identisch, jedenfalls hochgradig ähnlich seien. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei als durchschnittlich zu bewerten. Anhaltspunkte für eine Erhöhung oder Schwächung der Kennzeichnungskraft seien nicht ersichtlich. Trotz der teilweisen Warenidentität und der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft halte die angegriffene Marke den gebotenen Abstand zur Widerspruchsmarke ein. Klanglich würden die beiden Zeichen durch ihre Wortelemente geprägt. Der in der jüngeren Marke vorangestellte dunkel klingende Vokal “A” werde nicht überhört, zumal dadurch eine weitere Silbe in der jüngeren Marke entstehe. Schließlich könne die jüngere Marke aufgrund des Buchstabens “c” in der [X.] auch englisch und somit signifikant abweichend ausgesprochen werden, während dies bei der älteren Marke aufgrund des Buchstabens “k” in der [X.] nicht veranlasst werde, so dass die Abweichungen im Ganzen von einer klanglichen Ähnlichkeit der Zeichen wegführten. In bildlicher Hinsicht fehle es den gegenüberstehenden [X.] an den erforderlichen Übereinstimmungen. Die Widerspruchsmarke sei in schwarzer Schrift gehalten, bei der die Großbuchstaben “S” und “O” eckig wiedergegeben seien; dem Wortteil wären übereinander angeordnete Dreiecke vorangestellt, wobei ein Unterstrich den Wortteil mit den Dreiecken verbinde. Der Wortteil der jüngeren Marke hebe sich in weißer Schrift von dem in blau gehaltenen Hintergrund ab, welcher aus drei ineinander übergehenden in blauer Farbe ausgefüllten Kreisen mit schwarzer Umrahmung gebildet würde. Eine begriffliche Ähnlichkeit sei nicht festzustellen, da es sich um Fantasiebegriffe handele.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie meint, dass [X.] bestehe, da die zu den [X.] gehörenden Waren identisch bzw. hochgradig ähnlich seien und die Zeichen klanglich erheblich ähnlich seien und auch visuell Überschneidungen aufweisen würden. Die vorliegenden Zeichen wären bildlich in den Buchstaben “[X.]” und “O” identisch, wobei unbeachtlich sei, dass bei einem unmittelbaren analysierenden Vergleich der gegenüberstehenden Zeichen die Buchstaben geringfügig unterschiedlich dargestellt seien, da der Verkehr diese Abweichungen nicht wahrnehme. Zusätzlich weise die Widerspruchsmarke am [X.] einen Bildbestandteil auf, der einem bildlichen “A” entspreche, so dass sich insoweit ein weiteres Pendant zu dem Anfangsbuchstaben “A” der angegriffenen Marke finde. Somit könne die Widerspruchsmarke gleichfalls als Wort “A[X.]KO” wahrgenommen werden, woraus sich eine bildliche Übereinstimmung ergebe, die zu einer Ähnlichkeit der Zeichen führe. Dies habe zur Folge, dass bereits in visueller Hinsicht eine [X.] zu bejahen sei. Hinzu komme, dass das angegriffene Zeichen das Element ”[X.][X.]O“ durch die Umrahmung abspalte. Auch in klanglicher Hinsicht würden die Zeichen übereinstimmen. Bewerte man den Bildanfang der Widerspruchsmarke als “A”, seien die Zeichen in der [X.] (A-[X.]-KO), der [X.] („[X.]”) und im Klangrhythmus identisch. Zudem sei auch eine Ähnlichkeit zwischen den Wörtern “[X.]KO” und “A[X.][X.]O” gegeben, da die Widerspruchsmarke klanglich identisch in der jüngeren Marke enthalten sei. Ferner würde der in dem angegriffenen Beschluss vertretene Grundsatz, dass [X.] stärker wahrgenommen werden, nicht zwingend gelten. Beide Zeichen würden klanglich vom Bestandteil “[X.]K([X.])O” geprägt, ohne dass der Anlaut “A” in der jüngeren Marke klangprägend sei. Der Buchstabe ”A” könne auch als Ausruf (”[X.] wie schön!“) verstanden werden. Unter Bezugnahme auf verschiedene Entscheidungen ([X.] “TE[X.]O/[X.]TE[X.]O” und [X.] - [X.]/[X.]) meint die Widersprechende, dass im Falle einer klanglichen Identität der beiden letzten Silben zweier Zeichen eine zusätzliche Silbe am Beginn nicht ausreiche, um eine bestehende [X.]ähnlichkeit zu beseitigen, da diese zusätzliche Silbe phonetisch nicht hervorsteche.

Die Widersprechende beantragt,

den angefochtenen Beschluss des [X.] aufzuheben und die [X.] Marke 30 2010 063 090 für die Waren der [X.] zu löschen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat sich weder im Widerspruchs- noch im Beschwerdeverfahren geäußert.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Der Widerspruch ist erfolglos, weil mangels hinreichender Zeichenähnlichkeit keine [X.] gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] besteht.

1.

Nach allgemein anerkannten Grundsätzen liegt [X.] dann vor, wenn die betreffenden Verkehrskreise glauben könnten, dass die mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen und die mit der Widerspruchsmarke bezeichneten Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von [X.] ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Entscheidende Beurteilungsfaktoren sind die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, sowie die Ähnlichkeit der von diesen erfassten Waren und Dienstleistungen. Für die umfassende Beurteilung der [X.] kommt es maßgeblich darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt (vgl. [X.] GRUR 2005, 1042 (Nr. 28) - [X.] LIFE; [X.] GRUR 2008, 343 (Nr. 33) - [X.] m. w. N.).

Auszugehen ist von dem angesprochenen inländischen Verkehr, der alle Kreise umfasst, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Produkte Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. [X.] GRUR 2004, 428 (Nr. 65) - [X.]). Maßgeblich ist dabei nicht ein flüchtiger, sondern ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher ([X.] GRUR 2006, 411 (Nr. 24) - Matratzen [X.]oncord/[X.]; [X.] GRUR 1999, 723 (Nr. 29) - [X.]hiemsee; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 9 [X.]. 81, § 8 [X.]. 29 ff.). Dabei kann der Aufmerksamkeitsgrad je nach Art der Waren und Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein.

Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen zählen hier Endverbraucher und Fachverkehrskreise, die den angegriffenen Waren der [X.] zumindest mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit begegnen. Zwar handelt es sich zum Teil um geringwertige Gegenstände, diese werden jedoch im Zusammenhang mit Elektrizität verwendet, die ein erhebliches Gefahrenpotential in sich bergen kann.

Bei der Bestimmung der [X.] ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der [X.] oder -ähnlichkeit, der Zeichenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen in der Weise, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der [X.] oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.: [X.] GRUR 1998, 387 (Nr. 22) - Springende Raubkatze; [X.] GRUR 1998, 922 (Nr. 17) - [X.]anon; [X.] GRUR 2008, 343 (Nr. 48) - [X.]; [X.], 1002 (Nr. 23) - [X.]; [X.] (Nr. 13) - [X.]; [X.], 1103 (Nr. 37) - Pralinenform II; [X.] 2011, 824 (Nr. 19) - [X.]/[X.]; [X.], 235 (Nr. 15) - [X.]/[X.]; [X.] 2012, 1040 (Nr. 25) - pure/pjur).

2.

Der Widerspruch ist auf die Waren der [X.] beschränkt.

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen sind nach der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen ([X.] GRUR Int. 1998, 922 (Nr. 22 - 29) - [X.]anon; [X.] GRUR 2006, 582 (Nr. 85) - [X.]; [X.] 2001, 507 (508) - [X.]/[X.]; [X.] 2007, 1066 (Nr. 23) - Kinderzeit).

Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht, wie die [X.]stelle zutreffend ausgeführt hat, im Hinblick auf die für die angegriffene Marke in [X.] eingetragenen Waren teilweise Identität, teilweise hochgradige Ähnlichkeit mit den für die Widerspruchsmarke eingetragenen Waren und Dienstleistungen der [X.] und 42.

3.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich.

Die Kennzeichnungskraft bestimmt den Schutzumfang einer Marke und ist daher Grundlage für die Beurteilung der [X.]. Kennzeichnungskraft ist die Eignung des Zeichens, sich dem Publikum aufgrund seiner Eigenart als Marke einzuprägen, d. h. als Herkunftshinweis erkannt, in Erinnerung behalten und wieder erkannt zu werden ([X.] 2012, 1040 (Nr. 25) - pure/pjur; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl. § 14 [X.]. 497). Je größer die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist, umso größer ist ihr Schutzumfang und umso eher wird die [X.] zu bejahen sein ([X.] GRUR 1998, 387 (Nr. 18, 24) - Springende Raubkatze; [X.] GRUR Int. 1999, 734 (Nr. 20) - [X.]; [X.] GRUR 1998, 922 (Nr. 18) - [X.]anon; [X.] 2006, 60 (Nr. 14) - [X.]). Durchschnittlich kennzeichnungskräftig sind [X.], die von Haus aus, also unabhängig von ihrer Benutzung auf dem Markt, normal unterscheidungskräftig und uneingeschränkt geeignet sind, die betreffenden Waren oder Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu individualisieren ([X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 9 [X.]. 128; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl. § 14 [X.]. 532; vgl. [X.] GRUR Int. 1999, 734 (Nr. 22) - [X.]).

Dem Wortelement “[X.]KO” kann kein beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden, so dass nicht von einer geschwächten Kennzeichnungskraft auszugehen ist. Andererseits sind keine Tatsachen erkennbar oder vorgetragen, die auf eine gesteigerte Kennzeichnungskraft schließen lassen würden.

4.

Die zu vergleichenden Zeichen weisen deutliche Unterschiede auf.

a) Bei der umfassenden Beurteilung der [X.] ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. [X.] GRUR 2010, 933 (Nr. 33) - [X.]; [X.], [X.], 64 ([X.]) - Maalox/[X.], [X.] 2012, 1040 (Nr. 40) - pure/pjur). Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender [X.] ist nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil [X.] auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können ([X.] GRUR Int. 2010, 129 ([X.]) - La Espaňola/[X.]arbonell; [X.], [X.], 1055 (Nr. 26) - airdsl). In der Regel kann bereits die hinreichende Übereinstimmung in einem Aspekt für die Annahme einer [X.] ausreichen ([X.] GRUR 2006, 413 (Nr. 21) - [X.]/SIR; [X.] WRP 1999, 192 (194) - PATRI[X.] LION/Lions; [X.] 2011, 824 (Nr. 26) - [X.]/[X.]; [X.] 2006, 60 (Nr. 17) - [X.]). Abzustellen ist auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. [X.] GRUR 2006, 413 (Nr. 19) - [X.]/SIR; [X.] 2006, 859 (Nr. 17) - Malteserkreuz). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der maßgebliche Verkehr die Zeichen regelmäßig nicht gleichzeitig nebeneinander wahrnimmt und sie deshalb nicht miteinander vergleichen kann, sondern seine Auffassung nur aufgrund einer meist undeutlichen Erinnerung an eine der [X.] gewinnt ([X.] GRUR 2010, 1098 (Nr. 45) - [X.] [X.]reaciones Kennya/[X.] [X.]alvin Klein; [X.] GRUR 2010, 933 (Nr. 33) - [X.]/ [X.]; Ströbele/[X.], [X.]gesetz, 10. Auflage, § 9 [X.]. 220 m. w. N.).

b) Für die Ermittlung des bildlichen Gesamteindrucks kann nicht stets davon ausgegangen werden, dass sich der Verkehr bei der rein visuellen Wahrnehmung einer Wort-/Bildmarke ausschließlich an dem Wort orientiert, ohne den Bildbestandteil in sein Erinnerungsbild aufzunehmen. Es ist also im Allgemeinen nicht zulässig, die Wortbestandteile der [X.] herauszugreifen und einem isolierten schriftbildlichen Vergleich zu unterziehen ([X.] 1999, 241, 244 - Lions; [X.], 254 (Nr. 36) [X.] HOME STORE; Ströbele/[X.], [X.]R, 9. Aufl., § 9 [X.]. 396).

In ihrem bildlichen Gesamteindruck weichen die Wort-/Bildmarken deutlich voneinander ab. Das angegriffene mehrfarbige Zeichen besteht aus dem Wort ”A[X.]KO“ in Majuskeln und weißer Schrift auf blauem Hintergrund mit einer wolkenförmigen Umrandung. Die wolkige Umrahmung und die gewählte Schriftart vermitteln einen runden, eher “weichen” Gesamteindruck. Demgegenüber besteht die schwarz-weiße Widerspruchsmarke aus einer vorangestellten sehr eckigen Grafik, die ein kleines, schwarz ausgefülltes Dreieck erkennen lässt, das oben von einer weißen und eine weiteren schwarzen Dreieckslinie umgeben wird. Die Buchstaben des Wortelementes ”[X.]KO“ sind in schwarzer, ”kantiger“ Schrift dargestellt und werden von einer Linie schwarz unterstrichen. Die Dreiecke und die gewählte Schriftart und -farbe vermitteln einen zackigen und damit ”harten“ bzw. kantigen Gesamteindruck.

Entgegen der Auffassung der Widersprechenden wird der Verkehr die dem Widerspruchszeichen vorangestellten Dreiecke nicht als graphisch vereinfachtes ”A“ wahrnehmen. Zum einen fehlt der horizontale Querstrich, der den Großbuchstaben ”A“ von einem Dreieck unterscheidet, zum anderen beschränkt sich die Darstellung nicht auf eine Dreieckslinie, sondern erweckt den Eindruck mehrerer ineinander [X.] Dreiecke. Hinzu kommt, dass die Grafik von dem Wortbestandteil ”[X.]KO“ abgetrennt wird, indem er nicht von der schwarzen Unterstreichung des [X.] erfasst wird und einen größeren Zwischenraum zu dem Anfangsbuchstaben ”S“ aufweist. Außerdem entspricht auch die gewählte Breite des oberen schwarzen Dreiecks nicht der Breite der übrigen Buchstaben, so dass der Verkehr keine Veranlassung hat, die Grafik als Buchstabenelement des nachfolgenden Wortes anzusehen.

Die Wortelemente der zu vergleichenden Zeichen unterscheiden sich daher durch den zusätzlichen Anfangsvokal ”A“ in der angegriffenen Marke. Der Verkehr wird den Buchstaben ”A“ auch nicht von dem übrigen Buchstaben abspalten. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden gibt die grafische Gestaltung gerade keine Veranlassung zu einer solchen Abspaltung. Vielmehr unterstützt sowohl das einheitliche Schriftbild als auch die Umrahmung des gesamten Wortes ”A[X.][X.]O“ die Zusammengehörigkeit des [X.]. Die Wortbestandteile der Zeichen ähneln sich daher zwar in einzelnen Elementen, unterscheiden sich im Gesamteindruck indes deutlich durch die unterschiedlichen Anfangsbuchstaben.

Durch die unterschiedlichen Wortelemente, das vorangestellte Dreieckselement, die unterschiedliche Farbegestaltung und den kantigen Eindruck unterscheidet sich der Gesamteindruck der Widerspruchsmarke daher in bildlicher Hinsicht deutlich von der angegriffenen Marke.

In klanglicher Hinsicht orientiert sich der Verkehr bei [X.] am Wortbestandteil, da er die einfachste Art der Benennung darstellt ([X.] 2013, 68 (Nr. 16) - [X.]astell/VIN [X.]; [X.] 1999, 167 (168) - [X.]). Wie von der [X.]stelle zutreffend ausgeführt besteht keine hinreichende klangliche Ähnlichkeit zwischen den Begriffen “A[X.][X.]O” und “[X.]KO”. Allerdings werden die Silben ”[X.]-KO“ bzw. ”[X.]-[X.]O“ in beiden [X.] identisch ausgesprochen als [[X.]]. Entgegen der Auffassung der [X.]stelle veranlasst der Buchstabe ”[X.]“ in der angegriffenen Marke nicht dazu, die Silbe ”[X.]“ auszusprechen als [sai], da auch vergleichbare andere [X.] Worte mit der Buchstabenfolge ”[X.]“ als [si] betont werden (sycophant, symbol, system, asymetry). Indes erhält die angegriffene Marke durch den vorangestellten Buchstaben ”A“ eine zusätzliche Silbe, die die Wortlänge, ebenso, wie die [X.], deutlich verändert ([X.]/i-o). Der klangstarke Vokal ”a“ am Wortanfang bewirkt einen deutlichen [X.]abstand, denn [X.] werden vom Verkehr im allgemeinen stärker beachtet als die übrigen [X.]teile ([X.] 2003, 1047 (1049) - [X.]`s/[X.]`s; [X.], 1026 (Nr. 54) - [X.]/FERRERO; [X.] in HK-[X.]R, 2. Aufl., § 9 [X.]. 88; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 9 [X.]. 237 m. w. N.). Anhaltspunkte dafür, dass dieser Erfahrungssatz vorliegend nicht gilt, bestehen nicht. Die von der Widersprechenden zitierte Entscheidung des [X.] (Beschl. v. 28.6.2012, [X.]-599/11 P - TOFUKING) steht dem nicht entgegen, da sie lediglich besagt, dass das Gericht nicht stets von der Prämisse ausgehen müsse, dass der Verbraucher dem Anfang eines Wortzeichens mehr Aufmerksamkeit schenkt als dessen Ende. Es könne auch das Ende eines Zeichens kennzeichnungskräftiger oder dominanter als dessen Anfang sein. Im vorliegenden Fall ist der Anfang des Wortes ”A[X.][X.]O“ indes weder beschreibend noch in sonstiger Weise [X.], sondern bildet mit den nachfolgenden Silben einen Gesamtbegriff, so dass es für den Verkehr keinen Grund gibt, die Anfangssilbe zu vernachlässigen. Insbesondere hat er auch keine Veranlassung nach dem ”A“ eine Sprechpause einzulegen, so dass die von der Widersprechenden angedeutete Aussprache als ”[X.]! … [X.][X.]O“ fernliegt.

In verschiedenen Entscheidungen ist allerdings eine Abweichung am Wortanfang nicht als ausreichend angesehen worden, wenn die Zeichen im Übrigen weitgehend übereinstimmen (BPatG [X.]R 2006, 460, 463 - [X.]/[X.]; [X.] (pat) 34/05 - [X.]/SatAn; [X.] (pat) [X.]/[X.]). Hiervon zu unterscheiden ist aber der Umstand, dass das jüngere Zeichen nicht nur einen abweichenden Wortanfang, sondern auch eine zusätzliche Anfangssilbe erhält (vgl. [X.] (pat) 120/96 - EUKRATON/[X.]raton). Dem steht die von der Widersprechenden zitierte Entscheidung des [X.] - [X.]/[X.] nicht entgegen, da das Gericht dort davon ausgegangen ist, dass der spanischsprachige Verbraucher der zweiten Silbe mehr Aufmerksamkeit entgegenbringe als der ersten. Demgegenüber wird der hier angesprochene inländische Verkehr den Endsilben ”[X.]-[X.]O“ neben der mit dem klangstarken Vokal ”A“ ausgestatteten Anfangssilbe keine besondere Aufmerksamkeit entgegenbringen. Klanglich unterscheiden sich die Zeichen daher deutlich.

Eine begriffliche Ähnlichkeit ist in Ermangelung eines erkennbaren Sinngehalts ebenfalls auszuschließen.

5.

Aufgrund der deutlichen Zeichenunterschiede besteht daher nicht die Gefahr, dass der angesprochene Verkehr die [X.] gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] verwechselt. Es besteht zudem auch nicht die Gefahr, dass der Verkehr die [X.] § 9 Abs. 1 Nr. 2, [X.]. [X.] gedanklich miteinander in Verbindung bringt.

Entgegen der Auffassung der Widersprechenden führt die Usurpation ihres Zeichens in die angegriffene Marke nicht zu einer [X.]. Das übernommene Element behält nämlich keine selbständig kennzeichnende Stellung in dem angegriffenen Zeichen, sondern wird zu einem neuen einheitlichen Begriff verschmolzen.

Wenn ein jüngeres Zeichen das Wortelement eines älteren Zeichens identisch oder ähnlich übernimmt und mit weiteren Silben oder Buchstaben kombiniert, führt dies nämlich nicht automatisch zur Bejahung einer [X.] ([X.] I ZR 85/11 ([X.]) - [X.]ulinaria/Villa [X.]ulinaria). Bei dem vorzunehmenden [X.] ist vielmehr stets von der eingetragenen Form der Marke und von dem durch diese Form vermittelten Gesamteindruck auszugehen. Grundsätzlich ist es daher unzulässig, aus den einander gegenüberstehenden [X.] ein Element herauszugreifen und allein auf dieser Grundlage eine [X.] anzunehmen (st. Rspr. [X.] GRUR 2005, 1042 (Nr. 29) - [X.] LIFE; [X.], 903 ([X.]) - [X.]; [X.]/[X.], [X.]gesetz, 10. Auflage, § 9 [X.]. 326). Dies würde von dem Grundsatz, dass ein Elementschutz dem [X.]recht fremd ist, abweichen (vgl. [X.] 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze; [X.] GRUR Int. 2004, 843 (Nr. 32) - Matratzen; [X.] GRUR 2005, 1042 (Nr. 29) - [X.] LIFE; [X.] GRUR 2010, 1098 - [X.] [X.]REA[X.]IONES KENNYA/[X.] [X.]alvin Klein; [X.] 2007, 1071 (Nr. 35) - Kinder II; [X.], 903 (Nr. 18) - [X.]; vgl. [X.]/[X.], [X.]gesetz, 10. Aufl., § 9 [X.]. 274, 278 m. w. N.). Vielmehr müssen besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, in einem zusammengesetzten Zeichen einzelne oder mehrere Bestandteile als selbständig kennzeichnend anzusehen ([X.] I ZR 85/11 (Nr. 50) - [X.]ulinaria/Villa [X.]ulinaria; vgl. [X.]/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 2. Aufl., § 14 [X.], [X.]. 420; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 9 [X.]. 413). Andernfalls würde die Regel, dass bei der Prüfung der [X.] die fraglichen [X.] jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen sind, zur Ausnahme, und die Ausnahme, dass ein Bestandteil eines zusammengesetzten Zeichens eine selbständig kennzeichnende Stellung in dem zusammengesetzten Zeichen einnimmt, ohne aber darin den dominierenden Bestandteil zu bilden, zur Regel ([X.] I ZR 85/11 (Nr. 50) - [X.]ulinaria/Villa [X.]ulinaria). Ein besonderer Umstand, der es rechtfertigt, in einem zusammengesetzten Zeichen einen Bestandteil als selbständig kennzeichnend anzusehen, kann z. B. vorliegen, wenn ein bekanntes Unternehmenskennzeichen in eine neue Marke integriert wird (vgl. [X.] 2009, 484, 491) Metrobus/METRO

6.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, aus Gründen der Billigkeit einem der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] aufzuerlegen.

Meta

33 W (pat) 47/12

13.01.2014

Bundespatentgericht 33. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.01.2014, Az. 33 W (pat) 47/12 (REWIS RS 2014, 8806)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8806

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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