Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.04.2014, Az. VIII ZR 103/13

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6005

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

TEILVERSÄUMNIS-
und SCHLUSSURTEIL

VIII ZR 103/13
Verkündet am:

30. April 2014

Ring,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.]
§ 1124 Abs. 2
Eine in einem Mietvertrag mit fester Laufzeit als Einmalzahlung vereinbarte und vor der Beschlagnahme vollständig gezahlte Miete ist den [X.] ge-genüber gemäß §
1124 Abs.
2 [X.] insoweit unwirksam, als sie sich auf die (fiktive) anteilige Miete für eine spätere [X.] als den zur [X.] der Beschlagnahme laufenden (beziehungsweise bei Beschlagnahme nach dem fünfzehnten Tage des Monats für eine spätere [X.] als den ersten Monat nach der Beschlagnahme) bezieht.
[X.], Teilversäumnis-
u.
[X.] vom 30. April 2014 -
VIII ZR 103/13 -
LG [X.]

[X.]

-
2 -
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
30. April
2014
durch die
Richterin Dr. Milger
als Vorsitzende, [X.]
[X.], die Richterin [X.] sowie [X.] Bünger und Kosziol
für Recht erkannt:

Die Revision der [X.] zu 1 gegen das
Urteil der 10. Zivil-kammer des [X.] vom 15. März 2013
wird zu-rückgewiesen.
Auf die Rechtsmittel des [X.] werden das vorbezeichnete Ur-teil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben
und das Urteil des [X.] vom 19. Juli 2012 insoweit abgeändert, als
hinsichtlich des Räumungs-
und Herausgabeantrags zum Nachteil des [X.] entschieden worden ist.
Die [X.]
werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Grund-besitz in [X.]

,

W.

(Grundbuch von D.

,
Blatt

, [X.]

, Flur

, Flurstück

),
zu räumen und an den Kläger herauszugeben.
Von den Kosten
des Revisionsverfahrens haben die [X.] zu 1 bis 3 die
Gerichtskosten und
die außergerichtlichen Kosten des [X.]
zu 85
% als Gesamtschuldner zu tragen sowie die [X.] zu 1 zu weiteren 15
% allein.
Von den Kosten der
ersten und zweiten Instanz
haben die [X.]n
zu 1 bis 3 die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kos-ten des [X.] zu
85
% als Gesamtschuldner
und
die Beklagte zu 1 zu weiteren
5
% allein zu tragen. Der Kläger
hat
10
% der Gerichtskosten und 20 % der außergerichtlichen Kosten
der [X.] zu 1 zu tragen.
Im Übrigen tragen die Parteien
ihre Kosten jeweils selbst.
Das Urteil ist bezüglich der Kosten und der Verurteilung der [X.] zu 2 und 3 zur Räumung und Herausgabe vorläufig voll-streckbar.
Von Rechts wegen

-
3 -
Tatbestand:
Der Beklagte zu 2 war ursprünglich
Eigentümer des Grundstücks [X.]

in W.

. Er bewohnt
das auf dem Grundstück belegene
Haus ge-meinsam mit seiner Ehefrau, der [X.] zu 3.
Nachdem im Jahr 2004 das Insolvenzverfahren über das
Vermögen
des [X.] zu 2 eröffnet worden war,
ordnete das Amtsgericht die [X.] des Grundbesitzes an. Am
28. August 2009 wurde der Zuschlag
Herrn R.

(im Folgenden: Ersteher)

erteilt. Dieser
hinterlegte einen Beeitere Zahlungen [X.] er auf das Gebot nicht. Daraufhin
wurde von einem Grundpfandgläubiger

-
neben einem erneuten Zwangsversteigerungsverfahren -
ein [X.] über den Grundbesitz eingeleitet. In diesem Verfahren wurde
der Kläger durch Beschluss des [X.] vom 26. November 2009 zum Zwangsverwalter über das Grundstück bestellt und nahm es
am 1.
Dezember 2009 in Besitz.
Die [X.] zu 2 und 3 berufen sich gegenüber dem Kläger auf einen mit ihrer Tochter, der [X.] zu 1,
geschlossenen Untermietvertrag
über das Grundstück
sowie darauf, dass die Beklagte zu 1 mit
dem Ersteher bereits
am 28. August 2009 einen Festmietvertrag über das Grundstück für den [X.]raum vom 1. September 2009 bis zum 31.
August 2015 abgeschlossen und die
für diesen [X.]raum
vereinbarte Miete

am selben Tag an den [X.] gezahlt habe.
Die Beklagte zu 1 hat eine
am 3. September 2009 notariell
beglaubigte Kopie eines von ihr und dem Ersteher unterzeichneten, auf den 28. August 2009 datierten
Mietvertrags über den streitigen Grundbesitz vorgelegt. Darin heißt es:

1
2
3
4

-
4 -
"i-gent

4)
Mietbeginn ist der [X.] Das Mietverhältnis endet am 31.08.2015.

5)
Der Mietzins für den gesamten Mietzeitraum vom 01.09.09 bis zum 31.08.2015 beträgt 35.000,00

7)
Mieterin ist berechtigt, eine einmalige Verlängerung der Mietzeit um drei Jahre e-reits jetzt mit 80 % des zum [X.]punkt des Eintritts des Verlängerungszeit-raums ortsüblichen Mietzinses für vergleichbare Mietobjekte vereinbart. Der üb-rige Inhalt des [X.] soll unverändert bleiben.

8)
Für den Fall der vorzeitigen Kündigung dieses Vertrages, die nur für den Fall der
Durchführung eines Vollstreckungsversteigerungsverfahrens in Betracht kommen kann, ist der rechnerisch nicht verbrauchte Teil des Mietzinses zuzüg-lich eines Aufschlages von 30% zu dem rechnerisch ermittelten Betrag an die

10)
Mieterin ist uneingeschränkt zur Untervermietung berechtigt, allerdings auch in-soweit nur zur Wo

Der Vermieter bestätigt mit seiner nachfolgenden Unterschrift, dass er den

im Zusammenhang mit der Unterzeichnung [X.] erhalten hat."

Mit Schreiben vom 22. Februar 2010 forderte der Kläger die Beklagte zu
1
erfolglos
zur Zahlung eines ortsüblichen Nutzungsentgelts in Höhe von . Die Beklagte zu 1 meint,
die an den Ersteher geleistete Einmalzahlung sei dem Kläger gegenüber wirk-sam. Sie sei
deshalb nicht
zur Zahlung von Miete oder Nutzungsentgelt an den Kläger verpflichtet. Demgemäß erbrachte sie auch in der Folgezeit keine [X.]en an den Kläger. Mit Schreiben vom 26. Mai 2010 und
vom 6. Februar 2012 erklärte der Kläger gegenüber der [X.] zu
1 die fristlose Kündigung des
Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs.
5

-
5 -
Der Kläger hat die [X.] als Gesamtschuldner auf
Räumung des zwangsverwalteten Grundbesitzes in Anspruch genommen, die
Beklagte zu 1 zusätzlich auf Zahlung von 2.700

(Nutzungsersatz für die Monate Dezember 2009 bis Februar 2010) nebst vorgerichtlichen
Kosten und Zinsen.
Das Amtsge-richt hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] nebst Zinsen stattgegeben und die
weitergehende Zahlungsklage sowie die
Räumungsklage abgewiesen. Mit den vom Berufungsgericht
zugelassenen
Revisionen
verfolgt der Kläger den Räumungs-
und Herausgabeantrag weiter, die Beklagte zu 1 begehrt die voll-ständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:
Die Revision der [X.] zu 1 ist unbegründet, die des [X.] hat [X.]. Über das Rechtsmittel des [X.] ist, soweit es
sich gegen die [X.] zu 2 und 3 richtet,
antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die [X.] zu 2 und 3
in der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemä-ßer Ladung nicht anwaltlich vertreten waren. Inhaltlich beruht das Urteil indes-sen nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung ([X.], Urteil vom 4.
April 1962 -
V [X.], [X.]Z 37, 79, 81 ff.).

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung,
soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse,
im Wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stehe gegen die Beklagte zu 1 aus § 535 Abs. 2 [X.] in Verbindung mit § 1124 Abs. 2 [X.] lediglich ein Anspruch auf Zahlung von Mie-6
7
8
9

-
6 -
te
für die Monate Januar und Februar 2010 in Höhe von insgesamt 972,22

zu. Der vorrangig geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Wertersatz in Höhe und Februar 2010 aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, § 818 Abs. 2 [X.] bestehe dagegen nicht. Die Beklagte zu 1 habe den Besitz an dem streitgegenständlichen Grundstück nicht ohne Rechtsgrund erlangt, denn der mit dem Ersteher
unter dem 28. August 2009 geschlossene Mietvertrag wirke gemäß § 152 Abs.
2 [X.] auch gegenüber dem Kläger als Zwangsverwalter.
Das Grundstück habe sich schon vor der Be-schlagnahme im Besitz der [X.] befunden. Nach der vom Amtsgericht durchgeführten
Beweisaufnahme und der vorgelegten
notariell beglaubigten
Kopie des Mietvertrags sei
davon auszugehen, dass der von der [X.] zu 1 behauptete Mietvertrag tatsächlich, wie von ihr
behauptet, bereits am Tage der Versteigerung (28. August 2009)
wirksam
abgeschlossen worden sei
und sie die vereinbarte Mietz

Die Zahlung an den Ersteher als ursprünglichen Vermieter stehe dem Anspruch des [X.]
auf Zahlung der Miete für die Monate Januar und [X.] allerdings nicht entgegen.
Denn diese Vorausverfügung sei gemäß
§
1124 Abs. 2 [X.] dem Kläger gegenüber unwirksam, soweit sie sich auf die Miete für einen späteren als den zur [X.] der Beschlagnahme laufenden Kalen-dermonat
beziehe.
Da die Beschlagnahme, deren Datum nicht habe aufgeklärt werden können,
jedenfalls nicht vor dem 26. November 2011 erfolgt sei, sei die Vorausverfügung nach §
1124 Abs. 2, 2. Halbsatz [X.] selbst dann, wenn die Beschlagnahme noch vor Ablauf des Monats November
erfolgt sein sollte, nur noch für den Monat Dezember 2009, nicht aber für die Folgemonate wirksam.
Eine Vorausverfügung im Sinne von §
1124 Abs. 2 [X.] setze nach der Rechtsprechung des [X.]
voraus, dass die Miete nach periodi-schen [X.]abschnitten bemessen sei. Hiervon sei im Streitfall indes auszuge-10
11

-
7 -
hen.
Denn anders als in den vom [X.] entschiedenen Fällen, in denen der Mieter die Wohnung jeweils zu lebenslanger Nutzung und somit auf unbestimmte [X.] gemietet habe, sei die Einmalzahlung für ein zeitlich befristetes Mietverhältnis vereinbart worden und könne
deshalb oh-ne weiteres in eine fiktive monatliche Miete
umgerechnet werden.
Dabei ergebe sich eine
(fiktive) monatliche Miete

o-nate).

Ein Anspruch auf Räumung stehe dem Kläger hingegen
-
derzeit -
weder gegen die Beklagte zu 1 aus §
546 Abs. 1 [X.] noch gegen die [X.] zu
2 und 3 aus § 546 Abs. 2 [X.] zu. Zwar sei die Beklagte zu 1 ihrer Verpflichtung
nicht nachgekommen, an
den
Kläger ab Januar 2010 eine monatliche Miete von . Die
auf Zahlungsverzug (§ 543 Abs. 2 Nr. 3a [X.])
gestütz-ten Kündigungen
des [X.] seien gleichwohl unwirksam, weil sich die [X.] zu 1 -
jedenfalls bis zur Verkündung des Urteils im Berufungsverfahren -
mangels Verschuldens
im Sinne des § 286 Abs. 4 [X.]
nicht im Verzug mit der Zahlung der
(monatlichen) Miete
befunden habe. Es liege ein unverschuldeter Rechtsirrtum der [X.] zu 1 über die Verpflichtung vor, trotz geleisteter Mietvorauszahlung an den
Ersteher
ab Januar 2010
nochmals Miete an den Kläger zahlen zu müssen.

II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher
Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Zwar hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen,
dass die [X.] gemäß § 1124 Abs. 2 Halbsatz 2 [X.] dem Kläger gegenüber [X.] ist, soweit sie sich auf die Miete ab Januar 2010 bezieht. Dem
Kläger 12
13

-
8 -
steht deshalb der in der Revisionsinstanz noch streitige Zahlungsanspruch (je

Zu Unrecht hat das Berufungsgericht hingegen angenommen, dass sich die Beklagte zu 1 zumindest bis zur Verkündung des Urteils im Berufungsver-fahren in einem unverschuldeten Rechtsirrtum über ihre Verpflichtung zur [X.] von Miete an den Kläger befunden habe und deshalb die vom
Kläger ge-genüber der [X.] zu 1 ausgesprochenen
Kündigungen wegen Zahlungs-verzugs vom 26. Mai 2010 und vom 6. Februar 2012 sowie
der hierauf gestütz-te Räumungsanspruch gegen die [X.] zu 1 bis 3 unbegründet seien.
1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 1
für die [X.] ab Januar 2010 -
entgegen der Auffassung der
Revision der [X.] zu 1 -
ein
Anspruch auf Zahlung einer monatlichen
Miete in Höhe von


535 Abs. 2 [X.]).
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte zu 1 mit dem
Ersteher
einen Mietvertrag
über das streitige Grundstück [X.] hat. Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten,
dass die von der [X.] zu 1 an den ursprünglichen Vermieter erbrachte Zahlung von

als Vorausverfügung gemäß § 1124 Abs.
2 Halbsatz 2 [X.] dem Klä-ger gegenüber unwirksam ist, soweit sie sich auf die Miete ab Januar 2010 be-zieht.

aa) [X.] des Vollstreckungsschuld-ners (hier des [X.]) richtet sich allein nach den Vorschriften der §§
1124, 1125 [X.], wenn -
wie hier -
ein Grundpfandgläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt. Dies ergibt sich
aus § 146 Abs. 1 [X.] in Verbindung mit § 20
Abs. 2
[X.] ([X.]sbeschluss vom 11. Oktober 2011 -
VIII ZR 103/11, [X.], 112 Rn. 2;
[X.], Urteile vom 8. Dezember 2010 -
XII
ZR 86/09, NJW-RR 2011, 371 14
15
16
17

-
9 -
Rn.
15; vom 25. April 2007 -
VIII ZR 234/06,
[X.], 2919 Rn.
21; vom 23.
Juli 2003 -
XII ZR 16/00, [X.], 510 unter [X.] a).

[X.]) Nach § 1124 Abs. 2 [X.] ist eine Verfügung dem Grundpfandgläubi-ger gegenüber insoweit unwirksam, als sie sich auf die Miete für eine spätere [X.] als den Monat der Beschlagnahme bezieht. Eine Vorausverfügung im [X.] von § 1124 Abs. 2 [X.] setzt die Existenz einer nach periodischen [X.]ab-schnitten bemessenen Miete
gegen den Schuldner voraus, auf die durch ein Rechtsgeschäft eingewirkt wird
([X.]sbeschluss
vom 11. Oktober 2011
-
VIII ZR 103/11, aaO Rn. 3;
[X.]surteile vom
5. November 1997 -
VIII ZR 55/97, [X.]Z 137, 106, 111
ff.;
vom
25. April 2007 -
VIII ZR 234/06, aaO Rn.
23;
vom 11.
Juli 1962 -
VIII ZR 98/61, [X.]Z 37, 346, 351 ff.). An dieser Voraussetzung fehlt es jedoch nach der Rechtsprechung des [X.]s, wenn der
Mietvertrag auf die Lebenszeit des Mieters abgeschlossen und als Gegenleis-tung bei Abschluss des Mietvertrags
eine Einmalzahlung als Miete vereinbart ist. Denn in diesen Fällen kann nicht bestimmt werden, welcher Teil der Einmal-zahlung auf die [X.] nach der Beschlagnahme entfällt ([X.]sbeschluss vom 11. Oktober 2011 -
VIII ZR 103/11, aaO; [X.]surteil vom 25. April 2007
-
VIII ZR 234/06, aaO Rn. 24).
cc) So verhält es sich im Streitfall nicht. Der Mietvertrag
über den streiti-gen Grundbesitz
wurde nicht auf die Lebenszeit der [X.] zu 1, sondern auf eine feste Mietzeit von sechs Jahren abgeschlossen, so dass
ohne weiteres eine Umrechnung des geschuldeten Einmalbetrags auf periodische -
üblicher-weise monatliche -
[X.]abschnitte erfolgen
kann.
Dies genügt für die Anwendbarkeit des § 1124 Abs. 2 [X.] (vgl. zu der vergleichbaren Interessenlage bei §§
566b, 566c [X.]:
[X.]/
Häublein, 6. Aufl.,
§ 566b Rn.
10 und § 566c Rn. 9; [X.], 18
19
20

-
10 -
Mietrecht, 11. Aufl., § 566b [X.] Rn. 30; vgl. ferner [X.], NJW-RR 1989, 1421, 1422, zur Umrechnung einer Jahrespacht auf monatliche Beträge bei § 1124 Abs. 2 [X.]). Insbesondere kommt es nicht -
wie die Revision der [X.] zu 1 meint -
darauf an, ob die
Parteien von einer Bemessung nach periodischen [X.]abschnitten ausgegangen sind. Einer Feststellung eines dahin gehenden Parteiwillens bedarf
es somit
nicht.
Die Regelung des § 1124 Abs. 2 [X.], nach der Vorausverfügungen über die Miete dem Hypothekengläubiger gegenüber grundsätzlich unwirksam sind, dient dem Schutz des Gläubigers, der für die [X.] nach der [X.] (mit den dort zum Schutz des Mieters bestimmten Einschränkungen für den im [X.]punkt der Beschlagnahme laufenden beziehungsweise
den darauf fol-genden Kalendermonat) den Gegenwert der Gebrauchsüberlassung erhalten soll. Die bisher vom [X.]
-
in besonderen Fallkonstellationen -
für die Fälle eines Vertragsabschlusses auf die Lebenszeit des Mieters anerkannte Aus-nahme beruht darauf, dass in diesen Fällen nicht ermittelt werden kann, wie hoch die monatliche Miete ist. Ob an dieser Rechtsprechung uneingeschränkt festzuhalten ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn anders als bei einem auf die Lebenszeit des Mieters abgeschlossenen Vertrag ist bei einer Festmiet-zeit ohne weiteres eine (fiktive) Umrechnung einer im Mietvertrag vereinbarten
Einmalzahlung auf monatliche Zahlungen möglich.
Für eine Einschränkung des durch §
1124 Abs. 2 [X.] beabsichtigten
Gläubigerschutzes besteht in diesen Fällen kein Grund.
Entgegen der Auffassung der Revision der [X.] zu 1 verbietet es der Wortlaut des § 1124 Abs. 2 [X.] nicht, eine im Mietvertrag ver-einbarte Einmalzahlung der Miete, die -
wie hier -
vor der Beschlagnahme für die gesamte feste Laufzeit des Mietvertrags erbracht wird, insoweit als [X.] anzusehen, als damit die (fiktive) anteilige Miete für die Monate nach der Beschlagnahme entrichtet worden ist. Im Gegenteil wird dies durch die Formu-lierung des Gesetzes ("insoweit unwirksam") sogar nahe gelegt.
21

-
11 -
2.
Mit Erfolg wendet sich die Revision des [X.]
jedoch
gegen die Auf-fassung des Berufungsgerichts, die vom Kläger (zuletzt am 6. Februar 2012) erklärte Kündigung wegen Zahlungsverzugs sei unwirksam. Zu diesem [X.]-punkt befand sich die Beklagte
zu 1 mit der Zahlung der Miete
für die Monate ab Januar 2010 und deshalb mit einem Betrag von (mehr als) zwei Monatsmie-ten in Verzug (§ 543 Abs. 2 Nr. 3b [X.]). Entgegen der Auffassung des [X.] entfiel der Zahlungsverzug nicht deshalb, weil die Beklagte zu 1 jedenfalls bis zur Verkündung des
Berufungsurteils
aufgrund eines unverschul-deten [X.] davon hätte
ausgehen dürfen, dass die zu Beginn des Mietverhältnisses an den Erstehegeleistete Zahlung dem Kläger gegenüber wirksam wäre
und sie deshalb die geforderte Miete nicht zahlen müsste.

a) An das Vorliegen eines unverschuldeten [X.] sind nach der gefestigten Rechtsprechung des [X.]s auch im Wohnraummietrecht strenge Anforderungen
zu stellen; es besteht kein Grund, im Rahmen von § 543 Abs. 2 Nr. 3 [X.] zu Gunsten des Mieters einen milderen Maßstab anzulegen (Se-natsurteile
vom 11. Juli 2012 -
VIII ZR 138/11, NJW 2012, 2882 Rn. 19; vom 25.
Oktober 2006 -
VIII [X.], [X.], 428 Rn. 27 ff. [X.]). Ein unver-schuldeter Rechtsirrtum liegt
regelmäßig
nur vor, wenn der Schuldner die Rechtslage unter Einbeziehung der höchstrichterlichen Rechtsprechung sorgfäl-tig geprüft hat und er bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte
([X.], Urteile
vom
11. April 2012 -
XII ZR 48/10, [X.], 323 Rn. 31;
vom 12.
Juli
2006 -
X [X.], [X.], 3271 Rn. 19; vom 4. Juli 2001 -
VIII
ZR 279/00, [X.], 2012 unter [X.] d;
vom 28. Juni 1978 -
VIII
ZR
139/77,
NJW 1978, 2148 unter I
3, insoweit in
[X.]Z 72, 147
nicht abgedruckt;
vom 9. Feb-ruar 1951 -
I
ZR 35/50, NJW 1951, 398; [X.], Beschluss vom 19. Juli 2011
-
XI [X.], [X.], 1506 Rn. 12). Ein solcher Ausnahmefall ist etwa 22
23

-
12 -
dann anzunehmen, wenn der Schuldner eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung für seine Auffassung in Anspruch nehmen konnte und mit [X.] späteren Änderung derselben nicht zu rechnen brauchte.
Bei einer unklaren
Rechtslage handelt hingegen bereits fahrlässig, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muss. Der Schuldner darf nicht das Risiko einer zweifelhaften Rechtslage dem Gläubiger zuschieben ([X.], Urteile
vom 25. Oktober 2006 -
VIII [X.], aaO Rn. 25;
vom 27.
September 1989 -
IVa [X.], NJW-RR 1990, 160, 161; vom 24. Sep-tember 2013 -
I ZR 187/12 juris Rn. 19).
Entscheidet er sich
bei zweifelhafter Rechtslage
dafür, die von ihm geforderte Leistung nicht zu erbringen, geht er
-
von besonderen Sachlagen abgesehen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 73.
Aufl., § 276 Rn. 23
[X.])
-
das
Risiko, dass sich seine Einschätzung später als falsch erweist, zumindest fahrlässig ein und hat deshalb seine Nichtleistung zu vertreten, wenn er -
wie in einem späteren Rechtsstreit festgestellt wird -
zur Leistung verpflichtet war.

Sofern der
Schuldner
zu einer eigenständigen rechtlichen Beurteilung nicht in der Lage ist, muss er Rechtsrat einholen; für ein etwaiges Verschulden
seines Rechtsberaters hat er nach § 278 [X.] einzustehen ([X.], Urteile
vom 25. Oktober 2006 -
VIII [X.], aaO Rn. 21 ff.; vom 12. Juli 2006 -
X [X.], aaO Rn. 20), wobei für einen unverschuldeten Rechtsirrtum des Rechtsberaters die oben dargestellten strengen Grundsätze gelten.
b) Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte zu 1 nicht schuldlos gehan-delt, als sie im
Vertrauen auf die Wirksamkeit der
an den Ersteher geleisteten Einmalzahlung die geschuldete
und vom Kläger geforderte Nettomiete in Höhe 24
25
26

-
13 -
von 486,11

nicht,
auch nicht unter dem Vorbehalt der Rückforde-rung, zahlte, obwohl die Rechtslage -
wovon auch das Berufungsgericht zutref-fend ausgeht -
insoweit unklar war.
Jedenfalls seit
der
am 7. September 2010 erfolgten Zustellung der [X.]sklage vom 26. August 2010, die
eine detaillierte Begründung des vom Kläger (hilfsweise) geltend gemachten Anspruchs auf Zahlung der Miete ab Ja-nuar 2010 enthielt, musste die Beklagte zu 1
bei der gebotenen und sorgfälti-gen
Prüfung der Rechtslage mit der Möglichkeit
rechnen, dass die an den Er-steher erbrachte Vorauszahlung dem Kläger gegenüber nicht wirksam war und sie deshalb den rechnerisch auf die einzelnen Monate entfallenden Betrag von monatlich zu zahlende Miete schuldete. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts entlastet es die Beklagte zu 1 nicht, dass die Frage, ob die von ihr an den Ersteher geleistete Zahlung als Vorausverfügung nach §
1124 Abs. 2 [X.] dem Kläger gegenüber unwirksam war, schwer zu beant-worten und nicht sicher einzuschätzen war. Im Gegenteil musste die Beklagte zu 1 gerade mit Rücksicht auf die
unsichere Rechtslage mit der Möglichkeit rechnen, dass sie zur Zahlung von Miete an den Kläger verpflichtet war und durfte das mit der unsicheren Rechtslage verbundene Risiko nicht auf diesen
abwälzen.
c) Die Gegenrüge der [X.]
zu 1, die Fortsetzung des Mietverhält-nisses sei dem Kläger zuzumuten, da er die
(erste)
Kündigung erst am 26. Mai 2010 erklärt, den hierauf gestützten Räumungsanspruch am 24. Juni 2011 gel-tend gemacht und die vorsorglich wiederholte Kündigung am 6. Februar 2012 ausgesprochen habe, bleibt ohne Erfolg.
Die in §
543 Abs. 1 [X.] genannten Voraussetzungen, insbesondere
die Zumutbarkeit der Vertragsfortsetzung, müssen nicht zusätzlich vorliegen,
wenn 27
28
29

-
14 -
einer der Tatbestände des § 543 Abs. 2 [X.] gegeben ist ([X.], Urteil vom 18.
Oktober 2006 -
XII ZR 33/04, [X.], 147 Rn. 10).
Auch
stehen
der Wirksamkeit der Kündigung weder § 314 Abs. 3 [X.]
-
soweit dieser, was
auch
hier offenbleiben kann, bei der Wohnraummiete im Rahmen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] überhaupt Anwendung findet (vgl. hierzu [X.]surteil vom 11.
März 2009 -
VIII [X.], [X.], 231 Rn. 17 [X.]) -
noch der [X.] der Verwirkung entgegen. Entgegen der Auffassung der [X.]
zu 1
ist
die Kündigung des [X.] vom 6. Februar 2012 nicht deshalb "unschlüs-sig", weil die Beklagte zu 1 schon ab Januar 2010 keine Miete mehr gezahlt hat, so dass ein die
fristlose Kündigung rechtfertigender Zahlungsrückstand bereits im Februar 2010 aufgelaufen
war.
Von einer illoyalen Verspätung kann schon deshalb von vornherein keine Rede sein, weil sich der Zahlungsrückstand bis zum Ausspruch der Kündigung vom 6. Februar 2012 noch vervielfacht hatte.

III.
Nach alledem ist die Revision der [X.] zu 1 unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen.
Hingegen kann das angefochtene Urteil
keinen Bestand haben, soweit bezüglich des Räumungsanspruchs zum Nachteil des [X.] entschieden worden ist; es ist daher
insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] entscheidet in
der Sache selbst, weil
es keiner
weiteren Feststellungen bedarf

563 Abs. 3 ZPO). Da jedenfalls die fristlose Kündigung des [X.] vom 6.
Februar 2012 begründet ist und das
Mietverhältnis mit der [X.] zu 1 beendet hat, sind die [X.] gemäß §
546 Abs. 1, 2 [X.] dem Kläger
als Gesamtschuldner zur Räumung und Herausgabe des streitigen Grundbesitzes verpflichtet und somit
entsprechend zu verurteilen.
30
31

-
15 -
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen dieses Teilversäumnisurteil (das heißt, soweit es die
[X.] zu 2 und 3 betrifft) steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von ei-nem bei dem [X.] zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer [X.] von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem [X.], [X.], durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzule-gen.
Dr. Milger
Dr. [X.]
[X.]

[X.]
Kosziol
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.07.2012 -
2 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 15.03.2013 -
I-10 [X.]/12 -

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Meta

VIII ZR 103/13

30.04.2014

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.04.2014, Az. VIII ZR 103/13 (REWIS RS 2014, 6005)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6005

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