Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.02.2019, Az. V ZR 176/17

5. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 10526

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Gegenstand

Finanzielle Förderung des Baues von Sozialwohnungen durch eine Gemeinde: Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit ohne zeitliche Befristung für die Gemeinde zur Sicherung ihrer Belegungsrechte; entsprechende Anwendung der Regelung bei Teilnichtigkeit auf die unwirksame Vereinbarung zeitlich unbefristeter Belegungsrechte


Leitsatz

1. Es begegnet keinen sachenrechtlichen Bedenken, wenn eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit zugunsten einer juristischen Person ohne zeitliche Befristung bestellt wird (Bestätigung von Senat, Urteil vom 11. März 1964 - V ZR 78/62, BGHZ 41, 209, 214 f.).

2a. Bei der vereinbarten Förderung gemäß § 88d II. WoBauG waren zeitlich unbefristete Belegungsrechte nicht vorgesehen; eine darauf gerichtete schuldrechtliche Vereinbarung ist unwirksam, und zwar auch dann, wenn die Kommune dem privaten Investor zur Errichtung von Sozialwohnungen kostengünstiges Bauland überlassen hat.

2b. Sind im Rahmen der vereinbarten Förderung gemäß § 88d II. WoBauG zeitlich unbefristete Belegungsrechte vereinbart worden, kann in entsprechender Anwendung von § 139 BGB im Zweifel davon ausgegangen werden, dass die Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit ihrer Vereinbarung Belegungsrechte für einen möglichst langen rechtlich zulässigen Zeitraum vereinbart hätten; deshalb ist bei der Gewährung eines langfristigen, vergünstigten Kredits im Zweifel anzunehmen, dass die im Gegenzug übernommenen Belegungsrechte während der Laufzeit des vergünstigten Kredits fortbestehen sollen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 20. Juni 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Mit notariellem Vertrag vom 30. Januar 1995 kaufte die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die [X.] Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft mbH (fortan [X.]), von der beklagten [X.] Grundstücke, die im Rahmen des sog. dritten [X.] gemäß § 88d des Zweiten Wohnungsbaugesetzes ([X.]) mit 52 Sozialwohnungen bebaut werden sollten. Als Teilfinanzierung gewährte die Beklagte dem [X.] ein zinsgünstiges Darlehen. Der [X.] verpflichtete sich im Gegenzug in § 2 Abs. 3 des Kaufvertrags, der Beklagten Belegungsrechte für die Wohnungen einzuräumen; eine separate Vereinbarung sieht vor, dass die Wohnungen mit einer „zeitlich unbefristeten Zweckbestimmung“ an Inhaber von [X.] gemäß § 5 WoBindG bzw. § 88a Abs. 1b [X.] zu vermieten sind. Zur Sicherung dieser Verpflichtung bewilligte der [X.] zu Gunsten der Beklagten die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit, wonach die Wohnungen ohne zeitliche Beschränkung nur Wohnungssuchenden überlassen werden dürfen, die einen entsprechenden Wohnberechtigungsschein vorlegen. Die Dienstbarkeit wurde am 20. Juli 1995 eingetragen. Mit notariellem Vertrag vom 27. Oktober 1995 kaufte die Klägerin die Grundstücke von dem [X.] unter Übernahme der Verpflichtung zur Einräumung von [X.]. Die Wohnungen waren ab dem 1. Juli 1996 bezugsfertig.

2

Mit der Klage will die Klägerin - soweit von Interesse - feststellen lassen, dass sie die Wohnungen ab dem 1. Juli 2016 frei und ohne Beachtung von [X.] vermieten kann; ferner soll festgestellt werden, dass die Beklagte die Löschung der Dienstbarkeit bewilligen muss. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

A.

3

Nach Ansicht des Berufungsgerichts haben die Feststellungsanträge keinen Erfolg, weil die durch [X.]ndividualvereinbarung zustande gekommenen Rechtsgeschäfte zwischen den Parteien nicht zu beanstanden sind. Das dingliche Recht sei sachenrechtlich wirksam bestellt worden. Dem Gesetz lasse sich nicht entnehmen, dass eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit zeitlich befristet werden müsse, wenn sie - wie hier - zu Gunsten einer juristischen Person bestellt werde. Auch die von der Klägerin übernommene schuldrechtliche Verpflichtung zu der unbefristeten Einräumung von [X.] sei wirksam. Sie verstoße nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da die Beklagte dem [X.] nicht nur ein Darlehen gewährt, sondern ihm auch Grund und Boden zur Verfügung gestellt habe. Die Unwirksamkeit dieser Verpflichtung ergebe sich auch nicht aus § 6 Abs. 3 Satz 4 BauGB-MaßnahmenG i.d.[X.] vom 28. April 1993, wonach die vereinbarten Leistungen bei einem städtebaulichen Vertrag den gesamten Umständen nach angemessen sein müssen. Unter Berücksichtigung der dem [X.] gewährten Subvention überwögen nämlich die [X.]nteressen der Klägerin das [X.]nteresse der [X.], sozial schwachen Personen eine Unterkunft bieten zu können, nicht derart, dass von einer unangemessenen Verpflichtung auszugehen wäre.

B.

4

Die Revision hat Erfolg.

5

[X.]. Rechtsfehlerfrei sieht das Berufungsgericht die Feststellungsanträge als zulässig an. [X.]m Allgemeinen fehlt es zwar an einem Feststellungsinteresse, wenn eine Leistungsklage möglich ist, die das Rechtsschutzinteresse des [X.] wahrt; dies käme insoweit in Betracht, als die Klägerin feststellen lassen will, dass die Beklagte die [X.] erteilen muss. [X.]st aber der Gegner - wie hier - eine öffentliche Körperschaft, besteht trotz möglicher Leistungsklage ein Feststellungsinteresse, weil zu erwarten ist, dass der Beklagte sich einem Feststellungsurteil beugt (st. Rspr., vgl. [X.], Urteil vom 14. Juli 1958 - [X.], [X.]Z 28, 123, 126; Senat, Urteil vom 4. April 2003 - [X.], [X.] 2003, 239 f. mwN).

6

[X.][X.]. [X.]n der Sache hält die Entscheidung rechtlicher Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.

7

1. [X.]m Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht von der wirksamen Bestellung der Dienstbarkeit aus, so dass deren Löschung nicht im Wege der Grundbuchberichtigung gemäß § 894 [X.] geschuldet ist. Es entspricht der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass beschränkte persönliche Dienstbarkeiten (§§ 1090 ff. [X.]) zur Sicherung von [X.] bestellt werden können (vgl. Senat, Urteil vom 21. Dezember 2012 - [X.], [X.] 2013, 292 Rn. 20 mwN). Auch begegnet es keinen sachenrechtlichen Bedenken, wenn eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit - wie hier - zugunsten einer juristischen Person ohne zeitliche Befristung bestellt wird. Zwar belastet eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit - anders als eine Grunddienstbarkeit - ein Grundstück grundsätzlich nur für begrenzte [X.], da sie nicht übertragbar (§ 1092 Abs. 1 [X.]) und nicht vererblich (§ 1090 Abs. 2 i.V.m. § 1061 [X.]) ist. Aber gleichwohl ist es zulässig, wenn durch die Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit eine Wirkung erzielt wird, für die in erster Linie die Grunddienstbarkeit vorgesehen ist (vgl. Senat, Urteil vom 11. März 1964 - [X.], [X.]Z 41, 209, 214 f.). Denn das Gesetz sieht vor, dass Berechtigter einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit eine juristische Person sein kann (§ 1092 Abs. 2 [X.]), und erlaubt insoweit unter bestimmten Voraussetzungen sogar die Übertragung des Rechts (§ 1092 Abs. 2 i.V.m. § 1059a [X.], § 1092 Abs. 3 [X.]). [X.]n diesen Bestimmungen ist es angelegt, dass die beschränkte persönliche Dienstbarkeit von vornherein nicht auf einen bestimmten [X.]raum wie die Lebensspanne eines Menschen beschränkt ist (vgl. Senat, Urteil vom 11. März 1964 - [X.], aaO; BayObLGZ 2000, 140, 141 f.).

8

2. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich aber nicht verneinen, dass die von dem [X.] eingegangene und von der Klägerin übernommene schuldrechtliche Verpflichtung nicht besteht, und dass die Klägerin aus diesem Gesichtspunkt heraus die Wohnungen ab dem 1. Juli 2016 ohne Beachtung von [X.] vermieten darf und die Beklagte zur Löschung der Dienstbarkeit gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 [X.] verpflichtet ist.

9

a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die von der Klägerin übernommene, zeitlich unbefristete schuldrechtliche Verpflichtung zu der Vermietung der Wohnungen an [X.]nhaber von [X.] gemäß § 134 [X.] unwirksam.

aa) Das Rechtsgeschäft ist als sog. vereinbarte Förderung auf der Grundlage von § 88d [X.] zustande gekommen. [X.]m Rahmen dieser Wohnungsbauförderung nach dem dritten Förderweg konnten der Darlehens- oder Zuschussgeber und der Bauherr u.a. [X.] und Mietpreisbindungen vereinbaren. Mit der Förderung von Mietwohnraum sollten bedürftige Haushalte unterstützt werden, die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 und § 2 Abs. 2 Buchst. [X.]; vgl. auch § 1 Abs. 2 des [X.], das mit dem Gesetz zur Reform des [X.] vom 13. September 2001, [X.]l [X.] 2376 ff. eingeführt wurde und das [X.] ablöste). Diesen Zweck erreichte die Förderung nach § 88d [X.] durch eine Vereinbarung des staatlichen [X.] oder Darlehensgebers mit dem Bauherren, aufgrund derer sich der Bauherr in der gesetzlich vorgesehenen Weise bindet und für den darin liegenden Verzicht auf eine für ihn günstigere Vermietung nach den Gegebenheiten des Marktes einen Ausgleich in Gestalt eines leistungsfreien Darlehens oder Zuschusses erhält (vgl. zum Ganzen [X.], 382, 384).

[X.]) Bei der vereinbarten Förderung gemäß § 88d [X.] waren zeitlich unbefristete Belegungsrechte nicht vorgesehen; eine darauf gerichtete schuldrechtliche Vereinbarung ist unwirksam, und zwar auch dann, wenn die [X.] dem privaten [X.]nvestor zur Errichtung von Sozialwohnungen kostengünstiges [X.] überlassen hat.

(1) Gegen die Zulässigkeit von unbefristeten [X.] sprechen zunächst die gesetzlichen Vorgaben des § 88d Abs. 2 [X.] [X.]. Nach dieser Bestimmung soll die Dauer der Zweckbestimmung der Belegungsrechte und der vereinbarten Regelung der Miete 15 Jahre nicht überschreiten, wenn nicht auf Grund der Zielsetzung und der Art der Förderung, insbesondere wegen der Bereitstellung von [X.] oder wegen der Förderung zu Gunsten bestimmter Personengruppen, ein längerer [X.]raum geboten ist. Soweit diese Frage überhaupt erörtert wird, wird zwar vertreten, dass § 88d Abs. 2 [X.] [X.] der Vereinbarung einer zeitlich unbegrenzten Zweckbestimmung nicht entgegenstehe (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Schwender, [X.], Bd. 7 [1994], § 88d [X.] Anm. 2.1; [X.], [X.] 1989, 395). Dies trifft aber nicht zu. Aus dem Wortlaut der Norm, aus der Gesetzesbegründung und aus der Gesetzessystematik ergibt sich, dass unbefristete Zweckbestimmungen mit § 88d Abs. 2 [X.] [X.] unvereinbar sind.

(a) § 88d Abs. 2 [X.] [X.] sieht für die in Ausnahmefällen mögliche Vereinbarung eines längeren (also über die Regelhöchstdauer von 15 Jahren hinausgehenden) [X.]raums zwar keine ausdrückliche Grenze vor. Bereits aus dem Wortlaut der Norm („längerer [X.]raum“) ergibt sich aber, dass der Gesetzgeber nur zeitlich begrenzte Beschränkungen des Bauherrn ermöglichen wollte. Ein „[X.]raum“ besteht nämlich in einem durch Anfang und Ende gekennzeichneten [X.]abschnitt (vgl. nur § 188 Abs. 2, § 211 Satz 2, § 938 [X.]).

(b) Dieses Verständnis der Norm entspricht der Gesetzesbegründung und der Systematik des Zweiten Wohnungsbaugesetzes.

(aa) Mit der Einfügung des § 88d [X.] im Jahr 1989 (Artikel 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes vom 21. Februar 1989, [X.]l. [X.], 242) sollte den Bundesländern in Gestalt eines neuen, sog. [X.] eine gegenüber dem sog. ersten bzw. zweiten Förderweg (§§ 25 bis 72 bzw. §§ 88 bis 88c [X.]) flexiblere Förderung des [X.] Wohnungsbaus ermöglicht werden. Die starren Bindungen des ersten und [X.], die auf eine im Gesetz vorgegebene sehr langfristige Mietpreis- und Belegungsbindung der Wohnungen mit einem hohen Subventionsbedarf angelegt waren, erschienen dem Gesetzgeber nicht mehr zeitgemäß. Eine Regelhöchstdauer war zwar zunächst noch nicht vorgesehen; durch § 88d [X.] sollten aber auf Grund des von vornherein zeitlich begrenzten Eingriffs in den allgemeinen Wohnungsmarkt kürzere Bindungen ermöglicht und das Förderverfahren so für [X.]nvestoren attraktiver gestaltet werden (vgl. BT-Drucks. 11/3160 S. 1, 2 und 5). Der Zweck der Neuregelung belegt damit, dass der Gesetzgeber nicht die unbefristete Bindung von Bauherren, sondern die Vereinbarung kürzerer und flexiblerer Bindungen als nach bislang geltendem Recht ermöglichen wollte.

([X.]) Bestätigt wird dies durch die Überlegungen, die den Gesetzgeber im Jahr 1994 dazu veranlassten, einen neuen Absatz 2, in dessen [X.] die Regelhöchstdauer von 15 Jahren genannt ist, in § 88d [X.] einzufügen (Artikel 1 Nr. 10 des [X.] vom 6. Juni 1994, [X.]l. [X.], 1184). Die Ergänzung der Norm sollte die Anforderungen, die an die vereinbarte Förderung nach § 88d [X.] in Abgrenzung zum ersten und zweiten Förderweg zu stellen sind, konkretisieren, und durch Nennung der Regelhöchstdauer weitere positive Auswirkungen auf die [X.]nvestitionsbereitschaft privater Bauherren hervorrufen (vgl. BT-Drucks. 12/6616 S. 2 mit Plenarprotokoll 12/225 S. 19369 A).

(cc) Unbefristete Bindungen im Rahmen des [X.] wären im Hinblick auf die Regelungen über den ersten und zweiten Förderweg auch systemwidrig. Denn selbst für diese Förderwege schreibt das Gesetz eine Befristung der Bindung des Eigentümers bis längstens zu dem [X.]punkt vor, ab dem die durch die Subvention gewährten Vorteile aufgebraucht sind bzw. - im Falle vorzeitiger Rückzahlung der Mittel - aufgebraucht wären (vgl. § 15 Abs. 1 und § 16 Abs. 1 WoBindG für den ersten Förderweg sowie § 88a Abs. 2 [X.] für den zweiten Förderweg jeweils i.d.[X.] vom 19. August 1994).

(c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts rechtfertigt allein der Umstand, dass die Beklagte dem [X.] nicht nur ein Darlehen gewährt, sondern ihm auch die erforderlichen Grundstücke verkauft hat, keine unbefristete Bindung. Zwar sind Grund und Boden - zumal in städtischen Lagen - [X.], das bei einem Verkauf durch eine Stadt an einen Privaten dauerhaft bei diesem verbleibt. § 89 Abs. 1 [X.] weist den Gemeinden aber zur Förderung des [X.] Wohnungsbaus die Aufgabe zu, geeignete, ihnen gehörende Grundstücke an Bauherren als [X.] für den Wohnungsbau zu angemessenen Preisen zu überlassen; es ist also Teil des Konzepts des [X.], dass die öffentliche Hand privaten [X.]nvestoren nach Möglichkeit werthaltiges, kostengünstiges [X.] zur Verfügung stellt (vgl. auch BT-Drucks. 12/6616 S. 26). [X.]st letzteres geschehen, regelt § 88d Abs. 2 [X.] [X.] die Ausgestaltung der zu treffenden Vereinbarung. Danach rechtfertigt die Bereitstellung von [X.] eine Bindung für einen „längeren [X.]raum“ als 15 Jahre; eine unbefristete Bindung hat der Gesetzgeber dagegen nicht vorgesehen.

(2) Dieses Ergebnis entspricht allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsprivatrechts und namentlich des Subventionsrechts.

(a) Die auf der Grundlage von § 88d [X.] getroffene Vereinbarung betrifft den Bereich des Verwaltungsprivatrechts; die Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung in den Formen des Privatrechts führt dazu, dass die Normen des Privatrechts durch Bestimmungen des öffentlichen Rechts ergänzt, überlagert und modifiziert werden ([X.], Urteil vom 7. Februar 1985 - [X.][X.][X.] ZR 179/83, [X.]Z 93, 372, 381). Wegen der Gesetzesbindung der Verwaltung sind zunächst die gesetzlichen Rahmenbedingungen einzuhalten (Art. 20 Abs. 3 GG; vgl. Senat, Urteil vom 18. September 2009 - [X.], [X.], 398 Rn. 9). Ferner hat die Gemeinde nicht nur die Schranken von Treu und Glauben (§ 242 [X.]) zu beachten, sondern ist weitergehenden Bindungen unterworfen, zu denen insbesondere die Einhaltung des Übermaßverbots zählt ([X.], Urteil vom 7. Februar 1985 - [X.][X.][X.] ZR 179/83, [X.]Z 93, 372, 381; Senat, Urteil vom 29. November 2002 - [X.], [X.]Z 153, 93, 106). Ob - wie von dem Berufungsgericht und der Revision angenommen - der zwischen dem [X.] und der [X.] geschlossene Vertrag einen städtebaulichen Vertrag darstellt, so dass die vereinbarten Leistungen nach dem hier maßgeblichen § 6 Abs. 3 Satz 4 BauGB-MaßnahmenG i.d.[X.] vom 22. April 1993 den gesamten Umständen nach angemessen sein müssen, kann offen bleiben. Denn das Gebot zur angemessenen Vertragsgestaltung beruht auf dem allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und ist daher auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung für das gesamte Handeln der öffentlich-rechtlichen Körperschaften im Rechtsverkehr mit Privaten bestimmend (vgl. zu § 11 BauGB Senat, Urteil vom 26. Juni 2015 - [X.], [X.]Z 206, 120 Rn. 17 mwN). Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt, dass der Staat einem [X.] zur Sicherung der Zweckbindung der Subvention keine beliebigen Beschränkungen auferlegen darf. Die Beschränkungen müssen vielmehr geeignet und erforderlich sein, um den mit der Subvention zulässigerweise verfolgten Zweck für einen angemessenen [X.]raum sicherzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 29. November 2002 - [X.], [X.]Z 153, 93, 103 f.; Urteil vom 21. Juli 2006 - [X.], [X.], 2046 Rn. 12).

(b) Daran gemessen ist es mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbar, dem [X.] solche Bindungen aufzuerlegen, die er ohne zeitliche Begrenzung einhalten muss, nachdem die mit der Subvention verbundenen Vorteile aufgebraucht sind. Aufgebraucht sind die Vorteile, die sich aus einer auf der Grundlage von § 88d [X.] gewährten Subvention ergeben, namentlich dann, wenn die vergünstigten Kreditkonditionen enden oder wenn eine angemessene [X.] nach vorzeitiger Rückführung des verbilligten Kredits verstrichen ist. Der Verkauf von [X.] stellt regelmäßig keinen unbefristet fortbestehenden Vorteil dar, zumal er schon aus kommunalrechtlichen Gründen nur in engen Grenzen verbilligt erfolgen kann (näher Senat, Urteil vom 29. November 2002 - [X.], [X.]Z 153, 93, 103 f.; vgl. etwa § 125 Abs. 1 Satz 2 NKomVG). Dauerhafte Beschränkungen lassen sich nur erreichen, wenn der öffentliche Zweck nicht mit dem [X.]nstrument des [X.], sondern mit dem dazu bestimmten [X.]nstrument der Ausgabe eines Er[X.]aurechts verfolgt wird (vgl. Senat, Urteil vom 26. Juni 2015 - [X.], [X.]Z 206, 120 Rn. 21 bis 27 mwN; Urteil vom 16. März 2018 - [X.], NVwZ 2018, 1414 Rn. 28).

cc) Danach ist die schuldrechtliche Verpflichtung unwirksam. Denn eine Vertragsgestaltung, die das Angemessenheitsgebot missachtet, führt zur Nichtigkeit der vertraglichen Regelung nach § 134 [X.] (vgl. Senat, Urteil vom 29. November 2002 - [X.], [X.]Z 153, 93, 98; Urteil vom 6. November 2009 - [X.], [X.] 2010, 467 Rn. 15; jeweils mwN).

b) [X.]nfolgedessen kommt auch in Betracht, dass die Beklagte die Löschung der im Grundbuch eingetragenen Belegungsrechte bewilligen muss; ist nämlich die schuldrechtliche Verpflichtung unwirksam, kann die Beklagte die beschränkte persönliche Dienstbarkeit ohne rechtlichen Grund erlangt haben und gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 [X.] zur Herausgabe in Gestalt der Bewilligung der Löschung des Rechts im Grundbuch verpflichtet sein (vgl. Senat, Urteil vom 27. Juni 2014 - [X.], NJW-RR 2014, 1423 Rn. 24). Dass ein darauf gerichteter Anspruch von dem [X.] als Besteller der Dienstbarkeit und damaligem Eigentümer auf die Klägerin übergangen ist, dürfte jedenfalls die ergänzende Auslegung des [X.], mit dem die Klägerin die schuldrechtlichen Verpflichtungen des [X.]s übernommen hat, ergeben; da die Klägerin umfänglich die Pflichten des [X.]s übernahm, sollten im Zweifel diejenigen Rechte auf sie übergehen, die sich im Falle einer Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts ergaben.

[X.][X.][X.].

Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben und ist gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Eine eigene Sachentscheidung (§ 563 Abs. 3 ZPO) ist dem Senat nicht möglich. Für beide Feststellungsanträge kommt es nämlich darauf an, wann die Belegungsrechte enden; die Unwirksamkeit der schuldrechtlichen Verpflichtung hat nicht ohne weiteres zur Folge, dass bereits jetzt keine Belegungsrechte mehr bestehen. Sind im Rahmen der vereinbarten Förderung gemäß § 88d [X.] zeitlich unbefristete Belegungsrechte vereinbart worden, kann vielmehr in entsprechender Anwendung von § 139 [X.] im Zweifel - und so auch hier - davon ausgegangen werden, dass die Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit ihrer Vereinbarung Belegungsrechte für einen möglichst langen rechtlich zulässigen [X.]raum vereinbart hätten; um zu klären, welcher [X.]raum danach als vereinbart anzusehen ist, bedarf es weiterer Feststellungen.

1. Gemäß § 139 [X.] führt die Nichtigkeit eines Teils der vertraglichen Regelungen nur dann zu der Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäfts, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Eine solche Teilnichtigkeit ist zwar in erster Linie gegeben, wenn nach Entfernung („Hinausstreichen“) des unwirksamen Teils ein Vertragsinhalt übrig bleibt, der für sich allein einen Sinn behält. Nach dem Sinngehalt der Vorschrift ist sie aber grundsätzlich auch dann anwendbar, wenn die Parteien anstelle der nichtigen Regelung, hätten sie die Nichtigkeit gekannt, eine andere, auf das zulässige Maß beschränkte vereinbart hätten (st. Rspr., vgl. [X.], Urteil vom 5. Juni 1989 - [X.][X.] ZR 227/88, [X.]Z 107, 351, 355 f.; Urteil vom 14. November 2000 - X[X.] ZR 248/99, [X.]Z 146, 37, 47; Senat, Urteil vom 30. September 2005 - [X.], NJW-RR 2006, 298, 300; Urteil vom 22. Juni 2007 - [X.], NJW-RR 2007, 1608 Rn. 19). Dies hat der [X.] bei übermäßig langen Bindungsdauern in [X.]ndividualverträgen unter anderem deshalb zugelassen, weil die Rückabwicklung von bereits weitgehend durchgeführten [X.] praktisch zu kaum überwindbaren Schwierigkeiten führen würde (vgl. [X.], Urteil vom 14. Juni 1972 - V[X.][X.][X.] ZR 14/71, NJW 1972, 1459 f.).

2. Diese Erwägungen gelten hier gleichermaßen. Die Beklagte durfte den Verkauf des Grundstücks und die Gewährung des Darlehens schon aufgrund kommunalrechtlicher Vorgaben (näher dazu Senat, Urteil vom 29. November 2002 - [X.], [X.]Z 153, 93, 103 f.) nur gegen Einräumung von [X.] vornehmen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin eine befristete Klausel nicht genauso akzeptiert hätte, wie sie die unbefristete Klausel akzeptiert hat, bestehen nicht. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der Klausel Belegungsrechte für einen möglichst langen rechtlich zulässigen [X.]raum vereinbart hätten (vgl. auch Senat, Urteil vom 22. Juni 2007 - [X.], NJW-RR 2007, 1608 Rn. 20). Ohne dass es darauf entscheidend ankommt, ergibt sich dies auch daraus, dass der [X.] eine salvatorische Klausel enthält. Welchen [X.]raum die Parteien danach vereinbart hätten, hängt von den Vorteilen ab, die dem [X.] gewährt wurden; danach bestimmt sich, ob die Beklagte schon jetzt bewilligen muss, dass die Dienstbarkeit gelöscht wird. Einzelheiten hierzu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht festgestellt. Dies wird nachzuholen sein.

[X.]V.

[X.]nfolgedessen ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Der erste Feststellungsantrag ist darauf gerichtet, dass die Klägerin die Wohnungen ab dem 1. Juli 2016 frei und ohne Beachtung von [X.] vermieten kann. Da im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen [X.]nteressenlage entspricht (vgl. nur Senat, Urteil vom 26. Februar 2016 - [X.], [X.], 553 Rn. 18 mwN), umfasst der Antrag als minus auch die Feststellung, dass die Belegungsrechte ggf. zu einem späteren [X.]punkt enden. Anders als der Prozessbevollmächtigte der [X.] in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gemeint hat, ist das Berufungsgericht an einer solchen Auslegung nicht deshalb gehindert, weil der Antrag bislang von allen Beteiligten anders verstanden worden wäre. Das ergibt sich schon daraus, dass die Vorinstanzen die vertraglichen Vereinbarungen insgesamt als wirksam angesehen haben; von diesem rechtlichen Standpunkt aus war die Klage ohne weiteres unbegründet, und es bestand bislang (noch) kein Anlass zu einer näheren Befassung mit dem [X.]nhalt des Antrags.

a) Daher wird das Berufungsgericht zunächst unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu klären haben, wann die Belegungsrechte enden. [X.]nsoweit bedarf es nicht - wie der Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gemeint hat - einer Überprüfung der mit dem Kredit verbundenen Vorteile im Verhältnis zu den entgangenen Marktmieten nach heutigem Stand. Maßgeblich sind nämlich die Vorstellungen der Parteien bei Vertragsschluss; es kommt nicht darauf an, wie sich die Mieten einerseits und die Kreditkonditionen andererseits später tatsächlich entwickelt haben. Wie oben ausgeführt (vgl. Rn. 10), stellte das im Rahmen der vereinbarten Förderung gewährte Darlehen (bzw. der Zuschuss) einen Ausgleich für den Verzicht auf eine profitablere Vermietung zu den Gegebenheiten des Marktes dar. Deshalb ist bei der Gewährung eines langfristigen, vergünstigten Kredits im Zweifel anzunehmen, dass die im Gegenzug übernommenen Belegungsrechte während der Laufzeit des vergünstigten Kredits fortbestehen sollen. Eine Vereinbarung dieses [X.]nhalts wäre aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Nach dem von der Revision in Bezug genommenen Darlehensvertrag werden Zinsen für eine Dauer von 35 Jahren nicht erhoben. [X.]. kann auch der nach Ablauf von 35 Jahren vorgesehene Zinssatz von 4 % aus der maßgeblichen Sicht der Vertragsparteien bei Abschluss des Darlehensvertrags als Subvention anzusehen gewesen sein; dann wäre der Fortbestand der Belegungsrechte bis zur endgültigen Rückführung des Darlehens vereinbart worden.

b) Ausgehend von dem Vortrag der Klägerin zu dem [X.]nhalt des Darlehensvertrags kommt allerdings in Betracht, dass die Beklagte nach Ablauf der zinslosen Phase von 35 Jahren einer vorzeitigen Rückführung des Darlehens durch die Klägerin zustimmen und in der Folge von der weiteren Ausübung der Belegungsrechte absehen muss. Da die Stadt im Bereich des Verwaltungsprivatrechts handelt, kann ihr Ermessen nämlich dahingehend reduziert sein, dass sie einer vorzeitigen Rückführung des Darlehens zustimmen muss; ggf. wird nämlich bei der Ermessensausübung neben dem für die Klägerin inzwischen ungünstigen Zinssatz von 4 % zu berücksichtigen sein, dass eine Wohnungsgenossenschaft ihrerseits die Aufgabe hat, ihren Mitgliedern zu Wohnraum zu verhelfen. Dies gilt umso mehr, als nach den - zeitlich allerdings später ergangenen - Förderrichtlinien für das [X.] für den dritten Förderweg eine Bindungsdauer von maximal 35 Jahren vorgesehen gewesen sein soll (vgl. [X.]/[X.]/[X.], Förderpraxis des [X.] Wohnungsbaus, 1998, S. X[X.]V und 25 f.). Die hierauf bezogenen Rechtsfragen sind aber nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits. Sie betreffen vielmehr die von der [X.] künftig zu treffende Ermessensentscheidung, die sich nach den Verhältnissen bei Auslaufen der zinslosen Phase richtet (vgl. Senat, Urteil vom 29. November 2002 - [X.], [X.]Z 153, 93, 106; Urteil vom 26. Juni 2015 - [X.], [X.]Z 206, 120 Rn. 36).

2. Ob der zweite Feststellungsantrag, der die Verpflichtung der [X.] zur Bewilligung der Löschung zum Gegenstand hat, begründet ist, hängt davon ab, ob die Bindungsfrist abgelaufen ist. Sollte dies noch nicht anzunehmen sein, stünde einem Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 [X.] derzeit der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 [X.]) entgegen, weil die Klägerin verpflichtet wäre, der [X.] eine auf angemessen befristete Belegungsrechte bezogene beschränkte persönliche Dienstbarkeit zu bestellen. Der Antrag wäre dann als zur [X.] unbegründet abzuweisen.

[X.]     

      

Brückner     

      

Weinland

      

Göbel     

      

Haberkamp     

      

Meta

V ZR 176/17

08.02.2019

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Celle, 20. Juni 2017, Az: 4 U 128/16

§ 134 BGB, § 139 BGB, § 1090 BGB, § 88d WoBauG 2

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.02.2019, Az. V ZR 176/17 (REWIS RS 2019, 10526)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 478-479 WM2019,1406 NJW 2019, 2016 REWIS RS 2019, 10526

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZR 77/18 (Bundesgerichtshof)

Ausübungsfrist für Wiederkaufsrecht von 30 Jahren in städtebaulichem Vertrag unwirksam


14 S 19531/17 (LG München I)

Mieterhöhung nach örtlichem Mietspiegel bei gefördertem Wohnraum


V ZR 144/21 (Bundesgerichtshof)

(Anspruch auf Rückübertragung eines (Bau-)Grundstücks aufgrund Ausübung des in einem städtebaulichen Vertrag enthaltenen Wiederkaufsrechts)


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