Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.06.2016, Az. XII ZB 84/15

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 10367

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:080616BXIIZB84.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

BESCHLUSS
XII [X.]/15
Verkündet am:

8. Juni 2016

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 1578 b
Der
ehebedingte Erwerbsnachteil des unterhaltsberechtigten Ehegatten [X.] regelmäßig die Herabsetzung seines [X.]en Unterhaltsan-spruchs gemäß §
1578
b Abs.
1 [X.]. Dieser Nachteil ist nicht hälftig auf beide geschiedenen Ehegatten zu verteilen, sondern in
voller Höhe zugunsten des Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen.
[X.], Beschluss vom 8. Juni 2016 -
XII [X.]/15 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
8.
Juni
2016
durch den
Vorsitzenden
Richter
Dose,
[X.]
Klinkhammer, Schilling und Guhling
und die Richterin Dr.
Krüger
für Recht erkannt:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 9.
Senats für Familiensachen des [X.] vom 29.
Januar
2015
wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewie-sen.
Von Rechts wegen

Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Abänderung eines gerichtlichen Ver-gleichs über [X.]en Unterhalt.
Die Beteiligten schlossen im März 1993 die Ehe und trennten sich im August 2006. Auf den im September 2007 zugestellten Scheidungsantrag [X.] die Ehe durch seit 21.
Dezember 2010 rechtskräftigen Beschluss geschie-den. Aus der Ehe sind drei 1994, 1996 und 1998 geborene Kinder hervorge-gangen, von denen das mittlere
beim Antragsteller und das jüngste bei der [X.] leben.

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3
-
Mit gerichtlichem Vergleich vom 16.
Mai 2012 verpflichtete sich der [X.], ab dem 1.
Juli 2012
an die Antragsgegnerin monatlichen nacheheli-chen Unterhalt
in Höhe von 610

zu zahlen. Nach dem Vergleich war eine [X.] des [X.] erst ab dem 1.
Juli 2013 möglich, ohne dass sich einer der Beteiligten auf eine Präklusion berufen durfte. Zudem war gere-gelt, dass der Vergleich weder eine abschließende Regelung noch eine Befris-tung enthalte und bei einem Abänderungsantrag die dann geltenden Einkom-mensverhältnisse der Beteiligten zugrunde zu legen seien.
Der Antragsteller hat die Abänderung des Vergleichs dahingehend [X.], dass er ab dem 1.
Februar 2014 keinen [X.]en Unterhalt mehr schulde. Er verfügt über ein unterhaltsrelevantes monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 3.127

l-dungen absolviert und könnte in diesem Beruf aktuell ein bereinigtes monatli-ches Nettoeinkommen von 1.292,58

Hätte sie nicht nach der Geburt des ersten Kindes ihre berufliche Tätigkeit aufgegeben, könnte sie als Büro-kauffrau hingegen bereinigt 1.775,02

Das Amtsgericht hat dem Abänderungsantrag teilweise entsprochen und den ab dem 1.
Februar 2014 zu zahlenden monatlichen Unterhalt auf 200

herabgesetzt. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Oberlandesge-richt den Unterhaltsbetrag für diese [X.] auf monatlich 482

Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Antragsteller die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung.

II.
Die
Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
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1. Das [X.] hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Der Antragsgegnerin könne angesichts
der allgemein bekannten [X.]i-talmarktlage entgegen der Annahme des Amtsgerichts, das unter Zugrundele-gung eines Zinssatzes von 1,5
% zu monatlich erzielbaren [X.]italerträgen von 84

r-den. Die vorzunehmende Unterhaltsberechnung führe zu einem nach den ehe-lichen Lebensverhältnissen bestimmten monatlichen Unterhaltsbedarf der [X.] von 786

Die Ehe habe bis zur Stellung des Scheidungsantrags 14,5 Jahre gedauert und die Antragsgegnerin habe in dieser [X.] die drei gemeinsamen Kinder
großge-zogen. Der Antragsteller habe jedoch von der Trennung bis zur Stellung des Abänderungsantrags Trennungs-
und [X.]en Unterhalt gezahlt. Mit Blick auf ihre berufliche Vorbildung sei die Antragsgegnerin nun auf den Grund-satz verwiesen, selbst für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen.
Es entspreche aber nicht der Billigkeit, den Unterhaltsanspruch trotz des [X.] [X.] Nachteile entfallen zu lassen. Ein solcher Nachteil liege darin, dass die Antragsgegnerin aufgrund des beruflichen Aussetzens während der Ehe nun nur ein um 482

inkommen erzielen könne als bei Hinwegdenken der Ehe. Dieser Nachteil werde nicht durch [X.] Vorteile kompensiert. Für eine hälftige Teilung des ehebedingten Nachteils im Wege des [X.]es sei kein Raum. Der Anspruch des Unterhaltsberechtigten auf den angemessenen Lebensbedarf stelle keinen ehebedingten Nachteil des Unterhaltspflichtigen dar. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des §
1578
b Satz
2 und
3 [X.] sowie der systematischen Auslegung dieser Vorschrift, bei der es um den verbleibenden Teil eines ursprünglich am [X.] orientierten Unterhaltsanspruchs gehe.
Der Nach-8
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teilsausgleich erschöpfe sich in einem Minus zu dem grundsätzlich nach der Scheidung geschuldeten Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Rechtlich zutreffend hat das [X.] das grundsätzliche Vorliegen eines Anspruchs der Antragsgegnerin auf Aufstockungsunterhalt nach §
1573 Abs.
2 [X.] bejaht. Ohne Belang ist insoweit, ob sich dieser wie vom [X.] ermittelt auf monatlich 786

-
wie die Rechtsbeschwerde geltend macht
-
auf Seiten der Antragsgegnerin
fiktive
Zins-einkünfte von monatlich bis zu 84

aus dem für den Verkauf der gemeinsamen Immobilie der Ehegatten erzielten Erlös zu berücksichtigen sind. Denn selbst wenn Letzteres der Fall sein und es sich zusätzlich bei diesen [X.]italeinkünften um nicht eheprägendes Einkommen handeln sollte, läge der nach den eheli-chen Lebensverhältnissen bemessene Unterhaltsanspruch noch deutlich über dem vom [X.] zuerkannten Betrag
von monatlich 482

.
b) Aus Rechtsgründen ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass das [X.] diesen Unterhaltsanspruch gemäß §
1578
b Abs.
1 [X.] auf 482

.
aa) Nach §
1578
b Abs.
1 Satz
1 [X.] ist ein Anspruch auf nacheheli-chen
Unterhalt auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des [X.] auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung sind § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.] zu entnehmen. Danach ist neben der Dauer der Ehe vorrangig zu [X.], inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetre-ten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor 11
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allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes und aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben. Ein [X.] Nachteil äußert sich in der Regel darin, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte [X.] nicht die Einkünfte erzielt, die er ohne Ehe und Kinderbetreuung erzielen würde
(st. Rspr. des Senats, vgl. Beschluss vom 14.
Mai 2014 -
XII
ZB
301/12
-
FamRZ 2014, 1276 Rn.
27 [X.]).
§
1578
b [X.] beschränkt sich allerdings nicht auf die Kompensation [X.] Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausge-hende [X.]e Solidarität. Auch wenn keine ehebedingten Nachteile fest-stellbar sind, ist eine Herabsetzung oder Befristung des [X.]en [X.] nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen vorzunehmen. Bei der insoweit gebotenen um-fassenden Billigkeitsabwägung ist
das im Einzelfall gebotene Maß der nachehe-lichen Solidarität festzulegen.
Wesentliche Aspekte hierbei sind neben der Dauer der Ehe insbesondere die in der Ehe gelebte Rollenverteilung wie auch die vom Unterhaltsberechtigten während der Ehe erbrachte Lebensleistung. Bei der Beurteilung der Unbilligkeit einer fortwährenden Unterhaltszahlung sind [X.] die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien von Bedeutung, so dass der Tatrichter in seine Abwägung auch einzubeziehen hat, wie dringend der [X.] neben seinen eigenen Einkünften auf den Unterhalt angewie-sen ist und in welchem Maße der Unterhaltspflichtige -
unter Berücksichtigung weiterer Unterhaltspflichten -
durch diese Unterhaltszahlungen belastet wird. In diesem Zusammenhang kann auch eine lange Dauer von Trennungsunterhalts-zahlungen bedeutsam sein (Senatsbeschlüsse
vom 26.
Februar 2014
-
XII
ZB
235/12
-
FamRZ 2014, 823 Rn. 21
f. [X.] und vom 19. Juni 2013
-
XII
ZB 309/11 -
FamRZ 2013, 1291 Rn. 23
f.
[X.]).
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Als Rechtsfolge sieht §
1578
b Abs.
1 Satz
1 [X.] die Herabsetzung bis auf den angemessenen Lebensbedarf vor. Dieser Maßstab bildet regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des [X.]en Unterhalts und bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte (st. Rspr., vgl. etwa Senatsbeschluss vom 26. März 2014 -
XII
ZB
214/13 -
FamRZ 2014, 1007 Rn. 18 und Senatsurteil vom 26. Juni 2013 -
XII
ZR
133/11
-
FamRZ 2013, 1366 Rn.
75 [X.]). Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zu-gleich, dass der nach § 1578 b Abs. 1 [X.] herabgesetzte Unterhaltsbedarf jedenfalls das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten erreichen muss (Senatsurteil vom 16.
Januar 2013 -
XII
ZR
39/10 -
FamRZ 2013, 534 Rn.
26 [X.]).
Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung nach § 1578
b [X.] in Betracht kommenden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie ist vom Rechtsbeschwerdegericht aber daraufhin zu überprüfen, ob der Tatrichter die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Der rechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Verfahrensstoff und den [X.] umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsbeschluss vom 26.
Februar 2014 -
XII
ZB
235/12
-
FamRZ 2014, 823 Rn. 15 [X.]).
bb) Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist die tatrichterliche Entscheidung,
den Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin gemäß §
1578
b Abs.
1 Satz
1 [X.] auf monatlich 482

herabzusetzen,
rechtlich nicht zu beanstanden.
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(1) Das [X.] hat den ehebedingten
Nachteil der [X.] zutreffend ermittelt. Dieser ergibt sich aus der Differenz zwischen dem angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des §
1578
b Abs. 1 Satz 1 [X.] und dem Einkommen, das der [X.] tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 [X.] erzielen könnte (vgl. Se-natsbeschluss vom 26.
März 2014 -
XII
ZB
214/13 -
FamRZ 2014, 1007 Rn.
18 [X.]). Ohne Erfolg macht der Antragsteller
geltend, dieser Nachteil müsse hälf-tig auf beide
geschiedenen Ehegatten verteilt und daher betragsmäßig halbiert werden.
(a) Allerdings wird diese Auffassung vereinzelt in der Literatur vertreten ([X.] 2011, 243 ff. sowie diesem folgend [X.], 1355
f. und [X.] in [X.]/[X.]/[X.] Der [X.] 6.
Aufl. [X.]. 1 Rn.
1331).
Durch den vollständigen Nachteilsausgleich werde der ehebedingte Nachteil des Unterhaltsberechtigten auf den [X.] verschoben. Die ohne die Herabsetzung (noch) höhere Unterhalts-verpflichtung könne hierfür nicht als Rechtfertigung dienen, weil sie auf den ehelichen Lebensverhältnissen beruhe; §
1578
b Abs.
1 Satz
1 [X.] setze aber gerade voraus, dass die Orientierung an diesen unbillig sei. Die Aufteilung des ehebedingten Nachteils zwischen den geschiedenen Ehegatten entspreche zu-dem sowohl dem Grundgedanken des Zugewinnausgleichs als auch der [X.] dazu, dass ehebedingt geringere Rentenanwartschaften keinen ehebedingten Nachteil darstellten, wenn der Versorgungsausgleich er-folgt sei.
(b) Dieser Argumentation ist das [X.] zu Recht nicht ge-folgt.

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(aa) Bei §
1578
b [X.] handelt es sich um eine unterhaltsbegrenzende Norm. Sie setzt das Bestehen eines Anspruchs auf [X.]en Unterhalt voraus und ermöglicht neben einer Befristung dessen Herabsetzung, indem die [X.] von den ehelichen Lebensverhältnissen gelöst und [X.] auf den angemessenen Lebensbedarf abgestellt wird. An der Rechtsna-tur des Unterhaltsanspruchs selbst ändert dies nichts
(vgl. auch [X.], 1356).
Der vollständige ehebedingte Nachteil entspricht dem -
durch die eigenen Einkünfte des Unterhaltsberechtigten nicht gedeckten
-
Teil des [X.], der nach dem Willen des Gesetzgebers auch dann durch Unterhaltszah-lungen gedeckt werden soll, wenn sich die wirtschaftliche Stellung des [X.]n nicht mehr nach den ehelichen Lebensverhältnissen, sondern nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten
bestimmt. [X.] sieht die gesetzliche
Bestimmung des §
1578
b Abs.
1 Satz
1 [X.] für die [X.] eine Berücksichtigung [X.] Nachteile des Unterhaltspflichtigen nicht vor, sondern stellt allein darauf ab, wie der [X.]sberechtigte ohne Ehe und Kindererziehung stünde, so dass dessen ehebedingte Erwerbsnachteile den Umfang der Herabsetzung begrenzen
(vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 18).
Die von der Rechtsbeschwerde vertretene Rechts-auffassung würde hingegen dazu führen, dass dem Unterhaltsberechtigten [X.] dem gesetzgeberischen
Willen aus eigenem Einkommen und nacheheli-chem Unterhalt gerade nicht die finanziellen
Mittel zur Verfügung stünden, um seinen eigenen angemessenen Lebensbedarf zu decken.
(bb) Die eine Halbierung des ehebedingten Nachteils fordernde Meinung verkennt zudem, dass es sich bei der Pflicht zur Zahlung [X.]en [X.] gerade nicht um eine durch die eheliche Rollenverteilung bedingte [X.] in der Möglichkeit
handelt, Einkünfte zu erzielen, sondern um eine von [X.] wegen an die Scheidung geknüpfte Rechtsfolge
(vgl. auch Senatsurteil vom 23.
November 2011 -
XII
ZR
47/10
-
FamRZ 2012, 197 Rn. 28), die
nicht 22
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-
die Einkunftserzielung, sondern die Verteilung des Einkommens betrifft. Der Gedanke der Nachteilshalbierung
stützt sich auf den Zirkelschluss, bei der Er-mittlung des Unterhaltsanspruchs eben diesen Anspruch als Bemessungsfaktor zu berücksichtigen.
Darüber hinaus würde dieser Ansatz
ohnedies immer dann versagen, wenn der Unterhaltsberechtigte als Folge der in der Ehe praktizierten Rollenverteilung
nach der Scheidung nicht mehr in der Lage ist, ein sein Exis-tenzminimum
sicherndes Einkommen zu erzielen. Umgekehrt kann die Berück-sichtigung eines ehebedingten Erwerbsnachteils des Unterhaltsberechtigten nie dazu führen, dass diesem ein höherer Unterhaltsanspruch
als nach den eheli-chen Lebensverhältnissen zuzuerkennen ist (so aber [X.], 1355), weil §
1578
b Abs.
1 [X.] ausschließlich eine Herabsetzung ermöglicht (vgl. [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9.
Aufl. §
4 Rn.
1020).
(cc) Die vollständige Berücksichtigung des ehebedingten Nachteils steht nicht im Widerspruch zum Zugewinnausgleich. Denn bei diesem geht es um die Verteilung von ehezeitlich erworbenem Vermögen, während sich §
1578
b [X.] mit der Abdeckung eines [X.]en [X.] befasst.
Nichts [X.] folgt auch aus der Senatsrechtsprechung, wonach ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 2 [X.] regelmäßig nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden können, wenn für diese [X.] ein Ver-sorgungsausgleich stattgefunden hat, und Nachteile in der Versorgungsbilanz dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit als voll-ständig ausgeglichen anzusehen sind (Senatsbeschluss vom 26.
Februar 2014 -
XII
ZB
235/12
-
FamRZ 2014, 823 Rn.
17 [X.]). Denn die Regelungen zum Versorgungsausgleich stellen insoweit das speziellere Ausgleichssystem dar. Mit ihnen wird erreicht, dass das ehezeitlich erworbene Vorsorgevermögen grundsätzlich hälftig unter den Ehegatten aufgeteilt wird und dadurch [X.]
-
11
-
tige Alterseinkünfte gesichert werden, die die ehezeitliche [X.] und damit insoweit die ehelichen Lebensverhältnisse abbilden. Mehr als einen [X.] nach den ehelichen Lebensverhältnissen gewährt das Gesetz dem [X.]sberechtigten aber ohnedies nicht.
(dd) Hinzu kommt, dass §
1578
b [X.] nicht nur die Herabsetzung, son-dern in seinem Absatz 2 auch die zeitliche Begrenzung
sowie in
Absatz
3 eine Kombination aus Herabsetzung und zeitlicher Begrenzung ermöglicht. Der Tatrichter kann bei der im Einzelfall zu treffenden Billigkeitsentscheidung, in die auch ehebedingte Erwerbsnachteile des Unterhaltspflichtigen einfließen kön-nen, daher im Wege einer teilweisen zeitlichen Begrenzung auch zu dem Er-gebnis gelangen, dass ab einem bestimmten [X.]punkt nur noch ein Unterhalt zu zahlen ist, der den angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten nicht vollständig abdeckt
(vgl. etwa Botur in
Büte/Poppen/[X.] Unterhalts-recht 3.
Aufl. §
1578
b [X.] Rn.
29;
vgl. auch BT-Drucks. 16/1830 S.
18).
(2) Aus Rechtsgründen
nicht zu beanstanden
ist auch, dass das [X.] keine aus ihrem Geldvermögen erzielbaren Zinseinkünfte auf den nach dem Maßstab des Nachteilsausgleichs bemessenen Unterhaltsanspruch angerechnet hat. Der Antragsteller macht bereits nicht gel-tend, dass es sich bei diesem Vermögen bzw. den hieraus erzielbaren Zinsein-künften um einen aus der Ehe herrührenden Vorteil handeln würde. Nur wenn es sich aber um (fiktive) Einkünfte handelte, die der Antragsgegnerin ohne die Ehe nicht zur Verfügung stehen würden, könnten
diese ggf. als ein den ehebe-dingten Nachteil teilweise kompensierender Vorteil anzusehen
sein; dies hängt von der Beurteilung der Frage ab, ob die Antragsgegnerin auch allein eine pri-vate Vermögensbildung in dieser Höhe hätte betreiben können (vgl. [X.] vom 31.
Oktober 2012 -
XII
ZR
129/10
-
FamRZ 2013,
195 Rn.

55
ff.; vgl. 25
26
-
12
-
auch Senatsurteil vom 11.
August 2010 -
XII
ZR
102/09
-
FamRZ 2010, 1637 Rn.
33). Dafür, dass dies nicht der Fall ist, ist nichts ersichtlich.
Unabhängig davon ist die tatrichterliche Beurteilung, dass die [X.] im derzeitigen Zinsumfeld keine relevanten Zinseinkünfte erzielen könne, im Rahmen des Rechtsbeschwerdeverfahrens hinzunehmen. Selbst unterstellt, die Möglichkeit der Vermögensnutzung stellte einen ehebedingten Vorteil dar, müsste die Antragsgegnerin sich nur auf eine sichere Geldanlage verweisen lassen (vgl. [X.]/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterli-chen Praxis 9.
Aufl. §
1 Rn.
637 [X.]). Die Würdigung des [X.]s, aus einer solchen sei bei dem allenfalls in Rede stehenden [X.]italbetrag von rund 67.000

verstößt weder gegen Denk-
noch gegen Erfahrungssätze. Die Rechtsbe-schwerde beschränkt sich auf die Behauptung des Gegenteils und setzt damit ihre Würdigung an die Stelle derjenigen
durch das [X.]. Dies ist ihr im Rechtsbeschwerdeverfahren verwehrt.
Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, die Antragsgegnerin habe monatliche Zinseinkünfte von 40

e-erwiderung verweist zu Recht darauf, dass in dem von der Rechtsbeschwerde zitierten Schriftsatz aus dem Beschwerdeverfahren weder bestimmte Einkünfte noch ein erzielbarer Zinssatz unstreitig gestellt, sondern lediglich unter Berück-sichtigung der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung eine rechnerische Obergrenze mitgeteilt worden ist.
(3) Dass das [X.] die Antragsgegnerin im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nicht nach § 1577 Abs.
3 [X.] auf die Verwertung des aus dem Verkauf des gemeinsamen [X.] erlangten Vermögens-stamms
verwiesen hat, wird weder von der Rechtsbeschwerde gerügt noch 27
28
29
-
13
-
lässt es Rechtsfehler erkennen
(vgl. dazu Senatsurteil vom 31.
Oktober 2012
-
XII
ZR
129/10 -
FamRZ 2013, 195 Rn.
54).
Dose [X.]

Schilling

Guhling Krüger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.07.2014 -
68 [X.]/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 29.01.2015 -
II-9 [X.]/14
-

Meta

XII ZB 84/15

08.06.2016

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.06.2016, Az. XII ZB 84/15 (REWIS RS 2016, 10367)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10367

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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