Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.05.2020, Az. 1 StR 460/19

1. Strafsenat | REWIS RS 2020, 1742

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Anhörungsrüge: Gehörsverletzung bei fehlender Stellungnahme des Revisionsgerichts zur Rechtsauffassung der Verteidigung


Tenor

Die Anhörungsrüge des Verurteilten vom 17. Februar 2020 gegen den Senatsbeschluss vom 30. Januar 2020 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe

1

1. Der [X.] hat die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des [X.] vom 8. April 2019 durch Beschluss vom 30. Januar 2020 gemäß § 349 Abs. 2 [X.] mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass hinsichtlich der Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.717 Euro gesamtschuldnerische Haftung angeordnet wird. Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit der Anhörungsrüge (§ 356a [X.]).

2

Der Verurteilte beanstandet im Wesentlichen, dass dem [X.] zu einer Entscheidung nach § 349 Abs. 2 [X.] ohne weitere, zumindest ergänzende Begründung verwehrt gewesen sei, weil der [X.] mehrere [X.] nicht sachgerecht geprüft, jedenfalls aber in seiner Antragsschrift nicht sachgerecht begründet habe. Er benennt dabei ausdrücklich die auf die Prüfung der Voraussetzungen des § 64 StGB hinsichtlich einer möglichen Drogenabhängigkeit des Verurteilten bezogene Revisionsrüge, die Rüge der Verletzung von § 261 [X.] hinsichtlich der von der Durchsuchung der Ehewohnung des Verurteilten gefertigten Lichtbilder und die Beanstandung, in der Beweiswürdigung zur Einlassung des Verurteilten könnten nicht bestehende Erfahrungssätze verwendet worden sein.

3

2. Die innerhalb der Frist des § 356a Satz 2 [X.] erhobene und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet; es liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 356a [X.]) vor. Der [X.] hat bei seiner Entscheidung weder zum Nachteil des Verurteilten Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen dieser nicht gehört worden wäre, noch hat er zu berücksichtigendes entscheidungserhebliches Vorbringen des Verurteilten übergangen oder in sonstiger Weise dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Dabei hat der [X.] auch berücksichtigt, dass die Verteidigung entgegen der Ansicht des [X.]s der Auffassung ist, das [X.] könnte im Rahmen der Beweiswürdigung nicht bestehende Erfahrungssätze herangezogen haben. Die Schlussfolgerung der Verteidigung, bei dem bei der Durchsuchung aufgefundenen Kulturbeutel habe es sich um den Schminkbeutel der Ehefrau gehandelt, und den Umstand, dass der Angeklagte sich eingelassen hatte, das im Rahmen der Durchsuchung in seiner Wohnung gefundene Bargeld seien Einnahmen aus seinem Döner-Imbiss, die er seiner Ehefrau für Einkäufe, Mietzahlungen und zur Begleichung von Rechnungen gegeben habe ([X.]), hat der [X.] ebenfalls zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen. Schließlich hat der [X.] auch nicht aus dem Blick verloren, dass die im Rahmen der Aufklärungsrüge zu einer möglichen Drogenabhängigkeit des Verurteilten vorgelegte Auskunft des Anstaltsarztes erst nach der Verurteilung gegenüber der Verteidigung erfolgt ist.

4

Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:

5

Der [X.] hat sich mit den in den Revisionsbegründungsschriften enthaltenen Einzelbeanstandungen im Rahmen einer elfseitigen Antragsschrift auseinandergesetzt und ist dabei zum Ergebnis gelangt, dass die Revision - abgesehen von der fehlenden Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung bei der Einziehung des Wertes von Taterträgen - als unbegründet zu verwerfen sei. Bei den Verfahrensrügen hat der [X.] selbst dann, wenn er zur Unzulässigkeit der jeweiligen Rüge (vgl. § 344 Abs. 2 [X.]) gelangt ist, noch hilfsweise ausgeführt, aus welchen Gründen er die Rüge jedenfalls für unbegründet hält. Dies genügt den Begründungsanforderungen an einen Antrag des [X.]s, der dem Revisionsgericht eine Entscheidung gemäß § 349 Abs. 2 [X.] eröffnet (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.], 63. Aufl., § 349 Rn. 13).

6

Bei seiner Entscheidung hat der [X.] sowohl die Revisionsbegründungsschriften als auch die Gegenerklärungen der Verteidigung zum Antrag des [X.]s in vollem Umfang gewürdigt, die darin enthaltenen Beanstandungen jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Dass dies nach dem Verwerfungsantrag des [X.]s nicht näher begründet wurde, liegt in der Natur des Verfahrens nach § 349 Abs. 2 [X.] und gibt daher keinen Hinweis auf die Nichtbeachtung des Sachvortrags des Revisionsführers (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Juli 2007 - 2 BvR 496/07 Rn. 15; [X.], Beschluss vom 8. April 2009 - 5 StR 40/09, [X.]R [X.] § 356a Gehörverstoß 3 mwN). Der Umstand, dass der [X.] weder zu den Einzelbegründungen des [X.]s noch zu der vom Antrag des [X.]s abweichenden Rechtsauffassung der Verteidigung in ihren Gegenerklärungen Stellung genommen hat, rechtfertigt entgegen der Auffassung der Verteidigung nicht die Annahme, der [X.] hätte das Vorbringen der Revision nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Das Schweigen des [X.]s auf [X.] der Verteidiger in den [X.] und Gegenerklärungen offenbart im revisionsgerichtlichen Beschlussverfahren vielmehr, dass der Vortrag ungeeignet gewesen ist, die vom [X.] dargelegte Erfolglosigkeit der erhobenen Revisionsrügen zu entkräften (vgl. [X.], Beschlüsse vom 8. April 2009 - 5 StR 40/09, [X.]R [X.] § 356a Gehörverstoß 3 und vom 28. Juni 2016 - 3 StR 17/15 Rn. 3, [X.], 452; [X.] in [X.]/[X.] aaO Rn. 14; [X.] in BeckOK-[X.], Stand 1. Januar 2020, § 349 Rn. 45; jeweils mwN). Eine weitergehende Begründungspflicht für letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbare Entscheidungen besteht nicht (vgl. [X.], Beschlüsse vom 17. Juli 2007 - 2 BvR 496/07 Rn. 15 und vom 30. Juni 2014 - 2 BvR 792/11, NJW 2014, 2563 Rn. 14).

7

3. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 [X.].

Raum     

        

Jäger     

        

Bellay

        

Hohoff     

        

Pernice     

        

Meta

1 StR 460/19

12.05.2020

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Freiburg (Breisgau), 8. April 2019, Az: 3 KLs 35/18

§ 349 Abs 2 StPO, § 356a StPO, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.05.2020, Az. 1 StR 460/19 (REWIS RS 2020, 1742)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 1742

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 460/19 (Bundesgerichtshof)


1 StR 223/23 (Bundesgerichtshof)


3 StR 490/22 (Bundesgerichtshof)


1 StR 83/20 (Bundesgerichtshof)


3 StR 63/21 (Bundesgerichtshof)

Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bei einer Revisionsentscheidung: Begründungserfordernis für einen Verwerfungsbeschluss; Umfang der …


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.